Auf Spurensuche im alten Orient
Wie die Scherben eines zerborstenen Glases künden als Ruinen oder noch unter der Erde versteckt, die Repräsentanten einstiger Hochburgen menschlicher Kultur in den heutigen Staaten Syrien, Jordanien, Türkei, Irak, Iran von ihrer Existenz.
Eine Welt, die lange vor Christus und Mohamed als „fruchtbarer Halbmond“, in dem lang gezogenen Bogen von Palästina bis zum Euphrat große Reiche schuf, als Europa noch im tiefen Dornröschen-Schlaf dahin dämmerte. Imperien, die aufblühten und wieder im Dunstkreis der Zeit verschwanden…
Zerstreut wie Splitter jenes zerbrechlichen Materials, lassen sich heute ihre Spuren in den Ländern, „wo die Sonne aufgeht“ wieder entdecken, werden mühsam von Archäologen aus dem Boden hervor gezerrt. Ihre Reste berichten den staunenden Nachkommen von Größe, Komfort und Luxus, den menschlicher Geist bereits vor Jahrtausenden anstrebte und erreichte.
Im Mai 1988 versuche ich einen Überblick über dieses zerstückelte Areal, in dem einst die Morgendämmerung unserer Spezies stattfand, zu erhalten.
Jordanien gilt nicht als „klassisches Kulturland“ da sich eigenständige Hochkulturen in den Gebieten jenseits des Jordan mangels ergiebiger Böden und gesicherten Wasserhaushalts nicht bilden konnten. Doch die Großmächte schätzten diesen transjordanischen Landstrich seit eh und je als Verteidigungsgürtel im Vorfeld der Wüste und bewehrten ihn mit Kastellen. Funde von Steinwerkzeugen – eine Ära die bereits um 500 vor Ch. einsetzte, ebenso wie aus der Mittelsteinzeit (9.- 8000 v.Ch.) und Felsgravuren beweisen menschliche Aktivitäten von Anbeginn seiner Wanderbewegungen. Nomadentum und Sesshaftigkeit bildeten sich heraus, die sich während der Eisenzeit ca. 1200 – 533 v.Ch. verdichteten und zu Kleinreichen wie Edom, Moab, Ammon führten.
Ebenso wie Jordanien 1922/23 als Emirat Transjordanien von den Europäern neu erschaffen wurde, erhielt auch Syrien 1946 von der französischen Mandatsregierung seine Grenzen neu zugewiesen. Beide nehmen als Hauptbestandteil des großsyrischen Raumes den östlichen Abschnitt zwischen Gebirge und Wüste, bzw. Euphrat ein.
Nomadentum und Sesshaftigkeit kennzeichnen gravierend die syrische Geschichte, die durch das Eindringen semitischer Stämme aus Arabien den entscheidenden Impuls erhielt, der schließlich zu Großreichen mit entwickelter Stadtkultur führte, deren Anfang bis 10 Jahrtausende vor unserer Zeit zurückreicht.
Der Name Syrien leitet sich von dem untergegangenen Imperium Assyrien ab, was das Land mit Stolz vermerkt.
Der „alte Orient“ aber hat durch die neuen Grenzen keine Ruhe gefunden.
Die Hauptstadt des Libanon, Beirut verlor durch Krieg ihren Glanz, damit übernahm Amman die Rolle der führenden Handelsmetropole und als Israel, Jordaniens Hauptstadt Jerusalem vereinnahmte, musste diese vor einem Jahrhundert noch unscheinbare Dorf mit nur etwa 2000 Einwohnern, auch dessen Rolle spielen.
Da ich meine „Spurensuche“ von Jordanien aus beginne, lande ich an einem warmen Frühlingsabend in Amman, der Hauptstadt des haschimitischen Königreichs wie es sich nach der Unabhängigkeit 1946 herauskristallisiert hat, Amman. Ich bin überrascht über den modernen Flughafen, wo allerdings wenig Betrieb herrscht und die fortlaufende Lichterkette, die hell leuchtend die Strasse ins Zentrum begleitet.
Was für eine attraktive Visitenkarte für einen Emporkömmling, der sich aufgelockert mit viel Grün und neuen Häusern ins umliegende Hügelland ausdehnt und Ambitionen auf eine Millionen-Metropole zur Schau stellt.
Vor allem durch Israels 6-Tage-Krieg wurde infolge der palästinensischen Flüchtlinge das Territorium mit Menschenpotential gehörig aufgefüllt.
Im Straßenbild Ammans dominiert westliche Kleidung und in den Geschäften der Innenstadt lagern europäische Konsumgüter aller Art. Das orientalische Antlitz scheint sich in die Souks zurückgezogen zu haben.
Zwar scheinbar Jahrhunderte lang „geschichtslos verschlafen“ wurde Amman doch vielfach von den Tendenzen der Zeit berührt und ins Rampenlicht der Zeit hinein katapultiert.
Handfeste Zeugnisse dafür gibt es z.B. durch Steinwerkzeugfunde im Umkreis. Auch Jäger und Sammler, später Siedler, haben hierher gefunden. Hausmauern des 8.Jhdt. vor Ch. deuten auf fortschrittlichere Sesshaftigkeit und steinerne Wachtürme auf verschiedenen Hügeln in der Umgebung legen die Vermutung nahe, dass das Gebiet des heutigen Amman mit dem in der Bibel immer wieder erwähnten Ammon der Ammoniter gleichzusetzen ist.
Natürlich fehlten auch Griechen und Römer nicht im Spiegelbild von Ammans Altertum, ehe es in lange Bedeutungslosigkeit versank, um 2000 Jahre nach Christi in neuem Kleid wieder aufzuerstehen.
Mein erster Blick auf diese Hauptstadt Jordaniens in 1000 m Höhe währt nur kurz, denn schon am folgenden Tag starte ich in das seit 1979 als „Republik mit volksdemokratisch-sozialistischem Charakter“ deklarierte Syrien.
Schon an der Grenzstation zeigt sich der Unterschied zwischen den beiden sozusagen zu einem Konglomerat zusammengefassten Ländern…
Kamele und Schafherden weiden auf den Wiesen. Trotz Anbau von Getreide, Oliven, auch kurz gehaltenem Wein und Gemüse unter Folien, wirkt die Gegend eher karg und irgendwie wüstenhaft.
Illegaler Geldwechsel trotz Verbot, Wartezeit bis zur Abfertigung und danach ein buntes Gemisch von muddeliger Buntheit. Menschenmassen wälzen sich durch die Strasse des kleinen Ortes Deraa, Papierschnippel werden vom Wind hin- und hergetrieben und unter Arkaden wird alles mögliche zum Verkauf angeboten.
Dieses „Outfit“ passt schon eher zu meinem Vorstellungen vom Orient, der mit einer Unmenge von Stämmen, auch viele Gesichter zu bieten hat
Meine erste Begegnung mit den Ruinen eines einst bedeutenden Zentrums im großsyrischem Raum findet etwas abseits der Hauptstrasse Amman-Damaskus, in Bosra statt.
Übrig geblieben von ihrer ehemaligen „Wichtigkeit“, die sie durch das Vorhandensein von Quellen inmitten eines weiten Getreidegebietes erlangte, sind vor allem Reste aus römischer und islamischer Zeit. Hier trafen immerhin 5 römische Strassen zusammen.
Doch davor war sie bereits ein Stützpunkt des arabischen Nabatäerreiches, dem stärksten Widersacher des römischen Imperiums. Erst 106 n.Ch. konnten es die Römer erobern und mit ihnen begann der Bauboom als Hauptstadt der „Provinz Asia“. Mit dem Sieg des Christentums avancierte sie zum Bischofssitz, dessen Hauptaufgabe es war, die in das Reich eindringenden arabischen Nomadenstämme zu christianisieren.
Angeblich wäre sogar Mohamed, als er mit seiner Karawane hier rastete, mit den Grundsätzen der Christen vertraut gemacht worden.
Vergeblich wie man weiß, 634 wurde Bosra islamisch, behielt aber trotzdem seine Bedeutung und war bis zum Bau der Hedjaa-Bahn, Pilgerstation von Damaskus nach Mekka.
Die Ruinenstätte von Bosra ist nur zum Teil ausgegraben und liegt mitten im heutigen Dorf Bosra. Die Bewohner haben ihre Häuser mit den Steinen der Ruinen erbaut bzw. sie in die antiken Mauern hineingebaut… kein Respekt vor der Vergangenheit, was durch Umsiedlung wie es heißt, verspätet revidiert werden soll.
Durch den schwarzen Basaltstein wirkt das Areal trotz der Sonne und Hitze, die es heute aufheizt, irgendwie unheimlich. Eigenartig auch, dass die Hauptstrasse des Ortes gleichzeitig die alte Kolonnadenstrasse der Römer mit originalem antiken Pflaster darstellt.
Vergangenheit und Gegenwart haben sich hier also friedlich vereint.
Die 720 von den Omajaden erbaute Moschee ist ebenfalls noch „in Betrieb“ und das Nabatäer-Tor, als eines der wenigen noch vorhandenen Fragmente jenes fernen, etwas rätselhaften Wüstenvolkes, provoziert wiederum zurückliegende Epochen. Eine Stadtmauer westlich des berühmten Theaters weist sogar auf frühgeschichtliche Zeit hin.
Das bischöfliche Palais und die Kathedrale, die einst zu den bedeutendsten in Syrien zählten, sind fast vollständig, bzw. weitgehend abgetragen.
Die riesige Zisterne oberhalb des Dorfes sieht infolge reichlichen Regens im Winter wie ein kleiner See aus, in dem Kinder ohne Gedanken an Gestern planschend und spielend das Heute genießen.
Von hier ein paar Stufen hinunter und dann wieder hinauf und der Blick schweift unbehindert über ein Meisterwerk römischer Theater-Baukunst! Zum Schutz vor den Kreuzrittern haben die Moslems eine mächtige Festung um das vollkommen erhaltene Prachtstück gebaut, das es wie einen kostbaren Diamant einfasst. Um es als Verteidigungsbastion zu nutzen, haben sie alle Zugänge bis auf einen, zugemauert.
Das Theater ist eines der bedeutendsten Monumente des Vorderen Orients und seine Ansicht von oben geradezu überwältigend. In einem in die Festung integrierten Teehaus kann man sich anschließend von dem Erlebnis erholen.
Schwarze Basaltsteine begleiten in ebenem Gelände die Strasse bei der Fahrt Richtung Damaskus. Sie stammen von Vulkantätigkeit vor Jahrmillionen und geben ihm als Hauran-Plateau die syrische Bezeichnung. Später tauchen Hügel auf, kleine Vulkankrater.
Der Expansion der Stadt Shabha im Hauran fielen fast alle antiken Denkmäler zum Opfer, sodass die wenigen Reste – Nymphäum, Säulen – unter Geschäften und Läden von heute ein vergessenes Dasein führen. Lediglich ein Museum bewahrt Erinnerungen auf und irgendwo im weiten Areal soll sich auch ein Theater als Zeuge von Roms Wahlspruch: „ gebt dem Volk Brot und Spiele“ finden lassen.
Diese Gegend wird von Drusen bewohnt, die zwar ebenfalls dem Islam zugehören, ohne die 5 vorgeschriebenen Glaubenssätze zu befolgen, also Eigenbrötler unter Mohameds Fahne darstellen.
Meine erste Begegnung mit Damaskus, der uralten Metropole Syriens, findet in einem Vorort statt und hat nichts mit dem facettenreichen Image ihres Methusalem-Alters zu tun. Es ist erschreckende Gegenwart und zeigt das zerfurchte, durch die Ansprüche und Einmischung des zum „Goliath“ erwachten Europas, gespaltene Antlitz des „alten Orient“.
Seit 8 Jahren tobt ein blutiger Krieg in seinem weit gespannten Territorium. 1979 musste der Schah von Persien seinen Pfauenthron verlassen, ihm folgte der aus dem Exil zurückgekehrte Chomeini, wird vom Volk bejubelt und deklariert den Iran zum Gottesstaat. Ein Jahr später wird dieser vom Irak überfallen – hier Schiiten, dort Sunniten dient als Vorwand für Machtgelüste, da die neue Geldquelle Erdöl heißt. Nach 8 Jahren blutigen Gemetzels hofft man nunmehr auf einen Waffenstillstand…
Das Persien des Altertums war vor 2500 Jahren das erste Großreich auf diesem Planeten, dessen Herrschaftsgebiet einst im Osten bis zum Aral-See und zum Indus, im Westen bis an den Bosporus und in Nordafrika über Ägypten bis Lybien reichte. Seit 1935 nennt sich ihr verbliebenes Herzstück Iran, „Land der Arier“.
Wen wundert es, wenn alle seine Herrscher in den folgenden Jahrhunderten von der Wiederherstellung seiner einstigen Größe träumten! Nicht zuletzt mit dem Ziel Zentrum eines Gottesstaates zu werden.
In der Zitt Zaina-Moschee am Rande von Damaskus erlebe ich eine erschreckende Demonstration derartiger Machtansprüche…
Seit 20 Jahren wird an dem Gotteshaus, einem mit persischem Geld und nach persischem Muster ausgestatteten Bau, gearbeitet und noch ist er nicht ganz fertig.
Einen schwarzen Umhang von Kopf bis Fuß übergezogen dürfen auch „ungläubige“ Besucherinnen die Moschee betreten… Wächter achten darauf, dass sich auch nicht eine einzige Haarsträhne daraus in die Stirne verirrt.
Fayencen schmücken Wände und Decke, darüber glänzen gleißende Spiegel.
Vollkommen eingehüllt von der schwarzen Kutte, die auch das Gesicht verhüllt, kniet eine Anzahl betend vor dem Schrein in der Mitte, der offenbar Reliquien der Namensgeberin enthält. Dahinter sind auch einige Männer versammelt.
Wie ich später in Erfahrung bringe, handelt es sich bei diesem Bauwerk um eine Pilgerstätte für persische Frauen, die hier ihre im Krieg gefallenen Söhne beweinen. Sie werden mit Bussen aus Persien nach Damaskus gebracht, bekommen Aufenthalt und Verpflegung vom dortigen Staat bezahlt und dürfen sich eine Woche lang in Syrien aufhalten. Oft wäre die Moschee so voll Menschen, dass man sich kaum darin bewegen könne und unzählige Busse davor stehen würden. Auch soll es vorkommen, dass die Trauernden vom Vorbeter so angefeuert würden, dass sie zu kreischen und schreien beginnen.
Ich frage mich natürlich, was dieses Pilgerzentrum des schiitischen Iran im vorwiegend von Sunniten bewohnten Syrien bedeuten soll und warum es hier entstand…
Jedenfalls eine seltsame Begrüßung in der ältesten Metropole der Erde!
Damaskus liegt 700 m hoch und die Einfahrt auf breiter Strasse mit viel Grün und Springbrunnen an Verkehrskreiseln, offeriert eine attraktive Visitenkarte, für die allerdings ein Teil der alten Vierteln geopfert werden mussten.
Das luxuriöse, aber unpersönliche Cham-Palace-Hotel bietet im 15.Stockwerk seines Turm-Dreh-Restaurants besonders abends einen herrlichen Rundum-Blick über eine von Lichtern funkelnde Stadt, die sich des sprichwörtlichen „Methusalem-Alters“ rühmen kann. Lediglich Aleppo – ebenfalls in Syrien – kann ihm dabei sozusagen die Hand reichen.
Das Einmalige dieses Phänomens besteht darin, dass Syriens Hauptstadt seit 10.000 Jahren, abgesehen von allen Umwälzungen, Zerstörungen, etc. kontinuierlich stets als „Stadt“ besiedelt war und als solche existierte.
Sowohl Aleppo wie Damaskus sind orientalische Städte, die während der langen Herrschaft verschiedener westlicher Imperien ihre Führungsposition zwar verloren, ohne jemals ihren urbanen Charakter einzubüßen. Sie verkörpern den Inbegriff städtischer Zivilisation und Kultur schlechthin.
Demgegenüber weisen Ankara und Amman zwar eine lange Geschichte, aber keine solche städtische Funktion, auf. Konstantinopel und Bagdad datieren aus verhältnismäßig junger Vergangenheit, auch Teheran und Beirut erreichten erst im 19.Jhdt. die Einwohnerzahl einer Großstadt. Als Rom gegründet wurde, sind die frühesten schriftlichen Nachrichten über Aleppo und Damaskus schon über ein Jahrtausend alt.
Damaskus überstrahlt außerdem noch ein sakraler „Heiligenschein“!
In einem seiner Vororte erschlug Kain seinen Bruder Abel…
Irgendwo in dieser Gegend wird auch die Geburtsstelle Abrahams verehrt…
Ein Ort am Westende des Qassyun-Gebirges soll Christus und Maria als Zuflucht gedient haben, während Mohameds Fußspuren in einem südlichen Vorort zu sähen wären und auch das Grab Moses soll sich dort befinden…
Alle diese Geschehnisse im Umkreis der Stadt werden noch durch die Verehrung des Hauptes von Johannes dem Täufer und die Bekehrung des Paulus zusätzlich glorifiziert.
Genug Gründe, um in begrenzter Zeit wenigstens einen schwachen Abglanz dieser großen Vergangenheit aufzuspüren und einen Hauch verwitterter Jahrtausende einzufangen.
Dieser flüchtige, aber eindrucksvolle Atemzug aus dem konservierten Staub verflossener Generationen berührt mich besonders im Nationalmuseum von Damaskus.
Es ist ungemein reichhaltig und seine Repräsentationen erwachen für Augenblicke zum Leben… Handfeste Relikte unterstützen die Fantasie und verhindern ein Abgleiten ins Uferlose.
In einer Anzahl von Sälen stellen sich die verschiedenen Völker und Stämme vor, die für kurze oder lange Epochen über den Boden Damaskus wandelten.
Schon im sehr schönen Garten versetzt der Eingang zum Museum mit der Original-Fassade des Wüstenschlosses der Omajaden aus dem frühen 8.Jhdt. in eine der berühmtesten Aera am Beginn der islamischen Zeit.
Römische Sarkophage, Reliefs aus Palmyra, Malerei aus Duro-Europos – einst ein wichtiger Stützpunkt an der syrisch-mesopotanischem, heute irakischen Grenze am Euphrat – führt als Gründungsdatum einer Stadtkultur bis 280 v.Ch. zurück. 256 wurde sie nach wechselvollem Schicksal verlassen.
Die original wieder aufgebaute jüdische Synagoge von Duro-Europos (ca.230) erzählt in einem Saal mit umlaufenden Sitzbänken und Nischen für die Thora, in einem einzigartigen Bildzyklus, alttestamentarische Begebenheiten.
Ebenso eindrucksvoll informiert die palmyrische Grabanlage aus dem Jahr 108 n.Ch. über die Totenbräuche der damaligen Gesellschaft. Während die in Tücher gewickelten Verstorbenen in zugemauerten Nischen ruhten, wurde ihre Identität mittels einer dekorativ gefertigten Büste der Nachwelt vermittelt.
In Vitrinen aufbewahrt, begegnet man schließlich auch der am weitest entfernten Vergangenheit, mit Hinterlassenschaften aus Ebla, Ugarit und Mari.
Ernüchternd und hektisch gestaltet sich der Weg zur Omajadenmoschee durch ein Teilstück des Bazars mit Läden, Menschenmassen und viel Lärm. Das Ende des Fastenmonats Ramadan steht bevor und die Leute sorgen mit Einkäufen für die drei folgenden Feiertage. Andauernd klingeln Radfahrer, machen den Fußgängern die Strasse streitig, durch die sich ab und zu auch Autos zwängen.
Die Gegend um diesen Bazarabschnitt außerhalb des überdachten Areals wirkt wenig anziehend. Baufällige, graue Haufassaden und viel Schmutz verunzieren das Milieu.
Vor der Moschee, mit deren Bau 705 begonnen wurde, öffnet sich ein großer Platz.
Mit der Omajaden-Dynastie, die von 650 – 750 residierte, gewann Damaskus den Anspruch auf Weltherrschaft.
Der Eingang liegt in der antiken Stadtmauer. Gegenüber, wo die Souk-Hauptstraße auf den Platz mündet, haben sich Reste des Jupiter- und Damascenes-Tempel erhalten.
Im antiken Tempelbezirk wurde wie üblich in christlicher Zeit eine Kirche installiert. Im Zuge der Umwandlung in eine Moschee ließ man die Ecktürme bestehen, die damit gleichsam zu den ersten Minaretten des Islam avancierten.
Vor dem Eintritt in das Gotteshaus heißt es Schuhe ausziehen und wieder wird mir der schwarze Umhang übergestülpt. Schwitzend und wedelnd erreiche ich damit den Hof und bin… fasziniert! Nicht nur die Fassade der Moschee ist über und über mit Mosaiksteinchen geschmückt, großartig wirkt vor allem das ebenfalls rundum mosaikverzierte, so genannte „Schatzhaus“ in der Westecke – ein Oktagon auf 8 wieder verwandten Säulen von 788. Im Zentrum befindet sich der übliche Reinigungsbrunnen.
Die Moschee selbst erscheint nach dem gleißenden Licht draußen, dunkel, groß und lang gezogen. Die Ausstattung hätte durch die Brandkatastrophe von 1893 sehr gelitten, heißt es… Andächtig knien und beten Menschen in diesem alten, ehrwürdigen Gebäude, sodass eine eingehendere Besichtigung nicht angebracht escheint. Östlich des Mihrab ruht unter einem neuzeitlichen Baldachin die Reliquie, die an die Anbetung des Hauptes von Johannes den Täufer, erinnert.
Von der Moschee führt eine schmale Gasse zum Saladin-Grabmal, der als Begründer der Ayyubiden-Dynastie, 1193 in der Zitadelle von Damaskus starb und 1195 an dieser Stelle seine ewige Ruhe fand.
Im Azem-Palast, südlich der Omajadenmoschee, der vom türkischen Gouverneur Mitte des 18. Jhdt. als seine Residenz mit ungeheuerem Aufwand betrieben, den Höhepunkt der Damascener Hausarchitektur darstellt, wird man unwillkürlich mit den Gestalten aus „Tausend-und eine Nacht“ konfrontiert. Unsichtbar geistern sie durch die zwei Höfe zu den Räumen, die sich um deren Hauptachse gruppieren, verstecken sich in den Bougainvillas, die in üppiger Fülle von den Mauern hängen.
Die Ruhe dieser Oase fern der Hektik der Stadt, in der die Sonne auf ein bizarres Straßen-Tohuwabohu von Läden, Menschen, staubigem Pflaster, grauen Häusern, Radfahrern niederprasselt, versetzt urplötzlich zurück in den „alten“ Orient.
Hier soll vor dem Türken Azem nicht nur ein Palast des Mameluken-Fürsten Tingiz gestanden haben, sondern auch die Residenz der Omajaden-Dynastie gewesen sein.
Außerhalb der Stadt, den Barada-Fluß entlang, der umgeben von kahlen Bergen an seinem Ufer viele hübsche Restaurants bietet, kann man ebenfalls die ganze, lange Geschichte von Damaskus beschaulich in Gedanken vorüberziehen lassen…
Doch halt, etwas fehlt da noch…
In Damaskus geschah es doch, dass der erbitterte Gegner von Jesus – der römische Bürger Saulus bekehrt und sich zum intensivsten Verfechter des Christentums –Paulus – wandelte…
Eine Vision… eine Begegnung… ?
Die Ananias-Kapelle steht an der Stelle, wo dieses Wunder sich vollzog!
Sie befindet sich im christlichen Viertel der Stadt, zu der eine enge Strasse mit kleinen Läden hinführt und soll auch daran erinnern, dass Gott Ananias aufforderte, den erblindeten Saulus zu heilen.
Als „Paulus“ musste der „Bekehrte“ vor den empörten Juden fliehen, was in einem von seinen Anhängern von der Stadtmauer herabgelassenen Korb geschah. Auch dieses Ereignis wurde danach durch die Errichtung der Paulus-Kapelle gewürdigt.
10.000 Jahre Vergangenheit sind in sehr kurzer Zeit, sehr fragmentarisch in ihrer Vor- und Frühgeschichte, Antike und Islamisierung an mir vorübergezogen.
Vom aramäischen Damaskus, als es Hauptstadt des Königreichs Aram war – also dem Zeitabschnitt ab dem 11.Jhdt. vor Ch. fehlen archäologische Monumente. Davon erzählt nur das alte Testament der Bibel. Sein historisches Porträt rekrutiert sich daher aus der Begegnung mit den jüdischen Staaten in der Zeit zwischen 1000 und 732 v.Ch. Aram muss im syrischen Raum eine Führungsrolle gespielt haben, die sich durch eine israelisch-assyrische Koalition gegen die Assyrer noch verstärkte. Der politische Kleinkrieg der Königreiche führte schließlich zum Untergang von Aram. Es folgten assyrische, babylonische, persische und danach griechisch-römische Eroberung. Die hellenistische, römische und islamische Stadt hat die meisten Relikte bewahrt.
Weiter geht meine Spurensuche entlang des Anti-Libanon-Gebirges, die als Abzweig über die Orte Yabrud und Maalula durch eine spektakuläre Landschaft am Sergius-Kloster endet. Dabei quält sich die Strasse eine immer enger werdende Schlucht – rechts und links von Höhlenwohnungen durchlöchert – empor. Das Städtchen Maalula zwischen kahlen Felsen, dessen Häuser förmlich an dem Gestein kleben, wartet mit einem sprachlichem Kuriosum auf. Hier wird inmitten des arabischen Umfeldes von der christlichen Bevölkerung ein Dialekt des Aramäischen gesprochen. Das Kloster in 1700 m Höhe am Osthang des Anti- Libanon wird von der griechisch-katholischen Mehrheit der Stadt verwaltet und zwar nach griechischem Ritus, aber unter Anerkennung des Papstes.
In der sehr alten Klosterkirche gibt ein Marmoraltar in einem kleinen, vom Kirchenschiff abgetrennten Raum, Rätsel auf. War es ein Opfertisch für Tiere… wurde das Loch in der Mitte, durch das Blut abrinnen konnte, später zugemauert… ?
Das Gebiet um das Dorf Maalula war bereits für den Urmenschen eine ideale Wohnmöglichkeit und die kontinuierliche Besiedlung konnte für etwa 100.000 Jahre nachgewiesen werden. Homo Sapiens trat vor etwa 40.000 Jahren in dieser Gegend auf und hat wie man annimmt, mit dem Neandertaler in gleichen Höhlen und zur gleichen Zeit – sozusagen nebeneinander – gewohnt. Eine „Koexistenz“ also!?
So nahe dem Grenzgebiet zum Libanon und den Golan-Höhen – jenem an Israel verlorenen „Stachel“ in Syriens Antlitz – schweifen meine Gedanken unwillkürlich zu den gegenwärtigen Problemen des Orients ab, die verantwortlich dafür sind, dass Syrien für seine Armee 60 % aufwendet, die der Landwirtschaft fehlen und seine Wirtschaft abbremst, die Inflation, anheizt.
Wie sehr die willkürliche Aufteilung des Vorderen Orients in neue Staatengebilde für Unruhe sorgt, zeigt sich beispielsweise auch bei dem Projekt, die Wasserversorgung durch Stauung des Euphrats zu verbessern. Sowohl der Irak, wie die Türkei, die den Fluss anzapft, verfolgen jeder die eigenen Pläne, die nur gemeinsam von Erfolg gekrönt sein können.
Zurück auf der Hauptstrasse in Richtung Homs wird das Landschaftsporträt uninteressant und sehr trocken, erst kurz vor der Stadt zeigt sich etwas Grün. Letzte Nacht brachte starker Wind Sand und Staub aus der Sahara mit. Homs, am Oberlauf des Orontes, die dritte der vier mittelgroßen Städte Syriens wirkt wenig anziehend, was vielleicht mit dem vorwiegenden Gebrauch von Basaltquadern zusammenhängt. Auch die historischen Monumente sind im Verfall begriffen, obwohl dieses antike „Emesa“ eine zentrale Rolle im römisch-byzantinischen Syrien gespielt hat. Nur wenige Kilometer entfernt, fand unter Ramses II. die berühmte Schlacht von Kadesch gegen die Hethiter statt.
Wieder eine Abzweigung in Richtung Mittelmeer entlang des Anti-Libanon-Gebirges und die gigantische Kreuzritterburg Krak des Chevaliers kommt in Sicht.
Mit diesem trutzigen Denkmal taucht eine Epoche aus den Tiefen europäischer Geschichte empor, die zu den blutigsten, fanatischsten und mit ihrem religiösen Tarnschild zum Schandfleck der Christenheit eskalierte. Und das, von oberster Instanz, dem Papst, angeregt und inszeniert.
Die Rittergilde des Mittelalters fühlte sich dazu berufen, den Moslems das „heilige Land“ zu entreißen… was ihnen eine Zeit lang sogar gelang.
Krak des Chevaliers ist ein beredter Zeuge aus dieser Zeit für Krieg und Kampf und unendlich viel Blutvergießen.
Der riesige Festungskoloss in 700 m Höhe breitet sich ungefähr 10 km von der Grenze zum Libanon entfernt, in einer grünen Berglandschaft aus. Wiesenblumen verleihen den Hängen ein buntes Farbwunder, das in allen möglichen Variationen zwischen den Grashalmen heraus sprießt.
Steil bergan windet sich die Straße zu dem sehr gut erhaltenen Komplex empor, den man durch ein wuchtiges Tor betritt.
Dieses ausgedehnte Refugium der christlichen Ritter, in drei Bauphasen zwischen 1150-1250 entstanden – seit 1102 gab es bereits kleinere Befestigungen – stellte ein als uneinnehmbar geltendes Bollwerk inmitten des von Moslems vollständig eroberten Umlandes dar und war der Inbegriff für eine Kreuzritterburg… ein mächtiger Zeuge für das Bedürfnis und die Sucht, fremde Kulturen möglichst auszulöschen oder zumindest zu beherrschen.
Nachdem die edlen Ritter ihren Sieg in Jerusalem, den Vandalen gleich genossen… plünderten und töteten, blieb die Gegenwehr nicht lange aus und selbst der Krak, der mit Unter- und Oberbau eine ganze Bastion zum Zentrum hatte und wegweisend für den Burgenbau wurde, musste 1271 nach wiederholter Belagerung durch den Mamelukensultan Baibar, kapitulieren. Die Ritter erhielten freien Abzug nach Tripolis und die Burg blieb unzerstört.
Die Besichtigung der monströsen Anlage beeindruckt außerordentlich… die Unterburg mit den Stallungen, ein Spaziergang den inneren Umgang entlang um die äußere Festungsmauer, Aufstieg zur Oberburg, die ein Labyrinth von Räumlichkeiten beherbergt, die Vorratskammer… alle Möglichkeiten für ein bequemes Dauerdomizil waren gegeben!
Wunderbar erhalten zeigt sich auch die Fassade vor dem Rittersaal und der Rittersaal selbst. In diesem erkennt man drei Aushöhlungen im Boden… vor ca. einem Jahr fand man hier Skelette. Niemand weiß warum und wer da bestattet gewesen sein könnte… üblich war damals, Tote einfach über die Mauer in die Tiefe zu werfen.
In einem langen Gang zeigen sich Toilettenlöcher… gleich dahinter liegt der ehemalige Speisesaal. In einem anderen Raum fällt ein überdimensionaler Backofen auf.
In der ehemaligen Kathedrale prangt jetzt ein Mihrab, die Glaubensnische der letztendlichen Sieger im Kampf um höchst irdische Werte im Heiligenschein der Religion.
Über Plätze und Treppen gelangt man zu einem Wächterturm, wo in Steinsitzen kleine Löcher ausgehöhlt wurden – eine Spielplattform gegen Langeweile.
In allen Räumen liegen massenhaft Steine herum… wenn in Syrien wieder einmal Geld vorhanden ist, soll weiter gegraben und Schutt weggeräumt werden.
Die Aussicht von dieser Burg, die heute leider durch vernebelnden Dunst verschleiert wird, muss höchst imposant sein.
In Tartus – einer ehemaligen Kreuzrittersiedlung in Form eines unregelmäßigen Trapezes – ist das Mittelmeer erreicht. 1157 den Rittern übergeben, mussten sie es 1271, als einen letzten christlichen Posten in Syrien ebenfalls verlassen und flüchteten übers Meer nach Zypern.
Obwohl Tartus nunmehr 90.000 Einwohner haben soll, fehlt der Stadt jeglicher mediterane Charme. Die Uferstrasse wirkt trist, leer und schmutzig, in die Stadtmauer der alten Zitadelle sind Häuser hineingebaut, die einen ähnlich unattraktiven Anblick bieten.
Die ehemalige Kathedrale der Kreuzritter „Notre Dame“, die zerstört war, aber restauriert wurde, hat als Kultplatz eine bis in die Antike zurückreichende Tradition, auch der Apostel Paulus soll hier eine Messe gelesen haben.
Der Hafen von Tartus mit ein paar Schiffen draußen und der Bootshafen mit verwitterten, rostigen Anliegern liefert ebenfalls kein freundliches Bild. Die parallel zum Hafen verlaufende Hauptstrasse überrascht dann plötzlich mit Palmen und großzügiger Straßenführung und verbessert ein wenig das Image der Stadt.
Bei der Weiterfahrt an der Küste zwischen Oliven und Orangenplantagen thront rechter Hand auf einem Bergrücken wieder ein mächtiger Festungsbau, die Kreuzritterburg Qualat Marqab – ebenfalls ein Zeugnis christlich-unchristlicher Aktivitäten europäischer Ritterherrlichkeit!
Die Stadt Lattakia verlockt dann mit neuen, hübschen Häusern, einem grün bepflanzten Platz und einem Nobel-Hotel zu einem Aufenthalt. Angeblich sei ihr freundliches Antlitz der Sport-Olympiade letztes Jahr am Mittelmeer, zu verdanken. Dazu musste sie herausgeputzt und mit neuen Einrichtungen versehen werden.
Ein Pfad direkt am Strand, von Blumen und blühenden Oleanderbäumen eingefasst, vermittelt hier die Atmosphäre, die man an den Ufern eines modernen Küstenortes erwartet, auch wenn im Hintergrund auf einer Wiese eine Unmenge weidender Schafe an bäuerliche Traditionen verweist.
Franzosen stellen das Hauptkontingent der Besucher, schließlich gehörte Syrien vor gar nicht allzu langer Zeit zu ihrem Mandats-Gebiet. In dieser Hotelenklave mit Einkaufpassage, Friseur, etc., etwas außerhalb des Zentrums, lassen sich alle Ungereimtheiten der Geschichte des alten Orients vergessen.
300 v. Ch. gegründet, bildete Lattakia zusammen mit Antiochia, Apameia und Seleukia das Grundgerüst der Hellenisierung Syriens. 200 n.Ch. wurde es im Zuge des Kampfes um den römischen Kaiserthron dem Erdboden gleichgemacht und nach dem Sieg der Römer wieder aufgebaut… und ist heute wichtigste Handelsstadt Syriens.
Von den antiken Monumenten stehen lediglich ein paar Säulen der Kolonnadenstraße und ein Torbau.
Dem luxuriösen Intervall folgt für mich endlich die Begegnung mit einem frühgeschichtlichen Reich, das nur wenige Kilometer entfernt am Tell von Ras Shamra als riesiges Ruinengelände erscheint: Ugarit…
Es erlebte seine Hochblüte, als Syrien im Spannungsfeld zwischen Hurritern (Mitanni), Ägyptern und Hethitern unter Fremdherrschaft stand, also im 14.Jhdt. v.Ch. Das kleine Imperium blieb bis zum Seevölkersturm Ende des 13.Jhdt.v.Ch. intakt. Die Geschichte der Stadt selbst ist jedoch wesentlich älter. In 18 Schichten konnte Siedlungskontinuität bis in die Mitte des 7.Jahrtausends vor Ch. nachgewiesen werden.
Leider ist von dem einst so großen Areal nur ein Teil ausgegraben und vieles, was aus tieferen Schichten mühsam ans Tageslicht kam, bereits wieder zugewachsen.
Vom Königspalast stehen lediglich die Mauern. Man erkennt auch den Verlauf der Hauptstraße, die in die Stadt hinaufführte… alles andere gleicht einem Wandeln zwischen Steinen und niederem Mauerwerk, zwischen Gras und Wiesenblumen auf schmalen, verwucherten Pfaden; ein Gelände, verwirrend, ausladend und ohne die Möglichkeit auch nur einer vagen Vorstellung von einem Zentrum, in dem einmal, vor langer, langer Zeit 60.000 Menschen gelebt haben.
Da trifft man hier auf einen Stein mit Abflussschale, dort auf ein großes Gefäß, ebenfalls aus Stein geformt… man blickt in ein großes Loch, in dem Schichten bis 7000 vor Ch. zurückdatiert werden konnten…
Zwischen Opfersteinen und den spärlichen Resten des Baal-Tempels weiden Ziegen… wieder erscheint ein noch größeres, tiefes Loch, in dem offensichtlich vor kurzem gegraben wurde. Es ist völlig ungesichert und vielleicht wird irgendwann daran weiter gearbeitet…
Syrien im Bannkreis gegenwärtiger Konflikte hat offenbar anderes zu tun, als sich vorwiegend um seine attraktive Vergangenheit zu kümmern.
Ras Shamra, das Ugarit der Kanaanäer war eine Hafenstadt,, die mit der Mittelmeerwelt, mit Zypern, Kreta, der Ägäis und Ägypten ebenso in Verbindung stand, wie mit Anatolien und Mesopotamien – es war eine kosmopolitische Stadt
Hier wurden ägyptische, minoische, neben hethitischen und arkadischen Keilschrifttafeln gefunden und in Ugarit entwickelte sich eine eigene Konsonantenschrift, die das Schriftsystem der sumerischen Keilschrift auf 30 Zeichen reduzierte und wesentlich für die weitere Schriftentwicklung verantwortlich war.
Die Kanaaniter, die in der zweiten Hälfte des 3.Jahrtausends vor Ch. den Tell besiedelten, waren eine nordwest-semitische Bevölkerung, die die Kultur des Küstengebietes zwischen Palästina und Anatolien bestimmte.
Auch nach Verlassen des Mittelmeer-Territoriums, das in Lattakia mit Blumen und blühenden Hibiscus- und Jacaranda-Bäumen gesegnet war und Fortsetzung meiner Reise in nördlicher Richtung, bleibt die Landschaft weiterhin Grün. Durch ein hübsches Tal schlängelt sich der „weiße Fluss“ durch die Berge. Leuchtend gelb grüßt Ginster von den Hängen.
Nach Überquerung des Orontes erreicht man ein Gebiet, in dem sich „tote Städte“ befinden. Sie stammen aus dem 4. bis 6. Jhdt. und niemand weiß genau, warum sie alle ziemlich gleichzeitig verlassen wurden. Die Erklärung, dass es mit dem Erscheinen der Islamisten zusammenhänge, wird in Syrien heftig bestritten. Sie sind aus fast ganz weißem Kalkstein erbaut, der durch die Witterung eine Honigfarbe annimmt.
Eine von ihnen trägt den Namen „Serdjilla“, stammt aus dem 5.Jhdt. und ist besonders gut erhalten in einer Talmude zu bestaunen.
Während die Basilika ziemlich eingestürzt aussieht, überrascht der gute Zustand der Profanbauten.
Über Stock und Stein und querfeldein kann man zu den verlassenen Gebäuden vordringen und sich Gedanken über das Schicksal der einst darin Wohnenden machen.
Zwischen den Ruinen haben Beduinen ihre Zelte aufgeschlagen. Die Begegnung mit ihnen verläuft freundlich, auch wenn sie sich Fremden gegenüber ein wenig scheu verhalten. Ziegenherden streifen äsend umher und ein Hauch aus biblischen Zeiten liegt in der Luft.
Man befindet sich hier im südlichen Teil des nordsyrischen Kalksteinmassivs, das bis zur Grenze der Türkei verläuft und aus einer Reihe kleinerer Bergketten zwischen 400 und 800 Meter Höhe besteht. In diesem von 4 antiken Städten beherrschten Refugium lebte damals eine griechisch sprechende Oberschicht, die seit dem ersten Jahrhundert auf der Basis eines Feudalsystems das Hinterland kultivierte. Grund für den großartigen Aufschwung der Region war der Anbau von Oliven in Monokultur und der Export des Olivenöls. Die Folge war Bautätigkeit und die Entstehung meist kleiner Dörfer, von denen manche zu städtischen Zentren heranreiften. Kalkstein und eine vorzügliche Technik ohne Mörtel kennzeichneten sie. Mit den Eroberungen der Perser und Moslems im 7.Jhdt. brach die blühende Wirtschaft plötzlich zusammen. Obwohl das Eindringen des Islam keine Zerstörung der Häuser zur Folge hatte, wurden die Dörfer und Städte noch im selben Jahrhundert verlassen.
So haben sich in einem Gebiet von etwa 150 x 40 km, etwa 500 Ruinenstätten erhalten, sodass die Rekonstruktion einer ganzen, dicht besiedelten Landschaft möglich ist.
Bewohnt wurden die Dörfer und Kleinstädte von Grundbesitzern, Pächtern und besitzlosen Arbeitern. Der Feudalherr residierte zumeist in einer der 4 Hauptstädte und war nur durch eine Landvilla präsent. Die Siedlungen boomten zwischen dem 4. und 7.Jhdt. und in fast allen kleineren Dörfern wurden Kirchen erbaut.
Irgendwie ein Kuriosum, für das man Tage brauchte, um es genau zu inspizieren.
Der Nimbus eines fremden Alltags wird ein wenig später durch ein Dorf verstärkt, das aus Rundhäusern, den Lehm-Trullis, besteht, die für besonders angenehmen Temperaturausgleich sorgen sollen.
Und wieder eine kurze Strecke danach, umgibt mich die Aura einer uralten, aber noch vielfach unter den Fittichen von Mutter Erde verborgenen Kultur.
Ich stehe plötzlich vor dem Ausgrabungsgelände von Ebla… am Tell Mardikh, dessen Besiedlung von etwa 3500 vor Ch. bis in hellenistische Zeit nachgewiesen ist.
Was für ein Gefühl auf einem der Hügel zu verweilen – und solche sieht man viele – unter dem eine ganze Stadt begraben liegt!
Lediglich der Königspalast auf der Akropolis vermittelt eine Ahnung von seiner einstigen Pracht. Immerhin entdeckte man dabei unter anderem das königliche Tontafel-Archiv!
Von besonderer Bedeutung war im Stadtstaat Ebla die frühdynastische und altsyrische Zeit
von 2400 – 1650 vor Ch. Während seiner Blüte konnte Ebla seinen Einflussbereich auf ganz Syrien und Palästina ausdehnen, bis der Akader-König es 2250 v.Ch. zerstörte. Eine städtische Besiedlung mit königlichem Machtanspruch lässt sich allerdings trotz einer zweiten Zerstörung bis 1650 v.Ch. beweisen.
So gilt für Ebla die Hypothese einer selbständigen frühen Kultur für den syrischen Raum – nach einer stimulierenden Konfrontation mit der mesapotamischen Kultur erreichte es als ersten Höhepunkt den Status eines Großreiches.
Umlaufende Erhöhungen entsprechen einem Festungswall, die 4 Unterbrechungen markieren Stadttore. Ziemlich entfernt vom Königspalast hat man eines der Stadttore identifiziert… leider ist nur der Unterbau davon vorhanden.
Es wird weiter gegraben, jedoch ziemlich unregelmäßig.
Auch hier weiden auf den Hügeln Schafe und Getreidefelder breiten sich über dem ehemaligen Großreich aus, das der Erdboden im Laufe dreier Jahrtausende verschluckt hat.
Meine nächste Station ist Aleppo, jenes nach oder mit Damaskus zweites, uraltes Stadtgebiet, das die Zeit „lebendig“ überdauert hat.
Erster Eindruck ist… ein fast gepflegtes Image mit Blumen und Wasser speienden Verkehrskreiseln. Außerhalb, im Universitätsviertel, wo sich mein Quartier befindet, dominiert eine Baustelle, die hübsche neue Häuser entstehen lässt.
Aleppo besitzt ein fruchtbares und fast beliebig weit auszudehnendes Hinterland auf halbem Weg zwischen den wichtigsten Euphrat-Übergängen und der Mittelmeerküste. Es ist die zentrale Schaltstelle zwischen Mesopotamien und Europa.
Aufgrund der kontinuierlichen Besiedlung sind größere Ausgrabungen im Stadtgebiet so gut wie ausgeschlossen. Im 2.Jahrtausend vor Ch. wird Aleppo in einer hethitischen Urkunde als Zentrum eines Königreiches bezeugt, das seine Herrschaft über ganz Nordsyrien ausbreitete und sogar das Geschehen im mittleren und östlich Mesopotamien kontrollierte. Spätestens 1757 vor Ch. ist es die dominierende Macht in Syrien und tritt den Hethitern an der Spitze der Stadtstaaten entgegen, denen es erst im 16.Jhdt.vor Ch. zum Opfer fällt.
Die hellenische Neugründung hat das Stadtbild grundlegend verändert, das dann wiederum vom Islam überbaut wurde.
Da ich mich auf Spurensuche zu den Anfängen menschlicher Kultur und Zivilisation befinde, die sich immer wieder als verblüffend hoch entwickelt entpuppt, führt mich das archäologische Museum dieser Stadt besonders weit in die Vergangenheit zurück.
Die Räumlichkeiten sind um einen Innenhof gruppiert und die herausragenden Exponate datieren alle in die Frühgeschichte. Sie stammen vor allem aus Mari, Ugarit, Ebla, Tell Halaf (an der türkischen Grenze), etc.
Aus Mesopotamien lassen „Augenidole“ von 3500 – 3000 v.Ch. einen Zusammenhang mit dem „bösen Blick“ vermuten, der als Aberglaube bis weit ins Mittelalter viel Irritation heraufbeschworen hat.
Kleine Perlmuttfigürchen aus Mari von 3000 v.Ch. begeistern ebenso wie die Backformen von dort, die den heutigen gar nicht unähnlich sind.
Aus dem 4.Jahrtausend v.Ch. stammen die Abgüsse eines Figurenzyklus, dessen Originale im Museum von Berlin im Krieg größtenteils zerstört wurden. Überlebensgroß sind sie in einem eigenen Saal versammelt – geflügelte Löwen und andere Tiere – wobei die wenigen Originale sich deutlich von den Abgüssen unterscheiden.
Omajadenmoschee, Hallawija-Medrese – die einstige Kathedrale Aleppos – zeigen interessante Besonderheiten, aber als Hauptattraktion dieser Stadt fungieren vor allem die mächtige Zitadelle und der Bazar, der mit 12 km überdachter Ladenstrasse als größter im Orient berühmt ist. Auf diese Weise abgeschottet von der Hitze des Tages freue ich mich darauf, ihn genüsslich zu durchstreifen… aber welche Enttäuschung, es ist darin so gut wie nichts los, denn bis auf wenige Ausnahmen sind die Läden geschlossen. Die drei Feiertage nach dem Fastenmonat Ramadan sind halt den Moslems ebenso heilig, wie uns Ostern oder ähnliches.
Der Bazar endet an der Zitadelle, die dann als wuchtiger Komplex nach dem Gang durch den dunklen Souk, das Auge blendet. Zum Glück ist er geöffnet und man kann nach dem Aufstieg und Passieren eines monumentalen Tores seine Räumlichkeiten besichtigen. Der heutige Zustand datiert aus moslemischer Zeit, der Hügel scheint jedoch von Anfang an mit der Stadt aufs engste verbunden gewesen zu sein. Fundamente eines syrisch-hethitischen Tempels aus dem 10.Jhdt.v.Ch. und 2 Basaltsockel in Form von Löwen belegen eine frühe Bebauung.
Prächtig präsentiert sich der Blick von hier oben auf die Stadt, sehr eindrucksvoll auch der Thronsaal! Durch einen ehemaligen Fluchtweg gelangt man wieder hinunter in die Stadt.
Ein Tagesausflug führt mich von Aleppo auch noch in den Nordteil des nordsyrischen Kalkstein-Massivs, wo weitere „tote Städte“ mit ihren weißen Ruinen die ungelöste Frage ihres plötzlichen Verschwindens anfachen. Dabei taucht einmal auch ein Stück „Römerstraße“ von 6 m Breite auf, die einen Kilometer lang, zu einem Spaziergang auf ihrer ehrwürdigen, äußerst sauber verlegten Oberfläche einlädt. Ein Relikt der Antike, wie man es in dieser Länge kaum irgendwo anders findet. Gras wuchert zwischen den Steinen, teilweise sind Radspuren erkennbar… ein Stück der Verbindung, die einst von Aleppo nach Antiochia verlief.
Neue Häuser haben sich zwischen den Ruinen eingenistet. Von einem Hügel grüßt die Klosteranlage Breigh aus dem 6.Jhdt., deren dreigeschossiger Bereich bis zum ersten Geschoss aus dem Felsen ausgeschnitten und die gewonnenen Quader für den Bau der höheren Etagen verwendet wurden. Auf den mit Steinen durchsetzten Hängen breiten sich Felder aus. Eine schwarz gekleidete Frau ist gerade dabei mit der Sichel Getreide zu schneiden. Es steht nieder, ist aber bereits gelb und reif für die Ernte. Sicheln gibt es angeblich schon seit 4000 vor Ch., die ersten Exemplare wurden im Sudan gefunden, was ss Getreideanbau beweist – und das in der Sahara!
Die Häuser des Dorfes Bashmishli wurden mit antikem Ruinengestein erbaut.
Zum Dorf Quirqbize führt eine schmale Strasse empor. Eine ihrer Villen wurde im 4.Jhdt. zu einer Hauskirche umgebaut.
Etwa 200 Siedlungen soll es in diesem Teil des Kalkstein-Massivs gegeben haben.
Nur wenige Kilometer davon entfernt, verleitet die Arkaden-Kirche von Qualb Lohse zu einem Halt. Kaum aus dem Bus ausgestiegen, stürzt sich eine Schar Kinder auf die Touristen, bettelt um „pens“, hält die Händchen auf für Bakschisch, wird zum Plagegeist. Einige schleichen sich sogar durch das Gittertor in die ehemalige, sehr berühmte Basilika, die eine Art Wallfahrtskirche darstellt. Diese Unsitte bettelnder Kinder, tritt leider überall in Syrien, wenn irgendwo Fremde erspäht werden, auf.
Das eigentliche Ziel dieser heutigen Exkursion ist jedoch das Simeonskloster, das auf einer Anhöhe platziert, auch noch als Ruine imposant gegen den Himmel ragt und als herausragendstes Monument und Pilgerheiligtum im nordsyrischen Kalkstein-Massiv gilt.
Ausgangspunkt für den gewaltigen Bau war die Säule des heiligen Simeon, auf welcher der „Säulensteher“ 30 Jahre seines Lebens verbrachte. Schon zu seinen Lebzeiten begann die Pilgerbewegung, die diese übermenschliche Askese auslöste.
Geboren Ende des 4.Jhdt. an der Grenze zwischen Syrien und Kilikien (Türkei) veranlasste ihn die Bergpredigt zu einem Asketentum, das er bis zum Extrem steigerte und schließlich die letzten 30 Jahre seines Lebens, ankettet auf einer 20 m hohen Säule stehend verbrachte.
Ihm zu Ehren beteiligte sich der byzantinische Kaiser am Bau der Basilika.
Es fällt schwer bei dem Gedanken an ein derartiges Martyrium und all´ das was ihm vorausging, Bewunderung zu empfinden… für mich stellt Fanatismus, gleichgültig in welcher Form und zu welchem Zweck er sich äußert, eine zutiefst dem Menschen unwürdige, verderbliche Eigenschaft dar.
Während die Form des organisierten Klosters in Syrien auf ägyptische Vorbilder zurückgeht, scheint das Asketentum als radikale Steigerung des Eremitentums eine syrische Entwicklung gewesen zu sein. War es eine Antwort auf die spätrömische Dekadenz, eine Flucht aus dem materiellen Dunkel ins Licht himmlischer Gemeinschaft mit dem wahren Gott?
Fragen über Sinn und Unsinn uns seltsam erscheinender Riten und Verhaltensweisen, können so meine ich, von späteren Generationen ohnehin nur mangelhaft kommentiert werden. Glaube und Aberglaube standen und stehen oft unentscheidbar nebeneinander.
Und leider zieht immer wieder die geschickt inszenierte Propaganda einer Glaubensidee die Massen an und reißt sie mit in ihren tiefen Sog.
Niemand weiß wie nachfolgende Jahrhunderte – falls die Menschheit sie erlebt – unsere heutigen Aktionen beurteilen wird.
Um 500 entstand um die Säule, von der heute nur noch das Postament zu sehen ist, ein Oktogon, das dieser „Stylit“ zum Mittelpunkt hatte. Es wird gebildet durch 8 Eckpfeiler, die 8 reich profilierte Bögen tragen. In den 4 Himmelsrichtungen öffnen sich diese Bögen auf die 4 Mittelschiffe der 4 anschließenden 3-schiffigen Säulenbasilika. Im Südosten der Anlage befindet sich das dazu gehörige Kloster.
Die dörfliche Ansiedlung entwickelte sich mit der nach dem Tode des hl. Simeon einsetzenden Pilgerbewegung zu einer ausgedehnten Wallfahrerstadt, die bis ins Mittelalter in Funktion blieb. Von der Ansiedlung ist inzwischen viel zerstört, sodass vor allem die Basilika und das Baptisterium interessant und sehenswert sind.
Nach der Rückkehr bleibt in Aleppo noch Zeit für einen Besuch der uralten Maulbeermoschee, die zwar einen etwas verfallenen Eindruck macht, aber sehr große Bedeutung hatte – und für einen Trip zur alten Stadtmauer und einem ihrer 4 Tore. Das Bab Antakiye mündet in einem alten Viertel, in dem das Mittelalter noch gegenwärtig ist. Und zwar ein ziemlich finsteres voll Schmutz, wo Frauen ihr Gesicht verhüllen und herum strolchende Kinder und Jugendliche ein trostloses Szenenbild liefern.
Vom Norden Syriens zuerst Richtung Osten und dann südlich weiter Richtung Jordanien beschert mir die Route quer durch diesen Staat noch manch interessanten Einblick in das heutige und vor allem ehemalige Teilgebiet des alten Orient.
Zuerst präsentiert sich die Gegend recht eben mit viel Landwirtschaft und Dörfern, deren Häuser aus Lehm gebaut sind. Immer wieder tauchen dabei künstliche Hügel (Tells) auf, unter denen sich antike, noch nicht ausgegrabene Stätten verbergen. An manchen steckt ein Mast als Zeichen, dass hier Archäologen Lohnendes vermuten und graben werden. An einem davon breitet sich ein moslemischer Friedhof aus, sodass es da mit dem „Graben“ schwierig werden dürfte.
Bald ist der 80 km lange Assad-Stausee, der vom Euphrat gespeist wird erreicht. Oberhalb hat man für die Ingenieure und Arbeiter 1969 eine Siedlung angelegt, die einen ungepflegten, fast verwahrlosten Anblick bietet. Hinter der Stadtmauer zeigt sich dann die natürliche Flusslandschaft des Euphrat. Wie der Assuan-Stausee in Ägypten schuf auch dieser Bau Probleme.
Nach dem Schwenk nach Süden offeriert Syrien seinen Wüstencharakter und schon nach 35 km erscheint inmitten der weiten Ebene das Ruinenfeld von Resafa, das in byzantinischer Zeit wegen seines Reichtums an Kirchen mit einer Mauer umgeben wurde. Die Grabkirche des Märtyrers und Soldatenheiligen Sergius machte auch Resafa im 5. Jhdt. zu einem Pilgerzentrum im ganzen Mittelmeerraum.
Die Reste der Monumentalbauten stammen aus der Zeit von 500 – 560.
Ohne sichtbare Zeugen blieb die Epoche des 9.Jhdt. vor Ch., wo Resafa bereits ein assyrischer Verwaltungsort war.
Nach der moslemischen Eroberung erlebte die Stadt, nach der ersten, eine zweite Blüte unter den Omajaden in der ersten Hälfte des 8.Jhdt. Da damals fast alle Bauten aus Lehm errichtet wurden, haben sie die Zeit nicht überdauert. Ein Erdbeben im 8.Jhdt. unterbrach abrupt die Entwicklung. Die durch Restaurierung wieder hergestellte byzantinische Basilika blieb bis ins 12.Jhdt. hinein Bischofskirche – ein Beispiel, dass ein christliches Gotteshaus auch nach der islamischen Eroberung weiter funktionierte. Erst nach dem Mongolensturm wurde sie aufgegeben, im 17. Jhdt. wiederentdeckt, begannen 1952 die ersten Grabungen.
In Resafa haben ca. 6000 Menschen gelebt, deren Wasserversorgung durch große Zisternen, die im Frühling von einem Wadi gespeist, möglich wurde.
Im Fußboden der Basilika vergraben, fand man 1983 einen Silberschatz aus der Kreuzfahrer-Zeit, der in Deutschland restauriert, wieder nach Syrien zurückgekehrt ist und in einem Museum ausgestellt werden soll.
Schon von weitem ragt die Ruinenstadt imposant aus der Wüste.
Um vor allem die Basilika zu erreichen muss man querfeldein über Hügelchen in sengender Hitze und starkem Wind pilgern… ebenso zu den 4 Zisternenanlagen und zur Stadtmauer. Doch die Mühe lohnt sich.
Diese brettelebene Landschaft, in der zumindest in Jahren mit winterlichem Regen, Getreide wogt, würde sich bis in den Irak hinein fortsetzen… heißt es.
Die Häuser der spärlich auftauchenden Dörfer sind vielfach aus Lehm, teilweise in Trulli-Bauweise.
Zurück zum Euphrat und entlang des Flusses tauchen zwar immer nur vereinzelt Ansiedlungen auf, aber bei manchen von ihnen sind die Behausungen bereits aus Stein.
Auf einem Berghang erkennt man nach einiger Zeit die Burg von Hallabiye ( eine Gründung der palmyrischen Herrscherin Zenobia). In römischer Zeit ließ Kaiser Justinian die Festung als Bollwerk gegen die Perser restaurieren.
An den Ufern des so geschichtsträchtigen Euphrat, der wie kein anderer zum Rückblick in vergangene Zeiten verleitet , haben sich zahlreiche Lokale etabliert.
In Deir-ez-Zor führt dann eine Strasse wieder nach Süden, während der Fluss seinen Verlauf nach Südwest in den heutigern Irak einschlägt. Wie reich die verschiedenen Epochen der Historie ihren Niederschlag in Syrien gefunden haben, beweisen Ausgrabungen im 40 km westlich vom Kreuzungspunkt gelegenen Tell Buqras, wo eine neolithische Siedlung von 6400 – 5900 v. Ch. mit an schmalen Straßen angelegten 140 Häusern in die Gegenwart zurückgeholt wurde. Ihr Schema: 3 längliche Wohnräume neben 1 oder 2 kleineren Unterkünften als Vorratslager und Küche.
Vermutlich eine Viehzüchter-Kultur, die Weidegründe in den trockenen Steppen nutzbar machte.
Der Boden Syriens scheint also wahrhaft mit Spuren der verschiedensten Zivilisationen durchtränkt zu sein.
Meine Route wendet sich allerdings von Deir-ez- Zor direkt nach Südwest, wo ein Höhepunkt der Reise auf mich wartet: Palmyra…
Die Erde dieser Region verspricht durch Öl und Butan eine lukrative Zukunft und die Asphaltstraße zu dem antiken Glanzpunkt verläuft schnurgerade.
Das Gebiet gehört meist Stämmen und wenn Karawanen, die ja von Nordsyrien bis Saudi-Arabien unterwegs sind, es durchziehen, muss ein Preis eventuell mittels Naturalien ausgehandelt werden. So wird es zumindest im Irak gehandhabt.
Die Begegnung mit einer Kamelherde lässt nicht lange auf sich warten, zumal sich in der Nähe eine Wasserstelle vom letzten Regen befindet. Vielfach lösen aber bereits Traktoren die Tiere ab.
Im Hintergrund erscheinen Berge, die eine Höhe bis zu 1400 m erreichen. Von ihnen fließen unterirdische Quellen bis zum 400 m hochgelegenen Palmyra.
Die Ankunft in dieser für die orientalische Kunstgeschichte aufregendsten und umfassendsten Ruinenstätte gestaltet sich für mich… überwältigend.
Es ist fast ½ 8 Uhr und das Abendlicht verklärt magisch die aus der Wüste ragenden Zeugen der Antike: die auf einem Hügel thronende arabische Burg, dazwischen auf kleineren Anhöhen Grabtürme und rundum, soweit das Auge reicht Säulenreihen und das Areal mit den Resten des Baal-Tempels.
Eine Wüstenstadt, deren fast legendärer Ruhm mit der Kaiserin Zenobia verbunden ist, die dieses Terrain zu dem hoch entwickelt hat, was uns nach 2000 Jahren mit seiner Hinterlassenschaft begeistert.
Die Höhlen nahe Palmyra waren wohl schon von Jägern bewohnt und für das Neolithikum ist bereits eine Ansiedlung anzunehmen. Historisch fassbar wird die Stadt erst in den assyrischen Verträgen zu Beginn des 2.Jahrtausend vor Ch. Die älteste Geschichte Palmyras bleibt jedoch ziemlich unbekannt.
Zur Zeit der Kontaktaufnahme mit den Römern ist Palmyra jedenfalls eine blühende Handelsstadt und verhältnismäßig reich.
Ausgangspunkt des wirtschaftlichen und politischen Aufstiegs war für die Stadt die Grenzsituation zwischen zwei damaligen Großmächten und ihre Beziehungen zum Osten, die bis Persien und Indien reichten. Für die Expansionspolitik Roms waren die diplomatischen Verbindungen Palmyras zum Osten – da sich mit den Parthern bereits ein Dauerkonflikt anbahnte, äußerst wertvoll.
Zwar paradox, aber der Streit dieser zwei Kontrahenten wurde zum Triumph für Palmyra, das zwar nicht der Provinz Asia angehörte, sondern als selbständiger Partner Roms für die ersten drei nachchristlichen Jahrhunderte unserer Zeitrechnung, brillierte.
Doch wie meist folgte auf Triumph ein Niedergang. 272 wird Palmyra von Aurelian zerstört und erreicht nie mehr Weltruhm.
Zwar korrespondierte Palmyras Erfolgsrezept mit der römischen Provinz in Vorderasien, aber ihre sehr selbständige Kunstproduktion, die von Rom völlig unabhängige Religion, die aramäische Schrift und die arabischen Bevölkerungsanteile machten stets die Grenzen des römischen Einflusses deutlich sichtbar. Der westliche Einfluss beschränkte sich im Wesentlichen auf die Architektur, während Skulpturen und Malerei, Religion und Kult deutlich östliche Wurzeln verraten. Durch Funde belegt ist Palmyras Zugehörigkeit zum griechisch-iranischen Kulturkreis, dem Produkt der Verbindung, die der Hellenismus mit den lokalen Kulturen in Vorderasien eingegangen ist.
Zwei Tage eingeplante Zeit um all den einzigartigen Ruinen einen Besuch abzustatten, reichen kaum dafür aus…
Ein Museum, höchst eindrucksvolle Turmgräber für Familienbestattungen, Tore, Agora, Theater, Säulenkolonnaden mit dem Triumphbogen und schließlich der Baal-Tempel – eine Stadt präsentiert ihren verblichenen Glanz als geisterhafte Silhouette im Sand der Wüste!
Der Baal-Tempel verleitet besonders dazu in seinem Hof und der gesamten Anlage herum zu streifen. Ein Modell im Museum zeigt, wie er einst aussah.
Durch einen Tunnel wurden die Opfertiere herein getrieben, wo sie auf Altären geschlachtet wurden. Das Blut floss durch ein Loch in einen tiefen Kanal. In der Mitte des Hofes erhebt sich dann das eigentliche mächtige Heiligtum. Das Tor, das ins Innere des Sakralbaus führt, ist an den Seiten mit Weinranken geschmückt.
Große Steine, die sich einst am Tempel oben befanden, liegen am Boden herum und zeigen wundervolle Motive.
Wie üblich wurde der Tempel in der christlichen Ära zur Kirche und später in eine Moschee umfunktioniert.
Auf einem Steinbrocken auf der Tempelterrasse fällt ein Relief mit verschleierten Frauenportraits auf. Wurde diese Sitte also nicht erst von den Moslems erfunden?
Der Baal-Kult bestand in Palmyra seit 44 v.Ch. Seine Ursprünge dürften jedoch schon im zweiten vorchristlichen Jahrtausend zu suchen sein, als die aramäische Bevölkerung in Palmyra ihren Gott „Bol“ dem babylonischen Gott Marduk-Baal anglich.
Baal hat zwei Begleiter, die mit Sonne und Mond zu identifizieren sind, womit dieser Gott eine kosmische Natur besitzt. Eine Theologie der Triade also…
Von Palmyra verläuft meine Fahrt wieder gen Westen. Hier wurde durch Grundwasserfunde eine Bebauung möglich. Es gedeihen Oliven, Granatapfelbäume und sogar Baumwolle. Bald jedoch wird dieses Wachstum von einem strohtrockenen Gebiet gestoppt, auf dem Schafherden weiden und es verwundert, dass die Tiere sich von der ausgedörrten Vegetation ernähren können.
Eine Pipeline von über 100 km führt zum Mittelmeer, in Abständen sind Pumpstationen angebracht. Da es zwischen Syrien und dem Irak immer wieder zu Spannungen kommt, wurde die Pipeline dahin stillgelegt und das Öl gelangt über Jordanien zum Mittelmeer.
Erst 40 km vor Homs verwandelt sich die die Wüste in eine fruchtbare Landschaft. Bis hierher fallen die natürlichen Niederschläge und das Grundwasser anzapfen ist nicht mehr nötig. In Persien existieren seit der Zeit der Meder unterirdische Wasserleitungen, doch diese zu graben ist sehr mühevoll.
In der Ferne erscheint die Bergkette des bis zu 3000 m hohen Anti-Libanon, er behält bis zum Sommer hinein seine weiße Schneekappe, das Libanongebirge ist noch ein Stück höher.
Von der Stadt Homs, die mir schon von der Durchfahrt ins Land als nicht sonderlich attraktiv erschien – sie hat sich von einem Pilgerzentrum zur Industriestadt entwickelt – verläuft eine Strasse nach Hama, die als Abstecher nach Norden 2 Besonderheiten bereithält: ein pittoreskes Schauobjekt stellen die malerischen Wasserräder (Norias) dar, die von dem zu einem See aufgestauten Orontes-Fluss betrieben und für Bewässerung höher gelegener Gebiete benutzt werden. So entsteht aus der umliegenden Steppe fruchtbarer Ackerboden… und als zweites Signum, eine den alten Traditionen verhaftete Bevölkerung.
Hama war Hochburg der Feudalherren und aus dieser Zeit rekrutiert sich seine sprichwörtliche Rückständigkeit.
Im Vergleich mit Homs wirkt die Stadt ansprechend. Doch es gab vielfach Unruhen, die sich gegen den syrischen Präsidenten richteten, angeblich von einer Moselbruderschaft angezettelt.
Die Wasserräder jedenfalls, die von einer Brücke über den Orontes attraktiv zu beobachten sind, liefern hübsche Fotomotive. Von den 4 Stück „arbeiten“ momentan allerdings nur 2.
Noch ein kurzer Aufenthalt in Damaskus, dann ist meine Spurensuche in Syrien, bei der leider manches ausgeklammert werden musste – wie z.B. das uralte Mari in der Nähe der irakischen Grenze – beendet. Und nicht zu zählen dürfte sein, was noch alles an frühen Kulturen und Episoden der Geschichte unter der Erde dieses Landes seinen Jahrtausende währenden Schlaf
hält.
Kurz vor der Grenze zu Jordanien bereitet mir in Eszra die älteste noch erhaltene und benutzte christliche Kirche, deren ältester Teil von 410 stammt einen eindrucksvollen Abschiedsgruss… ein Bau wieder aus Basaltgestein, der eine Reliquie des hl. Georg von 250 aufbewahrt. Ihr Innenraum stellt ein Oktogon dar und wird wiederum von einem äußeren Oktogon umrundet. Bilder und Ikonen schmücken die Vorderseite. Einst war der Platz von einem heidnischen Tempel besetzt, der zerstört und abgetragen wurde.
Es herrscht viel Betrieb und die Grenzformalitäten ziehen sich ziemlich lange hin. Schon bald macht sich ein gewisser Unterschied zwischen den Nachbarländern bemerk bar. Gepflegte Atmosphäre und saubere Toiletten in den Restaurants fallen angenehm auf, für Speisen und Getränke schlagen allerdings auch oft höhere Preise zu Buche.
Und schon nach wenigen Kilometern bietet sich auch das „Antiquar“ Jordaniens, als Einstieg in die Vergangenheit, zum Besuche an.
Die Ausgrabungen von Gerasa, dessen Ruinen bis jetzt ebenfalls nur zum Teil ausgebuddelt werden konnten.
Keine spektakuläre Wüstenlandschaft und keine Felswildnis breitet sich vor der hellenisch-römischen Kulisse aus. Trotzdem überraschen die prachtvollen Säulenstrassen, 2 gut erhaltene Tempel, 3 Theater und zahlreiche frühbyzantinische Kirchen und bieten eine Sehenswürdigkeit ersten Ranges als Beispiel für eine spätantike Provinzstadt, deren früheste Siedlungsspuren ebenfalls bis ins 6.vorchristliche Jahrtausend zurück reichen. Dazu windet sich ein leise plätscherndes Flüsschen durch eine grüne, abwechslungsreiche Hügellandschaft und seine Melodie verherrlicht die Vielfalt der Natur.
Jordanien, eingebettet zwischen Israel, Syrien, Irak und dem riesigen Territorium von Saudi-Arabien präsentiert vor allem entlang des Jordan ein dichtes Netz von Städten und Dörfern. Über 4/5 seines Gebietes sind Wüste!
Durch den nach dem 2. Weltkrieg von Israel als Stammheimat beanspruchten und neu gegründeten Staat wurde vor allem das Königreich der Haschemiten schwer getroffen und die Spannungen und Konflikte in diesem Teil des alten Orient sind bis heute nicht in den Griff zu bekommen.
Die Besetzung der Westbank, des westlichen Ausläufers des palästinensischen Landstrichs, durch Israel war ein harter Schlag für Jordanien. In ihm befinden sich uralte Städte wie Jericho und vor allem Jerusalem, um dessen Besitz heftig gestritten wird. Und wieder wird der Eigentumsanspruch durch die Religion legitimiert. Juden, Christe und Moslems treten dabei als Kontrahenten auf. Eine Einigung und Lösung ist nicht in Sicht.
Die Spurensuche nach frühen Zivilisationen in Jordanien kann nicht ohne Berücksichtigung von Aussagen, die im Alten Testament verzeichnet sind, erfolgen. Obwohl erst vor über 3000 Jahren verfasst und aus der nicht immer objektiven Sicht eines einzigen Volkes – den religiösen, jüdischen Gelehrten hervorgegangen – ist sie eine unverzichtbare Quelle nicht nur für Glaubensdinge, sondern vor allem für die Geschichte des Landes Palästina und dem Verhältnis der Völker zueinander, die in diesem Gebiet zu jener Zeit agierten.
Zunächst will ich jedoch die heutige Hauptstadt Jordaniens Amman, ein wenig näher betrachten.
Einen umfassenden Eindruck von ihr erhält man von der Zitadelle, unter der sie sich weithin ausbreitet. Ihr gegenüber trifft der Blick auf den Komplex des römischen Theaters.
Die Strasse durch die Altstadt gleicht einem Bazar und hier zeugt auch die Moschee davon, dass trotz aller Aufgeschlossenheit das Land im islamischen Kulturkreis verankert ist. Im Königspalast herrscht als konstitueller Monarch König Hussein aus der arabischen Dynastie der Haschemiten, die seit dem 10.Jhdt. auch das religiöse Oberhaupt für Mekka stellt.
Der Hauptanteil der jordanischen Bevölkerung besteht mit über 4 Millionen, zu 70 % aus Palästinensern.
Mein Aufenthalt in diesem hochinteressanten Land wird sich nur auf ein paar Tage beschränken und zwar in Richtung Süden zu den wesentlichen Höhepunkten von Landschaft und Historie.
Jordanien besitzt 2 Fernstrassen – die Königs- und die Wüstenstrasse. Sie folgen Routen, die sich etwa vor 4000 Jahren herausgebildet haben. Zusammen mit der palästinensischen Küstenstrasse verbinden sie Nordsyrien und den fruchtbaren Halbmond mit dem Roten Meer und dem Pharaonenreich.
Parallel zum Jordangraben nach Süden war das wellige und fruchtbare Ackerland seit Jahrtausenden heftig umkämpft.
Über das Dorf Hisban –biblisch Heschborn, das im Verlauf seiner Geschichte im Besitz von Moabitern, Amoniten, Isrealiten, Römern war – geht meine Fahrt nach 34 km am Ortsbeginn von Madaba auf schmaler Strasse zum 800 m hohen Berg Nebo hinauf.
Er beschert dem Besucher einen prächtigen Blick über die Berglandschaft und hinunter zum Toten Meer. An klaren Tagen kann man sogar die Umrisse von Jerusalem und Jericho wahrnehmen,
Vor der Kirche des hl. Georg Siyagha prangt die eherne Schlange des Moses; aus den Steppen von Moab auf den Berg gekommen, zeigt Moses wie Gott ihm befahl dem Volk „das ganze Land“, das seinen Nachkommen verheißen war. Und hier starb Moses. Wo er begraben wurde, ist unbekannt.
Die Ausgrabungen und die Instandhaltung der historischen Stätten von Syagha (um den Berg) werden vom Bibelinstitut des Franziskaner-Ordens betreut. In der überdachten Kirchenruine kann man einen Teil der 1976 entdeckten Mosaiken, die aus dem 5.Jhdt. stammen, bewundern: Jagdszenen mit Löwen und Gazellen, Hirten, Schafe, Strauss, Zebra und Kamel…
In Mukkayyet befinden sich in der St.Lot – und Prokopius-Kirche ebenfalls eindrucksvolle Mosaiken, die das Alltagsleben schildern. Das interessanteste, leider nur teilweise erhaltene Bodenmosaik zeigt allerdings die Georgskiche in Madaba… eine Palästina-Karte: es entstand 500 -560 und ist 25 m lang und 5 m breit und aus 2,3 Millionen Steinchen zusammengesetzt.
1896 wurde vom griechisch-orthodoxen Patriarch von Jerusalem als Schutz für das Kleinod die Georgskirche gebaut.
Die erhaltenen Fragmente zeigen in der Mitte Jerusalem als ummauerte Stadt mit den Toren, einzelnen Gebäuden – ebenso Jericho, Betlehem, das Tote Meer und den Jordan.
Die Königsstrasse – der Kings-High-Way – verläuft bergan, kreuzt Dhiban, in dessen Nähe 1868 ein Stein aus dem 9. Jhdt. v. Ch. gefunden wurde, der die Taten des moabitischen Königs Mescha verzeichnet. Das Relikt, das Angaben der Bibel bestätigt, befindet sich im Louvre. Die Kleinkönigreiche Moab und Edom, von denen das Alte Testament berichtet, liegen ebenso wie Ammon im Süden von Jordanien; Ausgrabungen und Bibeltexte lassen an ihrer frühgeschichtlichen Existenz nicht zweifeln, genaue Details jedoch machen infolge Widersprüchen immer wieder zu schaffen.
Noch 1 ½ km und das spektakuläre Wadi Mujib präsentiert den höchst imposanten „Gran Canyon“ Jordaniens. Hervorgegangen ist er aus jener geologischen Zerreißprobe, die auch den Jordangraben entstehen ließ. Etwa 400 m tief fällt die Schlucht ab, an die 4 km ist sie breit und über 20 km windet sich die Strasse an den Steilhängen in Serpentinen hoch, bis der südliche Hochrand vom Wadi erreicht ist. In biblischer Zeit schied diese natürliche Grenzlinie die amoritische, später die israelitische Einflusssphäre im Norden, vom Königreich Moab im Süden.
An höchster Stelle breitet ein Aussichtspunkt das Panorama einer Landschaft vor den bewundernden Augen des Betrachters aus, der alle Spektren ihrer Formkraft spielen lässt
Ebenso atemberaubend gestaltet sich die rasante Abfahrt mit Schwindel erregenden Kurven.
Beduinenzelte haben sich immer wieder in diese grandiose Natur eingeschlichen, zwischen eintönigem Ocker triumphieren winzige grüne Felder als Ergebnis eines ausgiebigen Frühlingsregen. Hinunter in eine kleine Oase und auf der anderen Seite wieder hoch – wie in einem Karussel flitzen Bildmuster gleich foppenden Kobolden vorbei… schier endlos…
Wie mahnende Zeigefinger ragen zwei römische Meilensteine als Beweis für die antiken Benutzer aus dem Straßenniveau.
Am Hochplateau, nachdem der Canyon bezwungen ist – vor einem Jahr wäre an dieser Auffahrt ein Schulbus verunglückt, der 20 Kindern das Leben kostete – gedeihen in 900 – 1000 m Höhe, Felder. Die Erde zeigt ein gesundes Braun und Bäume am Straßenrand spenden Grün. Die Fruchtbarkeit hier ist auf natürlichen Niederschlag angewiesen, den es dieses Jahr reichlich gab.
In der Stadt Kerak, die heute 20.000 Einwohner zählt, spiegelt sich ein Teil der Geschichte Moabits wider. In der Bibel Kir-Heres genannt, soll sie als Hauptstadt der Moabiter von den Isrealiten vergeblich belagert worden sein und zwar unter König Mescha 850 v. Ch. Er konnte die drohende Niederlage durch Opferung seines erstgeborenen Sohnes abwenden. Seit 733 v.Ch. war Moab dem Assyrerkönig tributpflichtig. Unter den Byzantinern war Kerak Bischofssitz. Schließlich kamen die Kreuzritter, errichteten auf der Südspitze des Burgberges ihren Stützpunkt – eine mächtige Festung – die auch verfallen noch imposant über der Stadt prangt.
Sieg und Niederlagen während der Kreuzzüge führten oftmals zu bedeutungsvollem Zusammentreffen der feindlichen Anführer des Gemetzels, wobei bezeichnenderweise die moslemischen Herrscher meist den ehrenvolleren Kodex abgaben.
Bald folgt nach Osten hin eine Abzweigung zur Wüstenstrasse, die direkt nach Petra, der Hauptstadt des von Geheimnissen umgebenen Volkes der Nabatäer führt. Gebaut wurde diese sehr intakte Verbindung mit Geldern aus dem Irak, zu dem Jordanien gute Beziehungen pflegt. 80 % der irakischen Ölausfuhr wird über diese Strasse nach Aqaba abgewickelt. Waffen gelangen dann auf demselben Weg in den Irak. Übliche, mehr oder weniger verborgene Machenschaften also, wie sie in Kriegen immer wieder praktiziert werden!
Wohl einzigartig nicht nur im alten Orient sondern in der ganzen Welt, beweist die in eine bizarre Felslandschaft integrierte Stadt Petra – vom griechischen Wort „Fels“ – welch´ überragende Fähigkeiten Menschen vor über 2000 Jahren entwickelten, indem sie ihre Hauptstadt, mit Prunkbauten und grandiosen Grabmonumenten ausgestattet, in den roten Sandstein hinein betteten. Sie gruben sie hoch über dem Wadi Araba – 277 km von Oman und 129 km von Aqaba entfernt – in das spektakuläre Gesteinsmassivs, das einen Teil des Randgebirges östlich des Grabenbruchs zwischen Totem und Rotem Meer bildet.
Aus dem verkarsteten Sandstein entspringt die „Moses-Quelle“, die am Rande der Wüste Rast- und Wohnplätze mit Wasser versorgte. Wie es heißt, soll hier auch Moses mit einem Stab das köstliche Nass aus dem Fels geschlagen haben, als er mit seinem Volk von Ägypten durch die Wüste ins gelobte Land zog. Die Quelle ermöglichte Leben, die Abgeschiedenheit bot Sicherheit und die Verkehrslage war günstig.
Das alles nutzte im dritten vorchristlichen Jahrhundert der semitische Stamm der Nabatäer und wurde hier sesshaft. Er beherrschte bald den Handel auf den Karawanenstrassen und wuchs schließlich zu einem Karawanenstaat heran.
Schon vor ihnen entdeckten Menschen die Felsschluchten. Aus 6800 v.Ch. stammen Rundhäuser, die zu den ältesten Steinhäusern der Welt zählen. Als erstes namentlich bekanntes Volk siedelten in der Gegend die Edomiter, Abkommen des biblischen Esau. Der Stamm wird öfter unter den Erzfeinden Israels erwähnt.
Doch erst die Nabatäer, die mit ihren Karawanen Weihrauch, Myrre und Gewürze über die Weihrauchstrasse aus Südarabien transportierten, Seide aus China, Purpur und Glas aus den Mittelmeerstädten anlieferten, machten dieses Handelsvolk reich, bis sie schließlich – erst sehr
Spät – von den Römern unterworfen wurden. Auch unter deren Zepter blühte der Handel in
Petra, doch als der Konkurrent Palmyra diesen an sich riss und ihn teilweise aufs Meer verlegte, schwand die Bedeutung der Felsenstadt.
Nach der islamischen Invasion versank sie ins Dunkel der Legenden. 1812 entdeckte sie ein, als indischer Händler verkleideter Schweizer, wieder.
Ihren imposanten Ruinen hautnah zu begegnen, gehört zu den aufregendsten Erlebnissen meiner Reise.
Schon das Hotel am Rand der Siq-Schlucht, die zur Stadt führt, verrät durch seine Lage inmitten einer bizarren Felsen-Turbulenz, etwas Außergewöhnliches.
Man kann auf Pferderücken die enge Schlucht, deren Wände 80 – 100 m hoch die bisweilen nur 2 m breite Schotterstrasse einfassen, in das legendäre Reich eindringen.
Ich ziehe es vor über Geröll zu Fuß hindurch zu wandern und kann damit die halbe Stunde, die dafür nötig ist, durch Stehen bleiben und Staunen, verlängern.
Eine Atmosphäre, wie sie Karl May in seinen Abenteuerbüchern beschreibt, umfängt mich; die senkrechten bunten Sandsteinfelsen bilden immer wieder neue, gebänderte Formationen, schimmern in allen möglichen Farbtönen – vom gelb, über rot bis grau.
In diesem schattigen Durchgang stört nur das Getrappel vorbeiziehender Pferde oder die Schritte anderer Fußgänger, die Ruhe und Einsamkeit.
Der Siq ist durch seismische Kräfte in der Erdrinde entstanden, die den Felsen an einer Stelle auseinander gerissen haben. In den Felsen sind oft Nischen eingemeißelt, auch kommt man plötzlich an einem riesigen, seltsam behauenen Stein vorbei – beides diente dem Kultgebaren jener Zeit. In Petra wurde der Felsgott Dhushara als schwarzer Stein auf goldenem Podest verehrt
Fast am Ende der Schlucht steht man dann vor dem so genannten „Schatzhaus“… einer Grabanlage, 40 m hoch und 28 m breit mit 6 korinthischen Säulen, einem niederen Giebel und eine Attika, auf der 3 barock anmutende Aufsätze ruhen. So bezeichnet, weil Beduinen darin den Schatz des Pharao vermuteten, gilt es als die schönste skulptierte Felswand Petras und als Meilenstein nabatäischer Kunst.
Immer wieder fasziniert der farbige Sandstein, der den Hauptraum, zwei Seiten- und eine Zentralnische, in denen einst Prunksarkophage und Götterbilder standen, überwölbt.
Von diesem Schluchtende gelangt man durch den „äußeren“ Siq ins eigentliche Stadtgebiet von Petra – einem weit sich ausdehnenden Areal, dessen in alle Richtungen verstreute Ruinen in unebenem Gelände aufzusuchen, bei glühender Hitze viel Zeit erfordern würde. Von der antiken Stadt sind bisher weniger als 1 % ausgegraben.
Nur die in die Felsen gehauenen Gräber finden sich relativ nahe der Schlucht und sind leicht zu erreichen.
Über Treppen gelangt man z.B. zur Kathedrale – dem Urnengrab – das 466 durch den Bischof von Petra in eine Kirche umgewandelt wurde. Es ist wegen seiner Dimension und seines Vorhofs besonders eindruckvoll.
Alle diese Mausoleen zeigen im Innern die fantastische Farbenvielfalt, die die Stadt auszeichnet und der Blick von hier oben auf das antike Gelände ist großartig.
Die Privatarchitektur Petras versteckt sich noch unter Schutt- und Erdhügeln.
Höhlen scheinen auch als Wohnungen ausgebaut gewesen zu sein. Es dürfte sich um eine Metropole mit 10.000 Einwohnern gehandelt haben.
Am Hauptweg blühen unzählige große, prächtige Oleander-Sträucher. Auf den Steinbänken des Theaters fanden einst 7000 – 8500 Zuschauer Platz.
Immer wieder haben Beduinen im Laufe der Jahrhunderte ihre Behausungen in die Höhlen hinein gemauert. Sie nutzen den Tourismus ebenfalls auf ihre Weise, indem sie z.B. den buntfarbenen Sand der Gegend in kleine Fläschchen abgefüllt, zu originellen Mustern formen. Lange benutzten diese freundlichen Nomaden die Höhlen als Wohnungen, machten Feuer, sodass oft das herrliche Gestein an den Decken stellenweise geschwärzt wurde.
Diesen wahrlich ungewöhnlichen Spuren der Vergangenheit folgt für mich eine Fahrt nach Aqaba, die den eigentlichen Endpunkt der Reise darstellt und auf dem Weg dahin noch ein zweites unvergessliches Erlebnis bietet: das Wadi Rum.
Die Strasse ist noch nicht vierspurig, sehr holprig und wird fortlaufend von Tankern frequentiert, die Öl vom Irak nach Aqaba befördern, das dort verschifft wird. Außerdem sinkt die Trasse von 1500 m Höhe auf Meeresniveau herunter und zeigt nunmehr ein wüstenhaftes, aber immer noch von Fels gerahmtes Panorama.
Angeblich würde dieser Verkehrsweg auch für den Flugverkehr genutzt und dann jeweils für jedes andere Fahrzeug gesperrt werden.
Zwei Tanker-Wracks zeugen immerhin von einer gewissen Gefährlichkeit dieser Hauptverkehrsader.
Nachdem man sie in Richtung Wadi verlässt, sind noch 35 km bis zur kleinen Beduinensiedlung mit einer Schule, einigen Häusern sowie dem Fort der Wüstenpolizei, zu bewältigen.
Die letzten 12 km durch das Wüstental des Wadi Rum beeindrucken durch die mächtigen, bis 400 m hohen Felsmassive, die es säumen, ganz besonders.
Die Asphaltstrasse endet an der Polizeistation.
Entstanden ist der Landstrich um Rum im Zuge jener erdgeschichtlichen Verwerfungen, die etwa vor 30 Millionen Jahren auch das Jordantal und den Golf von Aqaba hervorbrachten.
Ein großer geologischer Bruch trennte eine vorher zusammenhängende Gesteinsmasse, riss gewaltige Schluchten auf und isolierte einzelne Berge. Alles andere tat dann die Erosion.
Die Berge um das Wadi Rum sind aus Granit und Sandstein aufgebaut und erreichen eine Höhe von 1754 m.
Die Wüstenpolizei mit eigenen Uniformen kontrolliert die Grenze zu Saudi-Arabien, da hier viel geschmuggelt wird. Aus Saudi-Arabien kommen Zigaretten und Waffen, aus Jordanien Alkohol und elektrische Geräte.
Wenn mit Jeeps in der Wüste nicht mehr durchzukommen ist, benutzt die Polizei Kamele, die auch mit dem schlimmsten Sandsturm fertig werden.
Bis zur Polizeistation steigert sich das Landschaftspanorama ins fantastische, präsentiert sich als ein nicht in Worte zu fassendes Konglomerat aus Sand und Stein, aus Öde und Einsamkeit und nicht zu überbietender Großartigkeit.
Die Gesetzeswächter – alles Beduinen – freuen sich offenbar über den Besuch von Gästen und bewirten sie liebenswürdig mit süßem Tee, ohne dafür ein Entgelt anzunehmen. Es sind stolze, schöne Menschen… Kamele stehen bereit, sind aber momentan nicht „in Betrieb“.
Kleine, oft zerzauste Tamariskenbäumchen sprenkeln die Wüste, an deren saftigen Zweigen sich Kamele und anderes Getier labt. Davon gibt es allerdings nicht sehr viel. Gazellen haben sich zurückgezogen. Hyänen, Wüstendachse, Hasen, Mäuse, Schlangen und Skorpione kommen vor. In 400 m Tiefe stößt man auch auf Wasser. aber es zu fördern ist mühevoll und kostspielig. Das typische Steingefüge von Granit und Sandstein erklärt die große Zahl von Quellen im Bereich von Wadi Rum. Regenwasser aus winterlichem Niederschlag durchdringt langsam den porösen Sandstein, stößt schließlich auf undurchlässigen Granit und fließt auf dieser Ebene zum Hang ab. Dort entspringen dann Quellen, häufig Dutzende Meter über dem Talgrund.
Eben erst fertig gestellt, bietet ein Rasthaus den Wüstenbesuchern ebenfalls Tee an.
Hinter der Polizeistation sollen sich Reste eines nabatäischen Tempels befinden und südlich davon eine Zisterne, ebenfalls aus dieser Zeit. Auch die Felsen tragen nabatäische Inschriften.
Der berühmteste Besucher des Wadi in diesem Jahrhundert, war T.E. Lawrence. Dieser britische Agent und militärische Berater des arabischen Aufstands, lagerte 1917 mit Angehörigen verschiedener Beduinengruppen in diesem Wüstental. Seit dem Film „Lawrence von Arabien“, 1962 im Wadi gedreht, ist der „Lawrence-Kult“ mit dem Tal verbunden.
Für mich wird diese Station zum letzten Höhepunkt meiner Reise, denn die Rück- und Weiterfahrt nach Aqaba stellt den Endpunkt des Ausflugs in einen Teil des „alten“ Orients dar.
Die holprige Strasse durch das Wadi Araba auszubauen, dürfte schwierig sein… obwohl breit, wird sie im Winter, wenn Sturzbäche von Regen durch die umgebenden Berge niederprasseln, häufig überschwemmt. Lastzüge und Tanker erschweren ebenfalls das Vorwärtskommen. Kurz vor Aqaba stauen sie sich beiderseits der Strasse und müssen oft 3 bis 4 Tage auf ihre Abfertigung und Verladung auf Schiffe warten.
Hat man dann das Stadtzentrum erreicht, wird am gegenüberliegenden Ende der Landzunge des Golfes von Aqaba, das zu Israel gehörende Eilat sichtbar.
Vier Staaten – Ägypten, Israel, Jordanien und Saudi-Arabien – teilen sich den Golf, der als Fortsetzung des großen Grabenbruchs vom See Genezareth über das Jordantal, Tote Meer und Wadi Araba entstand.
Für Jordanien ist Aqaba die einzige Hafenstadt. Noch in den 50-er Jahren ein Fischerort von nicht einmal 3000, hat er sich in eine moderne Reißbrettstadt mit 40.000 Einwohnern verwandelt. Durch den Iran-Irak-Krieg, die Wiedereröffnung des Suez-Kanals und den Bürgerkrieg im Libanon erlebte sie den Aufstieg zum zentralen Umschlagplatz für den Güterverkehr vom Mittelmeerraum nach Saudi-Arabien und in die Golfstaaten.
In den Resten einer Siedlung westlich von Aqaba, im militärischen Sperrgebiet, vermutet man das biblische Elat, wo zwischen 1000 – 500 v. Ch. das im Wadi Araba gewonnene Kupfererz geschmolzen und das Metall verschifft wurde. Möglicherweise empfing hier König Salomon die Königin von Saba. Eine geschichtsreiche Ecke also in der Römer und Kreuzritter agierten und die auch Durchgangsstation für Pilger nach Mekka war.
Meine Unterkunft in Aqaba für eine Nacht ist das Aqaba Beach-Hotel, in einem Palmengarten außerhalb der Stadt gelegen. Als einzige Aktivität an diesem letzten Tag unternehme ich lediglich eine einstündige Glasboot-Fahrt entlang der Küste, die erholsam und kühl, die Unterwasser-Fauna von ein paar Korallen, wenigen Fischen, Schwämmen, vor allem aber riesigen Seeigeln, präsentiert. Man schippert am alten Ortskern vorbei… weiter draußen, dort wo die Frachter beladen werden, ist eine Sicht in die Tiefe nicht mehr möglich.
Der Genuss eines leuchtend roten Sonnenuntergangs über den Wüstenbergen entschädigt für die Hitze des Tages und eine Gruppe von „Rotel-Reisenden“ , die am Parkplatz des Hotels ihr Nachtlager aufgeschlagen haben, vermitteln mir Einblicke in eine andere Art von Tourismus. Etwas strapaziös und eng vor allem nachts im Bus beheimatet, stellt diese preiswerte Möglichkeit die Welt kennen zu lernen, eine romantische Variante gegenüber den exklusiveren Angeboten dar. Sie erinnern ein wenig an die auch von uns in den Nachkriegs-Jahren gepflogene Camping-Idylle.
Mich bringt das Flugzeug am nächsten Vormittag über Amman, wo ein fürchterlicher Trubel durch wenig disziplinierte, junge Engländer herrscht, und in weiteren 4 1/2 Stunden zurück ins nun frühlingshafte Deutschland.
Seit dieser Spurensuche sind über 20 Jahre über den Globus hinweg gezogen.
Wie zeigt sich Syrien/Jordanien heute dem Besucher?
Die politische Situation hat sich verändert…
Wenige Monate nach meiner Rückkehr ging zwar der Irak/Iran-Krieg zu Ende, doch ein neues vom Westen in Szene gesetztes Gemetzel destabilisierte den Irak… bis heute. Auch die Spannungen zu Israel haben sich eher verschärft und eine Lösung der Probleme ist nicht in Sicht.
Nachrichten über die Ereignisse werden aus aller Welt werden in alle Welt gesendet, doch was an verborgenen Machenschaften über die Bühne unserer Erde geistert, wie viele Intrigen insgeheim gesponnen werden, kann auch die freieste Presse nicht vollständig beleuchten.
Die politischen Wechselspiele auf dem Schachbrett der Völker laufen oft undurchsichtig und unvorhersehbar ab.
Ob die Spurensuche nach verborgenen großen Reichen unter dem tiefen Schoß von Mutter Erde insbesondere in Syrien weiter gediehen ist und wie viele neue Erkenntnisse über uralte Zeiten inzwischen ans Tageslicht zurückgeholt wurden, weiß ich nicht…
Eine Nachricht jedenfalls – erst kürzlich publiziert – hat mich sehr fasziniert und wieder einmal bewiesen, was und wie viel an vergangener Glorie noch unter unseren Füßen schlummert.
Ca. 200 km nördlich von Damaskus, unweit von Homs, haben Archäologen eine Stadtkultur entdeckt, die nach bisherigen Ergebnissen als kleines Imperium 500 Jahre lang – bis etwa 1340 vor Ch. glanzvoll existierte und residierte. Qatna… !
3330 Jahre ruhte sein riesiger Königspalast vergessen unter dem Schutt der Zeit!
Nun hat man aus Scherben und Bruchteilen ein Phantombild entworfen, das eine hoch entwickelte Zivilisation erkennen lässt, mit Riten und Bräuchen, die rätselhaft und fremd, auf Entzifferung warten.
Dass diese Kultur des alten Orient mit anderen Reichen im Mittelmeerraum, z.B. dem minoischen auf Kreta kommunizierte, zeigen Malereien und andere typische Funde aus dem Grabungsfeld. Ein unbekanntes Totenritual infolge Auffindung einer unversehrten Grabkammer und das dort offensichtlich zelebrierte Mahl mit den Verstorbenen hat die Ausgräber sehr erstaunt und soll durch weiteres Eindringen in das seit tausenden Jahren schlafende Zentrum, geklärt werden.
Ich bin überzeugt, dass diese Entdeckung, nicht die letzte sein wird, die die Völker des alten Orient in all´ ihren Facetten, ihren Licht- und Schattenseiten, den Wünschen, Hoffnungen und Begierden und schließlichem Verlöschen, wieder auferstehen lässt.
Die Erde um Euphrat und Tigris hütet noch manche Geheimnisse und die Spurensuche nach ihnen führt zurück zu den Anfängen menschlicher Aktivitäten. Sie offenbart aber auch die Vergänglichkeit von Größe und Reichtum und dass die Menschheit und ihre Kultur, wie die sich ständig verändernde Natur, dem Blühen und Vergehen unterworfen ist.