Unser Heimat-Raumschiff Erde hat im Laufe seines über 4 Milliarden Jahre währenden Bestehens viele Veränderungen erfahren.
Land und Wasser lagen ständig im Kampf miteinander, vereinigten sich oder drifteten auseinander.
Der Mensch rechnet in Jahren, sein Planet in Jahrmilliarden und Jahrmillionen.
Irgendwann hat sich Sri Lanka als Birnen förmige Insel vom Subkontinent Indien losgelöst und schwimmt nun 237 km östlich der Südspitze dieser riesigen Landmasse als leuchtender „Garten Eden“ in den Weiten des indischen Ozeans.
Im Februar 1994 verlockt mich dieses tropische Paradies am Äquator zu einem Besuch, dem ein Aufenthalt auf einer Insel in der entlegenen Korallenwelt der Malediven folgen soll.
Oft als das schönste der Abertausende Eilande auf unsere Erde gepriesen, erreiche ich seine Hauptstadt Colombo von Frankfurt aus in einem 9 ½ stündigen Flug, während dem sich die Zeit um 4 ½ Stunden verschiebt und wir über die Türkei, den Iran, Pakistan und Bombay in Atem beraubender Geschwindigkeit hinweg donnern, eine Entfernung, die wiederum für Weltraum-Maßstäbe nur als Bruchteil von Sekunden gilt.
Während Europa noch in Dunkelheit gehüllt, vor sich hin träumt, landen wir um 10 Uhr vormittags auf dem großzügigen Airport der Inselhauptstadt, der uns nach zügiger Abfertigung hinaus in eine Art Dampfküche entlässt. 90 % Luftfeuchtigkeit und 27 Wärmegrade überfallen uns, ehe ein klimatisierter Bus zur 40 km entfernten Hauptstadt Sri Lankas, Colombo startet.
Die Faszination der breiten Alleen, voll üppigem Grün mit Palmen und anderen exotischen Bäumen, zwischen denen es herrlich blüht, vorbei an Ständen mit köstlichen Früchten…wird abgelöst von dem Durcheinander eines beängstigenden Straßenverkehrs.
Kreuz und quer zwängen sich Lastwagen, Busse, Tuk-Tuks auf 3 Rädern hindurch, auch einem Ochsenkarren begegnen wir und natürlich Kühen, die sich gemütlich auf der Straße, bzw. am Straßenrand breit machen – ein unglaublich buntes Treiben!
Der Verkehr wird immer heftiger, ist zäh und nervtötend. Je mehr wir uns der Hauptstadt nähern, wird das viele Grün durch Häuser verdrängt.
Nicht immer schön, aber ungeheuer lebendig wirkt dieses Zentrum und die Menschen, denen wir im Vorbeifahren begegnen, strahlen eine echte Herzlichkeit aus.
Fahren ist ohnehin zu viel gesagt, denn des öfteren sind die Fahrzeuge kreuz und quer ineinander verkeilt und es dauert jedes Mal eine Weile, bis sie wieder voneinander los kommen. Quirlig, lebhaft, aber keineswegs schön, präsentiert sich Colombo.
Wir erhaschen einen Blick in die Gassen der Altstadt mit Bazar, wo es von Geschäften und den auf der Straße an Ständen angebotenen Waren nur so wimmelt. Auch Abfallhaufen, in denen Hunde nach was Fressbarem suchen, begegnen wir und werden sogleich darauf hingewiesen, diese Tiere wegen Krankheitsgefahr, niemals zu streicheln.
An Kolonialbauten, dem alten Leuchtturm, dem größten Kaufhaus der Stadt, dem ehemaligen Parlament vorbei, erreichen wir dann schließlich unser Hotel, wo direkt gegenüber der Straße, der indische Ozean sanfte Wellen an den Strand spült, der sich allerdings wenig verlockend präsentiert.
Der monströse Bau mit 5 Sternen ausgezeichnet, wirkt leicht altmodisch und groß und nobel zeigt sich auch mein Zimmer, das fast „express“ bezogen werden kann.
Die für den folgenden Morgen geplante Rundreise soll uns dann dieses gepriesene Idyll im Meer auf einer Rundfahrt vorstellen.
Leider verdüstert seit 1983 ein drohender Schatten das „königlich leuchtende Land“…es herrscht Bürgerkrieg zwischen der mit 76 % größten Bevölkerungsgruppe der Singhalesen, die vor 2500 Jahren von Nordindien – dem heutigen Pakistan – Sri Lanka besiedelten und den 17 % aus Südindien eingewanderten Tamilen, die im Norden der Insel ihren eigenen Staat errichten wollen.
Nicht nur die unterschiedliche Religion – im Süden der Buddhismus, im Norden der Hinduismus – führte immer wieder zu Spannungen, sondern wie fast immer und überall führten Machtansprüche zu Konflikten.
Die Urbevölkerung der Weddas,vertrieben bereits die Singhalesen in den Dschungel im Osten des Eilands, wo sie nur noch in geringer Zahl ihr Leben fristen.
2000 Jahre lang wurde Sri Lanka von verschiedenen lokalen Königreichen regiert.
Zwei von buddhistischen Mönchen niedergeschriebene Chroniken im 5.Jahrhundert nach Christi berichten über den Verlauf der Geschichte.
Danach würde der Sohn eines indischen Königs und Stammvater der Singhalesen wegen seines ausschweifenden Lebenswandels mit 700 Gefolgsleuten aus Indien verbannt und dem Meer preisgegeben worden sein, wobei das Schiff an das unbekannte Eiland stieß und Vijaya – so der Name des Übeltäters – und seine Leute nach langen Kämpfen gegen die Eingeborenen siegten und er erster König der Insel wurde.
Danach könnte als Gründungsjahr Sri Lankas 483 oder 543 vor Ch gelten.
Erst über 200 Jahre später hielt allerdings der Buddhismus seinen Einzug auf der Insel.
1505 begann mit der Landung der Portugiesen die Jahrhunderte dauernde Kolonialzeit auf Sri Lanka. Holländer folgten und nur das Königreich Kandy konnte sich gegen die europäischen Eindringlinge behaupten, bis es 1815 den Engländern gelang auch sie und damit die ganze Insel bis 1972 dem britischen Imperium einzuverleiben, das schließlich als Ceylon getaufte Tee-Insel, der übrigen Welt vorgestellt wurde.
Die danach eingewanderte tamilische Volksgruppe, die von den Engländern als Arbeiter in den Teeplantagen aus Südindien hergeholten Tamilen verstärkt wurde, verunsichern nun immer wieder durch Aufstände die „strahlend schöne Insel“ .Erst viele Jahre später, 2009, sollte ihr endgültig Frieden winken.
1994 befinde ich mich also in einem gespaltenen Land, einer inzwischen selbständigen Demokratie, die sich gegen den aufständischen Norden zu wehren hat.
Obwohl unsere Rundfahrt ebenfalls in nördliche Richtung verlaufen wird, bleibt selbstverständlich das Territorium der Tamilen davon ausgeschlossen und führt vor allem zu den buddhistischen Relikten der einstigen Königreiche.
Durch schöne Viertel mit viel Grün, prächtigen Bäumen und Botschafter-Villen verlassen wir Colombo, an die sich die Nachbarstadt Kelaniga anschließt.
Hier dominieren niedere Häuser, oft bunte Buden, auch verwahrlostes Gemäuer und Schmutz. Sowie die Bebauung lockerer wird, begeistern abermals das üppige Grün und die herrliche Vegetation.
Der starke Verkehr mit den die Straßen verstopfenden Lastwagen und uralten Autos lässt erst allmählich nach….Die ersten Reisfelder tauchen auf. Es ist bald Erntezeit, an der sich die Nachbarschaft beteiligt, da alle Arbeiten von Hand verrichtet werden. Den Zeitpunkt dafür, bestimmt der Wahrsager.
Berghügel mit Kautschukbäumen beleben das Landschafts-Portrait, das immer eindrucksvoller und üppiger erscheint. Idyllische Dörfer verraten auf den belebten Straßen ein wenig vom Alltagsleben der Bewohner.
Zwischen strohgedeckten Hütten stören leider immer wieder mit Blech überdachte Gebäude das freundliche Image, während des öfteren rote Ziegeldächer hübsche Farbtupfer darüber streuen.
Frauen in bunten Saris oder Sarongs, aber auch europäisch gekleidete junge Leute, Männer vielfach mit nacktem Oberkörper, Sarongs oder weißem Hemd, auch langem weißen Kittel, vervollständigen das fremde Szenario.
Die Fahrtstrecke wird kurvig, eine wunderschöne Flusslandschaft umgibt uns. Langsam geht es bergauf, die Hügel ringsum werden höher und dann behindern Baustellen und noch mehr Kurven das Vorankommen.
In Kitulgala – hier wurde der Film „Die Brücke am Kwai“ gedreht – findet die Mittagspause statt, bei der ich die Gelegenheit nütze ein wenig das imposante Gelände zu erkunden.
Es ist schwül heiß, ich steige die Stufen zum Flussufer hinunter, das ein friedliches Idyll mit Badenden
vermittelt.
Während des Essens, bei dem sich auch die insgesamt 13 Teilnehmer an dieser Rundfahrt etwas näher kennen lernen, geht draußen ein heftiger Tropenregen nieder. Zum Glück ist er kurz, sodass wir bei der Weiterfahrt wieder das sich immer großartiger entfaltende Panorama genießen können, wobei uns die Kurven und die schlechte Straße allerdings massiv durcheinander rütteln.
Die ganze Strecke gleicht einer einzigen Baustelle mit Schlaglöchern, Pfützen und aufgeweichtem roten Boden. Der Ausbau dieser Straße findet unter der Leitung südkoreanischer Fachleute statt.
Ständig aufwärts, an Dörfern oder größeren Orten vorbei, erscheinen Teeplantagen an den Berghängen – malerisch auf runden Hügeln angelegt und von Vegetation umgeben. Da und dort erkennt man auch Tee-Pflückerinnen – Tamilen-Frauen, die an steilen Hängen die kleinen Blätter sammeln.
Mitten in den Plantagen werden oft kleine Grabsteine sichtbar, denn nur reiche Buddhisten können sich eine Verbrennung leisten, Beerdigungen sind billiger, zumal die Asche der Toten auf Berge und Wasser zu streuen, wie es die Vorschrift verlangt, ebenfalls sehr kostspielig ist.
Nach einer Teepause in einem staatlichen Hotel inmitten einer grandiosen Landschaft, endlich auf asphaltierter Straße mit weniger Schlaglöchern zeigt sich unter heißem Himmel im prallen Gegenlicht und zum Teil von Wolken umhüllt, plötzlich ein Stück vom „Adams Peak“, dem berühmten Walfahrtsberg, der von allen in Sri Lanka vorhandenen Religionen – es leben auch Moslems und Christen auf der Insel – als „heilig“ verehrt wird. Mit 2243 m ist er der vierthöchste Berg in Sri Lanka.
Die auf seinem Gipfel befindliche Einsenkung 1,60 m lang und 75 cm breit wird verschieden gedeutet, sie ist für die Buddhisten die Fußspur Buddhas, gilt im Hinduismus als die des Gottes Shiva, die Moslems ordnen sie Adam zu und die Christen erkennen in ihr den Abdruck des Apostel Thomas.
Der 13 km lange Aufstieg zum Berg dauert 4 – 6 Stunden und wird von den Pilgern meist nachts bewältigt.
Dass die verschiedenen Religionen sich gegenseitig respektieren, zeigt mitten in einem kleinen Dorf ein Hindu-Tempel.
An einem Hang sieht man Frauen arbeiten, die ihre wertvolle Last in Säcken über den Kopf gestülpt oder Körben am Rücken nach schwerer Knochenarbeit, zur Fabrik befördern.
Ein Stück bergauf, dann leicht bergab, landen wir schließlich auf 2000 m Höhe m in Nuwara Ellya, um an einem von den Engländern künstlich angelegten See herum, im altehrwürdigen Grand Hotel dieses Erholungsortes mit hübschen Kolonialbauten und typisch englischem Flair. Pferderennbahn, großer Golfplatz, Clubhäuser, Forellenzucht sind ebenfalls das Erbe der Kolonisten und atmen noch die einst großzügige und elegante Atmosphäre des englischen Imperiums, im tropischen Sri Lanka aus.
Die mit uraltem Möbeln ausgestatteten Zimmer in unserem Nachtquartier wirken nobel, jedoch das Essen im eleganten Speisesaal wird diesem Prädikat leider nicht gerecht.
Der nächste Morgen begrüßt uns mit strahlendem Sonnenschein.
Dicht an der Straße begegnen wir bei der Abfahrt, die herrliche Blicke auf die Bergwelt bietet, wieder Teepflückerinnen. Auf allen Hügeln bis dicht unter die Gipfel in 2000 m Höhe gedeiht Tee, Tee, Tee……
Wir fahren eine andere Strecke als gestern den Berg aufwärts. Kinder versammeln sich am Straßenrand und bieten Wiesenblumen zum Kauf an, bei jedem Halt finden sich ebenfalls bettelnde Kinder – manchmal auch Erwachsene. Es fällt oft schwer, einem ausgemergelten Alten nichts zu geben, aber man soll es nicht tun, da die Bettler vielfach organisiert sind.
Wir sind unterwegs nach Kandy und erkennen an einer Stelle von weitem, aber klar, abermals den Adams Peak.
Bei der Besichtigung der Teefabrik in Pusselawa wird deutlich wie viele Arbeitsgänge auf über 100 Jahre alten Maschinen notwendig sind und welchen Aufwand dieses begehrte Produkt Tee, erfordert.
Ein Genussmittel, eingesammelt, befördert und verarbeitet von vielen fleißigen Händen für einen minimalen Tageslohn und wir erkennen die immense Kluft zwischen denen, die das Produkt als „Tee“ erschaffen und denjenigen, die es in einer Art Zeremonie genießen.
Nirgendwo sonst ist mir die Diskrepanz zwischen der Arroganz der Reichen und der grenzenlosen Armut des Hauptkontingents der Bevölkerung bereits so deutlich begegnet, als bei einem Besuch des indischen Subkontinents vor einigen Jahren.
Und das vermutlich vor 6000 bis 3500 Jahren durch Hebung des Meeresspiegels abgedriftete Sri Lanka
trägt eben auch heute noch die Spuren dieser Urheimat in sich.
Obwohl hier das Kastensystem des Hinduismus verboten ist, lassen sich derartige Traditionen auch auf dieser Insel, wo der Buddhismus als die stärkste und am intensivsten betriebene Glaubenskraft das Leben bestimmt, nicht so schnell ausrotten.
Kandy in 500 m Höhe, ist nicht nur die am schönsten gelegene Stadt der Insel, sondern auch Mittelpunkt buddhistisch-singhalesischer Kultur. Wahrscheinlich wurde die Stadt Anfang des 14. Jahrhunderts gegründet. 1592 bestieg ihr berühmtester König Suriya den Thron, befestigte sie mit 18 Türmen, verjagte 1594 die Portugiesen, die sie jedoch 1610 eroberten und brandschatzten. Danach erreichte Kandy nie mehr die Pracht und Größe von vorher, konnte sich aber dennoch als selbständiges Königreich behaupten, bis es an Großbritannien fiel.
Und da war es ein britischer Gouverneur, der die Restaurierung der verfallenen Bewässerungsanlagen veranlasste, Straßen baute und sich wie auch seine Nachfolger um die Stadt verdient machte.
Ein Beispiel dafür, dass Kolonisatoren auch oft Vorteile und Fortschritt, den in Besitz genommenen Territorien bescherten.
Immer und überall auf dieser Erde sind es einzelne Personen, die, ganz gleich wie und wo sie an die Macht gelangen, für Wohl oder Wehe der Untertanen sorgen.
In der Religion werden diese Handlungen als „gut“ oder „böse“ bewertet, je nachdem wie sich die regierende Person zum Diktator oder Wohltäter entwickelt.
Leider sind durch die Komplexität des menschlichen Charakters derartige Neigungen der Herrschenden meist nicht vorauszusehen und erst im Nachhinein schmerzlich erkennbar.
Unser Programm bestimmt, dass wir noch vor dem Stadtzentrum Kandys seitlich abbiegen und auf sehr schlechter Straße, aber umgeben von einer Bilderbuch-Tropenlandschaft entlang eines Berghanges mit immer wieder in Grün eingebetteten Villen in unserem Hotel für 2 Nächte hübsche Zimmer mit Terrasse beziehen. Es liegt ebenfalls prächtig. Zwar herrscht beim anschließenden Mittagsbuffet ebenfalls Hoch-, um nicht zu sagen Massenbetrieb, doch der Blick auf den Mahawedi-Fluss und den Dschungel hilft bei angenehmer Klaviermusik und viel Atmosphäre die Menschenmenge zu übersehen.
Die für 3 Uhr angesetzte Stadtrundfahrt fällt dann buchstäblich ins Wasser, denn schon bei der Abfahrt gießt es in Strömen. Sie findet zwar statt, aber der vorgesehene Aussichtspunkt wird illusorisch.
Es ist weder von der Umgebung etwas zu sehen und von Kandy mit den belebten Straßen nur soviel, dass es sich bei ihr um eine sehr hübsche Stadt mit vielen Geschäften handelt, die recht ordentlich wirkt. Wie schöne wäre es, hier einmal hindurch bummeln zu können…..
Statt dessen besuchen wir eine Edelstein-Manufaktur, eine Batik-Fabrik und beenden mit einer Teepause in einem netten Restaurant die Tour, bis der Besuch des berühmten „Zahn-Tempels“, nur wenige Schritte entfernt, als nächstes Besichtigungs-Objekt an der Reihe ist.
In diesem Dalada-Maligawa-Tempel wird die heiligste Reliquie Buddhas, sein Augenzahn aufbewahrt,, die auf recht mysteriöse Weise ihren Weg hierher gefunden hat und zu einem der bedeutendsten Pilgerziele der buddhistischen Welt avanciert ist.
Zuerst in Anuradhapura, der 2500 vor Ch gegründeten ersten Königsstadt aufbewahrt, fiel er in die Hände der Portugiesen, sei aber auf wunderbare Weise gerettet worden und landete in Kandy, wo man ihm 1697 einen 3-stöckigen Tempel baute.
Alljährlich im Juli/August findet nun hier ihm zu Ehren das größte religiöse Fest statt – 10 Tage lang zieht eine Prozession mit geschmückten Elefanten, Trommlern, Fackelträgern am künstlich angelegten See von Kandy vorbei – ein monströses Spektakel des Glaubens!
Zwar hat der Regen inzwischen nachgelassen, aber alles ist klitschnass bei feucht heißer Luft und wir müssen ohne Schuhe, in Socken über ebenfalls nasse Stufen zum Tempel hoch steigen.
Drinnen gibt es nicht viel zu sehen, der Schrein mit Buddhas Zahn ist zugedeckt während davor eine 3/4-stündige Andacht, begleitet vom monotonem Trommelgeräusch abläuft. An der dürfen oder sollen auch Touristen Teil haben…
Unter den gegebenen Umständen, plötzlich in eine fremde Glaubenswelt hinein katapultiert, kann ich bei aller Achtung vor dem Buddhismus kein Gefühl dafür entwickeln, zumal in der riesigen Menschenmenge, die dem fremden Zeremoniell zuhören, sowieso die Touristen dominieren.
Ich sage daher dem Reiseleiter Bescheid, dass ich mich vor dem Ende der Andacht entfernen und zum vereinbarten Zeitpunkt um 7 Uhr abends am Schuhhäuschen einfinden werde.
Damit beginnt für mich allerdings eine kleine Privat-Odyssee….
Am Depot für die Schuhe finde ich die mir Gehörenden erst einmal gar nicht. Ein Dienst beflissener „Aufpasser“ bietet aufdringlich Hilfe an….
Inzwischen regnet es wieder stärker. Mit den durchnässten Socken habe ich große Mühe in die Schuhe hineinzukommen und schon stellt sich wieder ein fremder Jemand neben mich, der helfen will…in Erwartung eines Trinkgeldes, versteht sich…
Also mache ich mich mit offenen Schuhbändern schleunigst davon.
Der Parkplatz quillt über von Fahrzeugen und es gleicht einem Wunder, dass ich unseren Bus überhaupt finde. Der Fahrer lässt mich einsteigen und so kann ich mich erst einmal in Ruhe restaurieren, denn anschließend steht eine Vorführung von Kandy-Tänzen auf dem Programm.
Vor dem Eingang treffe ich wieder auf die Gruppe und vereint und rechtzeitig begeben wir uns in die große Halle zur Vorführung, die ebenfalls nur für Touristen inszeniert wird.
Hier drinnen ist es zumindest trocken.
Es handelt sich um eine Zeremonie, die immerhin durch alte Traditionen überliefert ist und noch heute im Volk praktiziert wird. Mittels Trommeln und einem Mundbläser erflehen die Singhalesen bei religiösen Feiern oder Festlichkeiten den Segen der Götter, die sie beschützen sollen.
Jeder Schritt, jede Bewegung wird von den Trommlern vorgeschrieben. 11 Tänze mit verschiedener Bedeutung werden uns während dieser Stunde vorgeführt. Als 12. und letzte Handlung erklingt die Nationalhymne, wobei nach britischem Muster, das Publikum gebeten wird, sich von den Sitzen zu erheben.
Auf jeden Fall eine interessantes Programm, wobei allerdings das einstündige, intensive Trommelfeuer unsere europäischen Ohren arg strapaziert.
Um 9 Uhr erfolgt das Abendessen im Hotel, bei dem es draußen immer noch oder schon wieder in Strömen regnet.
Als Morgengruß präsentiert sich uns dann die Landschaft mit Nebelschleiern, doch bald erzwingt sich glücklicherweise die Sonne den Durchbruch. So holen wir den gestern versäumten Aussichtspunkt nach, der wiederum die wunderbare Lage der Stadt mit der goldenen Kuppel des Zahn-Tempels und den Mahaweli-Fluß vor Augen führt.
Wir steuern den botanischen Garten außerhalb Kandy an, der seine Existenz ebenfalls einem Engländer verdankt und 4000 verschiedene Pflanzenarten beherbergt.
Ein herrliches Kleinod, das wir 2 Stunden lang durchstreifen und auch das schöne Orchideenhaus bewundern können. Zu gerne würde man hier länger verweilen und mehr von dieser zauberhaften Pflanzenwelt erfahren und behalten.
Zurück durch die Stadt Kandy zu unserem Hotel, bestaunen wir abermals das quirlige Leben hier und bedauern, es nicht allein durchstreifen zu können, denn es könnte uns besser die fremde Mentalität der Bewohner näher bringen, als die gestrige Andacht im Tempel.
An dem für 3 Uhr nachmittags angesetzten, freiwilligen Trip zum Elefantenwaisenhaus, das im 50 km entfernten Ort Pinarella verwaiste Tierbabys mit der Flasche aufzieht und auch hilflos aufgefundene Tiere betreut, nehme ich natürlich gerne teil.
Allein die Fahrt dahin, zuerst auf einer Neben-, dann auf der Hauptstraße wird zu einem Erlebnis.
Wir fahren durch kleine Dörfer inmitten üppiger Vegetation….immer wieder begegnen uns Ochsenkarren, manchmal stehen die Tiere auch geduldig da und warten auf ihren nächsten Einsatz.
Wie uns erzählt wird, sind Elefanten als Arbeitstiere sehr begehrt und teuer auf Sri Lanka. Einst gab es über 30.000 auf der Insel, jetzt nur noch 3000 und nur wer Plantagenbesitzer ist und ein Tier wirklich benötigt, bekommt die Genehmigung es zu halten. Die Tiere besitzen auch eine Geburtsurkunde.
Nach 1 ½ Fahrtstunden erreichen wir das weitläufige, von Palmen geschmückte Gelände, in dem derzeit 55 Elefanten frei herumspazieren und unglaublich zutraulich sind. Ein 2 Monate altes Baby, das hier geboren wurde, ist unter ihnen.
Um 5 Uhr werden dann die jungen Elefanten, angebunden und unter einem Vordach mit der Flasche gefüttert. Auf die richtige Menge, angereichert mit Vitaminen wird streng geachtet. 5 x am Tag je 7 Liter benötigen die Tiere, das gibt 35 Liter pro Tag und Elefant.
Auch unsere zweite Übernachtung in dem schönen Hotel am Fluss wird vom Regen begleitet, aber nach dem Frühnebel scheint wieder die Sonne und wir haben gute Chancen, sie bis 3 Uhr nachmittags zu behalten.
Unsere Fahrt führt weiter nach Norden entlang eines Flüsschens, über das öfter ein morsches, schmales Holzbrücklein führt. Inmitten einer grünen Dschungellandschaft mit Palmen, Bananenstauden und anderen tropischen Bäumen und Gewächsen, ziehen Häuser, Hütten, Menschen an uns vorbei. Zuerst ab und zu, taucht ein Reisfeld darin auf, dann drängen größere Flächen den Urwald zurück. In einem Ort erscheint eine weiße Dagoba….wir sind kurz vor Matale, gefällte Bäume und Haufen von Kleinholz stapeln sich immer wieder am Straßenrand. Berghügel bilden den Hintergrund, im braunen Fluss wird Wäsche gewaschen.
Ein kurzer Halt dient zur flüchtigen Besichtigung des Hindu-Tempels in Matale, der mit bunten Figuren geschmückt ist.
Matale ist berühmt für Gewürze, die von Arabern zwischen dem 7.und 10. Jahrhundert von auf die Insel gelangten.
4 km nördlich von Matale gilt dem Höhlentempel von Aluvihare unser Besuch. Mit seinem buddhistischen Kloster aus dem 3.Jahrhundert vor Ch ist es ein heiliger und besonders wichtiger Ort.
Hier fand 88 vor Ch das 4. buddhistische Konzil statt, bei dem beschlossen wurde, die Lehre Buddhas auf Triptika – speziell präparierten Palmblättern – aufzuzeichnen.
Hohe schmale Stufen führen zum Kloster hinauf und wieder heißt es Schuhe ausziehen und über feuchten Boden zum Höhleneingang vorzudringen.
Die Höhle selbst ist klein, etwas dunkel, aber die Buddha-Figuren, die Deckenbemalung und die Wandfresken sind eindrucksvoll.
Über Felsplatten läuft meine Gruppe weiter und in Unkenntnis, dass noch weitere Höhlen existieren, steige ich vorsichtig und langsam wieder die Treppen hinunter und versäume weitere Besichtigungen.
Außer Zimt, der zwar mit 14.000 Plantagen die erste Geige im Gewürzkonzert spielt, werden in Sri Lanka auch eine Menge anderer Gewürze angebaut und natürlich besuchen auch wir einen solchen Gewürzgarten und werden lang und breit über die Wirkung der einzelnen Kräuter informiert, mit Proben auf der Haut parfümiert und danach in einem speziellen Raum zum Kauf der Wundermittel animiert.
Auf dem Weg zum heutigen Übernachtungsquartier, dem Habarene-Village, wird uns noch in einem bäuerlichen Anwesen direkt neben der Straße vorgeführt, wie Kokosnüsse geerntet und die raue, vom Fleisch befreite Faserschale in mehreren Arbeitsgängen auf einfachsten, von Hand betriebenen Maschinen, zu einer festen, dicken Schnur verarbeitet werden.
Ein interessantes Verfahren, dass ich bisher nirgendwo gesehen habe.
Das Habarene-Village, in dem uns das Mittagessen serviert wird, befindet sich in einem weitläufigen Garten und anschließend starten wir sogleich zur Besichtigung der zweiten, einstigen Königsstadt Pollannaruwa.
Auf dem Weg dahin begegnen uns Arbeitselefanten und einige Teilnehmer an der Rundfahrt nehmen das Angebot eines Proberittes darauf an, erweisen sich dabei allerdings als recht ungeschickt, was sofort eine Gruppe Affen aus dem Dschungel an den Straßenrand als Zuschauer lockt.
Danach passieren wir einige Stauseen….
Schon die frühesten Siedler auf der Insel verstanden es, Regen zu speichern.
Jahrhunderte vor Ch wurden künstliche Wasserwehre errichtet; allein in der ersten Hauptstadt Anuradhapura gab es 11.200 kleinere Wasserteiche und vom 2. – 10. Jahrhundert traten die Bewässerungsanlagen in ihr drittes, raffiniertes Entwicklungsstadium.
Bereits unter der Herrschaft der Anuradhapura-Herrscher mit 119 Dynastien stellten die Tamilen Südindiens eine Bedrohung dar und der Königsherrschaft von Pollannaruwa war nur eine Dauer von 1½ Jahrhunderten beschieden. 1017 wurde es für 77 Jahre von dem Tamilen-Reich der Cholas verdrängt.
In die kurze Epoche des singhalesischen Pollannaruwa-Reiches fällt jedoch die größte Blüten des Königtums mit dem Motto: Glück des Volkes, Stabilität der Religion, Unterstützung der Armen.
Während der folgenden kriegerischen Auseinandersetzungen wurden viele Bewässerungsanlagen zerstört, Stauseen wurden zu Sümpfen und auch Zeugnisse aus Sri Lankas glorreicher Vergangenheit verschwanden. Seit 1930 wurden die Überreste von Wasserspeichern, Rohrleitungen und Kanälen, einst von Königen erbaut, wieder erneuert.
Unser Besuch des archäologischen Areals beginnt im Zentrum des heiligen Bezirks und bietet sogleich eine wahrhaft eindrucksvolle Szenerie.
Vor allem der großartige Rundtempel fasziniert mich. Da sind Wächterfiguren, Mondsteine, reich verzierte Balustraden, im Innern befindet sich eine Buddhafigur.
Rings um diesen Tempel finden sich weitere mehr oder weniger gut erhaltene Ruinen.Mich begeistern vor allem die vielen Säulen, die mit ihren Gravuren fast zierlich wirken.
Es gibt noch viele weitere Mauern und Ruinen aus jener Zeit des singhalesischen Mittelalters.
Ein weiterer eindrucksvoller Höhepunkt ist das „steinerne Buch“. Ein riesiger Steinbrocken, in dem die ruhmreichen Taten eines Königs rundherum und auf der Oberfläche eingraviert sind.
Das Areal dieser einstigen Königsstadt mit ihren Sakral- und Profanbauten, von denen oft nur die Mauern zu sehen sind, ist so groß, dass wir es mit dem Bus durchfahren und dabei die restaurierte Dagoba bewundern und danach die Gal-Vihara-Figuren ansteuern. Es handelt sich um eine monumentale Gruppe von überlebensgroßen Buddha-Statuen in verschiedener Haltung. Der schlafende Buddha ist 14 m lang und alle sind direkt aus dem Fels gehauen und unglaublich ausdrucksstark.
Um 6 Uhr treten wir die Rückfahrt zu unserem Village an und erleben bei der 1 ½ stündigen Fahrt herrliche Sonnenuntergänge über den Stauseen.
Am folgenden Morgen findet bereits um 8 Uhr, nach dem Frühstück die Fahrt zur Besichtigung der ersten Hauptstadt Anuradhapura statt.
Davor wird aber noch die mit 14,8 m Höhe aus dem 15. Jahrhundert stammende Aukana-Buddha-Statue besucht. Dass manche behaupten, dieses Meisterwerk stamme aus dem 11. Jahrhundert tut der aus dem anstehenden Gneisfelsen gemeißelten berühmten Figur, keinen Abbruch. Sie zeigt den segnenden Buddha mit erhobener Hand und erhielt 1976 einen Ziegelüberbau. Ein mit bunten Bändern geschmückter Bodhi-Baum betont die Heiligkeit des Ortes.
Das Problem bei der Weiterfahrt stellen für unseren Bus die vom Regen überschwemmten Straßen dar.
Seit 15 Jahren hätte es nicht so viel Niederschläge um diese Jahreszeit gegeben, erzählt man uns.
Immer wieder begegnen uns Hütten und Bäume, die unter Wasser stehen.
Von weitem sichten wir den Tempel- und Klosterkomplex von Mihintale, der als Wiege des ceylonesischen Buddhismus gilt, da dort 249 vor Ch der Singhalesenkönig zum Buddhismus bekehrt wurde.
Danach hätte uns beinahe die überflutete Straße zu den Ruinen der Tempelstadt Anaradhapura um den Genuss dieser größten Sehenswürdigkeit der Insel gebracht. Wir wenden, fahren ein Stück durchs Wasser, eine kurze Strecke kommen wir gut voran, dann ist wieder alles überschwemmt, nochmals wenden und nochmals durchs Wasser, schließlich erreichen wir doch das berühmte Gelände, das zum Glück trocken liegt.
Auf Socken marschieren wir zuerst zu einem Tempel in dessen Mitte sich der älteste über 2200 Jahre zählende Boddhi-Baum der Welt befindet.
Anuradhapura wurde 380 vor Ch gegründet und war vom 4. bis zum 10.Jahrhundert Hauptstadt der Insel.
Frauen in Saris schreiten ehrfürchtig an 2 steinernen Wächtern rechts und links die Stufen bergan zum goldenen Gittertor, das nur auf der Rückseite geöffnet ist, wo dann der ausladende Baum bewundert werden kann.
Der 161 vor Ch erbaute Kupferpalast – unser nächstes Besuchsobjekt – gehörte einst zu einem Klosterkomplex, von dem noch eindrucksvolle 16 Steinsäulen des ehemaligen Erdgeschosses stehen.
Eine große Zahl Einheimischer spazieren in dem Areal herum und zwischen ihnen tummeln sich wie selbstverständlich auch Hunde und Kühe durch die Überreste einer ehemals großen Stadt mit einem nicht nur sakralen Zentrum.
Eine lange Prozessionsstraße führt weiter zur Ruvaneli-Dagoba, die mit 110 m Höhe und einem Elefantenfries als Heiligste des Eilands gilt. Ganz in Weiß strahlt sie imposant aus dem Grün der tropischen Bäume.
Wieder müssen wir das riesige Gelände per Bus weiter erforschen, in dem man überall Fundamente und Mauerreste registriert. Wir passieren den zweitältesten Stausee der Welt, der älteste befindet sich im Jemen.
Auch auf die älteste Dagoba aus der Zeit um 250 – 210 vor Ch mit 16,8 m werfen wir einen Blick und schließlich ist da noch der Elefantenteich, wo nicht Tiere sondern Mönche gebadet haben und immer wieder tauchen Ruinen auf.
Die zweitälteste Dagoba ist aus Ziegeln und strahlt uns grün überwachsen aus dem Dschungel der Gebäudereste entgegen.
Auch in der schönsten zweiteiligen Badeanlage, den Zwillingsteichen, frönten nur Mönche dem Badevergnügen.
Höchst beeindruckt verlassen wir diese archäologische Stätte einer großen Stadt, die vor 2300 Jahren gegründet, 1400 Jahre Bestand hatte.
Auf der Rückfahrt muss unser Fahrer wieder 2 mal durchs Wasser fahren.
Das Mittagessen findet in der Nähe der heutigen Stadt Anuradhapura statt, einige Leute aus unserer Gruppe unternehmen noch einen Spaziergang durch dieses moderne Areal, das mich nach dem Erlebten und Gesehenen kaum interessiert. So warte ich im Rasthaus auf ihre Rückkehr ins Village, das danach noch 1 ½ Stunden Fahrt erfordert.
Der letzte Tag unserer Rundfahrt führt uns am folgenden Morgen nach einer schwülen Nacht in der Bungalow-Anlage des Village, zu einer weiteren Sehenswürdigkeit, zu der wir bereits um 7 Uhr morgens aufbrechen.
Die Fahrt zu diesem berühmten Sigirya-Felsen mit den Fresken der sogenannten Wolkenmädchen ist nur kurz und bald taucht der markante Felsklotz, schon von weitem sichtbar, in der Landschaft auf.
Sogleich beginnt der Marsch zu diesem letzten, gemeinsamen Unternehmen.
Der Aufstieg über unzählbare, teils hohe, teils schmale Stufen ist sehr beschwerlich und schier endlos, sodass ich auf der letzten Plattform vor der eisernen Wendeltreppe bis zur Höhle, leider aufgeben muss.
Schade, kurz vor dem Ziel, den Malereien in jenem Fels, verlässt mich der Mut. Zwar genieße ich von meinem Rastplatz einen unvergesslichen Blick über das darunter befindliche Dschungelareal sowie den Felsen mit der engen Wendeltreppe und ruhe mich vor allem in der für dessen Besuch genehmigten halben Stunde für den Abstieg aus, habe aber damit den Zweck der Fahrt eigentlich versäumt.
Dieser Fels ist wahrhaft interessant und seine Beobachtung aus sicherer Entfernung eine kleine Entschädigung für die verpasste Malerei in der Höhle, die auf halber Höhe des Kolosses liegt.
Ein Stück dahinter führt eine noch steilere Treppe bis zur schwindelnden Höhe des Plateaus, wo einst die Festung des König Kassapa (477 – 495) stand. Seine „Himmelsburg“ auf diesem 200 m hohen „Löwenfelsen“ mit Wällen war auf 2 Seiten von einem tiefen Graben umgeben. Reste von Wohnplätzen, kleinen Teichen sind noch vorhanden. Kassapa, der seinen Vater entthront und ermordet hatte, flüchtete vor dem Zorn seines Bruders auf den unzugänglichen Felsen und baute sich hier einen Palast.
Bei den „Wolkenmädchen“, die 485 in einer Nische bzw. Höhle des Felsens aufgetragen wurden, könnte es sich um Hofdamen, Nymphen, Gespielinnen des Königs oder Göttinnen handeln.
Bereits um 10 Uhr Vormittag sind wir bereits wieder zurück im Hotel-Village und haben Zeit bis um ½ 12 für die Räumung des Zimmers, dem ein Mittagessen und gleich danach die lange Rückfahrt nach Colombo folgt. Dort wird am Nachmittag wieder Quartier am Meer im Hotel Taj Samudra für meine letzte Nacht auf Sri Lanka bezogen, wo auch das Abendessen um ½ 8 Uhr abends stattfindet.
Als ich erfahre, dass ich bereits um 3,30 Uhr morgens bzw. nachts für den Flug auf die Malediven vom Hotel abgeholt werde, fährt mir allerdings ein leichter Schreck in die Glieder, denn das bedeutet um 2,30 Uhr aufstehen zum Abschied von der Insel.
Auf mich hat der einwöchige Aufenthalt auf Sri Lanka einen großen Eindruck gemacht.
Dieser von den Kräften der Natur vom indischen Subkontinent losgelöste Splitter Land, nun seit Jahrtausenden als selbständiges Eiland im Meer, hat sich trotz seiner indischen Wurzeln zu einem völlig unabhängigen Staatswesen mit eigener Kultur entwickelt.
Es fasziniert durch seine von vielen Faktoren und der tropischen Natur geprägten Einmaligkeit!
Isoliert, findet sich außer der nahen Urheimat,erst nach einer Flugstunde wieder ein verstreutes Mosaik von Festlandmarken in der Unendlichkeit des indischen Ozeans – die Korallen-Atolle der Malediven.
Dahin begebe ich mich nach einem trotz so früher Stunde im Hotel von Colombo servierten Frühstück für 2 Urlaubswochen, nachdem ich ein Jahr davor bereits auf einer Koralleninsel im Male-Atoll die Faszination der Unterwasserwelt per Schnorchel erleben durfte.
Nach einem Stunden langen, nutzlosem Herumsitzen am Flughafen von Colombo folgen Einchecken, Zollkontrolle mit Koffer öffnen und der pünktliche Abflug kurz nach 8 Uhr morgens.
Der Anflug auf die Atolle der Malediven zum Flughafen in Hulule bietet dann wahrhaft überwältigende Blicke.
Gleich schimmernden Smaragden schwimmen die unzähligen, kreisrunden Korallengebilde als winzige grüne Eilande in der tiefblauen Weite des Ozeans.
Unter uns erscheint vor allem das verstreute Inselmilieu des Nord-Male-Atolls, bestehend laut Statistik aus 125 Eilanden, einschließlich des Süd-Male-Distrikts, wovon 115 unbewohnt und nur 10 von einheimischen Maledivern bewohnt wären. Dazu zählen allerdings nicht die seit 1972 als lukrative Einnahmequelle für sonnenhungrige Touristen angelegten Hotelinseln, die bereits 1987 mit 52 steigende Tendenz aufwiesen..
Nur 1 km von der Insel-Hauptstadt Male entfernt, wurde dafür auf der schmalen Flughafeninsel Hulule 1981 eine 3,5 km lange Landepiste ins Meer hinaus gebaut, die lediglich die notwendigen Verwaltungsgebäude aufweist und Fluggäste für die gesamten Malediven aufnimmt und ins jeweilige Ferienparadies weiter befördert.
Bei meiner Ankunft in Hulule erschrecken mich allerdings die Menschenmassen, die sich aus mehreren Flugzeugen vor der Passkontrolle drängen. Darin eingekeilt und geschoben erreiche ich schweißtriefend nach einer weiteren Stunde diesen Prüfstein, dem Koffer holen sowie öffnen desselben folgt.
Endlich draußen, empfängt mich die Dame des Reiseveranstalters, wobei gleich der dritte Schreck fällig ist. Es wird mir zugemutet, statt in dem seit Oktober gebuchten und bestätigten Einzelzimmer auf der Hotel-Insel Embudu, mit einer fremden Person für die erste Woche im Doppelzimmer zu wohnen.
Empört lehne ich dieses Ansinnen ab.
Angeblich wären alle Inseln voll besetzt.
Nach langem Hin und Her und Telefonaten wird mir ein Einzelzimmer dann doch auf der Insel Lohifushi weiter nördlich im Atoll, ein Quartier angeboten. Es hätte zwar einen niedrigeren Standard, aber eine große Lagune, jedoch kein Hausriff. Und gerade dieses ist fürs Schnorcheln und beobachten der Korallen und Fische direkt am Hotel, absolut notwendig.
Trotzdem nehme ich an, denn ich brauche nach der Sri Lanka – Rundfahrt auch Ruhe und keine Mitbewohnerin.
Da die einzelnen Inseln des Atolle ungeheuer weit auseinander liegen, erfordert die neue Situation eine 3-stündige Fahrt mit dem Dhoni, jenem traditionellen Boot, das anstelle von Autos den Personen- und Güterverkehr in dieser Inselwelt bewältigt.
Bei kräftigem Wind geht das schließlich einigermaßen gut vorüber, eine Weile schlafe ich sogar auf der harten Bank dieses Verkehrsmittels ein wenig ein.
Die relativ große, langgestreckte Insel Lohifushi, die zwar keinen Landesteg hat, die man aber wenigstens trockenen Fußes erreicht, verspricht mit viel grüner Vegetation und einer großen Lagune zwar Badevergnügen, bietet jedoch ohne Hausriff für ungeübte Schnorchler keine Möglichkeiten…
Ein kleines Hüttchen, einfach, aber sauber und mit dem Notwendigsten ausgestattet, wird mir zugeteilt. Süßwasser zum Duschen gibt es nur 2 Stunden abends ….oder überhaupt nicht.
Viele junge Leute treiben sich auf dem Terrain herum, für die das etwas primitive Milieu sicher eine verhältnismäßig preiswerte Robinsonade am Äquator darstellt.
Bei einem Drink in der Bar stelle ich fest, dass sich die Getränkepreise seit dem vergangenen Jahr – und das sicherlich nicht nur in Lohifushi – fast verdoppelt haben….eine Folge des Touristenboom.
Beim Abendessen erhalte ich die erfreuliche Mitteilung, dass ich in 2 Tagen auf eine noch weiter nördlich im Male-Atoll gelegene Insel mit schönem Hausriff übersiedeln kann.
Am nächsten Vormittag probiere ich die Lagune aus. Bei Ebbe reicht das Wasser gerade bis zur Hüfte, während die Flut immerhin Schwimmen erlaubt, wobei der Sandboden allerdings stets als Sicherheit erreichbar ist. Angeblich sollen viele Fische, auch große, wie Rochen vom Außenriff, das ja überall steil bis zu 3000 – 4000 m Tiefe abfällt, hereinkommen….ich begegnen jedenfalls keinen davon.
Einsam kann man zumindest Lohifushu eigentlich auch nicht nennen…
Zwar bleiben auch hier wie auf allen Touristen-Inseln die fremden Besucher absolut unter sich und der
Kontakt zu der maledivischen Bevölkerung beschränkt sich auf das Bedienungspersonal für die jeweils nur eine einzige Hotelanlage auf jedem der Eilande. Für mehr wäre meist auch kein Platz.
Wohlhabende Leute aus Male sind die Eigner einer solchen Fremdenunterkunft, an der der maledivische Staat entsprechend mit verdient.
Besuche auf einheimischen Inseln sind den Gästen nur auf einigen wenigen von der Regierung
genehmigten Inseln, erlaubt.
Es herrscht also eine strenge Trennung zwischen Maledivern und Touristen, die andererseits auf jeder dafür eingerichteten Insel unter sich bleiben und entsprechend des Standards bestens betreut und versorgt werden.
Ich bin jedenfalls froh, dass ich bereits am übernächsten Tag, also früher als erwartet wieder per Dhoni um 12 Uhr als einziger Passagier, mit dem etwa 10 m langen und 4 m breiten aus Kokospalmholz gebauten Verkehrsmittel der Malediven auf die etwas über ¾ Stunde entfernte Insel Eriyadhoo befördert werde.
Was für ein herrlicher Tausch!
Ein stilles, grünes Eiland im Meer, ausgestattet mit unter Bäumen versteckten, strohgedeckten Bungalows und den, für die in 80 Betten mögliche Unterbringung von Touristen notwendigen Gebäuden, inmitten des Ozeans.
Hier kann ich mich endlich in den verbleibenden 10 Tagen nur dem verborgenen Leben im wenige Meter entfernten Hausriff widmen und in eine Welt eintauchen, die in ihrer Vielfalt und Fremdheit eigenen Gesetzen gehorcht.
Viel zu entlegen, um wie letztes Jahr auf der Insel Embudu, eine der erlaubten Einheimischen-Eilande oder gar die Hauptstadt Male zu besuchen, sind sie nur dem Schnorcheln in der bizarren Korallenwelt unter Berücksichtigung von Ebbe und Flut geweiht.
Es ist schon ein seltsames Gefühl plötzlich mitten unter Fischen, an im Sand verankerten Korallengewächsen, vorbei zu gleiten, die in Farbe und Form so unglaublich spektakuläre Varianten entwickelt haben, dass es für mich jedes Mal ein neues und einzigartiges Erlebnis bedeutet.
Erst im 18. Jahrhundert ist klar geworden, dass es sich bei den Korallen, die diese Riffe bilden, nicht um Pflanzen, sondern Nesseltiere, wie Quallen oder Seeanemonen handelt. Polypen sind die Baumeister der vielgestaltigen, exzentrischen Riffe, in einer Symbiose mit Algen wachsen sie auf ihrer eigenen Vergangenheit zu immer neuen prächtigen Gebilden heran….dabei fußt ihre Gegenwart sozusagen auf ihrem abgestorbenen Kalkskelett, das schließlich zu Sand zerfällt, auf dem man dann zwischen Kokospalmen und anderen Bäumen herum spaziert und das auch als Baumaterial für alles was auf den Inseln wie Häuser, Straßen, etc. vorhanden ist, dient.
Ich kann dieses exotische Reich, in dem ich mich nun täglich 2 – 3 mal befinde, in dem ich hautnah unendlich vielen Fischen begegne, Muscheln und dicke Seegurken am nahen Sandboden entdecke, an im Boden verankerten, verästelten Korallenstöcken respektvoll vorbei schwimme, nur stets von neuem bewundern…“daheim“ auf der Terrasse meines kleinen Domizils versuche ich oft verzweifelt, das Gesehene mit Hilfe meines mitgeführten, diesbezüglichen Lehrbuches zu identifizieren, was wegen der
unerschöpflichen Vielfalt dieser herrlichen Welt unter Wasser, nur schwer gelingt.
Durch dieses Dasein mehr unter als ober Wasser vergesse ich fast die Welt und ihre Menschen, die in diesem Staat der Malediven, in dem ich momentan zu Gast bin, leben.
Als Republik deklariert, umfasst ihr Herrschaftsgebiet 26 Atolle mit insgesamt 1196 Inseln.
Jedes Atoll wiederum vereinigt in sich eine unterschiedlich große Zahl von Inseln und Lagunen. Wie diese Atolle entstanden sind, ist noch nicht ganz geklärt, die These, die einst Charles Darwin vertrat, wird aber allgemein anerkannt.
Der Name Malediven, bedeutet Inselkette und dieser Staat besteht zu 90 % Wasser- und nur 10 % Landfläche.
Meine Neugierde zwingt mich dazu, wenigstens bruchstückhaft einiges über die Machthaber dieses seltsamen, dem Meer entsprungenen Territoriums zu erfahren.
Schließlich wandert und siedelt die menschliche Spezies seit Urzeiten auf der Suche nach fruchtbarem Land rund um die Erdkugel.
So dürften bereits in der Zeit vor oder nach Christi, die Araber bei ihren Seefahrten Kenntnis über diese aus dem Meer hoch gehievten Landflächen gehabt haben.
Die Nähe zu Indien lockte zuerst vermutlich Singhalesen und später Menschen aus Sri Lanka auf die Inselwelt.
Anfangs wahrscheinlich vom Buddhismus geprägt, gelang es 1141 einem Araber, den bereits in der Hauptstadt Mali etablierten Herrscher über das Inselreich zum Islam zu bekehren und seit 1153 wurde dieser Glaubenscode in ausgesprochen strenger Form bis heute für die Malediven als einzige Religion bindend. Heute nicht mehr Sultanat, sondern Republik, unterscheidet sich vor allem die Rolle der Frau von der, in den meisten anderen islamischen Ländern. Sie bekleidet hohe Ämter und nimmt unverschleiert am Alltagsleben teil. Ein Beweis, dass nicht der Koran die Diskriminierung der Frau vorschreibt, sondern das in den meisten islamischen Staaten herrschende Patriarchat.
Nach wundervollen 10 Tagen habe ich schließlich Gelegenheit ohne Aufpreis per Schnellboot zurück nach Hulule zum Flugplatz befördert zu werden.
Wie ein Pfeil schießt es um 7 Uhr früh durch die Weite des Nord-Male-Atolls. Es liegen riesige Entfernungen zwischen den Atollen und auch den einzelnen Inseln.
Dass auf den Malediven überhaupt Korallenriffe entstehen und schließlich zu Atollen führen konnten ist wohl dem Zusammenwirken verschiedener, glücklicher Umstände zu verdanken.
Die richtige Wassertemperatur ist notwendig und vor allem das Vorhandensein des „maledivischen Rückens“, eine vermutlich vom indischen Subkontinent abgekippte und abgesunkene Landscholle liefert das Fundament, worauf die Korallen ihr Wachstum beginnen konnten.
Alle Inseln liegen nur 100 m über dem Meeresspiegel und sollte sich dieser auf unserem Planeten wieder einmal verändern, ja dann…dann ist nicht vorhersehbar, was ihren Bewohnern über und unter Wasser bevorstehen könnte. Umso dankbarer bin ich der Gegenwart, ihnen begegnet zu sein.
In Hulule beginnt für mich leider der strapaziöse Rückflug von den paradiesischen Inseln, der umständlich wieder über Colombo erfolgt und in einem hübschen Hotel nahe dem Flughafen, mit Übernachtung und Frühstück, die Rückkehr nach Europa einleitet.
Bei Tageslicht präsentiert sich dabei in schwindelnder Tiefe der asiatische Kontinent mit dem Iran, diesem ehemaligen Weltreich der Perser, die ständig mit dem antiken, europäischen Griechenland um die Weltherrschaft rangen….das Zweistromland, die Wiege menschlicher Kultur….und die Türkei, die mit den Osmanen vor nicht allzu langer Zeit ebenfalls einen Teil der Welt beherrschte…bis schließlich in Frankfurt nach vielen Stunden die Landung erfolgt.
Aus der Vogelperspektive offenbarte sich während dieser Zeit blitzartig schnell und flüchtig die Herrlichkeit eines großen Teils unseres Planeten, den nun die Menschheit ebenfalls immer intensiver zu beherrschen versucht.