ALS RUSSLAND NOCH SOWJETUNION WAR…
Es ist nicht nur Neugierde, die mich im Juli 1985 verleitet, dem „kalten Kriegsgegner“ der Vereinigten Staaten zu begegnen…
Dieses größte Land der Erde verdient mit seinen unterschiedlichen Landschaften, seinen vielen Nationen, die hier teils freiwillig, teils genötigt, unter dem, vom Westen verhassten und gefürchteten Regime des Kommunismus, zusammenleben, zumindest ausschnittsweise betrachtet zu werden.
Wie leben die Menschen wirklich in diesem Riesenreich, frage ich mich?
Der Aufbruch zu dem dreiwöchigen, organisierten Abenteuer beginnt mit einem kleinen Malheur…
Beim eiligen Abschied von meiner Mutter, stolpere ich über ihren Wohnzimmerteppich und handle mir dabei außer einer blutenden Nase auch einen Riss in meiner Bluse, ein.
Karin, die mich mit Frieder zum Flughafen transportieren, repariert dort mit Nadel und Zwirn so schnell und gut es geht, den Schaden.
So kann ich, wie geplant, gegen Mittag mit der Lufthansa per Linienflug in die abgeschottete Welt der Bolschewisten starten.
Das Programm, das in Leningrad, dem ehemaligen St. Petersburg beginnt, wurde vorher mit der sowjetischen Intourist-Agentur ausgehandelt und der Verlauf exakt festgelegt.
Mein Fensterplatz beschert mir während des Fluges einen wunderbaren Blick über die flachen Inseln der nördlichen Hemisphäre, die als grüne Flecken aus dem Meer ragen und offerieren mir eine neue Variante vom vielseitigen Profil unseres Globus.
Das Wetter ist klar, erst kurz vor Leningrad bäumen sich bizarre Wolkenbänke um unsere Maschine auf.
Danach erfahren meine positiven Erwartungen auf die lange verschlossene Enklave im Norden Europas, den ersten Dämpfer.
Nach der Landung müssen wir eine volle Stunde auf die Ausstiegsgenehmigung warten, gefolgt von weiteren 1 ½ Stunden Anstehen an der Passkontrolle und dem Kofferempfang.
Mich schockiert dabei zusätzlich ein, in die braune Uniform gekleideter Soldat, der irgendeinen Ein- oder Ausgang bewacht. Ein Gefühl der Angst beschleicht mich, obwohl die Schreckgestalt durchaus ungefährlich, seinen Dienst versieht.
Es ist die bedrückende, längst in den Tiefen der Zeit verschollene Erinnerung, die sich plötzlich wieder ins Licht der Gegenwart drängt… damals bei Kriegsende, als die siegreiche russische Soldateska das Stadtbild meiner Heimat Wien beherrschte…
Unsere Gruppe wird freundlich abgefertigt und in die Metropole des Nordens – Leningrad – entlassen.
Die nächste Wartezeit steht uns im Restaurant unseres Hotels bevor, eine große, saubere, zweckmäßige Erscheinung… denn eine Touristengruppe, die vor uns kam, muss noch bedient werden.
Die folgende, reichhaltige Essenszeremonie endet daher entsprechend spät, gegen Mitternacht und ein kleiner Verdauungsbummel durch die nächtlichen Straßen belohnen mich und eine Reisegefährtin zu fortgeschrittener Stunde mit dem ungewöhnlichen Schauspiel von Helligkeit, die zu dieser Stunde alle Gebäude ringsum beleuchtet. Es sind die berühmten „weißen Nächte“, die wir noch in ihren letzten Phasen – es ist Anfang Juli – hier erleben, in denen es durch den Stand der Sonne nie richtig dunkel wird. Und bald krönt auch noch eine Art „Sonnenuntergang“ in seltenen Nuancen, die erste Begegnung mit Russlands Erde.
Leningrad – das St. Petersburg der Zaren – zeigt sich als eine kühle, nordische Schönheit am Fluss Newa, der hier in den finnischen Meerbusen mündet: auferstanden aus Sümpfen und Wäldern, eingebettet in 44 Inseln, durch 65 Flussarme voneinander getrennt und über 600 Brücken wieder miteinander verbunden.
Von Peter den Großen mit dem Schweiß tausender Arbeiter, als neue Hauptstadt, anstelle von Moskau, 1703 aus dem Boden gestampft und zu schillerndem Leben erweckt.
Für dieses Wunder mussten zuerst die Schweden besiegt werden, die sich 1617 das Terrain angeeignet hatten.
Mit Hilfe von Zwangsmaßnahmen wurde dann auch das meisterliche Glanzstück besiedelt.
So strahlt dieses einstige „Fenster zum Westen“ auch unter dem Namen von Lenin, den Zauber und die Pracht einer Zeit wider, in der das russische Reich mitmischte in der europäischen Geschichte und mit seinen Künstlern, einen Beitrag zur Kultur des Abendlandes leistete.
Ein Flair von Großzügigkeit adelt Plätze, Parks und Gartenanlagen dieser Stadt…
Auch die nunmehr von der kommunistischen Partei zu Museen umfunktionierten Paläste und Kirchen haben teil an dieser Ausstrahlung.
Auf der Basilius-Insel, der größten dieses weitläufigen, im Reißbrett-Muster konzipierten und durch viel Grün aufgelockerten Zentrums, fallen am Puschkin-Platz die 32 m hohen Rustral-Säulen ursprünglich dienten sie als Leuchttürme – ins Auge.
Auch Flussarme, Prachtbauten, goldene Kuppeln lenken die Aufmerksamkeit auf sich, sodass Orientierung schwer fällt.
Eine entsprechende Fülle von Kostbarkeiten der Vergangenheit, stürmt daher in den folgenden zwei Tagen auf unsere Gruppe ein… Zeugen einer entschwundenen Zeit.
Die Gegenwart offenbart sich nur im Vorüberfahren… Reparatur bedürftige Bausubstanz hinter der Einförmigkeit von neuen Wohnblocks und manch‘ altes Kirchlein schämt sich hilflos hinter verfallenden Mauern.
Das Denkmal des Gründers dieses „Venedig des Ostens“,Da prangt überlebensgroß auf einem 14 m langen und 6 m breiten, schwarzen Granitblock. Einem Wellenkamm gleich, reitet Peter auf einem sich aufbäumenden Pferd – als Stadtwappen sozusagen – über dieses riesige Podest.
Auch die Peter- und Paul-Festung samt Kathedrale am anderen Ufer der Newa trägt seine Handschrift und sollte dem Schutz Russlands dienen. Allerdings gab sie innerhalb von 200 Jahren keinen einzigen Schuss ab. Peter ließ sie bereits 10 Jahre später zum Gefängnis umbauen. Und… Ironie des Schicksals, sein eigener Sohn starb darin an der ihm verpassten Folter. Er war verdächtigt worden, an einer Verschwörung gegen den Vater, teilgenommen zu haben.
An Sonntagen genießen die Sowjetbürger unterhalb der Festung, die Sonne am Flussufer.
Vor den „Kunsttempeln“ der Stadt, vor allem der Eremitage und der Isaak-Kathedrale stauen sich lange Schlangen von Menschen. In stoischer Ruhe wird geduldig auf Einlass gewartet.
Da wir „organisiert“ sind, bleibt uns der Kampf um Eintrittskarten erspart. Trotzdem hätte ich beinahe die Besichtigung der Kathedrale verpasst, da mir irgendwie im Gedränge, unsere „Führerin“ abhanden gekommen ist. Nur mit Hilfe zweier, ebenfalls in unserer Gruppe „Verlorengegangener“ gelingt es, die Wächterin zu überzeugen, dass unsere Reiseleiterin samt Tickets bereits „drinnen“ ist.
Die Isaak-Kathedrale, der drittgrößte Kuppelbau der Welt, kann 14.000 Menschen in ihrem Innenraum vereinigen…
Malachitsäulen rund ums Königstor, blaue aus Lapislazuli, buntfarbene aus14 verschiedenen Marmorarten, weitere unterschiedliche Natursteine, stuften diesen Kirchenbau als „mineralogisches Museum“ ein.
In der Mitte des Königstores thront Christus in Glasmalerei, seitlich davon erhebt sich eine prächtige Ikonostase.
Kuppeln und Bronzestatuen mit mehr als 100 kg Gold und schließlich das Faucoltsche Pendel, das 93m lang und 54 kg schwer von der Kuppel in den Raum hängt und durch seine Bewegung um die Achse, die Erdbewegung nachahmt… welch` großartige Visitenkarte feudaler Herrschaft!
Die Wucht der Eindrücke wird von den Museen der Eremitage noch um einiges übertroffen.
Dieser Baukomplex, der heute auch den, einst den Zaren vorbehaltenen Winterpalast, einschließt und dessen Räume alle Träume von Reichtum, Pracht und Macht widerspiegeln, birgt in den angeschlossenen Trakten fast 8000 Gemälde und mehr als 2,7 Millionen Schaustücke.
Ein Labyrinth der künstlerischen Superlative, in dem wir, unbegleitet, im einstündig genehmigten Zeitlimit, ziemlich orientierungslos herum irren.
Wie ein verschlungener Knoten ziehen die Exponate an mir vorbei und wie ein Tropfen auf heißem Stein, zerschmilzt das Gesehene vom Glanz des Übermaßes, zu diffuser Vielfältigkeit.
Benommen von fantastischer, aber allzu flüchtig registrierter Kunst, versuche ich darnach in einem der Berioska-Läden, in denen es so ziemlich alles – aber nur mittels ausländischer Währung – zu kaufen gibt, eine „geistige Beruhigung“ zu erstehen, muss mich aber wegen der astronomischen Preise, mit einer halben Flasche Wodka, für die in so knapper Zeit schwer verdaulichen Museumskunstwerke, begnügen. DM 3,80 fordert der offizielle Umrechnungskurs für einen einzigen Rubel. Staatlich verordneter Wucher…
So sind zwar die heiligen Hallen des Kommunismus geöffnet worden und Empfang und Bewirtung sehr ordentlich, ober beim offiziellen Devisenumtausch, von dem nur ganz Dumme Gebrauch machen, wird übel abgesahnt!
Unter der Hand, trotz Strafen und Verboten blüht auch unter bolschewistischem Zepter ein gewisser Schwarzhandel… sogar Ansichtskarten gibt es an Ständen zu besseren Kursen, als es die Obrigkeit vorschreibt. Jeder versucht sich halt, auch unter der schärfsten Knute, so gut es geht, zu helfen.
Diskret, aber dennoch als leisen Vorwurf, empfinde ich am letzten Abend im wunderschönen „Venedig des Nordens“ den Hinweis, dass diese Metropole im 2. Weltkrieg 900 Tage von Hitlers Soldaten besetzt war und im Zuge der Verteidigung durch russische Truppen und der Bevölkerung, 650.000 Bürger den Tod fanden.
Eine Wahrheit die schockiert und den Wahnsinn von Krieg dokumentiert.
Der Flug von Leningrad nach Erewan katapultiert uns aus dem eigentlichen russischen Stammland hinaus und bedient sich dabei der üblichen Wartezeiten.
Wir haben uns daran gewöhnt! In manchen Regionen der Erde laufen die Uhren eben langsamer.
Recht spürbar gegenüber der auch im Sommer angenehmen Temperatur des Nordens, registrieren wir den plötzlichen Hitzeschwall, der unsere nächsten Unternehmungen, gepaart mit diesiger Luft, begleitet.
Die Sicht auf den in der Türkei beheimateten 5000 m hohen Berg Ararat bleibt uns daher verwehrt und von der, dort oben laut Bibel gelandeten Arche Noah, ist bisher ebenfalls keine Spur entdeckt worden.
Auch die persische Grenze ist nahe…
Und im Schnittpunkt der zwei Länder, schmiegen sich seit 1827 Erewan und Ostarmenien an Russland.
„Als Nation ohne Staat“, erzählt eine Keilinschrift 738 vor Chr, von diesem sehr alten Volk und von seiner iranischen Abstammung wird bereits 1700 vor Chr berichtet.
Als Minderheit in den Nachbarstaaten verteilt, können sie hier – vom Kommunismus einverleibt – unter der Sowjetflagge wenigstens ihr eigenes Kulturleben pflegen, neben russisch auch die eigene Sprache und sogar Schrift benutzen. Dagegen hatte die Türkei 1915 ein Inferno unter diesem Volk durch Vertreibung und Mord inszeniert.
Zentrum für alle Armenier bleibt jedenfalls Erewan.
Die Weinprobe am ersten Abend in dieser Stadt im nachgebildeten Kellergewölbe unseres Hotels, beweist die hervorragende Qualität der hier gedeihenden Reben.
Leider folgt dem kurzen Genuss ,die unpassende Animation zum Schunkeln und Tanzen nach Walzermusik aus dem Lautsprecher. Das vertreibt einige Teilnehmer und auch ich mache mich mit einer Reisegefährtin, auf die Suche nach einer gemütlichen, einheimischen Weinstube.
Fehlanzeige : wir finden keine, offensichtlich gibt es sie nicht…
Die Hauptstraße präsentiert sich menschenleer… im Umfeld baufälliger Häuser, gammelt allerhand abgestelltes, abgenütztes Inventar herum und kein lebendiger Atem dringt nach Außen.
Umso kontrastreicher zeigt sich der Hauptplatz der Stadt!
Ein Ensemble von klassischer Schönheit mit palastartigen Gebäuden aus rosafarbenem Tuffstein, empfängt uns mit fast mediteranem Charme.
In seiner Mitte schleudert ein Springbrunnen um punkt 10 Uhr abends Wasserfontänen in die Luft, die grün und rot, den Platz in magisches Licht tauchen. Untermalt mit leiser Musik, rieselt ein schimmerndes Mirakel hinauf zum Himmel.
Menschen promenieren an uns vorüber, lächeln freundlich, kommen freimütig, aufgeschlossen auf uns zu.
Sei dem Jahr 300 dem Christentum verbunden, verehren die Armenier einen eigenen Kanonikus als „Papst“ und wandeln auf eigenen armenisch-gregorianischen Pfaden. Seine Kathedrale, 303 anstelle eines heidnischen Tempels gegründet und im Laufe der Jahrhunderte vielfach verändert, wurde glücklicherweise von den Sowjets nicht zum Museum degradiert. Ihre harmonische Architektur, die Malereien in ihrem Innern und die Stille der umgebenden Landschaft, beflügeln die Sinne und zwingt zu Ehrfurcht und Andacht.
Die Ruine einer weiteren Kirche in der Nähe der Stadt stammt von 650, sie wurde im 10.Jhdt zerstört und eine alte Rundkirche sind ebenfalls Zeugen für die immer währende Gläubigkeit der Armenier.
Mein Versuch, in einem Berioska-Laden eine Probe des köstlichen, armenischen Weines oder des ebenso berühmten Cognaks zu erstehen, scheitert leider wieder an allzu fantastischen Preisen.
Eine Folklore-Vorführung des Staats-Ballets in der Philharmonie der Stadt, entführt uns am zweiten Abend in eine Traumwelt von Heiterkeit, Temperament und Gesang.
Vollendetes Können des Ensembles triumphiert über den leicht verstaubten, äußeren Rahmen, brilliert mit bravourösen Tänzen in stets wechselnden Gewändern, wirbelt mal wild verwegen, mal voll Zartheit oder sprühend von Schalkhaftigkeit, über die Bretter des Podium.
Tanz der Fischer… der Hirten… Feuertanz… sind nur einige der zündenden Funken eines außergewöhnlichen musikalischen Feuerwerks.
Ein Erlebnis, das zu den Höhepunkten dieser so facettenreichen Reise durch das riesige Konglomerat Sowjetunion zählt.
Am nächsten Morgen befördert uns ein Bus durch den kleinen Kaukasus, einer oft einsamen, sich immer wieder anders präsentierenden Bergwelt.
Oft Wolken verhangen, manchmal siegt die Sonne im Kampf um die Vorherrschaft, doch stets verwundern die kaum erschlossenen Täler und Wälder dieses eindrucksvollen Gebirges.
Am Sewan-See in 1900 m Höhe, das 72 km von Erewan entfernt, zum Erholungsgebiet der Metropole zählt, tummeln sich ein paar Leute an einsamen Ufern.
Zwei verfallene, alte Kirchen auf einer Anhöhe klagen ihren Ruin an… Wiesenblumen versuchen ein wenig Farbe in das Grün des Grases zu streuen und irgendwo in der Ferne hat sich eine unförmige Hotelanlage eingenistet, um die sich ein paar niedere, in dunkle Wälder hinein getupfte Häuser, scharen.
Wir halten vor einem großen Motel, als offenbar einziges Restaurant in der Gegend, das uns nach Abfertigung einer anderen Reisegruppe, fürs Mittagessen aufnimmt. Davor verkauft ein primitiver Laden Milch, Butter, Käse…
Auf dem Weg nach Tiflis, der Hauptstadt Georgiens muss die Sowjet-Republik Asserbeidschan durchquert werden, die vornehmlich von Moslems bewohnt wird.
Ein Höhenluftkurort mit Heilquellen und Sanatorien inmitten von Wald, verrät sich durch wenige alte Häuser, ein paar Mietkasernen und einem langgestreckten Gebäude.
Plötzlich dehnt sich neben der Straße ein Parkplatz aus und unter einem fächerartigen Schirm, werden hier gegrillte, mit Kräuter gewürzte Tomaten, Paprikaschoten und Schaschlik zum Kauf angeboten.
Eine seltene Verlockung… schade, dass wir so satt sind!
Die Grenze markiert ein großes Denkmal mit einem Engel in der Mitte; dahinter symbolisieren drei mit bunten Mosaiken bestückte Steine, die drei benachbarten Republiken Armenien, Asserbeidschan, Georgien. Die Größe der Steine verrät das Volumen der Drei und soll ihre Verbundenheit versinnbildlichen.
In der Folge wird sogar an einem Stand Obst feilgeboten, offenbar in eigener Regie, wenn das Soll erfüllt ist. Sofort stürzen sich der Busfahrer und unsere Reiseleiterin auf die begehrte Ware.
Gänse watscheln immer wieder an den Straßenrändern entlang und hin und wieder sind im weiten Gelände auch Schafherden auszunehmen.
Über die imposante „Rote Brücke“ aus dem 12. Jhdt dringen wir schließlich in Georgien ein; die Russen nennen es Grusinien.
Auch dieses Volk siedelte bereits seit der Stein- und Bronzezeit auf dem Terrain, ist gleichfalls dem Christentum verhaftet, jedoch unter dem Patriarchat der orthodoxen Kirche.
Bezaubernd der Blick vom Ufer der Kura auf die gegenüberliegende Stadt Tiflis, die auf einem Fels hoch über dem Fluss gegen den Himmel ragt und um diese Zeit gerade vom Licht der scheidenden Sonne verklärt wird. Wie vom Pinsel eines Malers auf die Leinwand gekleckst, entbietet sie uns ihren leuchtenden Gruß.
Anders als Erewan, das außer dem prächtigen Hauptplatz eher ein nüchternes Straßenbild liefert, besticht Tiflis Altstadt durch enge, heimelige Gassen, wo das tägliche Leben beschaulich und voll eigenem Charme abläuft.
Tatsächlich zeigen sich die alten Georgier recht eigenwillig und dürften sich ungern dem Diktat der Sowjets unterworfen haben, obwohl der gewalttätige „Rote Zar“ Stalin, aus ihren Reihen stammte.
Zwar verband sich Georgien nach verzweifelten Kämpfen gegen Türken und Araber 1801 als Emirat mit Russland und so gliederten es die Bolschewiken 1921, in ihre Union ein.
Von Bergen gesäumt, betont die Stadt an der Kura ihren Freiheitswillen durch eine übergroße, silbern schimmernde Frauengestalt auf einer Anhöhe – die Mutter Georgia! In der einen Hand hält sie das Schwert, in der anderen eine Schale, als Ausdruck der Gastfreundschaft.
Trotzdem musste ihr Volk, genau wie das der Armenier, allzu oft unter Fremdherrschaft leiden.
Über seine Herkunft grassiert sogar eine spektakuläre Vermutung: die Georgier wären um 1000 vor Chr im Zuge der Seevölker-Wanderung – wie die Etrusker nach Italien und die Basken nach Spanien – hier eingewandert.
Eine reine Spekulation?
Immerhin erstaunlich, dass die Georgier, wie die Basken, eine eigene Sprache haben, die niemand versteht und merkwürdigerweise, ähnelt sie tatsächlich dem Baskischen.
Außer der romantischen Altstadt von Tiflis, bekommen wir auch den 727 m hohen Davidsberg, Museen, die alten Schwefelbäder und die moderne Hauptstadt mit diversen attraktiven Gebäuden, zu sehen.
Als bezaubernde Zugabe, wird uns auch, da wo Kurna und Aragwi zusammenfließen, die Residenz Georgiens vom 3. vorchristlichen bis 5.nachchristlichen Jahrhundert, Mzcheta, präsentiert, die sich anmutig in die Flussarme schmiegt.
Als mahnendes Gelöbnis und Wahrzeichen, wacht auf steilem Fels eine alte Kirche aus dem 6. Jhdt, während die von einem Wehrgang geschützte Kathedrale, ebenfalls erhöht, auf das malerische Panorama herabblickt.
Nicht genug mit dieser 2000-jährigen Historie, schlummern auch noch überall im Boden, verstreute Relikte aus vorchristlicher Zeit, denn hier beteten einst Menschen in einem Feuertempel, den persischen Gott des Lichts und des Guten, der Zarathustra-Lehre an.
Eine ganze Weile beobachten wir Archäologen, wie sie im Schweiße ihres Angesichts im Schutt der
Geschichte wühlen, um vom Gestern, eine Brücke zum Heute zu schlagen.
Die 1500 Heilquellen und 215 Kurorte, die Georgien auszeichnen, bleiben für uns lediglich ein Phantom, denn mittels eines über 3 ½ stündigen Nachtflugs, verbunden mit 2 Stunden Zeitverschiebung, werden wir ins sowjetische Mittelasien verfrachtet.
Ziemlich verschlafen, landen wir um 4 Uhr morgens in der Oasenstadt Taschkent, Hauptstadt von Usbekistan, die 1966 durch ein Erdbeben zerstört und danach weitläufig und modern mit Parkanlagen, großen Plätzen und einem künstlichen See, neu aufgebaut wurde und daher kaum etwas von den Geheimnissen des Orients verrät. Nur die Hitze verkündet ihre geographische Lage und schleicht sich brütend auch in unsere Hotelzimmer.
1865 kam Taschkent zu Russland und ist heute Verwaltungszentrum für Mittelasien und Luftverkehrsknotenpunkt für den Osten der Sowjetunion.
Der eigentliche Zauber von „1001 Nacht“ ,wird uns mit all seiner fremden Exotik erst in Buchara, nach einem über einstündigem Flug mit einer Propeller-Maschine, offeriert.
Buchara… ebenfalls ein Flicken auf unserem Globus, der schon lange vor der Zeit-Rechnung als fester Handelsplatz und Karawanenstation, in einer Oase nahe der Wüste existierte und 70 Völkerschaften in sich vereinigt.
Paläste, gewaltige Moscheen, Medressen – berühmte Koranschulen des Islam – reich verziert mit Mosaiken und mächtigen azurenen Kuppeln, die sich wie riesige Hauben über sie empor wölben und mit intensivem Blau, das Himmelsgewölbe übertrumpfen, blenden die Augen.
Welche Wunder haben die Menschen zur Anbetung ihres Gottes erschaffen… ? oder dienten sie gleichzeitig als Demonstration der Macht ihrer Auftraggeber… ?
Mit fast 140 Denkmälern einer verblühten Kultur, beschenkt uns Buchara mit dem geschlossenen Ensemble einer orientalischen Hauptstadt.
Zitadelle, Stadtmauer, ein von 4 Ecktürmen flankiertes Tor – es wurde von Indien (Hyderabad) kopiert – überkuppelte Basare… all das, was Geschichten über jene fremde Welt erzählen, wird uns hier komplett vorgeführt!
Ornamentierte Lehmziegel betonen den Charakter der eigenartigen Architektur, führen zurück in Zeiten, wo lebhaftes Treiben die engen Gassen beherrschte.
Denn heute ist sie erloschen, die schillernde Ära des 10.Jahrhunderts, die nach dem verheerenden Mongolensturm, ihre glorreiche Auferstehung noch einmal im 16. Jhdt feierte.
Die attraktive Kulisse hat ihre Komparsen verloren… still, von kaum einem Menschen belebt, erstreckt sie sich vor uns.
Leer, das verwinkelte Mauerwerk und wenn verstreut ihre Mimen auftauchen, dann steht das grell bunte Bild ihres heutigen, usbekischen Kleiderstils, im krassen Gegensatz zu den schwerfälligem, der Erde verbundenem Gemäuer der Vergangenheit.
Unter dem Zepter der Sowjets ist es seit 1938 den Frauen verboten, einen Schleier zu tragen, was manchem gehorsamen, weiblichem Wesen den Schimpf und die Gewalt seitens Mann und Familie einbrachte und sogar den Tod bedeuten konnte.
Am Registan- dem einstigen „Sandplatz“, der früher mit Prunkbauten, Gärten und Wasserspielen gespickt war, stehen sich heute nur noch 2 große Medressen gegenüber.
Alle Gelehrsamkeit und das Wissen des Orients wurde in ihnen weiter gegeben.
Nur eine davon ist, als einzige der Stadt, noch „in Betrieb“.
Alle anderen Vorzeigebauten, teils sorgfältig restauriert, teils aber auch ziemlich lädiert, dienen dem Schauvergnügen der Besucher. Wunderbar ausgestattet und geschmückt, spiegeln sie auf bezaubernde Weise, den einstigen Glanz wider.
Eine Fahrt in die Wüste, die früher bis vor die Tore der Stadt reichte, bildet den Abschluss in diesem konservierten, doch hinreißendem Antiquariat, in dem Störche, die sich auf Türmen niedergelassen haben, als Wahrzeichen der Stadt, dieses Museum freundlich beleben.
70 km sind dabei durch ausgedehnte Baumwollfelder zu bewältigen, wo Erdhaufen am Straßenrand als Aushebegut für die Bewässerungskanäle lagern, ehe karger Baumbewuchs und strauchiges Gras aus dem Boden sprießen und den Beginn der Sanddünen ankündigen.
Ein Lebensraum, der Menschen seit Urzeiten in eine Sphäre zwingt, die erschreckend und faszinierend zugleich all‘ ihre Sinne beansprucht.
Was wir von diesem ehemaligen Nomadendasein ihrer Bewohner mitbekommen, ist allerdings wieder nur ein Abklatsch des „früher“.
Zwei junge Dromedare empfangen uns vor einem Rundzelt und einigen Lehmhütten mit zum Teil im Freien deponiertem Hausrat, einschließlich zweier Eisenbetten, während drinnen bunte Matten zum Schlafen vorbereitet liegen.
Ein kunterbuntes Durcheinander von Familien, die hier im Sommer und Winter hausen und bereits ein Motorrad, eine Landwirtschaftsmaschine und einen primitiv zusammen gebastelten Webstuhl, ihr eigen nennen.
Wir werden mit Tee bewirtet und dürfen gegen ein kleines Bakschisch fotografieren und filmen.
Weiter geht die Reise per Bahn in einem, in der DDR gefertigten Liegewagen, zur Schwesterstadt Samarkand. Dabei können wir den Komfort für die kurze Strecke kaum nutzen, denn um 1 Uhr nachts, erreichen wir diese alte Metropole, die Alexander der Große im 4. Jhdt eroberte.
Ihr „goldenes“ Zeitalter begann jedoch mit dem, wegen seiner grausamen Taktiken, berüchtigten Timur Leng (Tamerlan), der Samarkand 1369 zur Hauptstadt seines Reiches erkor. Ein türkisierter Mongole, der ihr durch Plünderungen der halben Welt, einen unbeschreiblichen Glanz verlieh.
Nicht so einheitlich wie Buchara, hat diese Stadt vieles von ihrer Herrlichkeit im Laufe der Jahrhunderte verloren, aber das, zwischen modernen Bauten Verbliebene, ist nicht nur teilweise bestens restauriert, sondern auch von außerordentlicher Schönheit.
Ein bedrückender Gedanke, dass so viele exklusive Glanzlichter durch Unrecht, Gewalt und Leid erkauft wurden.
Trotzdem können wir nicht anders, als diese Zeugen einer Terrorherrschaft zu bewundern.
Die berühmte Sternwarte, die Timurs Onkel, Ulug Beg – ein Mathematiker und Gelehrter – errichten ließ, ist nur noch in spärlichen Resten vorhanden; dafür erinnert ein Museum an seine Leistungen.
Ein echtes Juwel stellt der Registan-Platz mit drei wundervollen Medressen, Koranschulen, dar, den man durch einen hübschen Park betritt.
Früher, bevor Tamerlan, Samarkand zu seiner Hauptstadt erkor, war hier ein Handwerks- und Handelszentrum mit Kuppelbasaren, Karawansereien, Paradeplatz und Moscheen.
Heute sind es die drei Koranschulen, deren prächtig verzierte Eingangstore, auf den Platz gerichtet sind und die als Augenweide, einen überwältigenden Eindruck vermitteln.
Obwohl sie als Schaustücke keinem religiösen Zweck mehr dienen, fasziniert ihr Anblick.
Die Seitenwände des Portals der mittleren Medresse aus dem17. Jhdt zeigt tiefe Arkadennischen mit bunten, geometrischen Mustern. Zentrum der Koranschule ist die Moschee, in deren, von Gold strotzende Vorderseite, wir einen Blick werfen können. Im Gegensatz zu den beiden anderen Medressen, ist sie vollständig und hervorragend restauriert.
Außer dem Registanplatz beeindruckt vor allem die 70 m lange, steile Straße auf einen Hügel, auf dem Timu für seine Freunde und Verwandten einzigartige Mausoleen anlegen ließ.
16 Gebäude drängen sich beidseitig eng aneinander und begeistern jeden, der von hier oben bergab steigt.
Rechts und links flankieren, mit Farben prächtigen Fayencen geschmückte Grabbauten, die enge Gasse, die bis zum Beginn unseres Jahrhunderts von Ungläubigen nicht betreten werden durfte.
Es wird viel erneuert und doch wartet noch so manches auf eine frische Politur. Erstaunlich immerhin, dass einiges getan wird, nachdem die Geisteswelt des Orients und der Bolschewiken auf total gegensätzlichen Gleisen verläuft.
Auch das übliche Handeln und Feilschen in den Bazaren und den wenigen Märkten, ein absolutes „muss“ für jeden Orientalen, wurde rigoros abgeschafft. Nur Kinder betteln noch um Kaugummi oder Kugelschreiber.
Die größte und schönste Moschee Samarkands zählte einst zu den herrlichsten Gebäuden im ganzen Orient… Timur hatte sie für seine Lieblingsfrau, eine Tochter des chinesischen Kaisers, erbauen lassen.
Durch ein Erdbeben zerstört, ist sie jetzt nur noch Ruine, soll aber unter Einsatz modernster Technik, renoviert werden.
Ein kleiner Sonderausflug, gemeinsam mit einer holländischen Reisegruppe, bringt mich per Bus in die Sowjetrepublik Tadschikistan, wo in 1000 m Höhe zufällig eine Ruinenstadt entdeckt wurde, in der inzwischen 600 und 800 eine erstaunlich verfeinerte, wohlhabende, gebildete und über Erwartung tolerante Gesellschaft, gelebt hat. Das Volk der Sodger!
Ethnisch wird es der iranischen Völkerfamilie zugerechnet, da ihre Sprache dem Persischen ähnelte. Ihre Religion dürfte eine Verschmelzung vieler Glaubensströmungen gewesen sein.
Der gesamte Handel mit China lag in ihren Händen und ihre Siedlungen waren praktisch über das ganze chinesische Turkestan verstreut.
Es ist ein höchst eigenartiges Erlebnis für mich, durch die spärlichen Reste einer Zivilisation zu spazieren, von der kaum jemand etwas gehört hat und beweist wieder einmal, wie viel doch aus vergangenen Jahrhunderten noch unter unseren Füßen dahin dämmert.
Auch von diesem 20 Hektar großen Arsenal, konnten erst 8 ha ausgegraben werden und überall sieht man Archäologen bei ihrem schwierigen Bemühen, das Puzzle entschwundener Zeiten wieder zusammen zu flicken.
Zerstört wurde diese Kultur von den Arabern und Chinesen.
Ein ewiges Wechselspiel von Wachsen, Wirken und Verwüstung, also… und scheinbar unüberwindliche Dynamik alles Lebenden!
In viele Republiken des riesigen, russischen Imperiums haben wir auf dieser Reise hinein geschnuppert, sind Menschen begegnet mit Riten und Bräuchen, die zwar als eine Art Show weiterleben, aber vom Kommunismus einen einheitlich nüchternen Charakter aufgezwungen bekamen… und haben doch nur einen kleinen Bruchteil des Ganzen gesehen.
Der Abschiedsakkord im sowjetischen Potpourri bleibt der heutigen Hauptstadt Russlands – Moskau – vorbehalten.
Wieder befördert uns ein abendlicher Flug dahin. Nach knapp 4 Stunden kehren wir von Asien zurück nach Europa… es ist 1 Uhr nachts, durch Zeitverschiebung allerdings bereits 3 Uhr morgens in Moskau, wodurch dem Schlaf lediglich ein kurzes Pensum zugestanden wird.
Schließlich wollen wir wenigstens vom Zentrum der 8-Millionen-Metropole, eine Kostprobe mit nach Hause nehmen.
Und die offeriert uns natürlich der Kreml, das Herzstück der Stadt an der Moskwa.
Vom gegenüber liegenden Ufer leuchten seine goldenen Kuppeln einladend zu uns herüber.
Windungsreich umgarnt der Fluss die Stadt: sein Name ist finnischen Ursprungs und stammt aus vorgeschichtlicher Zeit. Vor dem 10. Jahrhundert siedelten hier finnisch-ugarische Stämme, erst allmählich sickerten slawische Völker ein und assimilierten die Finnen.
Urkundlich erwähnt wird Moskau 1147… und 1156 entstand der Kreml, der dann zum Sitz der Zaren heranwuchs. Erst seit 1955 ist er für Besucher zugänglich.
Der überdimensionale „Rote Platz“ beherbergt nicht nur den eigentlichen Kreml mit all seinen Türmen, Palästen, Kultbauten und 4 Kathedralen – letztere wahre Perlen der russischen Sakralkunst, die auch als Museen eine atemberaubende Atmosphäre ausstrahlen.
Die Basilius-Kathedrale, die außerhalb der Mauern des Platzes steht, zieht mit ihrer bizarren Architektur und den grell bunten Zwiebeltürmen, als erstes den Blick auf sich. Wie ein extravagantes Riesenspielzeug stellt sie aufreizend ihre vollendeten Formen zur Schau, entzückt unter all‘ der Pracht der Komplexe, durch Liebreiz und Charme.
Moskau – viertgrößte Stadt der Erde, das sich einst selbst als drittes Rom bezeichnete, wäre außer diesem grandiosen Zentrum, auch durch seine Kunstschätze in Museen, den Theatern, eines viel längeren Aufenthaltes würdig, aber leider ist dafür keine Zeit einkalkuliert.
Einen Sonderspaß gönne ich mir dennoch, zusammen mit einer Reisegefährtin!
Anstatt dem vorgesehenen Besuchs der All-Unions-Ausstellung zu folgen, entschließen wir uns zu einem kleinen Privat-Trip durch Moskaus Alltag und schiffen uns auf einem der Dampfer, die regelmäßig den Fluss befahren, ein.
Natürlich gibt es dabei wieder die berüchtigte Wartezeit, da die Touristengruppen Vorrang genießen und wir beide heute ausnahmsweise allein starten… doch entschädigt uns bei dieser Fahrt, der herrliche Blick auf den Kreml und seine attraktiven Bauten, sowie später die Sicht auf Parkanlagen und Vergnügungspark, mehr als reichlich dafür.
Eine Station vor dem „Kiewer Bahnhof“ steigen wir aus und tauchen ein in das Leben der Stadt, das sich uns an der Anlegestelle, als höchst gemütlich präsentiert.
Zwei Männer spielen am Ufer, Karten, eine Frau genießt den anbrechenden Abend am Rande der Wiese… keine Hektik, keine Sehenswürdigkeit, endlich nur die Begegnung mit Menschen, die in dieser Stadt zu Hause sind.
Während des gemächlichen Schipperns den Fluss entlang, überfiel mich die Erinnerung an die gemeinsamen Reisen mit Kurt, die wir ohne Zeitdruck inmitten fremder Kulturen erlebten und wie viel Freude uns die Schau in eine andere Welt bereitete.
Auch durch Russland ist inzwischen ein Alleingang möglich, aber natürlich nach genauer vorheriger Abstimmung mit Intourist über die geplante Strecke, die Aufenthaltsorte, das wie und auf welche Weise ein solches Unternehmen ablaufen soll.
Vorsorge, dass niemand verloren gehe… oder indirekte Überwachung?
Na, wir beide haben nach Verlassen des Dampfers die größte Mühe, die richtige U-Bahn-Verbindung zurück ins Stadtzentrum zu finden.
Die Menschen, die wir darauf ansprechen, bemühen sich verzweifelt, uns zu helfen. Aber die Verständigung erweist sich als ein verflixtes Ratespiel mit vielen Unbekannten. Zwar besitzen wir einen U-Bahn-Wegweiser, aber da dieser nur in kyrillischer Schrift Auskunft erteilt, bleibt er für uns ziemlich geheimnisvoll.
Jedenfalls ergibt sich nach langem Hin und Her, dass wir zuerst per Bus zur nächsten Metro-Station starten müssen; als der schließlich kommt, bemühen sich nicht nur der Schaffner, sondern auch alle Insassen, uns den rechten Weg zu verdeutlichen. Niemand ärgert sich über den dadurch entstehenden Zeitverlust.
Als wir hernach – am Kiewer Bahnhof – die steilen Stufen zur Metro hinunter eilen, sind wir vor allem erstaunt, mit welch‘ fantasievoller Aufmachung uns dieses Zweck-Verkehrsmittel empfängt.
Picksauber, schmücken große Mosaiken die Wände. Stuck-Girlanden verwandeln den Bahnsteig in eine unterirdische Kunstgalerie. Und jede Station erfreut mit anderen, hübschen Designs die Fahrgäste.
Mit 2 Stunden Verspätung treffen wir im Hotel zum Abendessen ein, das wir um diese Zeit gar nicht mehr erwarten.
Aber siehe da… wir erhalten es ein wenig abgekühlt, nachgereicht und dann gibt es – welche Wonne, sogar eine Flasche Bier dazu.
Wie man uns erzählt, hätten einige aus unserer Gruppe von der Serviererin oder anderen Leuten verbotener Weise Rubel gegen DM umgewechselt. Wozu frage ich mich?
In den Berioska-Läden gibt es Ware nur gegen ausländische Währung und im berühmten G U M , dem größten Kaufhaus Moskaus, verlockt so gut wie nichts zum Kauf.
Obwohl uns bei diesem Besuch quer durch die UDSSR die „russische Seele“ verschlossen blieb, deren Höhen und Tiefen sich angeblich zwischen hingebungsvoller Innigkeit bis zu unberechenbarer Barbarei verhalten könnte, hat uns Moskau jedenfalls einen freundlichen Abschied beschert.
Die Ahnung von unendlicher Weite des Raumes, in der sich die Menschen verlieren – ähnlich dem Staubkorn Erde im unendlichen All – lässt das von einer Brise Schwermut und Elegie gewürzte Gemüt seiner Bewohner, immerhin verständlich erscheinen.