Ein etwas ausgefallenes Exemplar im Inselmosaik des Mittelmeeres stellt MALTA dar, das sich geologisch eigentlich auf der afrikanischen Platte befindet.
Vor 50 Millionen Jahren bestand eine Landbrücke zwischen Sizilien und Nordafrika, die dann vom Mittelmeer in 2 Bögen geteilt und überflutet wurde.
Durch Sedimentablagerung hob sich die Landmasse „Maltas“…ein Emporkömmling also mit gerade mal 28 km Länge und 13 km Breite und einer höchsten Erhebung von nur 253 m.
81 km südlich von Sizilien, ist Malta außer Zypern heute der einzige EU-Staat, der südlich des 37. Breitengrades liegt.
Ein ziemlich extravagantes Eiland mithin und auch seine Geschichte und Hinterlassenschaften präsentieren sich ziemlich ungewöhnlich.
Es finden sich auf Malta, seine noch kleineren Trabanteninseln eingeschlossen, 30 Tempelanlagen gigantischen Ausmaßes, als älteste Zeugen von Großbauten –Megalithkultur benannt – die zwischen 4000 und 2500 vor Ch. blühte und dann schlagartig verschwand.
Wer waren die Erbauer, woher kamen sie, wozu dienten ihre riesigen Monumente, die älter als Ägyptens Pyramiden sind?
Fragen, die nur Vermutungen, Spekulationen, aber keine gesicherten Antworten liefern…
Auch nach dieser urzeitlichen Kultur verlief das Geschick auf der Insel recht dramatisch.
Die üblichen Eroberungszüge aus dem Mittelmeerraum wie Phönizier, Karthager, Griechen, Römer, wurden bereichert durch die Landung des Apostel Paulus, dessen Schiff, das ihn 60 nach Ch. von Caesarea nach Rom bringen sollte, an Maltas Felsen zerschellte.
Einen Winter lang verbrachte er angeblich in einer Höhle von Malta und… predigte!
Vielleicht ist auch darum die Insel trotz nachfolgenden Besatzern wie Araber, Türken, dazwischen auch Normannen, Staufer und Spanier … stets streng katholisch geblieben. Eine entscheidende Führungsrolle spielte in ihrem Lebenslauf jedoch der Ritterorden der Johanniter.
Grund genug für mich, Malta und seinen Schätzen an kulturellem Nachlass aus vergangener Größe, einmal direkt zu begegnen und daher machte ich mich im September 1990 für 2 Wochen auf den Weg zu dem kleinen, aus dem Meer heraus gewachsenen Erdenfleck.
Ich buchte Flug und Unterkunft in einem kleinen Hotel in der Hauptstadt Valletta – dem von der UNESCO unter Denkmalschutz gestellten Herz der Insel.
Valletta, eine Schöpfung der Ordensritter, benannt nach ihrem damaligen Großmeister, das durch Festungsmauern und Hafenbecken völlig von der Umwelt abgeschnitten ist.
Schon beim ersten abendlichen Bummel durch die Straßen und das neue City-Gate, das das alte Befestigungstor samt Zugbrücke 1964, als Malta Republik wurde, ersetzte, wird deutlich, dass hier 2 Jahrhunderte lang, das strenge Regiment einer straff geführten Organisation, das Sagen hatte. Das Porträt der Stadt trägt die Gesichtszüge des Ordens.
Beheimatet auf der griechischen Insel Rhodos und von den Türken unter Suleiman den Prächtigen immer wieder bedroht, mussten die Johanniter 1523 von dort fliehen, waren 7 Jahre heimatlos, bis sie schließlich von der spanischen Krone die Insel Malta „geschenkt“ bekamen. Spanien war zu der Zeit gerade Herr über das kleine Reich und 1530 übersiedelte der Großmeister mit 4000 Mann hierher. Widerwillig, behaupten böse Zungen…
Es ist Sonntag, das Wetter warm, aber ein starker Wind verrät das nahe Meer. Während ich mich in der fremden Stadt zu orientieren versuche, wandern meine Gedanken zurück in jene verflossene Zeit, wo Europa in Sachen Christentum tief gespalten war. 1517 hatte Luther seine Thesen veröffentlicht und damit eine Lawine ins Rollen gebracht, die mit nicht zu stoppender Gewalt über den Kontinent hereinbrach.
Die Johanniter, wer waren sie, woher kamen sie…? Waren sie Samariter oder Krieger…?
Als 1048, lange vor dem ersten Kreuzzug süditalienische Kaufleute ein Pilgerspital in Jerusalem gründeten – so wird ihre Entstehung erklärt – und es Johannes dem Täufer widmeten, das der Papst 1113 absegnete, galt das ganze Engagement der Mitglieder des neuen Ordens voll und ganz der Pflege von Kranken, Alten und Notleidenden.
Dann stürzte sich die Kirche mit Unterstützung des Adels und ihrer Ritter in das Abenteuer der Kreuzzüge gegen die Muslime.
Zankapfel war Jerusalem … dieses herrliche, gepeinigte uralte Zentrum religiöser Glaubens- Wunsch- und Machtvorstellungen zwischen den darin hausenden Menschengruppen, die hier ihren jeweiligen Gott, verbissen um die Wette verehrten.
Könige, Kaiser, Fürsten – nicht zu vergessen die Päpste – schickten ihre Ritter ins blutrünstige Gemetzel um das „Heilige Land“, wobei, fast unvermeidlich, auch die Wohltäter und Helfer der Armen zu Kämpfern mutierten und nach dem Sieg der Muslime zuerst nach Akko, dann nach Zypern fliehen mussten und 1309 ihre Heimat auf Rhodos fanden.
Zurück in Gedanken zu 1530 … – ich bin inzwischen an der besonders schönen Auberge de Castile et Leon angelangt, die als schönste Herberge der Ritter gilt und heute Amtssitz des Ministerpräsidenten ist – ab jetzt nannten sich die Ritter des Ordens, Malteser und fungieren bis heute als katholischer Zweig der Johanniter, die seit 1538 als protestantischer Orden ihre Tätigkeit ausüben. So tut die Dualität den beiden Sprossen eines gemeinsamen Astes, im Sinne der Wohltätigkeit, zum Glück keinen Abbruch.
Gegenüber der Auberge erzählen die gewaltigen Festungsmauern von dem weiteren Schicksal der Stadt und sie zu besuchen,werde ich mich Morgen zu Fuß auf den Weg machen und ihre Geschichte zurückverfolgen.
Ein herrlicher Blick auf den Grand Harbour, der heute nur noch wirtschaftliche Bedeutung hat, belohnt die Mühe des Aufstiegs. Ich begebe mich auf die Suche nach den Upper Barracca, den oberen Gärten, die sich ganz in der Nähe befinden. Es ist eine wunderschöne Anlage, die sich da an der Festungsmauer entlang zieht und prächtige Sicht auf den Hafen und die drei Städte Sengleam Vittoriosa und Cospicua bietet . Drei Satelittenstädte, kaum voneinander unterscheidbar, wobei Vittoriosa, die Siegreiche – Vorläuferin von Valletta und nach Mdina, zweitälteste Stadt Maltas, war. Wie Finger ragen die Häuseransammlungen dieser steinernen Städte in den Grand Harbour hinein, der einst Maltas Macht verkörperte.
Immer wieder hatten die Türken die Ordensritter auch auf Malta angegriffen, um von der strategisch so bedeutenden Insel Besitz ergreifen zu können.
1565 landeten schließlich 138 Galeeren mit 38.000 Soldaten in der Bucht und belagerten Malta 4 Monate lang. Die Ordensritter verteidigten ihr Terrain todesmutig und zwangen die Angreifer zum Rückzug. Fazit: schwerste Verluste auf beiden Seiten und eine total verwüstete Stadt.
Was vor Wien bei der Schlacht am Kahlenberg in letzter Minute durch das Ersatzheer vom polnischen König Sobieski verhindert werden konnte – das Vordringen des Islam von Osten nach Europa – das gelang den Johannitern im Süden des Kontinents… die Osmanen erlangten nicht die Herrschaft über das gesamte Abendland.
Durch großzügige Spenden des christlichen Europa entstand zwischen den beiden lang gezogenen Hafenbuchten eine neue Stadt: das heutige Valletta war geboren und schmückte sich mit grandiosen Bauten…bis der Feldzug Napoleons 1798 den berühmtesten Militärorden vertrieb und er unter seinem ersten deutschen Großmeister, widerstandslos die Insel verließ.
All´ das geht mir durch den Kopf während ich durch die Upper Gardens spaziere – eine Oase mit Teich und blühender Flora, in dem einst in seinem Säulengang die adeligen Ordensritter lustwandelten.
Da die Straßen in Valetta im Rechteckmuster verlaufen, ist es nicht schwer sich darin zurecht zu finden. Nach dem Festungsgelände widme ich mich dem Stadtzentrum und ihren Prachtbauten.
Die Hauptader Republik Street entlang, eine kleine Seitengasse und schon stehe ich vor der St.Johns-Kathedrale, der Patronatskirche der Ritter. Von außen eher einfach, besticht das Innere durch Hochreliefs und Deckenmalereien in barocker Pracht.
Unter den Grabplatten des mit vielfältigen Marmorintarsien – Wappen, Trophäen, Totengerippe – ausgelegten Fußbodens ruhen an die 400 Ritter.
So sehr Valetta äußerlich vom Ritterorden geprägt ist, so intensiv hat sich auch die 150-jährige Besetzung ab 1800 durch England im Lebensstil und dem Alltag der Insel nieder geschlagen.
Von der sorglosen Heiterkeit, dem unbekümmerten Charme, den die Bewohner südlicher Gefilde oft ausstrahlen, der selbst Lässigkeit noch sympathisch wirken lässt, ist hier nicht viel zu spüren.
Auch die Verständigung in Englisch, das neben dem einheimischen „Malti“ als Umgangssprache gilt, verweist auf das Königreich im kühlen Norden Europas.
Dass die so vielen verschiedenen Einflüssen ausgesetzt gewesenen Insulaner, überhaupt eine eigene Sprache entwickelt und bewahrt haben, spricht immerhin für ihre Flexibilität und trotz allem, eigene Identität.
„Malti“ ist semitischen Ursprungs und hat sich aus einem arabischen Dialekt gebildet, wobei jedoch bei der Schrift lateinische Buchstaben verwendet werden.
Dass auch ein Stück Arabien in Malta gegenwärtig geblieben ist, beweisen in einigen Straßen die Häuser mit verglasten Holzbalkonen. Sie dienten den Frauen, die sich ja in der Öffentlichkeit nicht zeigen durften – eine Sitte die mancherorts auf dem Globus noch heute gilt – um ein wenig von weitem, am Leben „draußen“ Teil zu haben.
Es dauert auch einige Tage, bis ich für meine kulinarischen Wünsche im sonst reichhaltigen Angebot südlicher Küchen, die richtige Adresse gefunden habe. In „Jimmy´s Restaurant in einer schmalen Seitengasse, zu dessen Lokal eine Treppe hoch führt, kann ich ausgerechnet in einer solchen von Glas gedeckten Nische, nicht nur gut essen, sondern auch wie einst die Araberinnen durch die ausgestellten Fenster, die Straße und den Betrieb dort beobachten.
Noch befinde ich mich mit meinen Erkundungen in der Zeit der Ordensritter, erst später werde ich mich, weiter zurück zu der Megalithkultur wagen.
Der Großmeisterpalast, der durch palastartige Erweiterung eines Wohnhauses entstanden ist und durch 2 Innenhöfe über Stiegen und Flur in seine Repräsentationsräume und der Rüstkammer führt, bietet ein wahres Eldorado an Kunst und Schauobjekten. Hier begegnet man der weltlichen Seite des Ordens und ihres Oberbefehlshabers.
War die breite, marmorne Treppe deswegen mit auffallend niederen Stufen versehen, weil die schweren Rüstungen der Ritter das Hochheben der Beine verhinderten oder weil die Großmeister das Recht hatten, sie hoch zu Ross zu passieren…?
In der Nähe des Fort San Elmo, das sternförmig an der Spitze des Grand Harbour thront, interessiert mich als karitative Note der Rittergarde das Ordenshospital, das als eines der ersten Gebäude beim Bau der Stadt Valletta entstand und wo 600 Kranke und Verwundete gepflegt werde konnten und die meisten Patienten ein eigenes Bett zur Verfügung hatten. Die Ritter, ja sogar die jeweiligen Großmeister sollen die Kranken höchst persönlich gepflegt und bedient haben…heißt es. Die Mahlzeiten wurden auf Silbergeschirr serviert.
Inzwischen ist dieses Spital in ein Konferenz-Center verwandelt worden und in einer Halle darin, findet auch eine Show über die Geschichte Maltas statt.
Die restaurierten Räume des riesigen Gebäudes, an dessen schlichter Außenfassade am Hafen ich davor entlang spazierte, beeindruckt sehr und die Vorführung, die per Kopfhörer in der gewünschten Sprache – musikalisch von außen lautstark untermalt – auf Großleinwand präsentiert wird, lässt Malta in all´ seinen durchlebten und durchlittenen Epochen auferstehen. Das geht unter die Haut…
Von den 345 Kirchen, die es auf der Insel gibt, begnüge ich mich in Valetta nur noch mit einem kurzen Besuch von Zwei, denn zu viel Interessantes lockt auch außerhalb der Hauptstadt.
Nicht nur die Gotteshäuser zeugen von der Frömmigkeit der Inselbewohner. In Valetta beweisen auch bunt bemalte Heiligenfiguren an den Straßenecken, die mit Lämpchen bestückt sind und in der Ritterzeit als Laternen dienten, die Herrschaft der Religion über Malta.
Die alte, erste Hauptstadt des Eilands, Mdina, kann ich vom nahen Bus-Terminal hinter dem City Gate, wo sich die verschiedenen Linien gruppieren und auch schmuddelige Imbissstände
Im Halbrund versammelt sind, erreichen und peile sie mit der Nr. 8 an. Als „schweigende Stadt“ erscheint sie heute im Inselvokabular.
Durch ihre stillen, engen, fast Menschen leeren Gassen zu streifen, zwischen den gelb leuchtenden Palästen herum zu schlendern, bereitet mir nach dem betriebsamen Valletta ein erholsames Vergnügen.
Dabei war ihre Geschichte einmal höchst rebellisch…denn hier entlud sich der Widerstand gegen die verhassten, französischen Besatzer.
Es wird erzählt, dass Napoleon auf seinem Weg nach Ägypten im Hafen von Valletta lediglich Wasser für seine Flotte danken wollte, was ihm die Ordensritter mit Hinweis auf ihre strikte Neutralität verweigerten. Prompt eroberte der Feldherr die ganze Insel, zog weiter, nachdem er den Orden ins Exil dirigiert, den Adel entmachtet und die Staatskasse geplündert hatte. 4000 Mann ließ er als Besatzung zurück.
Und weiter heißt es, dass, als der französische Oberbefehlshaber in Mdina 1798 Beutegut versteigern ließ, ihn eine empörte Volksmenge zum Balkon des Hauses zerrte und ihn durch Wurf auf die Straße ins Jenseits beförderte.
Erst nach 6 Monaten Belagerung durch England, die Napoleon inzwischen besiegt hatten, wurden die Besatzer vertrieben und Mdina, das seit der Bronzezeit und unter den Römern große Bedeutung hatte, fiel nach dem Bau von Valletta, zurück in seinen Tiefschlaf.
Nachdenklich spaziere ich zur Bastion hinauf, die einen einmaligen Blick auf das umliegende Land bis zum Meer hin gewährt, suche und finde danach die Kathedrale, die üppig im
Barockstil mit Fresken und im Fußboden eingelassenen Marmorplatten ausgestattet ist. Wappen von Adeligen und kirchlichen Hochwürden sind darin eingraviert…ich bewundere die Paläste an ihrer Seite und finde auch in der schmalen Hauptstraße des Städtchens, den Palazzo aus dem 14.Jhdt., in dem noch normannische Fenster erhalten sind.
Lediglich das Haus des Balkonsturzes bleibt mir verborgen, erfahre aber später, dass ich es am Kathedralenplatz hätte finden können. Dafür sind mir die im Zentrum dieser „schweigenden Stadt“ immer wieder mal präsenten „Türklopfer“ aus Messing in Form von Delphinen aufgefallen.
Ein anderes wundervolles Erlebnis im Alleingang, beschert mir an einem Nachmittag die Hafenrundfahrt, die zuerst im zweiten Hafenbecken, den Maramxett-Harbour kreuzt. Dabei gießt die Sonne ihre Strahlen voll leuchtendem Glanz auf Valletta aus und lässt es wie von Gold überflutet erscheinen, das auch den angrenzenden Touristenort Sliema in sympathisches Licht taucht. Jeder Blick eröffnet andere, interessante Perspektiven, bis schließlich das Boot in die lang gezogene Bucht des Grand Harbour wechselt und die Hauptstadt von der anderen Seite zeigt und auch die in einander übergehenden „3 Städte“, die ihre Finger in den Hafen strecken, entsprechend würdigt.
Einiges, was ich auf dem kleinen Eiland zu sehen wünsche, ist bei begrenzter Zeit ohne Auto, am besten mittels organisierter Ausflüge zu bewältigen.
So buche ich drei Bus- und eine kombinierte Schiffstour für meine zur Verfügung stehenden Tage und starte damit als erstes zu einem Halbtagsausflug, die den Megalithtempel Hagar Qim einschließt.
Nach Abholung andere Gäste aus verschiedenen Hotels wird die Südwestküste der Insel zum ersten Halt in Zurrieg angesteuert. Ein winziger Ort, der nur aus einer Straße, ein paar Häusern, Souvenirständen und einem Restaurant zu bestehen scheint. Welt abgeschieden, haben die Fischer hier schnell erkannt, dass sich mit ihrer bizarren Felsküste Geld verdienen lässt.
Auf steiler Treppe steigt unsere kleine Gruppe hinab zu einer Schlucht, wo schon ein paar bunt bemalte Boote im Wasser schaukeln und auf Touristen warten. Schnell sind wir in die Kähne verteilt und auf einer 20-minütigen Tour wird nicht nur die zauberhafte „blaue Grotte“ besucht, sondern entlang der zerklüfteten Felsküste immer wieder in viele andere, seltsam geformte, in allen Farben schillernden Aushöhlungen hinein- und wieder heraus gekreuzt.
Viel zu rasch geht der ein wenig gespenstische, aber fesselnde Spuk vorüber.
Zurück auf der Hauptstraße folgt bald danach das eigentliche Ziel, die Tempelanlage Hagar Qim, ein Heiligtum wie von Riesen erbaut – Anzeichen für urbanes Leben wurden nicht gefunden – obwohl durch Funde erwiesen ist, dass die Erbauer klein und zierlich nur eine Größe von 1,50 m erreichten. Sie hätten in Höhlen gehaust und wären aus Sizilien oder Nordafrika gekommen…vermutet man. Nichts ist gewiss und verloren, wie in einem geheimnisvollen, steinernen Labyrinth wandert man zwischen übermannshohen, verwitterten seltsam geformten, behauenen, Muschelkalkbrocken umher und findet keinen Sinn und Zweck in ihren Mustern. Angeblich sollen sie nach einer Version der Radiokarbonmethode sogar nicht erst von 3000 vor Ch. sondern gar von 6000 vor Ch. stammen.
Aber niemand weiß letztendlich Genaues. Sogar von einem frühzeitlichen Observatorium ist bei der Anlage die Rede…
Das Wahrzeichen des riesigen Monuments sind 4 aufrecht stehende Monolithen. Die Wuchtigkeit der Steine steht im Gegensatz zu der Leichtigkeit der Bearbeitung. Verzierungen wie geschnitzt, mit Werkzeugen aus lediglich steinernen Hämmern und Tiergeweihen, versetzen in Staunen. Motive von Spiralen und das „Auge“ tauchen immer wieder auf.
Der Grundriss ist auch hier wie bei allen anderen Tempeln ein Kleeblatt, wobei sich von einem Innenraum 5 ovale Apsiden öffnen. Überhaupt sind das Oval und die Kleeblattform, ein typisches Merkmal für Maltas Megalithkultur.
Unterhalb von Hagar Qim und nahe am Meer, erkennt man deutlich den Tempelkomplex von Mnajdra, der 100 Jahre jünger sein soll. Zu ihm hinab zu steigen, steht allerdings nicht auf dem Programm und so geht es nach gebührender Bewunderung und ergebnislosem Rätselraten um die urzeitlichen Großbaumeister, die 10 km zurück nach Valletta.
Sehr viele Ziele im weiteren Umkreis der Festungsstadt kann ich auch mit dem Linienbus erreichen und das nutze ich reichlich, da mein Hotel ganz in der Nähe des Terminals hinter dem City Gate liegt.
Sehr gerne spaziere ich aber auch ziellos die schmalen Gassen in Valletta bergauf und bergab, wo Wäsche aus dem Fenster zum Trocknen hängt, Eingangstore oft als Läden benutzt, an Wochentagen ausgeklappt werden und abbröckelnde Fassaden an Häusern und auch Palästen verraten, das die Stadt heute nicht unbedingt im Wohlstand schwelgt und auch ihre Probleme hat. Eines davon ist der permanente Wassermangel, sodass ständig Zufuhr von Ländern des Festlandes notwendig ist.
Eines Tages gerate ich bei meiner ziellosen Bummelei in die Straße, wo der wöchentliche Markt stattfindet, der von Ständen mit Waren aller Art und Menschen überquillt. Er gleicht einem Ameisenhafen, in dem es von Gedränge und Aktivitäten nur so wimmelt.
Eine Unsitte in Malta, die bei vielen Naturfreunden auf Empörung stößt, ist der traditionell übliche Fang von Singvögeln, die auf dem Zug zur ihren Winterquartieren hier rasten und dann gedankenlos abgeknallt werden.
Die Wunden, die der Tourismus ins Antlitz der Insel schlägt, sind nicht gravierend und beschränken sich meist auf die Vororte von Sliema und St. Juliens, obwohl sich auch hier die Strände auf ein paar Buchten beschränkt und der Autoverkehr auf der Straße dahinter, für recht lärmende Untermalung sorgt.
Sehr malerisch zeigt sich allerdings die Spinola-Bucht, wo eine große Anzahl der, „Luzzi“ genannten, bunten Boote schaukeln, die auf blauem Grund einen schönen Kontrast zur gegenüberliegenden hell schimmernden Häuserkulisse, besonders im Licht des Vormittags bieten.
Exklusive Hotels und das Casino finden sich in einem weiteren Meeresarm, der Dragonera-Bucht.
Eine Fahrt per „Linie“ befördert mich eines Nachmittags landeinwärts ins Städtchen Mosta, das unberührt von Fremden und ohne jegliche Betriebsamkeit lediglich seinen kolossalen Dom mit einer riesigen Kuppel, zur großartigen Ansicht bietet.
Beim Eintritt in das weiträumige Rundeau wird der Blick fast automatisch hinauf zur monströsen Kuppel gezogen, während sich im Kreis, die Seitenaltäre aneinanderreihen.
Per Zufall gerate ich in die Marienandacht einer Männergruppe hinein, die eine Art Rosenkranz betet und mich wie selbstverständlich in ihre Runde aufnimmt. Zwar verstehe ich kein Wort des Vorbeters und sitze stumm inmitten der inbrünstig Betenden – meist alte Männer – aber das seltsame Zusammentreffen mit diesen Gläubigen beeindruckt mich irgendwie doch. Zum Schluss macht mich der Vorbeter auf eine Bombe aufmerksam, die im zweiten Weltkrieg hier eingeschlagen hat, ohne zu explodieren, sodass weder das Gotteshaus, noch die 300 gerade darin Versammelten, zu schaden kamen.
Mosta war besonders das Ziel von Angriffen im zweiten Weltkrieg, da in der Nähe ein Militärflugplatz lag, auf dessen Gelände sich heute ein Künstlerdorf eingerichtet hat.
Mosta, ist übrigens ein arabisches Wort und bedeutet Zentrum, was die Lage in der Inselmitte bezeichnen mag.
Eine andere Buslinie bringt mich auch einmal nach Vittoriosa, eine der „3 Städte“, die als Finger ähnliche Halbinsel in den Grand Harbour hinein reichen.
Die „Siegreiche“ wurde sie erst, zwar total zerstört, nach dem Sieg über die Türken 1565 genannt. Davor hieß sie Birgu und diente mit ihrem Naturhafen schon vorangegangenen Eroberern als Sitz, den Normannen sogar als Hauptstadt.
Oberhalb der Altstadt thront das Fort San Angelo, das den Malteserorden zum alleinigen Nutzungsrecht zugestanden wurde.
Zu diesem ummauerten Geviert vor-, bzw. hoch zu dringen ist für mich gar nicht so einfach. Ich suche entlang des Ufers nach einem Aufgang, komme an einer halb zerfallenen Treppe vorbei…in der Bucht baden Kinder und Angler widmen sich ihrem Hobby…zögere und gehe weiter. Endlich die Aufschrift „Ritterhall“, also keuche ich von da hoch, entdecke die Main-Street der Altstadt und finde auch wie geplant, den ehemaligen Inquisitorenpalast.
Als Gerichtssaal während der Normannenherrschaft erbaut, war er 1574 – 1792 Sitz der Inquisition. Von den 62 Inquisitoren, die hier wohnten, wurden später 22 Kardinäle, 2 sogar Päpste.
Heute Museum, spaziere ich auch wie einst die Angeklagten, gebückt durch 2 niedrige Türen gegenüber dem einstigen Thronsessel des Inquisitors in die Räume und bin leicht geschockt über das ungeordnete Sammelsurium, das hier herumliegt… Kutschen, Leichenwagen, Fahrräder, Feldgeräte, Nähmaschinen, Heiligenfiguren, Karren für Verkauf von Brot, etc. etc.
Auch Kerkerzellen erinnern an eine grausige Vergangenheit.
Die Festung selbst ist verschlossen, aber es soll ein Appartement-Hotel hier oben geben. Alles wirkt menschenleer, verlassen, sodass ich zurück und diesmal richtig durch das Main-Gate, den Platz, wo die Busse stehen, erreiche und zurück nach Valletta fahre.
Am Nachmittag starte ich noch einmal mit der Linie 40 nach Ardatt, um die St. Anton Gardens aufzusuchen. Dabei kurvt der Bus durch eine recht interessante Strecke hoch, oft durch enge Gassen. Immer wieder Mal taucht im Vorüberfahren das Hinweisschild zu dieser Anlage auf. Fahre aber doch zu weit und wieder zurück und bin nach dem Irrweg sehr angetan von dem herrlichen, gepflegten Park ohne Touristen, zu dem auch ein attraktiver Palast gehört, der heute offizieller Wohnsitz des Präsidenten der Republik Malta ist.
Während der Rückfahrt erlebe ich auch noch ein wenig Malta Rush-hour, ehe ich im Hotel meinen müden Füssen eine Erholung gönnen kann, zumal die Tage sehr heiß sind und nicht einmal die Abende echte Kühlung bringen.
Die nächste, organisierte Halbtagestour ist wieder der grauen Vorzeit gewidmet, die trotz aller Aufhellungs- Bemühungen immer noch vom mysteriösen Dunkel der Jahrtausende beschattet ist.
Da das Hypogäum gerade von Touristengruppen überfüllt ist, wenden wir uns dem ganz in der Nähe befindlichen Tarxien-Tempelkomplex zu, der mitten in einem Wohngebiet als fremdartiges Steinungeheuer zwischen modernen Häusern wieder sein uraltes Daseinsrecht behauptet.
Wie die Anlage vor über 5000 Jahren in einer Landschaft ohne heutige Zutaten ausgesehen haben mag, bleibt der Fantasie überlassen.
Die Anlage besteht aus 4 Megalithbauten, drei davon liegen beieinander, der vierte ist kaum noch zu erkennen.
Als Kopie auf einem verzierten Steinsockel deutet die „dicke Lady“ – eine Frauenfigur, ehemals 2,50 m hoch, von der nur noch Rock und die dicke Beine existieren – auf den Kult einer Fruchtbarkeitsgöttin hin, einer Urmutter sozusagen.
Mit unterschiedlichen Ornamenten verzierte, ausgehöhlte Steine unter Opfertischen lassen vermuten, dass darin bei Tieropfern das Blut gesammelt wurde, zumal auch zahlreiche Tierreliefs zu sehen sind. Und wieder taucht ein Symbol auf, das sich durch Maltas Geschichte zieht: das Auge…
Ein rechteckiges Orakelloch fügt seinerseits ein Zeichen zu den vielen offenen Fragen hinzu.
Was ist aus der Tempelkultur geworden? Viele der Tempel sind unvollendet geblieben. Warum wurden die so mühevoll errichteten Kultobjekte verlassen, wann erschienen die nächsten Bewohner?
Der nächste Programmpunkt ist Ghar Dalam, die Höhle der Finsternis, die so alt sein soll wie die Insel selbst. Von Bauern als Stall benutzt wurde sie 1865 entdeckt und erforscht. Skelettfunde erbrachten dabei den Beweis, dass hier einst Tiere wie Miniaturelefanten, Flusspferde, Hirsche, etc. vor 150.000 bis 300.000 Jahren Zuflucht gefunden hatten, denn es steht fest, dass die Höhle von einem unterirdischen Fluss ausgewaschen worden ist. Was war die Ursache für die Knochenablagerungen?
Auf schmalem Pfad steigen wir in das finstere Loch hinein, in dem noch Knochen herum liegen sollen, die aber nicht zu sehen sind. Bewiesen ist auch, dass in der Höhle, als die Tiere längst ausgestorben waren, vielleicht wegen des Flusses … schon 5000 – 4000 vor Ch. Menschen hier gelebt haben. War die älteste Siedlungsstätte auf Malta demnach eine Tropfsteinhöhle?
Wie bei organisierten Fahrten üblich, wird alles irgendwie Interessante dabei „mitgenommen“ und so erfolgt vor dem nächsten und letzten Abtauchen in die Vergangenheit, noch schnell der Besuch des malerischen Fischerdorfes Marsaxlokk…für 10 Minuten. Eine Augenweide in Eile ohne Weile…
Das Hypogäum präsentiert sich danach als eine Art Labyrinth von unterirdischen Gängen, Hallen, Nischen, das sich über 3 Ebenen erstreckt.
Das erste Stockwerk ist gesperrt und zur zweiten Etage steigt man über glitschige Stufen in überaus feuchter Luft hinunter.
Auch hier weiß man über Vieles einfach nichts. Sicher ist lediglich, dass es sich um einen Begräbnisplatz handelt, in dem 7000, meist weibliche Skelette gefunden wurden.
Daraus schloss man, dass hier gemäß einer martriarchalischen Gesellschaft, Priesterinnen, Wahrsagerinnen, etc. bestattet worden seien – ein Orakelloch ist ebenfalls vorhanden.
Aber dafür gibt es keine Sicherheit, da inzwischen auch Skelette einer „Familie“ auftauchten.
Früher sollen Fresken die Anlage geschmückt haben, jetzt bewegt man sich nur in schummrigen Licht darin.
Der Hauseingang zu diesem Labyrinth wirkt schlicht und unterscheidet sich durch nichts von allen anderen Hausfassaden der Straße.
Auch dieses Zeugnis aus ca. dem Jahr 2300 vor Ch. wurde 1902 zufällig bei Bauarbeiten an einem Wohnhaus entdeckt, als der Hausbesitzer eine Zisterne bauen wollte und ein Arbeiter dabei in der Tiefe versank. Bei der Rettungsaktion zeigte sich plötzlich das Gewirr von Gängen und Kammern.
Nach den systematischen Ausgrabungen stellte sich heraus, dass die Megalithbauweise die gleiche war wie bei den Tempeln, ein unterirdisches Modell also der oberflächlichen Anlagen.
Auch lässt die Nähe zu Tarxien einen Zusammenhang vermuten. Waren die Tempel Stätten des Lebens und das Hypogäum das Totenreich?
Alle möglichen Theorien kursieren um die Megalithkultur…von Tieropferstellen, über Ausbildungsstätten für Priesterinnen, bis zum Orakel und einem femininen Kult, der die Verwendung von Metall und Menschenopfer verbietet.
Nach dem Blitzbesuch zwischendurch am Vormittag fahre ich nachmittags per Linie nochmals in die Bucht von Marsaxlokk, die ja außer einem hübschem Outfit ein wenig mehr zu erzählen hat. Hier warf nicht nur die Flotte der Türken Anker, sondern auch Napoleon machte im Hafen fest und heute ist in dieser schönen Bucht auch die größte Fischfangflotte Maltas stationiert. Jammerschade ist nur, dass das anmutige Idyll durch die Errichtung eines Kohlekraftwerks am gegenüber liegenden Ufer, leicht lädiert wird.
Um die weiter entfernten entlegenen Winkel und ihre verborgenen Schönheiten aufzuspüren, starte ich auch zu einer angebotenen Tages-Panoramotour, ehe ein Schiffstrip zur Schwesterinsel Gozo das Portrait des Eilands vervollständigen und meine Reise abschließen wird.
Nach dem üblichen Sammeln der für diese Panoramatour gemeldeten Teilnehmer geht es zunächst an der Ostküste nach Norden, vorbei an den heutigen Ferienorten Quwra und Buggiba, die sich an der felsigen Landzunge der St.Pauls-Bay eingenistet haben.
Der kurze Fotostopp gilt danach den kleinen Inselchen, wo eine Paulus-Statue an den hier angeblich gestrandeten Apostel erinnert. Allerdings ist beides viel zu entfernt, um einen Eindruck davon zu erhalten.
Und schon wechseln wir die Richtung und wenden uns quer durch die Insel nach Süden, an der alten Hauptstadt Mdina und das angrenzende Rabat vorbei zur Westküste Maltas, um die Schleifspuren an den berühmten Dingli-Cliffs als erstes Vorzeigeziel zu bestaunen.
Wodurch diese tief ins Gestein eingegrabenen „Karrenspuren“, die nur ein paar Meter lang deutlich wahrzunehmen sind, entstanden, ist wie so viel in Malta rätselhaft. Archäologen führen sie auf mit Karren transportiertes Baumaterial zurück, z.B. Monolithen für die Tempelkomplexe.
Während die Klippen, die fast senkrecht ca. 200 m aus dem Meer aufragen, alle Ansichtskarten als Sehenswürdigkeit preisen, wirken sie als steinige Abhänge von oben betrachtet, weit weniger attraktiv.
Unterwegs dahin streiften wir auch das einzige Waldgebiet Maltas, die Buskett-Gardens, die sich lang gestreckt hinter einer Mauer verbargen.
Über den Ort Dingli zurück erreichen wir die St.Pauls-Katakomben in Rabat, einen riesigen Friedhof unter der Stadt, der von ca. 400 – 600 nach Chr als Begräbnisstätte genutzt wurde. Einer, der größte unter vielen anderen, heißt es, denn ganz Rabat wäre damit sozusagen unterkellert.
Die weit verzweigte Anlage erinnert jedenfalls an das Hypogäum in Valletta, hat aber keinerlei Bezug zu dem vorgeschichtlichen Todestempel.
Im Zentrum der Stadt prangt die mächtige St. Pauls-Kathedrale, die jedoch verschlossen ist. Zu der darunter befindlichen St.Pauls-Grotte, in der, der Apostel 3 Monate auf Malta gehaust haben soll, steigen wir hinunter. Außer einer Alabaster-Statue – ein Geschenk des spanischen Bischofs um 1600 – bietet sie nichts Besonderes.
Über dieses unterirdische Verlies kursieren aber auch noch andere Versionen. Manche bezeichnen sie als Gefängnis des Apostel, viele wollen wissen, dass der Apostel hier predigte und taufte und über ihr sich ein römisches Gefängnis befand. Vielleicht aber auch, hat Paulus sie überhaupt nie gesehen.
Zwischen Rabat und Mdina stand einst eine römische Villa, die zu einem hübschen Museum umfunktioniert worden ist und außer vielem anderen, wunderbare Fußbodenmosaiken zeigt, darunter solche, die aus winzigen Steinchen zusammengesetzt sind. Ihre Besichtigung setzt den Schlussstrich unter die Inselrundtour.
Der letzte Ausflug und gleichzeitig einer der Höhepunkte meiner Reise ist der Nachbarinsel Gozo gewidmet, auf der ebenfalls seit dem fünften vorchristlichen Jahrtausend Menschen, vermutlich aus Sizilien eingewandert sind und siedelten.
Wie Malta besteht sie aus Kalksandstein, ist aber ein wenig grüner und der Gemüsegarten des maltesischen Archipels. Das verdankt sie der Tonschicht, die zu oberst liegt und Wasser speichert. Die landschaftliche Nutzfläche ist jedoch so rar, dass alle Ortschaften auf dem Höhenplateau der Tafelberge liegen. Nur 14 km lang und 7 km breit gehört sie als kleine Schwester, zur Republik Malta. Aber wie so oft bei Geschwistern, herrscht keine besondere Zuneigung zwischen den Beiden.
Dieser Schiffstrip erfordert zunächst eine Busfahrt von Valletta, entlang der Ostküste bis zum Hafen in Marfa. Die verkehrsreiche Hauptstraße folgt direkt der Küstenlinie, hinter der sich dann die Hotels und Ferienzentren aneinander reihen.
Bunt bemalte Boote schaukeln in den Buchten, keine Spur von langen Sandstränden und bald hinter St.Julien herrscht von der Sonne verbranntes, graues Land vor, bis wieder eine Bucht mit dicht gedrängten Häusern dahinter auftaucht.
Nach längerer Wartezeit wechselt unsere 40-Leute umfassende Gruppe in Marfa vom Bus auf eine Fähre, auf der ziemlich lebhaftes Treiben herrscht.
Vorbei an der kleinen Insel Comino, die zwischen Malta und Gozo im Meer schwimmt und auf der nur 20 Menschen leben, die sich von Schaf- und Schweinezucht ernähren, keine Straßen und Autos, aber einen Ferienclub haben, taucht bald danach der unbewohnte Felsklotz von Cominetto auf. Bis, als verlockender Blickfang, Kirchen mit malerischen Glockentürmen auf Hügeln, das Eiland Gozo ankündigen.
Wie ein Bienenschwarm ergießt sich nach Anlegen im einzigen Hafen von Gozo Mgarr, ein Strom von Menschen auf Gozo, die herum schwirrend, ihren Zielen zustreben.
Auch unsere Gruppe findet nach einigem Durcheinander zusammen und wird per Bus hinauf ins Innere der Insel und zum Tempelkomplex von Ggantija transportiert.
Gigantisch muss diese Anlage tatsächlich einmal gewesen sein und auch bei ihr heißt es, sie wäre nach der Radiokarbonmethode 6000 Jahre alt, also doch älter als die ägyptischen Pyramiden und somit wären Maltas Megalithen die frühesten, frei stehenden Monumente aus Stein auf der ganzen Welt. Stimmt das?
Aber was bedeuten letztendlich ein paar hundert Jahre mehr oder weniger, sehr alt, sehr riesig sind sie auf jeden Fall Beide.
Wieder gleicht der Grundriss, aus dem die zwei Tempel bestehen oder bestanden, einem Kleeblatt. Und barocke Formen von Steinfiguren sowie der Grundriss weisen in Ggjantia ebenfalls auf einen Urmutter-Kult hin, was wieder durch 4 stehende Monolithen im Eingangsbereich – als Phallus-Symbole – in Frage gestellt werden kann.
Im Innern finden sich beim größeren (30 m lang) und älteren Tempel, 2 Altarsteine mit Spiralmustern und ein Orakelloch. Das Symbol der Spirale könnte einen Bezug zu Zeugung, Tod und Wiedergeburt, also auf die Fortsetzung des Lebens und die Ewigkeit haben.
Beide Tempel sind von einer Schutzmauer umgeben, wobei die größten Steinblöcke 5,50 m hoch sind und die Mauern vielleicht 16 m Höhe hatten. Waren sie irgendwann einmal überdacht? Vielleicht mittels Holzkonstruktion?
Auch die Vorstellung, dass die Tempel auf Malta Vorläufer der griechischen und römischen Tempel gewesen sein könnten, ist vertretbar; nur lag bei den prähistorischen Anlagen die Innenausstattung im Vordergrund, während für die Antike das Äußere wichtiger war.
Nicht zu leugnen ist, dass die Hauptaltäre maltesischer Tempel stets nach Osten ausgerichtet waren, die Moscheen des Islam nach Mekka und die Apsiden unserer Kirchen ebenfalls nach Osten zeigen.
Hat es sich bei Ggantija um eine Art Mekka gehandelt?
Trotz aller ungelösten Fragen ist Ggantia für mich ein höchst eindrucksvolles Erlebnis, wären da nur nicht die vielen Touristengruppen und ich selbst auch in einer solchen, sodass es schwer fällt, Gedanken und Schlüsse aus dem Gesehenen zu entwickeln.
Bei der Weiterfahrt können wir nach der Besichtigung dieses bedeutendsten aller maltesischen Tempel auf einer Anhöhe einen Blick auf die Ramla Bay werfen, oberhalb der sich angeblich die Grotte der Nymphe Kalypso befindet, die den in Gozo (Ogygio) gestrandeten Homer-Helden Odysseus aufnahm und 7 Jahre lang umgarnte.
Das Mittagessen in einem kleinen Ort verläuft als Massenabfertigung.
Sehr schön zeigt sich dann auch bei der Weiterfahrt das Azur Window, ein in einer Bucht sichtbares Felsgebilde, das mittels einer waagrechten Platte eine Art großes Steintor bildet.
Ca. 100 m entfernt davon, bergab, steht man am Qawra-See, der kaum größer als ein Teich ist. Es handelt sich dabei jedoch um eine Meeresbucht, die durch einen Felstunnel mit der offenen See verbunden ist. Die Fischer nutzen ihn als Naturhafen und ihre kleinen Hütten bilden einen attraktiven Kontrast zum Felstrichter, der den See bildet. Kahle Felsen, tiefblaues Meer…
Beim winzigen Fischerdorf Xlendi wird das Farbmuster von grauem Gestein und leuchtendem Wasser noch durch die bunten, schaukelnden Lizzis verstärkt. Es ist Zentrum für Handgestricktes, Häkel- und Klöppelware.
Schließlich folgt die Inselhauptstadt Viktoria, die früher Rabat hieß und anlässlich des 60-jährigen Jubiläums der Königin von England, umbenannt wurde. Sie liegt auf einem der 7 Plateaus in der Mitte der Insel.
Natürlich wird von den 43 Kirchen der Insel, nur die Kathedrale besucht, deren Deckengemälde durch die geplante, aber nie fertig gestellte Kuppel plastisch und tief wirkt, obwohl es ganz flach ist. Eine optische Täuschung.
Schon reichlich müde wird auch noch zu den Befestigungsanlagen aus dem 16.Jh. gepilgert, erbaut zum Schutz der Inselbevölkerung vor den Überfällen türkischer Piraten.
1551 fand trotzdem ein fürchterliches Drama statt, bei dem die Türken die Zitadelle zerstörten und fast die gesamte Einwohnerschaft in die Gefangenschaft und als Sklaven nach Lybien entführten. Es soll dort in bestimmten Orten maltesischer Dialekt zu hören sein.
Auf den Festungstrümmern entstand dann die Kathedrale von Gozo.
Die Goziten, im 2. Weltkrieg von Luftangriffen verschont, halfen mit ihrem bisschen Grün den Menschen auf Malta, durch Gemüse, über die Runden zu kommen.
Der Abend naht, als Bus und Schiff und noch einmal Bus mich zurück in mein Hotel in Valletta bringen, nach einem Tag voll gepackt mit Eindrücken und Bildern, die erst noch sortiert und verarbeitet werden müssen.
Und sehr bald bereichert auch die gesamte Reise als ein sehr interessantes, aber mit vielen Fragen behaftetes Erlebnis, als schöne Erinnerung meinen Alltag.
Das Geschwisterpaar Malta/Gozo hat ein ganz eigenwilliges, ungewöhnliches Steinchen zu meinem Mosaik im Mittelmeer beigesteuert. Es tanzt ein wenig aus der Reihe der von Flora so üppig gesegneten, auf blauem Grund schwimmenden Landmarken, die sich zu den verschiedensten Ländern bekennen oder einfach ihnen willkürlich zugeordnet wurden …
Den Charme der Konkurrenten hat Malta nur eine herbe, karge, von grauem Stein geprägte Oberfläche entgegen zu setzen, auf der die gelbe Patina seiner Häuser und Paläste von der Sonne verheißungsvoll leuchten und die doch das Geheimnis, die Seele dieses Emporkömmlings nicht preisgeben.