Korsika

Als besonders wilde und spektakuläre Erscheinung im Inselmosaik, treibt KORSIKA im Mittelmeer.

Seine bizarren, schroffen Strukturen und Konturen spiegeln sich auch im Profil seiner Insassen wider. Aus Jägern und Sammlern aus der Zeit um 6000 vor Ch. und anderen vorgeschichtlichen Zuwanderern hat sich ein Volk heraus kristallisiert, dessen unbändigen

Freiheitsdrang keiner der vielen Eroberer und Beherrscher bis heute bändigen konnte.

Die Insel wurde wie die Alpen im Tertiär geboren und von vielen geologischen Zeitaltern gestaltet, sodass sich eine Vielfalt von Landschaften auf dem engen Raum von nur 8722 qkm zusammendrängen.

Und diese zeigen sich wahrhaft atemberaubend. Von der 1000 km langen Küstenlinie entfällt nur 1/3 auf Strand, alles andere ist zerklüfteter Fels.

50 Zweitausender erheben sich aus dem Relief des Eilands und eine gewaltige Gebirgslandschaft frisst sich stellenweise bis in eine Meerestiefe von 2500 m hinunter.

Es ist also ein gewaltiger Koloss aus kristallinem Granitsockel im Westen (2/3) und Schiefer

im Osten, der da zwischen Italien und Frankreich, 12 km nördlich von Sardinien lang gestreckt, mit dem Finger des Cape Corso, aus dem Wasser emporragt.

Diese grandiose Bergwelt im Meer, seine uralten, rätselhaften Kulturen reizen mich im September 1993 zu einem Besuch der Insel.

Über Paris – Korsika gehört seit 1769, nach einer von anderen Völkern und Nationen, so bizarr und schroff wie seine Felskuppen geprägten Geschichte, zu Frankreich – erreiche ich die südliche Hauptstadt Ajaccio an der Westküste.

Sie erweist sich allerdings als sanfte Begrüßung voll mediterranem Charme mit einer hübschen Uferpromenade in einer weiten Bucht. Dahinter laden schmale Gassen mit Bistros, Pizzerias und natürlich auch Souvenirläden zum Verweilen ein.

Gegründet 1492 von den Genuesen, die ja 5 Jahrhunderte lang – mit kriegerischen Unterbrechungen und Freiheitskämpfen der Korsen – die Herren der Insel waren.

Vorher, 1077, hatte der Papst Korsika als Lehen Pisa zugeteilt, die 300 Kirchen bauten und eine wirtschaftliche Blüte einleiteten.

Besiedelt war Ajaccio jedoch schon lange davor, allerdings nicht an der gleichen Stelle, sondern nördlich an einem Hügel am Golf, wo noch die Ruinen einer alten Burganlage zu finden sind.

Die genuesische Stadtgründung – kein Korse durfte sich hier niederlassen – vollzog sich in der heutigen Altstadt, die heute das sehenswerte Zentrum darstellt, während die Neustadt am Berg mit Häusern zugebaut, weniger verlockend erscheint.

Mit einer Anzahl von Denkmälern und einer Unmenge von mehr oder weniger kitschigen Erinnerungs-Enblemen regiert gegenwärtig und unübersehbar Napoleon Bonaparte, 1769 hier geboren, in Ajaccio. Ihm auszuweichen, ist in dieser Stadt unmöglich.

So ist auch die Besichtigung seines Geburtshauses, einschließlich des Sofas, auf dem Mutter Letitia die Geburtswehen bekommen haben soll, selbstverständliche Pflicht eines jeden Besuchers der Stadt. Als einzig sehenswerte Rarität empfand ich darin einen „Stammbaum“ des diktatorischen Feldherrn, geflochten aus echten Haaren.

Eine herrliche, weit läufige Anlage am Platz Charles de Gaulle präsentiert Napoleon hoch zu Ross, umgeben von seinen 4 Brüdern und bietet außerdem einen wunderbaren Blick auf die Stadt.

Vom Platz Austerlitz führen in einer Parkanlage Marmorstufen auf eine Anhöhe, wo Napoleon als Jägeroberst, mit Zweispitz in Stein strahlt und links davon kann man in eine Felsgrotte hinabsteigen, in der der Kaiser als Kind gespielt haben soll.

Ein wenig Abstand vom große Korsen, der seine Liebe gar nicht den Landsleuten, sondern Frankreich schenkte, gewinne ich beim Bummel über den geschäftigen Markt mit korsischen Spezialitäten und die Hafenmole entlang, zu der hinunter sich ein Cafe an das andere reiht.

Vor Anker liegt gerade ein Kriegsschiff und auch eine monströse Fähre läuft gerade aus.

Der Grundriss Ajaccios gleicht einem Dreieck, dessen südöstliche Spitze von einem Landvorsprung, auf dem die Zitadelle steht, gebildet wird.

Wiederum und noch einmal begegne ich Napoleon am Platz Marschall Fesch, wo in der Mitte ein Brunnen mit 4 Löwen vor dem Standbild Napoleons als 1. Konsul, die Aufmerksamkeit auf Ajaccios großen Sohn lenkt.

Im Museum Fesch gehört das Interesse der Besucher jedoch einer außergewöhnlichen Bildergalerie…Gemälden, die der General, ein Onkel von Napoleon, von diversen Feldzügen mitgebracht hat.

Von dieser höchst interessanten Sammlung fasziniert mich ein Bild von Veronese ganz besonders: Leda mit dem Schwan….

Vor leicht in lila Farbvarianten getöntem Vorhang, liegt hingestreckt auf einer Couch, nackt, blond und schön Leda und voll erotischer Zärtlichkeit küsst sie der weiße Schwan mit ausgebreiteten Flügeln auf den Mund.

12 km westlich von Ajaccio, entlang einer Straße mit prächtigen Villen, Strandbädern, die von Felsklippen durchsetzt und Berghängen, die von Neubauten besiedelt sind, gelangt man am Pointe de la Parata zum äußersten Punkt des Golfs von Ajaccio, wo ein genuesischer Leuchtturm thront.

Von den zahlreichen Festungen und Wachtürmen der Genuesen sind noch 67 erhalten.

Diesem äußersten Punkt sind Inseln vorgelagert, die durch Jahrtausende währende Auflösung der ehemaligen Landzunge aus rotem Dioritgestein, entstanden sind und nun als „Blutinseln“ – das rötliche Gestein verfärbt sich bei Sonnenuntergang – als Wahrzeichen Ajaccios gelten.

Das größte dieser „Splitter“ ragt 80 m über den Meeresspiegel hoch.

Eine Rundfahrt durch die Insel führt mir in den nächsten 12 Tagen die erhabene Schönheit Korsikas, dieses „Gebirges im Meer“ vor, dass sich bewusst vom Massentourismus distanziert, aber bereit ist, ein Stück seines bewegten Schicksals dem Interessierten mitzuteilen.

Von Ajaccio führt eine Straße Richtung Süden in die Berge hinein, über einen Pass und zu Kreuzungen, die kleine Orte anpeilen, in denen Geschichte geschrieben wurde.

Zum Beispiel Bastelica, wo 1498 der „korsischte aller Korsen“ , Sampiero Corso, das Licht der Welt erblickte. Als Oberst des Korsenregiments übernahm er das Kommando im Dienste Frankreichs.

Der Feldzug von 1553 endete mit einer fast völligen Vertreibung der Genuesen. Kurze Zeit wurde die Insel sogar, dem französischen Königreich angegliedert, aber durch Vertrag den Genuesen wieder zurückgegeben. Corso verweigerte die Anerkennung dieses Vertrages und kämpfte 2 Jahre erfolgreich weiter.

Als Genua keine Chance sah, Corso in offenem Kampf zu besiegen, entschloss man sich zu einem hinterhältigen Mord mit Hilfe persönlicher Feinde Sampieros…die eine Seite des Dramas, das vor ein paar hundert Jahren in dieser Gegend ablief …die andere war die Folge einer Heirat des 47-Jährigen mit der 15-Jährigen Vannina, einer Tochter der reichsten und angesehensten Familie des Distrikts lange davor. Als Vaninna mit ihren Kindern, vermutlich durch Intrigen angestiftet, nach Genua fliehen wollte, wurde sie von dem gedemütigten Ehemann erwürgt.

Nur eine der Familientragödien und kriegerischen Aktivitäten, von vielen in Korsikas Bergwelt, in der die Vendetta – Blutrache – immer noch lebendig als düsterer Schatten durch die herrlichen, tief grünen Wälder der Insel geistert.

Denn mehr als die Hälfte des Eilands ist mit Wäldern und wild wucherndem Buschland bedeckt und gehört zu den am schwächsten besiedelten Ländern Europas.

Traditionsbewusstsein und überwältigende Gastfreundschaft ist im Charakter der Inselbewohner tief verankert und obwohl Katholiken, ist es der Kirche nie gelungen, die Gebräuche heidnischer Überlieferungen vollkommen aus dem Glauben der Bewohner auszuschalten.

Die korsische Sprache ist eine Mixtur aus viel Lateinischem, etwas Italienischem und wenig Französischem. Dazu gesellen sich noch alle möglichen, vor lateinischen Sprachquellen, die nicht mehr festzustellen sind.

Heute ist französisch Amtssprache.

Der malerische Ort Olmeto, der buchstäblich am Berghang klebt, erinnert an den französischen Schriftsteller Prosper Merimee, der hier ein Jahr lang als Gouverneur und Denkmalschützer lebte. Verfasser der Novelle „Carmen“, die von Bizet als Oper vertont wurde, inspirierten ihn hier die korsische Mentalität und persönliche Erlebnisse zu der Erzählung „Colomba“.

Die Ruinen des Castells von Graf Rocca auf einer Anhöhe sind wiederum Zeugen für das Freiheitsbedürfnis der Korsen. Mit Hilfe Spaniens vertrieb der Graf im Jahr 1376 die Genuesen aus Korsika (bis auf Bonifacio und Calvi) und regierte 4 Jahre zum Wohl der Insel.

Die größte Menhirstatue mit 3,75 m Länge wurde 1973 im Umkreis von Olmeto (3,5 km entfernt) gefunden. Sie zeigt ein Schwert, auf dem auf der Erde liegenden Stein.

Und einige Kilometer weiter, entlang der Küstenstraße, zieht uns dann in Filitosa die korsische Megalithkultur voll und ganz in ihren geheimnisvollen Bann.

Hier, in einem hügeligen Gelände mit silbern schimmernden Olivenbäumen ist das Hauptgebiet dieser immer noch so rätselhaften, Jahrtausende währenden Ära, die sich nicht nur auf den Mittelmeerinseln, sondern als Kulturepoche, von Portugal, über Frankreich, bis England und Irland mit ebenso faszinierenden, wie unergründlichen Hinterlassenschaften ausgebreitet hat. Sie in ein allgemein gültiges Schema einzuordnen scheint fast unmöglich.

In Korsika jedenfalls dürfte Filitosa das oder eines der Zentren gewesen sein. Hier wurden die meisten Menhire gefunden. Hier lässt sich die Entwicklung des Megalithikums in drei Phasen einteilen. Angefangen im 7.Jahrtausend vor Ch. mit Jägern, Sammlern und Fischern, die aber schon eingedruckte Muster töpferten, erfolgte etwa ab 3000 v. Ch. die Beisetzung der Verstorbenen in Steinkisten, die sich im Laufe der Zeit zu oberirdischen Dolmen verbesserten, bis danach die aufrecht stehenden Menhire gefertigt wurden. Statuen, die wieder später zu ausgearbeiteten, maskenhaften Gesichtern bearbeitet wurden.

Woher die Impulse dafür stammten, aus Frankreich oder Katalonien, welche Einflüsse Zuwanderer beisteuerten, das sind alles Fragen, über die endlos spekuliert werden darf.

Neben dem Eingang empfängt uns in Filitosa der Menhir V., der ein Schwert trägt und wir werden darüber informiert, dass mit der Ankunft der Torreaner (Träger einer Turmkultur) etwa 1600 v.Ch. die friedlichen Zeiten auf Korsika offenbar zu Ende waren und es zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen 1400 und 1100vor Ch. gekommen sein müsse.

Bronzeschwerter und Dolche waren dabei den Steinschleudern und Pfeilspitzen überlegen…

Genau in diese Zeitphase fallen die Darstellungen erster bewaffneter Menhire, die als Siegestrophäen der getöteten Fremden gedeutet werden könnten.

Da sie besonders in Filitosa ägäischen Stil zeigen, spekuliert man, dass es sich um das Seevolk der Shardana gehandelt habe.

Auch Ägypten wurde im 13.Jh. v.Ch. von Seevölkern bedroht und die Reliefs auf dem Tempelkomplex von Ramses III. gleichen tatsächlich in Tracht und Bewaffnung den korsischen Menhirstatuen. Bewiesen ist allerdings nichts!

Die Besichtigung der prähistorischen Kultplätze gestaltet sich dann recht mühsam, konfrontiert uns auch mit einem halsbrecherischen Abstieg über in der Erde steckenden Steinbrocken zu einem Plateau, auf dem eine Reihe von Menhiren aufgestellt sind.

Eine kurze Strecke weiter südlich stoßen wir in Sartene auf ein ganz anderes Zentrum korsischer Vergangenheit und vereinzelt sogar noch der Gegenwart: der „Vendetta“. Kurz vor Erreichen der Stadt begegnen wir einem korsischen Supermarkt, der infolge der „Blutrache“ vor ca. 4 – 5 Jahren in die Luft gesprengt wurde…sein Skelett ist noch nicht beseitigt.

Schon das düstere Antlitz dieser auf einem 350 m hohen Felssporn liegenden Stadt, lässt nichts Gutes ahnen.

Während am mit Platanen gesäumten Hauptplatz der Markt stattfindet, thront ein Stück bergauf, auf einem weiteren Platz die Kirche, die jeden Karfreitag ein wohl auf der ganzen Welt einmaliges Schauspiel vorführt. Zeugen dafür sind ein 30 kg schweres Kreuz und eine 14 kg wiegende Kette.

Ein, in einen roten Mantel gehüllter – freiwilliger – Büßer, der unerkannt bleiben muss, trägt, bzw. schleppt alljährlich diese Symbole in einer Prozession durch die Stadt. Der Auserwählte wird eine Zeit lang im Kloster für die Zeremonie vorbereitet und die Anmeldungen für das strapaziöse Amt wären reichlich, heißt es.

Fataler Weise sei einmal jedoch die strenge Regel des „unbekannten“ Büßers gebrochen worden, da ein Hund sein Herrchen trotz Vermummung erkannt und freudig bellend begrüßt hatte.

Diese Prozession des „Catenaccio“ – der Gekettete, Ketten tragende – stammt aus dem Mittelalter und würde zahlreiche Besucher in die Stadt locken. Auch ein Kreuz mit dem toten Christus würde mitgetragen und das ganze Spektakel soll den Gegensatz zwischen dem lebenden und toten Heiland veranschaulichen.

Durch einen Torbogen gelangt man vom Kirchplatz in die Altstadt, die hauptsächlich aus einer Straße besteht und ihr mittelalterliches Image bewahrt hat. Stolz ragen die festungsartigen, hohen Häuser mit schmucklosen Fassaden aus grauen Granitblöcken, in den Himmel. Geschlossene Fensterläden, Dächer mit vielen Schornsteinen und schmale, steile, verwinkelte Gassen und Treppen vervollständigen das Gefühl von heimlichen oder unheimlichen Machenschaften, hinter den unsichtbaren Mauern. Manches wirkt aber auch verkommen und armselig und aus Hinterhöfen dringt Gestank.

Die Umgebung der Stadt quillt als größtes Weinanbaugebiet Korsikas über, von grünen Rebhängen. Santana war einst Residenz mächtiger Feudalherren, die sich lange gegen die Herrschaft Genuas stellten; auch Seeräuber Überfälle im 19. Jh. und ein Aufstand gegen die Willkür despotischer Adeliger, der zum Bürgerkrieg führte, sind im Schicksalsbuch der Stadt vermerkt.

All` das, aber vor allem die dauernden Fehden zwischen Familien, die durch „Blutrache“ geahndet wurden und die hier heftiger als anderswo tobten, haben Sartene den Titel „Hauptstadt der Vendetta“ eingebracht.

Nach diesem relativ geruhsamen Spaziergang durch eine gar nicht sanftmütige Stadt, folgt wieder die Rückkehr zu der so schwer rekonstruierbaren, von Vermutungen belasteten, weit entfernten Vorgeschichte.

Unser Bus, bzw. sein Fahrer – die Reise wird grundsätzlich mit einheimischen Personal und Übernachtungen in korsischen Hotels durchgeführt – bewältigt mit Können und Bravour eine abenteuerliche, kurvenreiche, schmale Schotterpiste zu einem Gebiet, das auf keiner Karte verzeichnet ist und entlässt uns in einem Gelände, das danach zu Fuß bewältigt werden muss. Denn wieder soll ein Teil der Steinformationen, von längst in die Unterwelt ihrer Religionen eingegangenen Völker, gesichtet und bewertet werden.

Cauria…irgendwo südwestlich von Sartene, marschiert also unsere 16 Leute umfassende Gruppe, durch eine von bizarren Felsen gerahmte Ebene, in der sich Kühe aalen, Gatter überstiegen werden müssen und begegnet dabei immer wieder einigen, wie von Geisterhand eingestreuten, aus dem Gestern stammenden, Menhiren und Dolmen. Ein erfrischender Wind mildert die Hitze, aber die vielen Barrieren, die überwunden werden müssen, gestalten die 2-stündige Wanderung durch eine Macchia mit hohen Bäumen recht beschwerlich…einmal muss sogar eine Astgabel überklettert werden.

Der deutsche Arzt und Forscher Adalbert Keyserling hat seit 1954 fast 30 Jahre die stein- und bronzezeitlichen Fundstätten erforscht und 1983 ein Buch herausgegeben, in dem er beweisen will, dass die Menhire in Korsika in Beziehung zu anderen Inseln, wie Malta, Irland, Zypern etc. stünden und das zum Zentrum von Cauria, 5 gleichschenkelige Dreiecke gehörten und auf deren Verbindungslinien bis zu 5 Kultorte lägen. Auch will er ähnliche astronomische Ausrichtungen, wie sie für Stonhenge in England und Carnak in der Bretagne gelten, in Korsika nachgewiesen haben. Er bezieht sogar die Priester des ägyptischen Sonnengottes Amon, in seine Betrachtungen mit ein.

Als Laie kann man diesen Behauptungen weder beipflichten, noch widersprechen, aber da Keyserling ein Schüler des Antroposoph Rudolf Steiner war, dem Gründer der Waldorf-Schulen und eigener religiös-philosophischer Glaubenssätze, kann ich mich einer gewissen Skepsis nicht erwehren.

In Roccapina – ebenfalls in keiner Karte vertreten – erwartet uns der Bus und die Abfahrt belohnt wiederum mit prächtigen Blicken auf einsame Buchten, wobei sogar im Dunst schimmernd, die zu Italien gehörende Insel Sardinien wahrzunehmen ist.

Ein Schwenk an die Ostküste, die ein sanfteres, lieblicheres Antlitz zeigt, bringt uns nach Porto Veccio, wo Segelboote im Hafen schaukeln und der im Zentrum einer Beckenlandschaft liegende, gleichnamige Golf von 8 km Länge, einen der besten Naturhafen bildet. Der einzige an der Ostküste… neben Bastia, in dessen Nähe wir unser Nachtquartier beziehen. Der eigentliche, malerische Ort ist auf einem 70 m hohen Hügel aus rosafarbenem Porphhyr angesiedelt und von einer teilweise noch erhaltenen genuesischen Festungsmauer umgeben. Ausgedehnte Korkeichenwälder liefern einen grünen Kontrast zu Himmel und Meer.

Mit einem Schiff starten wir am folgenden Tag zum südlichsten Zipfel der Insel, dem 35 km entfernten Bonifacio, der „gewaltigsten Zitadelle Korsikas“, die hoch über dem Hafen samt Altstadt wie ein Adlerhorst verheißungsvoll im Sonnenlicht strahlt.

Von zwei Seiten wird die Stadt von der Meerenge von Bonifacio umbrandet, von der dritten frisst sich das Meer 1600 m tief durch ein ehemaliges Felsental, sodass die Stadt wie eine vom Meer umspülte Halbinsel wirkt, deren Naturhafen schon Odysseus bei seinen Irrfahrten bewunderte.

Uns schippert indessen ein anderes, kleines Boot, vorbei an beiderseitigen Kreidefelsen aus dem engen Hafen heraus, aufs Meer und dicht an der Küste entlang, sodass die wilde Schönheit dieser Stadt, die buchstäblich über dem Fels zu hängen scheint, einen Atem beraubenden Eindruck vermittelt.

Etwas verschwommen schält sich gegenüber das 12 km entfernte Sardinien aus den Wellen, das ebenfalls mit einer Megalithkultur – den rätselhaften Nuragen (Steintürme) – die Vergangenheit beschwört.

In einer Grotte, die nur bei ruhiger See wie heute, besichtigt werden kann, hängen skurril geformte Stalaktiten an den Wänden.

Der zauberhaften Bootsfahrt folgt zurück im Hafen, ein Aufstieg zu dieser abenteuerlich an steilem Felshang klebenden Stadt…und zwar zu Fuß. Recht mühevoll, aber sehr lohnend.

Während sich das touristische Leben und Treiben in der modernen Unterstadt mit Restaurants, Geschäften, etc. direkt neben dem Hafen abspielt, bietet die Oberstadt mit ihren Festungen und Bastionen ein Milieu wie vor Hunderten von Jahren, als es 828 von Graf Bonifacio aus Lucca in der Toskana zur Abwehr der räuberischen Sarazenen gegründet und mit einer Zitadelle versehen wurde. Die Genuesen beschafften es sich 1195 durch eine List, deportierten die Einwohner und besiedelten es mit Ligurern, sodass hier noch ein ligurischer Dialekt vorherrscht.

Genua baute Bonifacio zur uneinnehmbaren Festung aus. Kurzfristige Besucher in diesem von der Natur und Menschenhand geschaffenen Konglomerat, waren unter anderem Kaiser Karl V. und Napoleon Bonaparte.

Nach dem Schweiß treibenden Aufstieg, betreten wir die Festung durch die Porte de Genes mit der alten Zugbrücke, die bis ins 19.Jh. der einzige Zugang war.

Ein Spaziergang durch das enge, schmale Städtchen, dessen Gassen wie Schluchten anmuten, zeigt uns auch die Loggia, unter der die Zisterne war, wo das Regenwasser von den Bögen, die sich quer über die Gasse spannen, aufgefangen wurde. Dabei erfahren wir von den diversen Belagerungen, die dieser Ort auszuhalten hatte, von der Pest, die ebenfalls hier wütete und fast die ganze Bevölkerung dahinraffte.

Von der „Wanderung“ auf den Klippen, die die Stadt rahmen, distanziere ich mich und nutze die Zeit für einen gemütlichen Streifzug durch die Gassen mit den hohen Häusern – bei so geringem Platz musste in die Höhe gebaut werden – und für ein Mittagsmahl im Freien, an einer Ecke zwischen dem Gewirr der schmalen Passagen.

Weit weniger strapaziös gestaltet sich der Abstieg über viele Stufen hinunter zum Parkplatz in der Unterstadt, wo der Bus für die Rückfahrt nach Porto Vecchio bereitsteht.

Nach diesem Ausflug zum korsischen „Adlerhorst“ dürfen wir am folgenden Tag, die aus den Tiefen der Erde ausgegrabenen Ruinen der wichtigsten und größten römischen Metropole Aleria (in der Antike Alalia) auf einem etwa 50 m hohen Plateau über dem Fluss Tavignana

bewundern. Gegründet von Griechen, avancierte sie unter Augustus zum Kriegshafen und Flottenstützpunkt. Die Römer begannen mit der Eroberung der Insel 535 v. Ch. Die Korsen werten sich heftig dagegen Jahre lang. Nur ein Bruchteil der einst bedeutenden Stadt konnte bisher ausgegraben werden und entsprechend viel Fantasie ist nötig, um sich ein vages Bild von ihrem ehemaligen Aussehen zu basteln. Zerstört im 5.Jh. von Vandalen, wieder aufgebaut im 13.Jh. und Bischofssitz, erlebte sie 1736 als wichtigste Stadt der Insel, ein Kuriosum durch den deutschen Adeligen Neuhoff, der sich zum „König von Korsika“ proklamieren ließ. Durch Geschenke hatte er sich zuvor die Sympathie der Aufständischen gegen Genua erschlichen und war somit erster und einziger König, bis die Franzosen Genua Hilfe leisteten und nach 8 Monaten seine „Herrschaft“ beendeten; als Priester verkleidet, flüchtete er, zog sich nach London zurück, wo er 70-jährig im Schuldgefängnis verstarb.

Ein erfolgreicher Anführer im Unabhängigkeitskrieg gegen Genua war indessen der Korse Pasquale Paoli, der bis heute verehrt wird.

Die nächste Station auf der Inseltour ist Bastia an der Ostküste, Hauptstadt bis 1793 und heute wirtschaftliches Zentrum und Handelshafen.

Enttäuschend zeigt sich die Ankunft, wo uns viel Verkehr und Lärm, keinen besonders freundlichen Empfang bereiten. Ungemütlich pfeift auch der Wind am Hauptplatz Liberte, dem Zentrum der zwischen Meer und Gebirge eingezwängten Stadt.

Auch das alte Viertel um den Hafen mit seinem Gewirr schmaler Gassen zwischen hohen Wohnhäusern aus dem 16. und 18. Jh. wirkt wenig anziehend. Enge Schluchten mit Bögen winden sich durch das Labyrinth grauer Mauern, vieles hätte eine Renovierung nötig; doch Bastia ist eine Arbeiterstadt und Geld scheint Mangelware zu sein.

Unser Ziel ist die Zitadelle, zu der Stiegen empor führen. Oben erschüttert ein Pressluftbohrer die Luft, denn der Palast des ehemaligen genuesischen Gouverneurs, wird gerade restauriert.

Ein Besuch der Kathedrale mit der versilberten Muttergottesstatue, die bei Prozessionen durch die Stadt getragen wird und der Kapelle Sainte-Croix mit ihrer stillen Atmosphäre und eindrucksvollen Symbolen, wie das Christuskreuz der Wunder, lässt Betrieb und Hektik vergessen und verleitet zu Andacht, zumal stimmungsvolle Musik aus der Sakristei erklingt. Auch der Blick auf den alten Hafen beim Abstieg, versöhnt etwas mit der lebhaften Quasi-Metropole.

Genau an der östlichen Ecke der Insel – in Bastia – beginnt sich der „Finger“ von Korsika wie ein trotziger, mahnender Ausreißer ins Meer hinein zu erheben. Mit 160 km liefert er ein schlankes Zusatzglied, das zu umrunden unser nächster Programmpunkt wird.

Dieses Cape Corse ragt als Halbinsel 40 km lang und ca. 15 km im Norden über den Inselkörper in den Ozean und beschert uns abermals viele Einblicke, in das so unterschiedliche Profil des Eilandes, dessen Ostküste weniger wild und schroff, sich beinahe anmutig präsentiert. Mit Bauern, Fischern und Händlern hatte die Bevölkerung einst sehr starke Beziehungen nach Pisa und Genua, sodass sich in ihrer Sprache manch´ italienische Vokabel findet. Herrenhäuser, Kirchen und reiche Friedhofsgräber zeugen vom Wohlstand des Capes, bis die Beziehungen zu Genua endeten und die Reblaus den Weinexport stoppte. Zurück blieben verödete Dörfer, unbestellte Felder, verfallende Häuser.

Im alten Hafen von Maccinaggio liegen Segelschiffe vor Anker, Genuesentürme erzählen von besseren Zeiten und von hier führt auch eine schmale Abzweigung zurück zur Westküste des „Fingers“. Sofort wird es auch wieder gebirgig wie in den Alpen und in Kurven erreichen wir Moulin Mattei, von wo man die nördlichste Spitze des Capes sehen kann. 589 m hoch erwartet uns hier vor der Mühle ein auf einem Steintisch serviertes, ebenso köstliches, wie stürmisches Picknick. Der Ausblick ist herrlich, die Mühle hat zwar durch das Wetter ihre Flügel eingebüßt, bietet aber trotzdem die perfekte Kulisse für ein ungewöhnliches Mahl.

Bei der Fahrt die Westküste abwärts entzücken immer wieder kleine, in die Berghänge hinein geklebte Dörfer. Auch die Straße ist in das Gelände eingehauen und windet sich nun Kehre um Kehre fast senkrecht dem Meer entgegen, das tief unten als blaues mit weißer Gischt gekröntes Band, verheißungsvoll schimmert.

Oberhalb einer Bucht entzückt der Ort Pino mit schönen Villen und genuesischen Wachtürmen und seine prächtige Vegetation erinnert an die Riviera. Von ihm führt auch ein schmales Sträßchen zum „Seneca-Turm“, auf einem Felskegel in steiniger Höhe.

Eine Sage berichtet, dass hier der römische Philosoph, 8 Jahre wegen einer Liebschaft verbannt, einsaß. Wo der „Sünder“ wirklich seine Strafe auf Korsika verbüßt hat, weiß jedoch niemand. Der Turn jedenfalls verdankt, wie die meisten anderen, seine Existenz erst viel späteren Jahrhunderten. Ein Gemäuer bestand zwar schon vorher an dieser Stelle, doch das wahre Exil bleibt rätselhaft.

In Fortsetzung der Schwindel erregenden Tour entlang steil abfallender Felsen wird Nonza erreicht; von hier ist es nicht mehr weit bis zur westlichen „Wurzel des Fingers“. Auch in diesem malerischen, mittelalterlichen Ort kleben die hellen Häuser 150 m über dem Meer und auf der höchsten Spitze der Felsnase schwebt ein Wachturm am Rand des Abgrunds. Im ihm spielte sich 1768 ein Bravourstück, gemixt aus Heldenmut, List und Freiheitsliebe ab.

Der Kampf gegen die Franzosen war bereits verloren, das Cape erobert, alle Heerführer hatten bereits kapituliert. Bis auf einen Kapitän…der dachte nicht daran, hieß allen seinen Milizen unter Zurücklassung ihrer Gewehre, von dannen zu ziehen….verteilte diese in sämtlichen Schießscharten und erwartete mit der letzten noch geladenen Kanone die anrückende Armee. Als sie in Reichweite erschien, feuerte er wild aus allen Löchern.

Von den Unterhändlern, die ihn wegen unnötigen Blutvergießens zur Kapitulation aufforderten, erbat er Bedenkzeit und erklärte danach die Bereitschaft sich zu ergeben, unter der Bedingung eines ehrenvollen Abzugs inklusive eines Transportgefährtes. Die Franzosen gingen darauf ein und erwarteten die Besiegten vor dem Turm. Da kam ihnen Kapitän Casella mit seiner Flinte, Pistolen und Degen entgegen und erklärte: „Ich bin die Mannschaft des Turmes, die anderen sind bereits draußen…“ als ihn der verdutzte Offizier angreifen wollte, zog er den Degen…doch als der General der Franzosen von dem Vorfall erfuhr, ließ er den Korsen mit einer Ehrenwache ins Hauptquartier geleiten.

Unsere Gruppe wird zwar für den Aufstieg zum Turm nicht mit einer Ehrenwache, dafür aber einen herrlichen Blick auf die Bucht von Nonza belohnt und die Fahrt zur „Fingerwurzel“ begeistert ebenfalls immer wieder mit neuen Aussichten, bis es über das berühmte und wohlhabende Weindorf Patrimonio und den Col de Teghime zurück nach Bastia geht. Dabei begegnen wir auch direkt an der Straße dem Menhir von Patrimonio, der 1964 gefunden wurde und da er geschützt unter der Erde gelegen hatte, wieder hergestellt werden konnte. Er ist 2,29 m hoch, ohne Waffen, aus dem 1. Jh. Vor Ch. und als einzig bisher entdeckter aus Kalkstein.

Als besonderes Schmuckstück bestaunen wir bei einem Umweg und der abermaligen Wendung nach Westen die pisanische Kirche San Michele die Murato. Zweifarbig und grazil stammt sie aus dem 12.Jh. und ist wie alle, von einem unbekannten Erbauer, errichtet worden.

Orte wie St.Florent direkt am westlichen Knick der „Fingerwurzel“ und Hauptstadt des Nebbio, in einer Berglandschaft, wo oft Nebel herrscht, ziehen an uns vorüber, beängstigende Kurvenstraßen, Passhöhen mit eindrucksvollen Blicken werden überquert, bis wir schließlich nordöstlich von Calvi an der Westküste auf die Balange, den „Garten Korsikas“ stoßen und das heute wohl modernst eingerichtete Seebad L´lle des Rousses ansteuern. Gegründet wurde es 1758 von Pasquale Paoli, dem „Vater der Nation“. Seine Staatsideen waren fortschrittlich und er vermochte es, wenigstens für eine kurze Zeit – bis wieder die Franzosen Genua zu Hilfe eilten – das Land von der Anarchie in einem Jahrzehnt zu einem geordneten Staat umzugestalten. 1768 verkaufte Genua seine Rechte auf Korsika an Frankreich, Paoli klagte, es kam erneut zum Krieg, die Franzosen siegten, Paoli flüchtete für 21 Jahre nach England ins Exil. 1790 kehrte er zurück und wurde zum Präsident gewählt, musste aber 1796 erneut ins Exil. Seither ist die so dramatische Geschichte der Insel eng mit Frankreich verbunden.

Längerer Aufenthalt gebührt schließlich einer der schönsten Städte in reizvoller Lage an der Westküste: Calvi…einst mächtiger genuesischer Stützpunkt in einer weiten Bucht. Auf einem ins Meer vorspringenden Felssporn thront die Altstadt mit Plätzen und verwinkelten Gassen, umschlossen von Bastionen als Zeugen einer heroischen Geschichte. Eine Kirche mit runder Kuppel bekrönt die Festung und ihre Häuserfassaden, während die Neu-, bzw. Unterstadt aus dem 19.Jh., sich entlang des von Palmen gesäumten Hafenkais entlang zieht.

Danach überfällt uns die Westküste von Calvi nach Süden zum Golf von Porto von neuem und immer wieder mit landschaftlichen Extravaganzen auf enger Straße, die kurvenreich in Hänge gekerbt ist und einen Pass bezwingen muss, bis endlich die Calanche, der wildeste Küstenabschnitt Korsikas erreicht ist.

Der Ort Porto, der sich als reiner Ferienort mit Hotels, Boutiquen und Restaurants beiderseits eines Flusses entpuppt, wird von Felswänden aus rosafarbenem Granit gerahmt, die wiederum als dunkler Hintergrund ein mächtiges, zerklüftetes Gebirgsmassiv bedroht. Welche fast unwirklich erscheinende Symphonie von Farben und Vielfalt von Formen, welch´ grandioses Zusammenspiel von Wasser und Gebirge charakterisiert diese schmal ins Meer greifende Bucht von Porto!

Zum Naturschutzgebiet erklärt, offenbart uns eine Bootsfahrt dicht an den steilen, rot leuchtenden Felsen vorbei, einmalige, jeden Augenblick wechselnde Licht- und Schattenbilder von bizarren Felsformen, auf deren Spitzen sich oft Adlernester befinden. In schwindelnder Höhe spaziert sogar eine Ziege auf einem dürftig von Gras bewachsenen Klotz herum.

An zahlreichen Grotten vorbei bietet dann das nur per Schiff oder über Berge erreichbare Dorf Giroletta, eine Rast und Augenblicke des Verschnaufens, den vom Schauen strapazierten Augen.

Am nächsten Morgen vervollständigen die Auffahrt zum „Hundskopf“, einem solchen ähnlich, geformten Tafonifelsen auf halber Höhe und zum Chalet des Roches Bleues das einzigartige Erlebnis der „Les Calanches“.

Auch die Weiterfahrt zum „Herz der Insel“, also deren Mitte nach Corte verläuft höchst spektakulär, führt durch die „Spelunkenschlucht“ über Evisa und den Wald von Aitone, in dem es auch heute noch Banditen geben soll – uns begegnen allerdings nur verwilderte Hausschweine, die sich von den Früchten der vielen Kastanienbäume ernähren – und findet am höchsten Straßenpass der Insel, dem Col de Verghio mit 1400 m abermals einen Wendepunkt, von dem es abwärts ins Hochland des Niolo geht. Vor nicht allzu langer Zeit konnte die Strecke nur auf Maultierpfaden bewältigt werden. Das Gebiet malt mit seinen eisenzeitlich geformten Granit- und Porphyr-Gebirgszügen abermals eine spezielle Variante in Korsikas wildes Landschaftsgemälde.

Herrlich präsentieren sich auch die grünen Wälder dieses Landes der Hirten, deren Leben seit Jahrhunderten im gleichen Rhythmus abläuft.

Im vom übrigen Korsika wie abgeschnitten wirkenden Niolo, entspringt auch der wichtigste Fluss Golo mit 84 km Länge und die von ihm durchströmte Schlucht Scala di Regina tief unter der Straße, die öfters von fragwürdigen Brücken überspannt wird, wirft düstere Schatten ins Panorama, die von Sagen und Legenden künden.

In Venaco, bereits nahe der Stadt Porto, wo zwei Übernachtungen geplant sind, muss mangels warmen Wassers erstmals ein französisch geführtes Hotel für eine Nacht belegt werden, wo die Zimmer sehr einfach, wofür aber das Abendessen mit ungewöhnlich schmackhaften Spezialitäten entschädigt.

Die Stadt Corte, in der am härtesten um die Unabhängigkeit gekämpft wurde, schmiegt sich an den Hang eines Berges. Sie gilt als Mittelpunkt des korsischen Patriotismus und ihre Zitadelle beherrscht als „Akropolis von Korsika“ die Szenerie. Als Haupt- und Universitätsstadt einer endlich befreiten Insel wird hier des Freiheitshelden Gaffori und seiner sich todesmutig gegen die Belagerung der Genuesen verteidigenden Frau, gedacht. Ein Platz mit seinem Denkmal erinnert an ihn, an seinem Haus gegenüber der Kirche sind noch die Einschlaglöcher der Geschosse aus jener Zeit sichtbar…so erzählt man.

Die Zitadelle, vor allem aber das Belvedere auf luftiger Höhe bieten unvergessliche Blicke und der Bummel durch die enge, verwinkelte und kopfsteingepflasterte Altstadt, lässt alte Zeiten wieder auferstehen. Den Platz Paoli schmücken außer dessen Denkmal in der Mitte, rundherum Lokale aller Art, wo sich eine Erholung von den vielfältigen Eindrücken, die auch diese Stadt vermittelt, anbietet und natürlich von mir wahrgenommen wird.

Damit naht dann auch langsam das Ende eines Ausflugs auf den wohl wildesten und immer noch nicht ganz zur Ruhe gekommenen, aufmüpfigen Kandidaten im Mittelmeer. Unsere Gruppe hat nur Schönes und Positives erlebt, aber es gab auch gelegentlich Erfahrungen anderer Art; so wurde z.B. einmal ein Reisebus nach einer Drohung, Augenzeuge eines Anschlags auf die Unterpräfektur in Bastia, die man tatsächlich in die Luft sprengte. Auch ein Reiseunternehmen aus Deutschland verlor einmal seinen Caravan durch Sprengung.

Den Schlusspunkt unserer Reise durch das an Vergangenheit und stolzer, eigenwilliger Bevölkerung, an faszinierender Natur so reiche Eiland, setzt die Eisenbahnfahrt von Venaco – wo wir die zweite Nacht in überaus reizvoller Umgebung verbringen können – zurück nach Ajaccio. Viel zu rasant fliegen dabei die imposanten Landschaftsbilder vorbei, die man festhalten möchte und die doch unaufhaltsam abgelöst werden von neuen, ebenso spektakulären Perspektiven.

Auch vom Flugzeug aus, das mich am nächsten Morgen über Paris in den bereits herbstlichen Bereich Deutschlands zurückbringt, verabschiedet sich das fremde Kleinod viel zu rasch…seine Monumentalität und wilde Schönheit schrumpft allmählich, verliert an Majestät.

Ein fahler Schleier verwischt die markanten Formen, bis schließlich die ganze, herrliche Insel als undefinierbares „Etwas“ in der Weite des Mittelmeeres, das in aufreizendem Blau die Szene beherrscht, untergeht. So vermählt sich dieser stolze Spross wieder mit dem Element, das ihn vor Millionen Jahren zum Licht der Sonne empor getragen hat.