Nordtunesien

Nur wenige Wochen nach Djerba drängt es mich, nach dem endgültigen „ade“ aus Hambach, den noch nicht abgeschlossenen Dachausbau in Eltville/Rauenthal, noch einmal durch eine Reise, dem damit verbunden Trubel, zu entfliehen.

Da ich von Djerba und dem Süden des Landes sehr beeindruckt war, starte ich am 2.1. 1985 zu einem zweiten Trip für 3 Wochen in seinen nördlichen Teil, also nach NORDTUNESIEN

Es liegt Schnee in Deutschland und angesichts der, auch in nordafrikanischen Gefilden, nicht unbedingt immer sonnigen Tagen, habe ich mich in einem Hotel im Strandbereich der Stadt Sousse einquartiert, um von hier aus, den Norden des Landes kennen zu lernen.

Im ersten Moment bin ich irritiert über die am Stadtrand dicht hintereinander gebauten, ebenfalls oft sehr luxuriös ausgestatteten Hotelanlagen, die auf der Straßenseite vom lebhaften Autoverkehr erfasst werden, doch dahinter schöne Bepflanzungen aufweisen.

Die Stadt selbst ist entweder am Sandstrand entlang oder auf der Straße zu Fuß, in einer knappen halben Stunde zu erreichen.

So bin ich zufrieden mit meiner Wahl, auch wenn die Weite und Abgeschiedenheit von Djerba hier durch betriebsame Geschäftigkeit abgelöst wird.

Ein Zufall will es auch, dass ich im Hotel, wie in Tunesien üblich, einen Tisch für die Mahlzeiten zugewiesen bekomme, an dem ein älteres Ehepaar aus Eltville, meiner neuen Heimat seit einem halben Jahr, hier mein Gesprächspartner beim Essen sein wird. Schon seit Jahren sind sie Stammgäste in dem Haus und loben es sehr.

Während ich mich in den folgenden Tagen, teils zu Fuß am Strand, teils aber auch auf der Straße um den Überblick und das Sehenswerte in Sousse bemühe, gedeihen bereits auch Pläne für weitere Unternehmungen sowohl organisiert, aber auch auf eigene Initiative.

Belästigungen durch tunesische Männer gegenüber allein reisenden Frauen abzuwehren, habe ich bereits in Djerba, erfolgreich gelernt.

Diese Unsitte mag mit der Abgeschirmtheit und ins Haus verbannten, islamischen Frauen zusammenhängen, aber auch mit der Bereitschaft der Touristinnen, Kontakte zu schließen.

Im rückwärtigen, durch Büsche von der Meeresbrandung, nicht allzu gepflegten Hotelgarten, finde ich gleich am ersten Tag ein ruhiges Platzerl für sonnige Stunden. Zwar ist die Geräuschkulisse von der Straße auch hier, aber doch in sehr gedämpfter Lautstärke, zu vernehmen.

Die Strandpromenade mündet direkt in die von Palmen gesäumte Avenue Bourguiba und diese wiederum führt ins Zentrum zum Platz Farhat Hached, den ein großes Reiterdenkmal des Präsidenten ziert. Mit 82 Jahren hat er gerade seinen dritten Herzinfarkt überstanden, ihm verdankt Tunesien die Fortschritte.

Schon sehe ich ein Stück der mächtigen Stadtmauer, die die Altstadt ( Medina ) mit 1,5 km Länge umgibt, 859 angelegt und mehrmals restauriert wurde.

Mutig durchschreite ich eines der drei Tore, erblicke den Ksar Er Ribat, die Klosterburg von 821, die als Basis im heiligen Krieg gegen die Christen und sizilianischen Normannen diente.

Ein Gewirr von Plätzen, Gassen und Menschen umgibt mich und ich steige, ein wenig betäubt vom Straßenlärm, zwischen verwegen aussehenden Gestalten, Verkaufsständen die schmalen, winkeligen Gassen bergan und stelle erfreut fest… dies ist kein Touristenbasar, sondern man muss sich schlecht und recht durch die Menge der Einheimischen hindurch zwängen.

Auch in der Markthalle wimmelt es von Menschen und auch hier Ständen quellen die Metzgerläden von riesigen Fleischbrocken, Häuten, Rinderköpfen, Rindermägen, etc. über.

Erstaunlicherweise, finden sich hinter all dem Tohuwabohu in der Altstadt oft sehr schöne, geordnete, fast moderne Geschäfte.

Leider begegnet man um und in der Medina auch ab und zu Bettlern, meist vermummte, zusammen gekauerte Frauen, die stumm ihre Hand aufhalten.

Im großen und ganzen finde ich die Soukgassen von Sousse sehr ursprünglich, wie Tunesien – bei allem Dreck, der auch hier oft herum liegt – vermitteln sie bei aller orientalischen Vielfalt und Kuriosität, doch irgendwie einen geordneten Eindruck.

Die Stadt Sousse hat 100.000 Einwohner, gegründet wurde sie im 9. vorchristlichen Jahrhundert als Hadrumet von den Phöniziern. An der Stelle ihres heutigen Hafens, lag der heute versandete Hafen der Römer.

Im dritten punischen Krieg Roms gegen den Karthager Hannibal blieb ihr die Zerstörung erspart, da sie sich rechtzeitig auf die Seite Roms schlug. Doch später im römischen Bürgerkrieg zwischen Pompejus und Caesar, wo sie aufs falsche Pferd tippte, war ihr die Vernichtung beschieden.

Gleich den ersten Abend erlebe ich im maurischen Kaffee des Hotels eine Teppichschau, bei der die komplizierte Knüpfkunst und deren Knotenanzahl erklärt und wahre Prachtstücke davon vorgeführt werden, allerdings zu durchaus ansehnlichen Preisen.

Das Wetter wechselt in den Januartagen zwischen Wind, Sonne, Wolken und kurzen Regenschauern. Mein Zimmer ist geheizt und entsprechend der jeweiligen Lage, entschließe ich mich meine Spaziergänge am Strand an den jeweiligen Hotelanlagen vorbei oder nach Sousse zu absolvieren.

Mein erster Ausflug erfolgt per Bus, ins 70 km entfernte Kairouan, das nach Mekka, Medina und Jerusalem, die vierte heilige Stadt des Islam verkörpert und religiöses Zentrum von ganz Tunesien ist.

In einsame und versteppte Landschaft eingebettet, umgibt eine mit Zinnen bekrönte Mauer die Altstadt.

671 erscheint sie als erste, rein arabische Stadt des Maghreb, auf der Bühne Nordafrikas und von hier aus begannen auch die Eroberungszüge der Araber in alle Richtungen, bis hin nach Spanien.

Sie war nicht nur eine Hochburg des sunnitischen Islam, sondern auch ein Zentrum von Kunst und Kultur bis zum 10. Jahrhundert, wo sie von Madhia abgelöst wurde.

Schon die erste Besichtigung der Babiermoschee, vor der Stadtmauer, begeistert mich restlos. Sie stammt von 1600 und verehrt damit sozusagen den „Frisör“ Mohammeds als Heiligen. Sein Grab hat er allerdings bei Gabes.

Der Islam verbietet zwar die Heiligen-Verehrung, sie konnte aber in Tunesien nie ganz ausgerottet werden.

Vorbei an zwei großen bereits im 9.Jhdt angelegten Wasserreservoirs, gelangen wir zur großen, berühmten Moschee von Kairouan, Sidi Sahbi, die von nicht Moslems leider nicht betreten werden darf.

Ihre heutige Form entstand ebenfalls im 9. Jhdt , ein erster Bau war bereits 671 vorhanden, womit sie die älteste Moschee des Maghreb und eine Sehenswürdigkeit für ganz Tunesien darstellt.

Allein schon der große Hof mit den feingliedrigen, von verschiedenartigen Kapitellen geschmückten

Säulen, strahlt eine großartige Erhabenheit aus.

Auch die Vorhalle mit den bunten Fayencekacheln an der Wand, rechtfertigt die Vorstellung von etwas Außergewöhnlichem und der Blick, der uns von hier in das Heiligtum vergönnt ist, bestätigt, auch ohne, dass im Halbdunkel Einzelheiten erkennbar wären… diese Moschee mit ihren vielen Säulen, ist nicht nur feierlich, sondern auch gediegen.

Bei der folgenden Stunde Freizeit fürs individuelle „Flanieren“ – nach einer kurzen Teppich-Verkaufs-Schau – finde ich mich plötzlich in einem düsteren Bogengang, in dem seitlich, dicht an dicht, Araberinnen in weißen Umhängen, vielfach mit Kindern, auf niederen Bänken hocken und in der Mitte die Männer Teppiche verkaufen und ersteigern.

Eine Auktion auf orientalisch?

Alles ist sehr eng, niemand kümmert sich um mich, ungeschoren zwänge ich mich durch die Leute.

Auch die übrigen Souk-Gassen sind hoch interessant, bunt und typisch.

Ich schlendere durch ein Gässchen, in dem ein Mann einen großen, roten Stoff auf der Nähmaschine bearbeitet… überall klopft und tönt und ruft es…

Ich streife durch kleine Seitengassen und je länger ich so dahin spaziere, umso ungenierter beobachte ich das bunte Treiben.

Vor der Stadtmauer breitet sich die neue Stadt aus, in der eine Straße mit hübschen, weißen Häusern

und Palmen besonders angenehm auffällt.

Natürlich drängen sich am Eingang zur Medina Touristenbusse, aber drinnen, in dem Gewimmel von Menschen, verlieren sich die „Ungläubigen“ bald in der Menge.

Bei der Rückfahrt widme ich mich vor allem der Landschaft, die so karg, so einsam, mit wenig Verkehr

und viel, viel Kakteenhecken an den Straßenrändern, doch einen eigenen Reiz ausstrahlt.

Als wir diesmal in die Stadt Sousse heimkehren, durchqueren wir das Hotelviertel El Kantaoui. Da stehen protzige Paläste, allen voran das „Hannibal Palace“ und viele schmucke, weiße Häuschen gruppieren sich lose um die Nobelherbergen, viele noch im Bau befindlich. In Tunesien entstehen überall auffallend viele Neubauten.

Ausgerechnet am Tag meiner vorab gebuchten Busfahrt in die Hauptstadt des Landes, Tunis regnet es und zwar während der ganzen Fahrt dahin, sodass auch die Landschaft einen grauen, tristen Eindruck erweckt.

Eukalyptusbäume säumen die Straße. Im weiteren Umfeld sind Olivenbäume, von denen es in Tunesien angeblich 54 Millionen gibt, auszumachen.

Nach der Kreuzung, wo eine Straße nach Hammamet abzweigt, leuchten aus den Orangen- und Zitronenbäumen, die um diese Zeit reifen Früchte in Gelb und Orange, aus dem Grün der Blätter.

Dann folgen niedere und ziemlich nackte Bäumchen, die sich als Weinkulturen entpuppen.

Die Straße ist nicht sehr breit und wegen des starken Verkehrs kommen wir nur langsam voran… erst auf der Autobahn erreichen wir bei flottem Tempo gegen 11 Uhr die eine Million 300.000 Einwohner zählende Metropole und fast wie ein Wunder, hört es zu regnen auf und zaghaft bricht die Sonne durch.

Doch auch sie vermag nicht den trostlosen Vororten mit einiger Industrie, den verwahrlosten, verstreuten Bauten in einer ungepflegten Landschaft, ein wenig Freundlichkeit zu verleihen.

Unser erstes Ziel ist das berühmte Bardo-Museum, neben dem ägyptischen in Kairo, das bedeutendste in Nordafrika.

Ohne die angrenzenden Paläste, unter denen sich auch das Parlament befindet, würdigen zu können, wird sofort zur Besichtigung dieses Gebäudes – ein ehemaliger Harem des Bardo-Palastes aus dem 18.Jhdt – gestartet, wofür eine Stunde Zeit vorgesehen ist, die entweder per Führung oder allein, genutzt werden kann.

Als ich merke, dass der Führer seine Informationen jeweils in 3 Sprachen vermittelt, versuche ich allein, wenigstens einen Überblick über dieses große Museum zu gewinnen.

Im Vorbei eilen registriere ich Statuetten, Stelen, Sarkophage aus punischer, römischer, christlicher Zeit und wende mich vor allem den römischen Mosaiken zu, die in Gängen und Sälen in überwältigender Eindringlichkeit von den Wänden strahlen.

Hervorragend beschriftet, finde ich sie einfach atemberaubend und überlege sofort, wie ich während meines 3-wöchigen Aufenthalts in Tunesien, einen ausgiebigen, längeren Besuch hier, arrangieren kann.

Auch das Gebäude mit seiner prächtigen Deckengestaltung und der gesamten Anlage bildet einen wunderbaren Rahmen und so vieles andere bleibt in dieser Stunde unbeachtet, daher mein Fazit: ich muss hier einfach noch einmal her…

Unser Bus steht schon bereit, für das nächste Programm, das rund um die Stadt, zum 20 km entfernten Karthago führt.

Viel freier Raum besteht zwischen den niederen, wenig einladenden Häusern der Außenbezirke. Erst kurz vor dem Ziel, erfreuen wunderschöne Villenviertel das Auge.

Auf einem 63 m hohen Hügel sehen wir dann, anstelle der alten karthagischen Burg Gyrsa, die 1890 vollendete Kathedrale des katholischen Erzbischofs von Karthago und Primas von Afrika.

In Karthago werden nur die römischen Thermen des Antonius besichtigt. Selbst als Ruine, wirkt diese mit allen Schikanen ausgestattete, riesige Anlage, erbaut 146 – 162 nach Chr, außerordentlich eindrucksvoll.

Üppige Vegetation wuchert rundum, der Blick aufs Meer gefällt besonders und etwas oberhalb auf einem Felsen thront, einsam und in schönster Lage, die Villa des Präsidenten Bourguiba.

Von dem 814 vor Chr gegründeten Karthago, das die Römer Punien nannten, ist so gut wie nichts vorhanden.

Für den ausgegrabenen Opferaltar ( Tophet), wo, wie es heißt, Kinder geopfert wurden, bleibt ebenso wenig Zeit, wie für das kleine Museum.

Karthago, die erste große Weltstadt Tunesiens, zerstörten die Römer 146 vor Chr total. 17 Tage wütete der Brand, dann bauten sie es neu auf und die Stadt erlebte eine große Blüte.

Tunesiens zweite Hauptstadt war Kairouan, die dritte Madhia und schließlich folgte als vierte Metropole 1160, Tunis.

Unter den Römern war Karthago Hauptstadt der römischen Provinz Afrika.

697 eroberten es die Araber, die es wieder vollkommen zerstörten. Dessen Ruinenfeld, lieferte das Baumaterial für die neue Stadt Tunis.

Für uns geht es weiter zum Mittagessen durch ein herrliches Villenviertel zum prächtigen, modernen „Hausstrand“ von Tunis, wo in La Marsa, 22 km vom Zentrum der Stadt, die Schnellbahn endet.

Eine wunderbare Landschaft mit Felsen, die sich bis ins Meer hinein erstrecken, umgibt uns im Restaurant des Hotel La Tour Blanche.

Danach wird, ebenfalls im Vororte-Bereich das entzückende Dorf Sidi Bou Said, angefahren. Bekannt geworden ist diese „Künstlerkolonie“ mit den weißen Häusern und blauen Balkonen, durch den Maler August Macke, der es mit seinem Gemälde „maurisches Cafe“ verewigt hat.

Nur von außen kann ich bei wieder viel zu kurzer Zeit diese, seine „Stammkneipe“ als Cafe des Nattes, identifizieren.

Erst jetzt geht es zurück ins Zentrum von Tunis und aus diesem gepflegten Viertel abermals in verwahrloste Gefilde, mit viel freiem Land.

Immerhin hat Bourguiba die eigentlichen Slums, mit Wellblech oder flach geklopften Benzinfässern, etc. überdachten Behausungen, durch einen Trick abgeschafft.

Er bot für jeden Arbeitslosen, der Familie einen Sack Getreide und kostenlosen Rücktransport in die Heimatgemeinden, an.

In der, von einer Allee gesäumten Avenue de Bougouiba, entlässt uns der Bus mit dem Hinweis, das in 250 m geradeaus diese Prachtstraße direkt in die Altstadt münden würde, für die 1 ¼ Stunde Zeit genehmigt werde.

Vorbei an eleganten Geschäften, ähnlich denen in anderen Großstädten, beginnt an der Porte de France, wo sich 2 Straßen gabeln, tatsächlich die Medina. Ich wähle die Rechte und zwänge mich zwischen den Menschen durch die mit Waren vollgefüllte Ladenstraße. Obwohl die Läden ziemlich groß sind, findet das Angebot lautstark und überreichlich auf der schmalen Straße statt.

Alles erscheint eng, bunt und gedrängt. Es gibt auch überdachte Souks und obwohl der Kontrast zwischen der Avenue de Bourguiba und diesen Gassen groß ist, umfängt einem hier keine orientalische Atmosphäre, denn Tunis besitzt auch viel europäischen Flair.

Während sich in Sousse die Touristen im Kreise der Einheimischen verlieren, scheint es hier umgekehrt, die Orientalen gehen unter in der Menge der Touristen und europäisierten Tunesier.

Durch Arkaden geschützt, komme ich gerade noch einigermaßen trocken durch den plötzlich wieder einsetzenden Regen zum Bus-Treffpunkt. Die Ausfahrt aus der Stadt, gestaltet sich durch starken „rush-our“-Verkehr etwas langwierig. In den Randgebieten offeriert die Landschaft und deren Bebauung, wieder das etwas trostlose Milieu von einem Arabien, das nicht mehr von der Vergangenheit geprägt wird, aber auch die Gegenwart noch nicht bewältigt hat.

Bei meinen fast täglichen Spaziergängen nach Sousse – wenn nicht gerade ein Ausflug stattfindet – entdecke ich immer etwas Neues.

So steige ich ausgerechnet an einem Montag durch den Souk el Caid bis zur Kasbah hoch, die ebenfalls im 9.Jhdt errichtet, aber später vielfach umgebaut wurde, und in deren unterer Etage ein Museum mit einer großen Menge von Fundstücken aus Sousse, sehr sehenswert sein soll und muss leider feststellen, dass dieses an Montagen geschlossen ist.

Innerhalb der Stadtmauer und relativ nahe beieinander, befinden sich die große und eine Moschee mit einem achteckigen Minarett aus der Türkenzeit, sowie die Festung Ribat. Von dieser unteren Burg verläuft die Medina mit ihren Souks bergauf zur oberen Burg, der Kasbah.

Manchmal begegnen mir bei meinen Exkursionen auch Ein- bzw. Blicke von oben in Behausungen mit weniger anziehenden Bildern des Alltags, die aber ebenso zur Stadt gehören, wie der geschäftige Betrieb in den Souks.

Eines Tages, als Sonne und blauer Himmel besonders zu einer ausgedehnten Strand-Wanderung verlocken, beabsichtige ich, das Palace-Hotel Hannibal am Nobelstrand Kantaoui, aufzusuchen.

Nach einer Stunde Fußmarsch erblicke ich es von weitem.

Plötzlich sprengen Reiter vorbei und knapp hinter mir stürzt ein Pferd samt Reiter in den Sand. Danach ist das Tier recht verstört und nach diesem Erlebnis erscheint mir das Galoppieren von Touristen am Strand, nicht ganz ungefährlich.

Auch muss ich feststellen, dass sich der Weg nach Überquerung eines Flussarmes, bis zu jenem „Hannibal“ ganz schön zieht. Hinter dem Hotelpalast, etwas seitlich, erscheint auch der viel gerühmte kleine Yachthafen, der sehr hübsch wirkt.

Abwechselnd auf der Straße zwischen fertigen und halbfertigen Häusern und viel Wildnis dazwischen, finde ich einen schmalen Pfad zurück zum Strand und meinem, um einige Grade bescheideneren „Daheim“ und war für diesen Blick auf das Quartier der Reichen insgesamt 3 Stunden unterwegs.

Das umständlichste Unternehmen ergibt sich jedoch bei dem Bemühen, den Bahnhof zwecks Zugverbindungen zu finden, denn ich muss unbedingt noch einmal nach Tunis und habe auch die Absicht, die berühmte Arena von El Djem, sowie das nicht allzu weit entfernte Monastir, in eigener Regie auf dem Schienenweg zu absolvieren.

Durch Fehlinformation lande ich zuerst auf der Rückseite des Gebäudes, erfahre aber mit Hilfe freundlicher Einheimischer den Weg über die Gleise zum Auskunftsschalter für Fahrzeiten und Preise.

Am Hafen entlang und an der Fischhalle vorbei, lande ich danach auch am anderen Bahnhof, für die Schnellbahn nach Monastir und kann nun entsprechend planen.

Ehe ich diese Vorsätze in die Tat umsetze, nehme ich noch an der Busfahrt zu den besonders interessanten Ausgrabungen in Dougga, bzw. Thugga auf punisch, teil.

Auf einem steilen, 500 m hohen Fels im 2. und 3. Jhdt nach Chr erbaut, erlangte es unter den Römern besondere Bedeutung, war aber bereits davor eine blühende punisch-numidische Siedlung.

Von numidischen Königen gegründet, war es wie alle von diesen wilden, nordafrikanischen Berberstämmen, gegen die unruhigen Nomaden errichteten Bollwerke, eine Art Festung.

Der Traum dieser Könige von einem numidischen Großreich ging zwar nicht in Erfüllung, aber in ständiger Konkurrenz zu Karthago, verband die Stämme doch ein Zusammengehörigkeitsgefühl.

Die Römer unterhielten offenbar gute Beziehungen zu diesen alteingesessenen Afrikanern, die sich trotz verschiedenen Sitten, Glaubensrichtungen sowie Traditionen, immer mehr verstärkten.

Schon im 1. Jhdt nach Chr gab es ein römisches Stadtzentrum mit Forum und Markt. Es folgten Tempelanlagen, Theater, 2 Triumphbögen…

Erst im 4. Jhdt setzte der Verfall ein, den Vandalen, Byzantiner und schließlich die Araber voran trieben, sodass die langsam verfallende Stadt, von allen verlassen wurde.

Erst 1891 begannen systematische Ausgrabungen.

Der Start zu dieser interessanten Fahrt ins Innere des Landes, findet bei Sonnenschein statt.

Teilnehmer an der bequemen „Expedition“ sind Franzosen, Engländer, Holländer und wenige Deutsche.

Wir passieren das, zu den schönsten Orten zählende Berberdorf Takruma, das eine Fluchtsiedlung dieses Volkes von 1200 darstellt.

Die Straße windet sich durch grüne, von Bergen gesäumte Matten. Es herrscht wenig Verkehr.

Eine schöne Strecke mit Eukalyptusbäumen, hinter denen sich Olivenplantagen ausdehnen, wieder bilden Kakteen eine Hecke am Straßenrand oder begrenzen Häuser und Stallungen.

Mitten in der einsamen Landschaft werden zunächst die Ruinen von Thuburbo Majus, ebenfalls eine numidisch – berberische Siedlung und ebenfalls von den Römern zu strahlender Blüte gebracht, besichtigt.

Trotzdem noch nicht alles ausgegraben ist, wird deutlich, dass es sich hier um eine große Stadt gehandelt hat.

Ich streife allein durch das Gelände, komme zu einem Tor – da diese Stadt nie ummauert war – standen diese einzeln und finde es herrlich, zwischen den Resten einer längst vergangenen Zeit herum zu spazieren. Verblichene Mosaikreste tauchen öfters am Erdboden auf, gelbe Blumen und saftiges Grün wuchert aus den Steinen. Ein Hauch der Vergangenheit… ein Beweis von Vergänglichkeit !

In Medjes El Bab erreichen wir die Hauptstraße, die nördlich von Tunis kommend, weiter ins Land hinein führt.

Eine interessante Landschaft präsentiert sich uns nun. Riesige Schafherden weiden auf grünen Feldern.

Der Ort Testour wirkt mit Palmen an den Straßenrändern, sehr sympathisch und wir werden aufgeklärt, dass es sich dabei um eine Siedlung von, im 17. Jhdt aus Spanien verjagten Mauren, handelt und der Ort daher von andalusischem Charakter geprägt wird, was sich besonders im Juni beim Maaluf-Fest mit klassischer, andalusischer Musik, auswirkt. Von der Sonne beleuchtet, zieht sich der Ort am Hang empor.

Endlich vor der Ausgrabungsstätte Thugga angekommen, findet erst einmal das gemeinsame Mittagessen statt.Erst um 3 Uhr wird das eigentliche Ziel, die Festungsstadt, bzw. ihre Hinterlassenschaft, angesteuert.

Welch‘ eine großartige Auffahrt! Die Straße verläuft teils an bizarren Felsen entlang, immer aufwärts.

Schon vom Parkplatz aus, begrüßt uns das römische Theater mit 2500 Sitzplätzen und einem prächtigen Blick aus 600 m Höhe, in die Landschaft.

Es ist zwar kühl hier oben, aber kein Wind und so können wir lange und ausgiebig in dieser ehemaligen, großartigen Römerstadt, ohne Zähneklappern herum streifen.

Auf einer antiken Pflasterstraße, pilgern wir zunächst gemeinsam zum bestens erhaltenen Kapitol, das dem Jupiter, der Juno und Minerva geweiht war und vor dem sich der „Platz der Windrose“ – im 3.Jhdt war hier eine Windrose eingemeißelt – befindet.

Da die Erklärungen des Reiseleiters jeweils in 3 Sprachen erfolgen und sich daher bei einer Gruppe von 50 Personen in die Länge ziehen, mache ich mich allein auf den Weg, treffe dann aber an der Zisterne die ganze Mannschaft wieder, um mit ihnen zu den Thermen vorzudringen.

Bei dieser bergauf und bergab Wanderung, können wir aus der Ferne, das einzig erhaltene punisch-numidische Bauwerk Tunesiens, das Mausoleum, das 200 v. Chr für den Numidier Ataban erbaut wurde, bewundern… einen 21 m hohen Bau mit Postament, Mittel-und Obergeschoss und aufgesetzter Pyramide. Mit Hilfe der dort gefundenen Inschrift-Tafeln, konnte das altlybische Alphabet entziffert werden.

Um ½ 5 Uhr verlassen wir die imposante Stätte. Von Sousse bis hierher waren es 200 km…

Über eine andere Strecke verläuft die Rückfahrt durch eine canyonartige Landschaft, die in der Abendsonne prächtig leuchtet… bis die anbrechende Dunkelheit nach 12-stündiger Dauer, diesen Ausflug um 8 Uhr abends im Hotel beendet.

Die erste Solo-Unternehmung bringt mich per Bahn nach Tunis.

Natürlich wähle ich dafür die 2. Klasse, denn ich will unter dem „Volk“ sein und kann entgegen den Warnungen meiner Tischnachbarn im Hotel – ich müsste mit Hühnern und Schweinen im Abteil rechnen – nur feststellen, dass diese keineswegs unter den Passagieren zu finden sind und die Leute sich nicht anders benehmen, wie allgemein üblich.

Beim Ausstieg in Tunis, gute 2 Stunden später, beschleicht mich am Bahnhof der Metropole ziemliche, Ratlosigkeit.

Wie komme ich zum Bardo-Museum, mein kleiner Stadtplan hilft nur bedingt weiter.

Die Empfehlung, vorher den Markt zu aufzusuchen, führt mich erst recht in die Irre und ich lande in Seitenstraßen, die obwohl breit und mit Mimosenbäumen bepflanzt, keineswegs mehr europäisch wirken und seitlich, Richtung Medina… auf holprigem, ungepflasterten, engen und schmutzigen Gassen, wird das arabische Afrika deutlich..

Ganz unvermittelt stehe ich plötzlich vor der großen Moschee mit dem schönen Minarett.

Ein gut gekleideter Mann spricht mich in deutsch an und will mir den Weg zu einer aussichtsreichen Terrasse zeigen. Da ich von einer solchen im Merian-Heft gelesen habe, würde ich sie gerne finden.

Also folge ich ihm zögernd und widerwillig.

Vom Innern eines großen Teppichgeschäftes inmitten der Altstadt führen tatsächlich Stufen aufwärts…

mir ist mulmig zu Mute, aber ich bin neugierig und steige bergan.

Auf der Dachterrasse bezaubert tatsächlich die prächtige Aussicht auf die Altstadt mir ihren flachen Dächern und den Minaretts der Moscheen und auch die bunten Kacheln an Bögen und Mauerwerk dieser Veranda über der Stadt ist wunderschön.

Trotzdem eile ich schnell wieder die Stufen abwärts. Natürlich will mir der Teppichhändler sogleich „unverbindlich“ seine Waren vorführen, was ich energisch ablehne.

Überhaupt empfinde ich meinen fremden Begleiter, obwohl er mich zum Beispiel an einem überdachten Platz darauf aufmerksam macht, dass hier früher Sklaven verkauft wurden, ziemlich unangenehm und bin froh, als mich der feine Herr, freiwillig verlässt. Auf mein erleichtertes „Dankeschön für die Führung“ meint er, dafür wäre 1 Dinar fällig.

Sehr höflich, aber bestimmt erwidere ich, dass ich ihn nicht darum gebeten hätte, mir behilflich zu sein.

Wieder allein, spaziere ich aufatmend die Sackgasse abwärts zum Tor de France und frage einen Polizisten nach der Busverbindung zum Bardo-Museum. Die Station befindet sich ganz in der Nähe und auch die öffentliche Linie erscheint bald. Nach einem ziemlichen Wirrwarr unter den gleichzeitig ein- und aussteigenden Menschen, einer äußert gedrängten Fahrt, stehe ich eine halbe Stunde später an der Endstation des Busses, aber noch nicht vor dem Museum. Doch mit zweimaligem Versuch in verkehrter Richtung und 3 mal Fragen danach, erfüllt sich endlich mein Wunsch, dieses herrliche Gebäude, das in einem schönen Garten liegt… und seine unermesslichen Kunstschätze, in Ruhe genießen zu können.

Der Regierungspalast, das Parlament daneben, wird von rot gekleideten Wachposten flankiert.

Enthusiastisch widme ich mich vor allem den Mosaiken, versuche aber auch die alten, punischen Statuetten und die islamischen Abteilung zumindest flüchtig, zu würdigen.

Ein Museumswärter im ehemaligen Musiksaal des Harems, erklärt mir, dass auf der Empore einst das Orchester und auf der anderen Seite die Zuschauer saßen, während unten, wo farbenfreudige Mosaiken den Fußboden schmücken, getanzt wurde. Besonders schön hier ist, wie auch in anderen Räumen, die Holz geschnitzte Decke.

Müde vom Schauen, fahre ich gegen 4 Uhr Nachmittag per Bus in die Stadt zurück und erinnere mich, wann und wo, vor einer Woche der organisierte Ausflugsbus die Touristen für die Rückfahrt abholte… ich will versuchen, mich ihm anzuschließen; freie Plätze gibt es stets darin und für den Zug müsste ich bis 6 Uhr abends warten.

Da es für das geplante Treffen vor dem Hotel Continental auch noch etwas zu früh ist, entdecke ich in der Seitenstraße eine Bäckerei, denn seit 8 Uhr morgens habe ich mangels Gelegenheit, weder gegessen noch getrunken. Darin sieht es wie in einem Kaffeehaus aus, Männer sitzen schwatzend herum, aber ich werde freundlich, mit 2 Kuchenstückchen als Wegzehrung, bedient.

Kaum zurück, sehe ich auch schon den Tourist-Travel-Service nahen und… jawohl, es sind noch 2, 3 Plätze frei, heißt es und ich werde mitgenommen. Mit 3 Dinar bedanke ich mich beim Reiseleiter gern dafür.

Meine nächste Solo-Tour bringt mich wenige Tage später, wieder per Bahn, nach El Djem, das unter den Römern Thysdrus hieß und sich im 2. und 3. Jhdt weit – bis zur Küstenebene ausdehnte.

Zunächst führt die Trasse mitten durch die Neustadt von Sousse und am Hafen vorbei, ehe Olivenbaum-Plantagen beginnen und… zwischen Erdhügeln lagert hier auch eine Menge an Abfällen.

Es folgt eine reizlose Steppenlandschaft und ehe der Zug in den winzigen Bahnhof von El Djem einfährt, erscheint majestätisch in der Ebene, die imposante Ruine des riesigen Amphietheaters, das neben dem Kolosseum in Rom und dem bei Neapel, das drittgrößte im gesamten römischen Imperium war.

148 m lang, 36 m hoch, bot es 60.000 Zuschauern Platz.

Wo heute ca. 7000 Menschen leben, waren es einst 30.000.

Als Zentrale eines riesigen Ölbaumgebietes, wurde für alle in der Ölindustrie Tätigen, dieses kolossale Theater errichtet.

Vom Bahnhof führt die Straße direkt auf den Komplex zu, der strahlend Gelb in der Sonne leuchtet. Lediglich die Häuser rechts und links, beeinträchtigen die Sicht.

Leider bläst ein heftiger Wind, man muss schon sagen, Sturm, durch den ich mich in wenigen Minuten, zum Eingang durchkämpfe.

Es ist atemberaubend, in diesen uralten Gängen fast allein herum zu streifen…

In der 65 x 37 m großen Arena fanden während des 3. Jahrhunderts Wagenkämpfe und Hunderennen, leichtathletische Wettkämpfe, auch Kriegsspiele ohne Blutvergießen, statt.

Später wurden zur Abschreckung auch als Attraktion Mörder und Räuber öffentlich grausam bestraft und zur Zeit der Christenverfolgung wurden die Gläubigen mit brennenden Kleidern gehetzt und wilden Tieren vorgeworfen.

Ich suche in den Gängen einen Abweg in diese unteren Verliese, finde ihn auch und es ist gespenstisch, noch dazu bei dem tobenden Sturm, in die abgeteilten Gewölbe zu schauen.

Natürlich will ich auch die oberen Ränge sehen und suche immer wieder neben eingebrochenen Aufgängen, nach Stiegen. Bis zum 2. Stock komme ich auf diese Weise. Immer wieder genießt man dabei grandiose Blicke auf dieses Theater. Beim Abwärtssteigen sind die Windboeen oft so massiv, dass ich mich am seitlichen Mauerwerk, festhalten muss.

Leider fällt dadurch der Besuch in diesem antiken Theater kürzer aus, als geplant. Wie gern hätte ich mich auf den Stufen ein Weilchen nieder gelassen ( ein kleiner Teil ist renoviert ) und in die Vergangenheit gehorcht.

Übrigens verschanzten sich, als die christliche Herrschaft in Nordafrika 670 endgültig gebrochen war, einige Berberstämme als letzte Zufluchtsstätte, im Oval der Arena von Thyadrus, ein vergeblicher Versuch, die arabische Invasion aufzuhalten…

Bis ins 17. Jahrhundert hinein blieb das Amphietheater voll erhalten. Dann ließ ein Bey mit Kanonen, brutal eine Presche in den Mauerring schießen, da die Bewohner jedes Mal sich im Theater verbarrikadierten, wenn seine Steuereinnehmer ihre Forderungen eintreiben wollten. Seitdem begann der riesige Bau zu verfallen, die Einwohner von El Djem benutzten ihn als Steinbruch.

Ich spaziere Richtung Bahnhof zurück, versuche noch einen Gesamtblick auf die Ruine zu kriegen. Es ist unmöglich weit zu gehen, der Wind wirbelt den Staub auf und völlig durchgeblasen, flüchte ich ins Hotel Julius neben dem Bahnhof, zum Mittagessen. Eigentlich wollte ich noch das 1 km entfernte Museum am Ortsende aufsuchen, das in einer ausgegrabenen und rekonstruierten antiken Villa, untergebracht ist. Hinter dem Museum wäre auch noch eine Ausgrabungsstätte mit Grundmauern palastartiger Villen, zu sehen. Thermen und ein Zirkus liegen noch im Erdreich.

1 ½ Stunden früher als geplant, fahre ich um die Mittagszeit wieder zurück nach Sousse.

Für den Freitagsmarkt in Nabeul und anschließendem Besuch des besonders beliebten Ferienortes Hammamet, schließe ich mich noch einmal, einem organisierten Busausflug an, bei dem die Teilnehmer jeweils vor ihren Hotels abgeholt werden. Während der Wartezeit vor dem Eingang, beobachte ich, wie das weibliche Personal für die Putzarbeiten, per Taxi ankommt und die Damen ihre flatternden, weißen Umhänge, mit den Zähnen festhalten.

Es dauert immer einige Zeit, bis die Gruppe von den jeweiligen Hotels eingesammelt ist und der eigentliche Ausflug beginnt. Dieser führt zuerst in eine Töpferei, denn wie stets, werden die Fahrten auch für den Verkauf einheimischer Erzeugnisse, genutzt. Ziemlich spät sind wir dann am Zielort, dem Kamelmarkt in Nabeul, der sich sogleich als Enttäuschung entpuppt. 3 Kamele und eines zum Fotografieren präsentieren sich, dazu ein paar Schafe, Pferde und Rinder sind die Akteure auf dem Platz und diese Belegschaft befindet sich offensichtlich, bereits im Aufbruch.

Interessanter, bunter und gedrängter geht es dann im allgemeinen Freitagsmarkt zu, der links davon in einem großen Hof, abgehalten wird.

Hier wird alles mögliche verkauft, besonders auffallend sind die vielen Stoffe, die meterweise in Zelten hängen. Mit Hilfe der Ellenbogen, versuchen die Einheimischen, sich durch die Menge vorwärts zu bewegen.

Draußen an der Straße, reihen sich Schmiedewerkstätten aneinander.

Aus einer Seitenstraße kehren die Leute vom Kamelmarkt zurück, schleppen Schafe hinter sich her; einer zieht gleich mehrere mit einem Strick und… plumps da liegt er, direkt in einer Pfütze.

Bei der Weiterfahrt nach Hammamet tauchen Wolken auf und beim Halt vor der spanischen Festung aus dem 15. Jhdt, hat sich die Sonne bereits verzogen.

Der Blick auf die von einer Mauer gesäumten Altstadt, wirkt dennoch imposant.

Dass Hammamet auch eine Hochburg des Tourismus darstellt, merken wir schon beim Durchschreiten des Tores; sofort stürzen sich ein paar Jünglinge, wie bei einem Überfall auf uns und sind nur mit sanfter Gewalt, von einer Begleitung abzuhalten.

Ich schaffe es jedenfalls, allein kreuz und quer durch die engen Gassen zu strolchen und bin restlos entzückt von dieser hübschen, blitzsauberen Stadt.

Weiß und blau getünchte Häuser mit schwarzen Laternen, verlaufen, teils von Bögen überwölbt, in fortwährenden Kurven, durch die Altstadt. Man begegnet hübschen Eingangstoren und auch die Blicke in Höfe vermitteln den Eindruck von großer Sauberkeit.

Der Bazar ist klein und überdacht, aber unbedeutend und hauptsächlich auf Tourismus abgestimmt.

Auch das neue Viertel, außerhalb der Mauern, ist mit hellen Häusern, netten Restaurants, Durchgängen, etc. ansprechend ausgestattet.

Zufällig gerate ich hier in einen Hof, in dem ein Markt mit viel Gemüse- und Fleischläden floriert.

Leider wird man auch hier immer wieder angesprochen, trotzdem momentan keine Saison herrscht.

Der Strand dieses pittoresken Ortes, wird von vielen Hotelanlagen gesäumt, von denen wir bei der Rückfahrt allerdings so gut wie nichts sehen, da große Gärten die Sicht auf diesen Bereich verhüllen.

Drei Tage vor dem Ende meines Urlaubs schaltet der Wettergott nach diversen unbeständigen, kühlen und auch Tagen mit Regen – also einer mehr oder weniger schönen Mischung aus den Jahreszeiten – plötzlich wieder auf Sommer. Es ist also sehr warm und herrliche Sonnenuntergänge beenden die Tage.

Am 22. 1., meinem letzten Tag in Sousse, unternehme ich einen Abschiedstrip mit der neuen Schnellbahn nach Monastir.

In knapp einer halben Stunde zu Fuß, schaffe ich den Weg zu diesem modernen, komfortablen Bahnhof, den der Herr Präsident seiner Heimatstadt mit über 30.000 Einwohnern, bauen ließ und nach knapp einer weiteren halben Stunde Fahrt, lande ich bereits am Ziel.

Ohne Probleme erreiche ich auch das große Tor, an der, die Stadt umgebenden Mauer und immer Geradeaus marschierend, gelange ich direkt in die Medina und staune über die breite. beidseitig von Kolonnaden gesäumte Straße.

Alles sieht neu und wie frisch verputzt aus.

Ich begegne der neuen Bourguiba-Moschee und dem rechts davon befindlichen Kunsthandwerks-Center in einem hübschen Hof. Mich darin näher umzusehen, scheitert an der Zudringlichkeit der tunesischen Touristenjäger, die sich wie Löwen auf jedes gesichtete Opfer stürzen.

Also verlasse ich die Altstadt und wundere mich noch mehr über die breite Straße mit 2 hübschen Pavillons, wo in der Ferne bereits, das von einer Kuppel gekrönte Mausoleum der Familie Bourguiba auftaucht.

Ich überlege kurz die Richtung, die zum Meer führen müsste und befinde mich nach kurzer Zeit vor einer riesigen Baustelle, die den Weg zum Wasser, zunächst versperrt.

Seitlich entstehen, halbfertig, große, moderne Gebäude… vermutlich Hotels.

Ich wende mich dahin und erreiche die Felsküste, die als Halbinsel ins Meer hinaus ragt.

Mir wird klar, hier soll ein Viertel, ähnlich dem in Sousse mit dem Hannibal-Palace, nur noch aufwendiger, größer, Monastir schmücken – ein Yachthafen mit einigen Schiffen ist bereits vorhanden.

Scheinbar will der 82-jährige Präsident seine Heimatstadt als Schmuckkästchen den Nachfolgern

vererben.

Auf der Suche nach der Großen Moschee, entdecke ich zwar den Ribat von 796, streife nochmals seitlich durch die Soukgassen und bin zufrieden, hier doch noch dem urigen, weniger sauberen, etwas verwahrloste Milieu des alten Tunesiens zu begegnen. Die aufdringlichen Verkaufs-Animationen in diesen Gassen gehören wohl oder übel eben auch dazu…

Die alte, große Moschee bleibt irgendwo verborgen, dafür leuchtet mir an einem großen, von Palmen geschmückten Platz, das vergoldete Standbild von Bourguiba entgegen.

Rechtschaffen müde treffe ich am Bahnhof, für die Rückfahrt ein.

Da packt mich, da noch Zeit für die Abfahrt bleibt, die Neugierde, wie doch bei soviel neuem Glanz die 1. Klasse des Zuges aussehen mag. Dieser Waggon ist menschenleer und ehe ich mich versehe, gesellt sich ein junger Mann zu mir, der sich als äußerst zudringlich und lästig entpuppt und den ich nur durch schleuniges Aussteigen, los werde.

Die halbstündige Rückfahrt verläuft ohne Zwischenfall. Kurz vor Sousse beleidigen wieder die Müllhaufen, das Auge. Auch ein Omnibusfriedhof vor der Endstation am Fischerhafen zeigt, wie das Land sein ausrangiertes Gut, entsorgt.

Der Rückflug ins winterliche Deutschland findet zeitig frühmorgens statt.

Es ist noch dunkel, als mich der Bus zum Flugplatz befördert.

Bei der Wartezeit auf Gäste aus einem anderen Hotel, hält er vor der von Zinnen bekrönten Stadtmauer, wo auch ein Turm der Großen Moschee von Sousse, sichtbar wird. Gespenstisch ragt er in den grauen Morgenschleier eines erwachenden Tages.

Gestalten mit wehenden Mänteln huschen auf der Straße vorbei.

Die Szenerie gleicht einem Abschiedsgruß aus dem Mittelalter – einer Vergangenheit, der zu entfliehen, Tunesien so eifrig bemüht ist.