Marokko

Ein wesentliches Mitglied der MAGHREB-STAATEN repräsentiert das Königreich MAROKKO, am Schnittpunkt von Mittelmeer und Atlantik.

Eine schmale Verbindung zwischen diesen beiden Meeren, stellt die Straße von Gibraltar her.

Fast 2 Jahre nach meinen Aufenthalten in Tunesien, möchte ich nun auch dieses außergewöhnliche, durch eigene Kultur und besonders kontrastreiche Landschaft, gekennzeichnete Königreich, im Verlauf einer Studien-Rundreise kennenlernen, zu der ich Ende November 1986 starte.

Erholung wird bei solchen, genau durch organisierten Programmen kaum möglich sein, dafür scheint mir die lang gestreckte Atlantikküste auch weniger geeignet, zumal die berühmteste Bade-Stadt Agadir, durch ein verheerendes Erdbeben 1960 fest vollständig zerstört wurde, bei dem 15.000 Menschen starben.

Mit einer nur wenig besetzten Maschine der Royal Air Maroc beginnt um ½ 2 Uhr nachmittags, am Flughafen Frankfurt, diese Reise mit ausgezeichnetem Service und einer prächtigen Sicht auf die im Abendlicht leuchtenden, wolkenlosen Alpengipfel und später, dem im Halbdunkel schimmernden Mittelmeer, beim Anflug auf Tanger. Dicht über dem Wasser rollt die Maschine auf die unmittelbar dahinter gelegene Landbahn zu. Doch Tanger ist nur Zwischenlandung und Umstieg in ein anderes, dicht besetztes Flugzeug mit Weiterbeförderung nach Casablanca – weißes Haus.

Ein Bus befördert die Gruppenteilnehmer durch die 4 Millionenstadt in ein Hotel ins Zentrum, von der ich in der Dunkelheit den Eindruck, einer großzügig angelegten Stadt mit breiten Straßen und Palmen und einem großen Hauptplatz mit schönen Repräsentationsgebäuden, gewinne.

Aber schon mahnt der Reiseleiter, dass Marokko zwar ein sicheres Reiseland sei, aber Casablanca die höchste Kriminalitätsrate aufweise… auch soll es in den Vororten große Slumgebiete geben, die von einer Mauer umgeben wären.

1912, als Marokko französisches Protektorat wurde, hatte Casablanca nur 50.000 Einwohner, aber es bestand bereits eine Berber Siedlung, als im 15. Jahrhundert die Portugiesen hier landeten.

Von allen Maghreb-Staaten ist Marokko bei weitem am stärksten – mit 80 % – von Stämmen der Berber besiedelt, die schon seit dem 2. Jahrtausend vor Chr hier leben. 20 % sind Araber.

Casablanca besitzt als größte Stadt Marokkos und Industrie- und Handelszentrum, auch den größten Hafen Nordafrikas. Es wurde 1755 wie Lissabon von einem Erdbeben zerstört und danach von den Portugiesen verlassen. Ein marokkanischer Sultan baute es wieder auf.

Mit allgemeinen „Wecken“ um 6 Uhr früh, beginnt für mich und die 30 Leute zählende Gruppe, das Programm der Reise.

Noch ein Blick bei Tageslicht auf den Hauptplatz, in die Fußgängerzone und einen schönen Park der Stadt, durchs Busfenster, dann beginnt der gemeinsame Trip entlang der Atlantikküste nach Süden.

Schon bald mündet die Straße auf einen Platz, wo emsige Vorbereitungen für den Sonntagsmarkt im Gange sind. Zelte werden aufgestellt, Brotfladen häufen sich auf Ständen… zusammen gebündelte, kreischende Hühner werden vorbei getragen, Frauen hocken auf der Erde und bieten irgendetwas zum Kauf an… dazwischen drängen sich Eselchen und Männer in braunen Kapuzen-Mänteln, denn trotz strahlender Sonne und angenehmen Temperaturen, ist in Marokko, Winter.

Obwohl inzwischen gläubige Moslems geworden, zeigen sich die Frauen auf dem Land, wo die meisten Berber wohnen, unverschleiert. Auch genießen sie allgemein größere Freiheiten, als ihre arabischen Schwestern.

Nach dieser ersten Begegnung mit dem Orient auf einem der typischen Märkte, erfreut uns während der Weiterfahrt die flache Landschaft mit Äcker und Eukalyptusbäumen am Straßenrand, der Blick auf die weiße Stadt Azemour an einem Fluss, dessen Brücke sich schillernd im Wasser wider spiegelt.

Immer wieder sieht man verstreute Behausungen von Pächtern, das Land selbst gehört reichen Großgrundbesitzern, die oft mit dem Königshaus verwandt sind. Die landwirtschaftlich genutzte Fläche verteilt sich also auf wenige Reiche und eine Vielzahl weniger betuchter Mitglieder der Gesellschaft.

In El Jadide, der 1769 als letzte von den Portugiesen geräumten Besitzung, wird die Zisterne besichtigt. Sie und vieles andere in dem Städtchen erinnert noch an diese Epoche europäischen Machtstrebens in Nordafrika.

Sie hatten allerdings weit mächtigere Vorgänger…

Es begann im 12. Jhdt vor Chr mit phönizischen Niederlassungen. 33 vor Chr folgte das römische Protektorat, das 42 nach Chr unter dem Namen Mauretanien mit der Hauptstadt Tanger, zur römischen Provinz avancierte. Es bestand bis ins 5. nachchristliche Jahrhundert hinein. Darüber, dass dieses nunmehr mauretanische Königreich vielleicht schon im 4.Jhdt. vor Chr gegründet worden sei, wird spekuliert – seine Geschichte liegt im Dunklen.

Im 16. Jhdt legten Portugal und Spanien Stützpunkte an.

Übrigens der Name „Berber“ für die vielen Stämme der Ur-Bewohner im Maghreb stammt auch von den Römern und leitet sich von „Barbaren“ ab, eine Bezeichnung, mit der diese alle fremden Völker bedachten.

Ein Nationalstaat Marokko besteht eigentlich erst seit dem Abzug der Franzosen 1956.

In El Jadide, das von einer Stadtmauer umgeben ist, imponiert vor allem die Zisterne mit ihren von 25 Säulen getragenen, spätgotischen Kreuztrag-Gewölbe besonders.

Danach findet in der Marktstraße der Einkauf von Brot, Käse und Wasser statt, denn für heute ist ein Picknick im Freien geplant.

An diesem 2 – 3 m breiten, fruchtbaren Küstenstreifen mit wenig Verkehr, wo Schafe weiden und Menschen, die auf Federn arbeiten, uns freundlich zuwinken, genießen wir an einem von Felsen begrenzten Atlantikufer, auf Steinen hockend, den mitgeführten Imbiss… Ein echtes Idyll!

Ein Stück weiter südlich ist es allerdings vorbei mit dem sanften Portrait. Die Küste wird steiler und unwirtlicher. Nur Steine und Gestrüpp statt Wiesen und Felder, fassen das tiefblaue Wasser unter der Straße ein.

Bei Safi erkennt man den Phosphat-Hafen… Phosphor ist Export – Artikel Marokkos. Hier „riecht“ man danach auch den Sardinen-Hafen… und wieder wird ausgestiegen und durch ein Tor die langgezogene Straße des Souk, der ebenfalls ummauerten Stadt und auch portugiesischen Gründung – durchschritten.

Das Töpferei-Zentrum auf einem Hügel führt uns mit rauchenden Brennöfen, herum liegenden Reisig und Holz, einer Menge Keramikscheiben, die Arbeiten dieses Berufszweiges vor und der Betrieb in diesem Töpferviertel scheint mir, wie in biblischen Zeiten abzulaufen. Die Produkte sind dann unterhalb in Verkaufsläden zu bewundern.

Wieder ändert sich nach diesem Halt, die Landschaft. Gelbbraune, von verstreutem, schütterem Grün bewachsene Erdhügel verleihen ihr ein typisch afrikanisches Aussehen. Trotzdem handelt es sich um Getreidefelder bei der braunen Erde, auf denen im September ausgesät wurde.

Ein Stück landeinwärts, parallel und die letzten 25 km wieder direkt entlang des Atlantiks, erblicken wir, nach insgesamt 370 km Tagespensum von oben, das von der Sonne beleuchtete Fischerstädtchen Essaouira, in dem uns ein hübsches Hotel für die Nacht, aufnimmt.

Immerhin haben wir eine lange Strecke absolviert, die durch die zahlreichen Stopps mit Spaziergängen aufgelockert, sehr kurzweilig gestaltet war.

Natürlich gibt es auch hier noch einen ausgiebigen Bummel durch völlig regelmäßige, rechtwinkelig angelegte Straßen, dem Werk eines französischen Architekten, der in Gefangenschaft beim Sultan war.

Von den ehemaligen portugiesischen Geschützbatterien bietet sich ein prächtiger Blick auf die Stadt, den Hafen und die vorgelagerten Inseln, auf denen sich in der Zeit des mauretanischen Königreichs, die wichtigste Purpur-Manufaktur der Antike befand.

Essaouira ist eine malerische Stadt, in der sich innerhalb der Tore ein langgezogener, mit Blumen geschmückter Platz als Zentrum erstreckt, auf dem heute, Sonntag, ausgiebig promeniert wird.

Verschleierte Frauen, die aber oft schon bunte Kleider tragen, bewegen sich in kleinen Gruppen, getrennt von den Männern… aber es herrscht eine fröhliche Atmosphäre, die durch keine anderen Touristen als uns, gestört wird.

Der Souk für Schmuck windet sich um eine Ecke, aus der man die weiß getünchten Häuser mit den leuchtend blauen Fenstern und Balkonen, letztere oft noch mit Kacheln verziert und das bunte Treiben besonders gut beobachten kann. Unten an der Straße, reiht sich Laden an Laden mit schillernden Kostbarkeiten. Auf den Schmuck-Anhängern sind oft uralte Symbole wie das „Kreuz des Südens“ oder die „Hand Fatimas“ zu erkennen.

Eine besondere Attraktion für uns ist auch der Markt auf einem Viereck mit den Gewürzläden unter den Arkaden. Daraus duftet es „Nasen betörend“ , sie übertreffen sogar das, in der Mitte befindliche, Fischangebot mit dessen Geruch.

In den Geschäften, die, wie die ganze Stadt sehr sauber wirken, sind auch lebende Chamäleons im Angebot… diese haben jedoch angesichts des lebhaften Betriebes keine Lust mehr, ihre Farbe zu wechseln.

An das kontinuierliche „Wecker-Rasseln“ um 6 Uhr morgens werde ich mich gewöhnen, aber sonst verläuft das umfangreiche Programm wie selbstverständlich ohne Hast und Hetze…

Am nächsten Tag, bei der Fahrt durch eine bergige Landschaft mit viel Kurven, die die Ausläufer des Hohen Atlas präsentiert, bieten uns die knorrigen Argania-Bäume, wegen ihres harten Holzes auch „Eisenbäume“ oder „Ziegenbäume“ genannt, ein lustiges Erlebnis.

In ihren Kronen fressen nämlich Ziegen die Früchte ab und scheiden deren Kerne danach aus. Da diese jedoch 60 % Öl enthalten, werden sie von den Einheimischen eingesammelt, die daraus Öl herstellen. Natürlich schadet das, den nur in Süd-Marokko vorkommenden Arganien, daher sieht man oft auch kahle Exemplare davon. Es dauert nicht lange und wir können uns von den Kletterkünsten der Ziegen überzeugen und eine Anzahl von ihnen beim genüsslichen Fressen in den Kronen beobachten. Nachdem einige Gruppenteilnehmer die Szenen fotografieren, stürzen sich sofort die Hüter der Herden, Bakschisch fordernd auf uns.

Wir wurden ohnedies vorgewarnt, bettelnden Kinder kein Almosen zu spendieren. Im Falle der Bettler gelte dies aber nicht, denn diese seien voll in die Gesellschaft integriert und bildeten einen beachtlichen Status darin. Außerdem sei es im Islam Pflicht, Spenden an Arme zu geben.

Wieder an der Küste, verhilft mir ein Halt im Ort Tamir zu einer Kostprobe des köstlichen Minze-Tee und einen Bummel entlang der Hauptstraße, zu einem Markt, wo Berge von Gemüse, Fischen und Gewürzen, viele, viele Menschen anlocken. Ein Gaukler sorgt für Unterhaltung.

Am Kap Rhir mit Leuchtturm vorbei, findet in Agadir, das nach dem Erdbeben von 1960 an anderer Stelle „erdbebensicher“ aufgebaut worden, bzw., vieles, wie z.B. der Hafen, der sich zum größten des Landes entwickeln soll, noch nicht fertiggestellt ist.

Ein Zementwerk und andere Industrie ist angesiedelt und auch Elendshütten sind auf dem „riesigen Bauplatz“ erkennbar.

Das Restaurant für das Mittagessen liegt direkt vor dem breiten, goldgelben Sandstrand, der sich noch über 100 km fortsetzen soll. Er ist fast menschenleer, lediglich ein paar Einheimische beleben ihn.

Der Reiseleiter erzählt uns, dass 1911, als der deutsche Kaiser Wilhelm II., angesichts des französischen Engagements in Marokko, das Kanonenboot Panter nach Agadir gesandt hatte, es damals bereits beinahe zum 1. Weltkrieg gekommen wäre.

Bei der Fahrt durch dieses berühmteste Touristenzentrum, empfinde ich die Stadt als ungeordnet, nicht gewachsen, aus deren Wirrwarr die weißen, Komfort-Hotelkomplexe wie Oasen heraus ragen.

Wir überqueren den Sous-Fluss.

Das Sous-Tal, das landwirtschaftlich genutzt wird, liegt zwischen dem Anti-Atlas und den Ausläufern des Hohen Atlas – der zusammen hängende Gebirgszug des Mittleren, des Hohen und des Anti- Atlas durchzieht Marokko von Südwesten nach Nordosten.

Wir sind auf dem Weg nach Tiznit, das nur 300 km von der südlichen Landesgrenze entfernt ist.

Die Stadt und ihre aus Lehm gestampfte Mauer stammt aus dem 19.Jhdt, sie wirkt in den Seitengassen

recht malerisch, der große, rechteckige Platz ist allerdings von Autos überfüllt. Als Ausflugsziel von Touristenbussen aus Agadir, wird man hier auch ständig von Händlern belästigt und zum Eintreten in deren Läden animiert.

Gelbbraun zeigt sich die Erde, nachdem wir uns landeinwärts dem Anti-Atlas nähern.

Die Fahrt zu ihm gleicht einer Tour in die Vergangenheit…

Auch heute noch dominieren hier magische Vorstellungen.

Bergig und interessant mit viel Argania-Bäumen gestaltet sich das Landschaftsbild… ab und zu tauchen im Gelände Lehm ummauerte, kleine Siedlungen auf.

Immer höher recken sich Berghänge, umschließen die Straße.

Ein weißes Haus hinter einer gelben Lehmmauer zeigt eine Verzierung mit Zacken und Spitzen… sie soll vor Dämonen schützen.

Es folgen Palmen-Oasen vor gebirgigem Hintergrund, dann wieder Siedlungen… das ist der typische Anti-Atlas!

Die Straße steigt bis zu 1300 m an und ist 1935 von den Franzosen erbaut worden.

Auf der Passhöhe umgibt uns eine grandiose Landschaft. Wir halten kurz an… die Sonne färbt einen Teil der Felsen rötlich, während der Himmel im Hintergrund dunkelgrau bleibt.

Auch die Abfahrt ist imposant… immer wieder finden sich Siedlungen auf Hängen. Berber-Frauen, unverschleiert, in bunten Kleidern, begegnen uns. Für wenige Minuten leuchtet auch der Gipfel des höchsten Berges im Anti-Atlas blutrot, ehe die Sonne untergeht.

Tafraoute, unser heutiges Tagesziel, das wir nach 380 km in der Dunkelheit erreichen, liegt 1000 m hoch und das Hotel auf einem Hügel wirkt ein wenig altertümlich. Die Zimmer sind hoch, ein ungedeckter Innenhof lässt uns die abendliche Kühle spüren. Elektrizität gibt es nur per Generator, der zwischen 11 und 12 Uhr abgestellt wird. Kerzen sind in jedem Zimmer vorhanden.

In Tafraoute leben Berber, die dem Stamm der Schlöh, einem der 3 Stämme, die einen großen Anteil der in Marokko, besonders in Gebirgsregionen ansässigen Berber, stellen.

Woher die Berber eigentlich stammen, ist ziemlich unbekannt. Verwandt mit ihnen sind die Guanchen, Teneriffas Urbevölkerung und die Tuaregs in Nordafrika, die Nomaden geblieben sind.

Die Ägypter bezeichnen die Numidier, die Garamanten und die Lybier als ihre Vorfahren.

Bei den Tuaregs hat sich eine Schrift erhalten, die aus dem Alt-Lybischem und Alt-Phönizischem stammt.

Genetisch rechnet man die Berber zu der Cro-Magnon-Rasse, jener aus Afrika stammenden und nach Europa eingewanderten Menschen, die als echte Homo sapiens gelten.

Die Felsmalereien in der Höhle von Lascaux und andere in Frankreich und Spanien sind vergleichbar jenen, die in Höhlen in Nordafrika entdeckt worden sind.

Die Schlöh im Anti-Atlas haben für den Anbau von Gerste,terrassierte Flächen geschaffen, es werden auch noch vorgeschichtliche Riten hier zelebriert und geheiligte Handlungen, wie sie im Altertum üblich waren, durchgeführt. Ein animistisches Weltbild herrscht vor mit Bräuchen aus grauer Vorzeit.

In verschachtelnden Dörfern mit Häusern aus Stampf-Lehm wohnend, unterscheiden sich diese Berber-Stämme des Anti- und Hohen-Atlas doch sehr von denen in den Städten und den arabisierten Berbern.

Erst am folgenden Morgen, eröffnet mir der Blick aus dem Fenster, die atemberaubende Schönheit der

Landschaft. Riesige Granitfelsen lagern verstreut um das Hotel und rötliche Berge steigen um diese Oasenstadt ringsum empor.

Nur wenige Kilometer sind es von Tafraoute ins Tal der Ammel, wo ein Berber-Stamm seine Wohnbauten an den Fels geklebt hat. Die drei Dörfer, die wir an einem Hang erkennen, sind heute jedoch bereits vielfach verlassen. Mit einem einheimischen Führer spazieren wir fast 2 Stunden lang durch einen dieser Orte und begegnen kaum Menschen.

Doch dann taucht eine Frau in einem dunkelblauen, wunderschön bestickten Umhang auf, die mit Hilfe eines Esels den Acker pflügt. Als sie uns erblickt, unterbricht sie abrupt die Arbeit, bindet den Esel an einen Baum und verschwindet blitzartig zwischen den Bäumen.

Ein anderes Mal steht eine tief verhüllte, in Schwarz gekleidete Frau total verschreckt und reglos wie eine Säule vor einer Hauswand. Sie kann nicht fliehen und fürchtet offenbar den „bösen Blick“, an den im Anti-Atlas immer noch geglaubt wird.

Unterhalb dieser Oase wuchert eine faszinierende Vegetation… Arnagia-, Johannisbrot-, Ölbäume und eine Menge von Feigenkakteen und Palmen gedeihen hier.

Mit dem Bus erreichen wir noch eine andere Oase… am Abhang eines Felskegels – Hut des Napoleons genannt – befinden sich neue, moderne Häuser, die reichen Leuten aus dem Norden gehören. Wir blicken auf einen Turm und eine große Kasbah.

Man erzählt uns, dass früher die verschiedenen Stämme keinesfalls miteinander befreundet waren, sondern sich vielmehr in einer Art Schachbrettmuster bekriegt hätten, das heißt, sie verbündeten sich oft kreuzweise, wie es in vorchristlicher Zeit bei den Germanen üblich war. Diese Sitte hätte sich bis zum Erscheinen der Franzosen erhalten, die ihr dann, teilweise mit Gewalt, den Garaus bereiteten.

Nach dem Mittagessen im Hotel in Tafraoute, fahren wir auf anderer Strecke zurück in nördliche Richtung, erklimmen einen 1600 m hohen Pass und gelangen in den Bezirk eines anderen Berber- Stammes. Auch hier ziehen sich die Frauen, sobald sie uns sichten, schnell den Schleier vom Kopf, übers Gesicht.

Der Anti-Atlas, dessen Faszination wir ein wenig beschnuppern können, ist ein geologisch uraltes Gebirge, bis zu 2531 m hoch und stellt einen Teil der afrikanischen Masse dar. Er unterscheidet sich daher grundlegend von dem im Tertiär gefalteten Atlas-System.

Der Dämonenglaube wurde durch die Islamisierung der Berber-Stämme nicht gebrochen, eher verstärkt. Djins heißen jetzt die Geister, die positiv, aber auch negativ sein können.

Immer wieder tauchen unterwegs auch Heiligen-Gräber, die „Marabut“ auf, sie ragen mit ihren weißen Kuppeln unübersehbar aus der Landschaft.

In Taroudant, einem einst wichtigen Handelsplatz ist nach 250 km eine weitere Übernachtung, diesmal in einem ehemaligen Palast erreicht. Diese Hauptstadt des Sous-Gebietes besitzt eine 8 km lange Mauer, die 1520 – 1540 erbaut wurde.

Ein Labyrinth mit tropischen Gewächsen bepflanzten Wegen, die zu kleinen, intimen Plätzen führen, durchzieht das Areal. Diese verzweigte Gartenanlage führt auch zu den Zimmern, die exklusiv im marokkanischen Stil eingerichtet sind. Vom offenen Gang blickt man auf die Stadtmauer und den davor blühenden Bäumen. Ein orientalischer Märchenpalast!

Die Weiterfahrt am folgenden Tag führt durch flaches Land, in der Ferne begleitet uns rechter Hand die Bergkette des Hohen Atlas. Eine schöne Strecke, aber sehr unterschiedlich zum Anti-Atlas. Es gibt mehr Regen hier und daher auch Flüsse und Staudämme.

Eher einen sanften Pass-Übergang ohne Haarnadelkurven, stellt mit 1700 m einer der 4 Übergänge im Hohen Atlas dar. Durch eine Wüsten ähnliche Ebene mit Weideland für Ziegen und Schafe nähern wir uns schließlich der „über den Atlas geworfenen Perle des Südens“, der Königsstadt Marrakesch.

Die heute auf über 1 Million Menschen angewachsene Stadt, war über Jahrhunderte hinweg der wichtigste Karawanen-Knoten-und Stützpunkt. Nach 295 km erreichen wir sie bereits gegen Mittag und fahren durch die von den Franzosen angelegte Neustadt mit breiten Straßen, Palmen-Alleen und viel Grün in sie hinein.

Ein großes, ungemütliches Touristenhotel wird unser Quartier für 2 Nächte und bereits um 3 Uhr Nachmittag findet die Erkundung der Altstadt dieser „Metropole des Südens“ und Rivalin von Fes, der Hauptstadt des Nordens, statt.

Zwar trennt die Barriere des Hohen Atlas, die Süd-Marokkanische Halbwüste und die Sahara von Marrakesch, trotzdem offeriert diese den Charakter einer Oasenstadt, einer typischen Sahara-Siedlung.

Ein Ring von mehr als 100.000 Dattelpalmen umschließt sie, angelegt von dem Gründer der Stadt, einem Berber der Almoraviden-Dynastie 1071.

Sein Sohn baute die Stadt weiter aus, er drang über die Meerenge von Gibraltar vor und gewann die Oberherrschaft über Andalusien. Diese Vernetzung zwischen Marokko und Spanien währte viele Jahrhunderte.

In Spanien bezeichnete man die fremden Eindringlinge als „Mauren“. Dieser Begriff leitete sich über das Königreich Mauretanien und das griechische „mavros“ (dunkel) ab… womit die in Nordafrika lebenden Nomadenstämme der Berber gemeint waren, die im 7.Jhdt arabisiert, die Araber als kämpfende Truppen, bei der Eroberung Spaniens unterstützten.

1269 eroberte die Dynastie der Meriniden Marrakesch, wählten aber als ihre Residenz das nördliche Fes. Erst im 16. Jhdt als die Saaditen an die Macht gelangten, wurde Marrakesch abermals Königsstadt und verlor seine Bedeutung erst, mit dem heute noch amtierenden Königshaus der Alaouiten

Mehr oder weniger abgewandelt von Mraksch (Stadt) erhielt das ganze Land schließlich den Namen Marokko.Zu Fuß erforschen wir gemeinsam die von einer Mauer eingeschlossene Altstadt, die durch wunderschöne Tore – wie dem von Agenau – abgeschirmt ist. Durch schmale, unebene Gassen mit kleinen Verliesen, in denen Handwerker sägen, hobeln, Scheren schleifen – oft arbeiten auch Kinder – tut sich eine ärmliche, schmutzige Welt ohne Romantik auf. Das Handwerker-Viertel befindet sich etwas außerhalb vom eigentlichen Souk, in dem es wesentlich geschäftiger und echt orientalisch zugeht. Auch hier wird geschmiedet und gehämmert und im Viertel der Färber hängt quer über kleine Plätze und Gassen, die Wolle zum Trocknen.

Groß, vielfältig und bunt übertrifft dieser Souk alle, die ich bisher gesehen habe.

Äußerst lästig empfinde ich bei diesem gemeinsamen Bummel die vielen Händler, darunter auch eine Menge unverschleierter Frauen – Marrakesch ist eine Stadt der Berber – die uns bei diesem Rundgang dicht auf den Fersen bleiben und fast mit Gewalt versuchen, uns irgend etwas aufzudrängen.

Vor dem berühmten Platz Jemaa-el Fna wird die Ben Jusuf-Medersa besucht. Gegründet um die Mitte des 14. Jhdts von einem Meriniden-Sultan, entwickelte sie sich unter einem Saaditen-Sultan zur größten Koranschule des Maghreb. Heute Museum, besticht sie durch prachtvolle Stuckarbeiten und Holzschnitzereien und einem schönen Hof.

Sehr interessant ist danach auch der Blick in de Kuppel eines Heiligen-Grabes, also eines Marabut unter dem Straßenniveau, das zu einem Ruinen-Komplex gehört, aus dem 11. Jhdt stammt und erst vor kurzer Zeit ausgegraben worden ist.

Und dann folgt die Hauptattraktion der Stadt: Jemaa-el Fna – „Versammlung der Toten“, ein Platz der riesengroß, sehr belebt, heute eine Stätte des Vergnügens darstellt.

Kaum vorstellbar, dass früher hier die Köpfe der Hingerichteten, Gehenkten und Geköpften auf langen Stangen zur Abschreckung ungehorsamer Untertanen als „Sultans-Orangen“ so lange zur Schau gestellt wurden, bis die Geier alles Fleisch daran vertilgt hatten.

Heute tummeln sich Märchenerzähler, Schausteller, Akrobaten und natürlich Schlangenbeschwörer auf seinem Boden, von Zuschauern umkreist. Wasserverkäufer in bunter, von Klunkern besetzter Tracht bieten Erfrischungen an, Trommeln begleiten die Akrobaten, die als Berber, einer besonderen religiösen Sekte angehören und auch die Schlangenbeschwörer haben eine lange Tradition, sind Mitglieder eines Ordens und müssen eine Schule absolvieren.

Von der Terrasse eines Cafes können wir das Treiben unter uns besonders gut beobachten und je näher die Dämmerung rückt, umso turbulenter wird es unter uns. Tische und Stühle werden aufgebaut, Sardinen und Fleischspieße gegrillt.

Per Bus ins Hotel zurück, folgt bald die nächste Attraktion, die freiwillige Teilnahme an einer „Fantasia“… Reiterspiele, die früher Höhepunkte der Feste für den Sultan waren und auch heute noch im Mai/Juni, wenn der König mit seinem Gefolge in ein Gebiet seines Reiches kommt, durchgeführt werden.

Für uns zahlende Touristen, findet das Spektakel mit Abendessen und Folklore, in einem riesigen, orientalischen, nach außen offenen Zelt statt. Das köstliche Mahl wird auf niederen Tischen serviert, vor denen je 9 Leute auf Hocker, die ganze Zeremonie verfolgen. Gekrönt wird die Vorstellung in alten Kostümen, von eben diesem traditionellen Reiterspiel… da preschen draußen die Pferde auf kurzer Strecke in vollem Galopp vor und werden dann mittels Schuss aus alten Vorderladegewehren ihrer Reiter, plötzlich zum Stehen gebracht.

Zum Schluss defilieren die Volksgruppen, verstärkt durch Kamele und den Pferden, mit Fackeln draußen am Publikum vorbei.

Am nächsten Tag werden die Besichtigungen in Marrakesch fortgesetzt. Wieder zu Fuß, spazieren wir durch die Mellah – das alte Judenviertel – wo der marokkanische Alltag deutlich wird und in Läden, so klein wie Mauernischen, auch Kinder nähen und bei der Arbeit helfen.

Der Bahia-Palast aus dem 19.Jhdt, der für den Großwesir des Sultans nach andalusischem Vorbild errichtet wurde, ist mit Gärten und Innenhöfen ausgestattet und mit Arabesken und bemalten Holzdecken, herrlich ausgeschmückt.

Ein zweiter Palast, einem reichen Kaufmann gehörend, gibt als Museum mit Teppichen, etc. Zeugnis vom Kunstsinn der Berber.

Und der Besuch einer Teppichfabrik, wo ebenfalls Kinder beschäftigt sind, informiert über die diffizile Arbeit an diesen wertvollen Stücken.

Das Kutubija-Minarett, ein Wahrzeichen der Stadt und der 3 km entfernte Agdal-Garten beschließen das reichhaltige Vormittagsprogramm, von dem ich mich dann im sonnigen Hotelgarten beim Mittagessen in der Umgebung prächtiger Pflanzen, erst einmal ein wenig erholen muss.

Für den freien Nachmittag, entschließe ich mich danach zu einem nochmaligen Besuch des Jemaa-el Fna, um allein – selbstverständlich ohne Handtasche, Geld, Fotoapparat – Schmuck wird bei Reisen ohnedies nicht mitgenommen – die Atmosphäre dieses Zentrums zu genießen.

Durch die breite Straße der Neustadt erreiche ich den Platz unbehelligt in einer halben Stunde.

Es ist bereits einiges los bei meiner Ankunft und ich reihe mich ungeniert in den Kreis der umstehenden Einheimischen ein, die sich um Märchenerzähler und andere Schausteller drängen. Niemand stört es, niemand beachtet mich..

Da sitzt beispielsweise ein Händler, der rundum Schälchen mit Gewürzen um sich gruppiert hat. Zwei Meerschweinchen bereichern, herum spazierend die Szene, in der dieser Mann lebhaft gestikulierend und erzählend, die Gewürze mischt.

An anderer Stelle versuchen sich zwei Jungen im Boxen…

Natürlich fehlen auch die Schlangenbeschwörer nicht und wieder anderswo erklärt ein Mann mit Tauben lautstark irgendetwas, das ich leider nicht verstehe.

Wahrsagerinnen hocken am Platzrand und animieren die Vorübergehenden, ihre Kunst in Anspruch zu nehmen.

Ich spaziere auch noch ein Stück in den Souk hinein, schlendere durch die Gassen und werde auch hier weder bedrängt noch beachtet. Vor allem achte ich darauf, nicht die Orientierung zu verlieren.

Es fällt mir schwer, mich von diesem fremden Flair zu trennen und ich kehre erst kurz vor Einbruch der Dunkelheit ins Hotel zurück.

Durch den Palmenwald verlassen wir „die Perle des Südens“ und kommen bald in die Berge hinein. Ein Schnee bedeckter Gipfel des Hohen Atlas bezeugt, dass uns nun ein neues, faszinierendes Porträt von Marokko erwartet. Linker Hand beweisen dicht bewaldete Hügelketten – Thuja, Oliven, Silberpappeln – den offensichtlichen Gegensatz zur Südseite des Hohen Atlas, der ein wenig an die Schweiz erinnert. Und dieses Panorama können wir bei strahlender Sonne bewundern! In einem Flusstal tauchen Häuser auf. Es wird Gerste und sogar Weizen angebaut. Immer wieder werden in Marokko gefundene Versteinerungen von Tieren,zum Kauf angeboten.

Die erste Pause erwartet uns in der Nähe der Passhöhe Tizi-n-Tichka mit 2260 m.

Niedere Hütten, in denen Läden und Cafes einquartiert sind, säumen an beiden Seiten die Straße. Wieder zeugen Versteinerungen von, vor uralter Zeit entstandenen Lebensformen unter anderen klimatischen Verhältnissen.

Hier kaufen wir auch einigen Proviant für das heute geplante Picknick ein. Die folgende Auffahrt auf neuer Straße zum Pass bietet spektakuläre Blicke.

Dann findet ein Abstecher statt, der nur bei gutem Wetter auf sehr schmalem Weg möglich ist… er belohnt uns mit einer Sicht auf ein weites Tal mit ein paar Siedlungen und die Kasbah des El Glaoui in 1800 m Höhe.

Es handelt sich um eine riesige Wohnburg, in der, zur Zeit des El Glaoui 1000 Menschen wohnten, rauschende Feste gefeiert wurden und auf dem freien Platz davor, Reiterspiele stattfanden.

Wir besichtigen den Komplex, der jedoch verwaist, dem Verfall preisgegeben ist. Von der Dachterrasse kann man das ganze Land übersehen. Wer war dieser El Glaoui …?

Ursprünglich handelte es sich um einen Stamm, der im Hohen Atlas ein Mini-Territorium bewohnte. Die Familie besaß Salzminen.

Üblich ist, dass jährlich ein neues Stammoberhaupt gewählt wird, der Clan El Gloui gab jedoch seine Führungsposition nicht mehr auf und es gelangte ein großes Gebiet, einschließlich Marrakesch, noch vor dem Einzug der Franzosen, in ihre Hand. Despotisch beuteten sie das Land aus, verbündeten sich mit den Franzosen, die den amtierenden Sultan Mohammed V ins Exil nach Frankreich schickten.

Immer wieder gab es Aufstände und Gemetzel, bis 1956 das Protektorat aufgegeben und Marokko selbständig wurde. El Gloui starb 80-jährig, sein Grab ist unbekannt. Auf diese Familie gehen jedenfalls die vielen Kasbahs, also Wohnburgen zurück.

Nach eingehender Besichtigung, findet unser Picknick dicht bei der Burg, inmitten einfacher Lehmhütten, auf, am Boden ausgebreiteten Teppichen sitzend, vor den Augen der freundlichen Bewohner statt.

2 Kühe, Hühner, 1 Esel, etc. und viele Kinder… eben eine ganze Familie, schauen uns freundlich lächelnd beim Mahl zu.

Zurück zur Passhöhe und wieder bergab verändert sich abermals die Landschaft und zeigt sich allmählich Wüsten ähnlicher…

Die Berge treten zurück.

Wir wählen wieder eine Abzweigung zum Ort Ait ben Haddou, wie üblich nach dem Stamm benannt, der ihn bewohnt…

Ein Festungsdorf, in dem uns im strahlenden Sonnenlicht die Wohnburg entgegen leuchtet.

Es handelt sich um eine der schönsten Berber Siedlungen, die aus zahlreichen Kasbahs besteht.

Eine romantische Kulisse, die tatsächlich bereits für 3 Filme Pate gestanden hat. Dafür wurden sogar noch 2 Tore dazu gebaut… Die zerfallene Stadtmauer oberhalb, wurde dagegen schon von den Franzosen angelegt. Heute herrscht ebenfalls Aktivität, scheinbar wird wieder ein Film gedreht.

Wir stapfen vom neuen Ort Ait ben Haddou, durch einen, wenig Wasser führenden Fluss, auf die Wohnburgen hinauf, die sich auf 300 Jahre zurückführen lassen und spazieren durch die unebenen, schmalen Gassen, verfolgt von bettelnden Kindern.

Auch diese Siedlung ist fast verlassen, denn die Leute haben sich vielfach am anderen Ufer neue Häuser gebaut.

Die Nacht verbringen wir im nicht weit entfernten Quarzazate, das erst in den 20er Jahren des 20.Jhdts entstanden, französische Garnison war und jetzt marokkanische Garnison ist.

Immer noch 1100 m hoch, wird es nachts empfindlich kalt, aber das moderne Hotel besitzt Heizung.

164 km südlich davon, liegt die moderne Stadt Zagora, die wir am nächsten Tag für einen Ausflug ansteuern. Wir überqueren dabei die Ausläufer des Anti-Atlas. Entsprechend dem Wüstencharakter der Umgebung macht sich der Temperatur-Unterschied bemerkbar. Tagsüber ist es heiß, nachts kalt.

Der niedrige Pflanzenwuchs zwischen den Steinen reicht gerade noch für Ziegen und Schafe.

Felsschluchten ziehen sich ins Tal der Draa hinunter. Das Kalkgestein ist kalkhaltig, da in diesen Ausläufern der Sahara vor Urzeiten, Meeresboden war.

Tamarisken und Palmen tauchen auf, sodass die Landschaft trotz der kahlen Wüstenberge dahinter, freundlich wirkt.

In dieser Oase lebt sesshafte Bevölkerung, die keinen bestimmten Stamm angehört. In ihrem Völkergemisch befinden sich auch viele Negride – Nachkommen ehemaliger Sklaven.

Es herrscht viel Betrieb auf den Straßen, Frauen sind oft auffallend farbenfroh gekleidet und meist unverschleiert.

Der Rahmen… eine Mixtur aus Palmen, gelben Lehmdörfern und dahinter Wüstenberge.

Während des 20-minütigen Aufenthalts in Zagora wird in der Gruppe beschlossen, noch eine kleine Sonder-Tour nach Tamegrout, zu unternehmen. Erst kürzlich ist die Straße dahin asphaltiert worden.

Wir kaufen schon mal Proviant für das heute geplante Picknick ein, dass dann im Haus des Bürgermeisters von Zagora, verbunden mit einer Tee-Zeremonie stattfinden soll.

Aber erst einmal führt unser Weg durch die Wüste rechts und links der Straße, bis diese aufhört und nur Wüste um uns herrscht.

Tamegrout empfängt uns als Lehmoase, von Palmen umgeben, mit grimmigen Gestalten und einer Unzahl bettelnder Kinder, ein Milieu wie in biblischen Zeiten…

Doch es besitzt eine Bibliothek und ist Sitz einer Zwiyas, einer religiösen Bruderschaft. Solche Vereinigungen werden meist von einem Heiligen, also Marabut gegründet. Die Zwiyas sind Glaubensmissionare, die predigend durchs Land ziehen. Die bedeutendste ist im Draa-Tal, die von Tamegrout, wo wir einen Raum der Bibliothek besichtigen dürfen, der äußerst interessant ist. Er beherbergt 4000 Bände. In Vitrinen lagern großartige Kunstwerke… Kalligraphie, Ornamente Gold verziert, arabische Handschriften, etc…

Danach spazieren wir zwischen Lehmmauern und engen Gassen voll Wüstensand, durch dunkle Gänge zum Markt, der uns den Orient aus den Zeiten der großen Karawanen, vorführt.

Die predigend herum ziehenden Bruderschaften, sind von der Regierung nicht gern gesehen.

Wir sehen uns das Heiligtum der hier ansässigen Bruderschaft, von außen an.

Drei Frauen hocken in dem gedeckten, kleinen Vorbau und nähen… ein erbarmungswürdiger Bettler, streckt uns seine Hand entgegen, verrotzte Kinder umringen uns.

Auf dem Platz vor diesem Marabut wurden oder werden noch Tiere geopfert.

Ein blühender Eukalyptusbaum auf dem Rückweg nach Zagora, erregt unsere Aufmerksamkeit und in der Stadt angekommen, steigen wir vor dem Lehmziegelhaus des Bürgermeisters aus.

Durch einen ummauerten Gang, der um die Ecke angelegt ist, gelangen wir in ein traumhaft schönes Palmen-Areal, wo an einem mit Teppich belegten, von Stroh überdachten Platz, unser Imbiss vorbereitet ist. Auf einem niederen Tischchen, appetitlich angerichtet, sitzen wir davor, verteilt auf einem ebenfalls mit Teppich bespannten Mäuerchen und der Bürgermeister, assistiert von einem Diener, zelebriert würdevoll das feierliche Ritual der Tee-Zeremonie. Ebenso respektvoll wurden wir vom Oberhaupt der Stadt begrüßt und nach dem Genuss der eingekauften Köstlichkeiten und des dargebotenen Tees, wieder verabschiedet.

Als Kontrast zu den Gepflogenheiten, wie sie auch heute noch in einem traditionsbewussten Haus gepflegt werden, führt uns die Fahrt zurück zum Hotel in Quarzazate deutlich vor Augen, wie viel Armut besonders im Süden Marokkos, herrscht.

Eine unvergessliche Fahrt ins Tal des Dades auf der „Straße der Kasbahs“ wird uns am folgenden Tag beschert. Das Gebiet war ebenfalls einst im Herrschaftsbesitz der Familie El Glaoui.

180 km sind es bis Boumalne, 1700 m hoch gelegen, wo wir erst einmal unser Quartier für die Nacht beziehen. Es ist 11 Uhr Vormittag, und der moderne Bau im alten Kasbah-Stil liegt hoch über den Lehm farbigen Wüstenort neben einer alten Kaserne.

Sofort nach dem Einzug starten wir zu dem nach Norden abzweigenden eigentlichen Dades-Tal, und diese Fahrt ist wahrhaft begeisternd.

Am Fluss glänzen hell silbrig die Silberpappeln, pittoreske Bergformationen leuchten darüber in Farbabstufungen von Gelb bis Rot, im Tal sieht man Äcker. Immer neue Eindrücke überfallen uns: Dörfer, (Ksar) – Siedlungen vor bizarren Felsformationen, hohe Häuser an Felsen gestaffelt…

Hier sind die Menschen wieder hellhäutiger. Oft sieht man Frauen, deren Stirne ein Schmuckstück ziert. Es soll gleichzeitig vor dem „bösen Blick“ schützen.

In ca. 2000 m Höhe findet dann in einem kleinen Dorf-Gasthaus mit winzigen Räumen, das Mittagessen statt, was sich infolge der Größe unserer Gruppe lange hinzieht, aber köstlich frisch schmeckt.

Zu der Fahrt auf der Plattform eines offenen Lastwagens noch höher in die Berge hinauf , verweigere ich die Teilnahme und spaziere in dieser Zeit lieber zu Fuß mit einer Dame der Gruppe die staubige Straße ein Stück weiter, um in Ruhe das herrliche Panorama zu genießen.

Die Felsen verengen sich schluchtartig, tief unten zwängt sich der Dades-Fluss durch die Barriere. An seinen Ufern ist aber Platz für Silberpappeln, um die sich ein wenig grün bepflanztes Land ausbreitet.

Auf der Rückfahrt nach Boumalne bewundern wir nochmals die einmalige Naturkulisse, ehe wir in unserem ebenso netten, wie kalten Nachtquartier, diesen wunderschönen Tag beenden.

Bereits um 7 Uhr früh ist Start von Boumalne, wo bald nordöstlich

das Todrha-Tal abzweigt, dem wir folgen. Ein erster Aufenthalt findet in der Flussoase Tinerhir statt. Palmen und grüne Felder dehnen sich vor der großen Siedlung am Hang aus. Je höher wir danach der Straße bergauf folgen, umso eindrucksvoller wird das Panorama. Die Berge rücken immer näher zusammen und schließlich liegt die Todhra-Schlucht mit steilen, roten Felswänden vor uns. Eine halbe Stunde Zeit wird uns gewährt, sie ausgiebig zu bewundern.

Es ist kalt hier unten in der Schlucht und zurück in Tinerhir

folgen wir der Straße in Richtung Erfoud, wo die Landschaft einen wüstenhaften Charakter annimmt. Hier kamen oft Nomaden mit ihren Kamelen durch, die aber immer mehr von den LKWs verdrängt werden.

Wir befinden uns jetzt im Tafilalet, der großen Oase zwischen 2 Flüssen im tiefen Süden Marokkos, wo sich noch puritanische Sitten erhalten haben und Frauen sich nur tief verschleiert zeigen.

10 km hinter Erfourd, unserem heutigen Nachtquartier, landen wir in Rissani nach dem Spaziergang durch das Dorf, in einem Teppichlager, in dem handgewebte, in den Wüsten gefertigte Teppiche gezeigt und zum Kauf angeboten werden, die nicht gerade billig sind.

Ein Palmenhain umgibt das Hotel in Erfoud, wo wir bereits zum Mittagessen eintreffen.

Das Tafilalet,ist das Stammgebiet der bis heute herrschenden Alouiten-Dynastie, die 1663 an die Macht kam und wird daher vom König sehr begünstigt.

Für den Nachmittag wird eine Fakultativ-Fahrt mit dem Jeep in die Wüste Mazeurga mit ihren Sanddünen angeboten, an der ich nicht teilnehme und die Zeit lieber für einen Spaziergang durch den Palmenhain nütze. Gleich am Hotel verfolgen mich 2 Burschen, die offenbar den Guide spielen wollen und die ich nur mit Mühe und sehr energisch abwimmeln kann. Dann aber genieße ich den Bummel durch diese Oase in vollen Zügen… Ich bin allein, alles um mich ist still und friedlich und die Luft mild. Nur die ausgetrockneten Gräben und der spröde, aufgerissene Boden zeigen die Wassernot, mit der die Menschen in dieser Region zu kämpfen haben.

Immer das Hotel im Blickfeld, kehre ich um 5 Uhr, zufrieden mit den paar Stunden Freizeit, dahin zurück.

Am nächsten Morgen führt unser Weg endgültig nach Norden. Wir haben dabei 2 Pässe zu überwinden, einen über den Hohen- später über den Mittleren Atlas. Das Wetter ist leider trüb und der Himmel bewölkt.

Die Straße, die wir benutzen, stellt die einzige direkte Verbindung zwischen dem Norden und dem Süden dar. Sie windet sich durch gelbbraune, nur mit spärlichen grünen Büscheln bewachsene Felsberge.

An einem von Bergen begrenzten Hochplateau kommt die Sonne durch, hier ist die Heimat der Nomaden, bzw. Halbnomaden.

Nach Überquerung des Hohen Atlas wird in Midelt Mittagspause gehalten. Es windet arg, wir dürften noch 1500 m hoch sein.

Unterwegs im Mittleren Atlas, wo Steineichen und Zedern wachsen, bietet uns das Wetter mit Regenschauern, Sonne und laufend veränderter Wolkenbildung, ein interessantes Intermezzo seiner Möglichkeiten.

Die Häuser der wenigen Siedlungen tragen einen anderen Charakter wie bisher. Sie sind flach, aus Stein, nieder und manchmal weiß getüncht. Wieder geht es hoch bis 2200 m.

Der Mittlere Atlas, erhält neben dem Rif, das sich im Norden die Mittelmeerküste entlang zieht, den meisten Regen. Wir merken es, er spendet ihn auch uns zeitweise.

Noch eine Kaffeepause auf dem Weg zur zweiten Königsstadt Fes, erfrischt uns in Ifran, einem Wintersport- und Kurort in 1650 m Höhe.

Welch‘ ein Kontrast bietet sich hier gegenüber den vergangenen Tagen.

Häuser im europäischen Stil mit roten Dächern und ein Mini-Schlösschen, das dem König gehört, versetzen uns zurück in unsere von der Zivilisation beherrschte Welt!

Jetzt verlassen wir auch das Berber-Gebiet und nähern uns den arabisierten Städten. Nur in den Städten hatten ja die Sultane volle Autorität, während bei den Berbern, die Stammesführer den Ton angaben.

Obwohl die Berber bis heute „geschichtslos“ lebten, haben sie in der Geschichte eine große Rolle gespielt. Berberische Hilfstruppen waren es schließlich, die Spanien eroberten! Aus Spanien dann durch die christlichen Könige vertrieben, flüchteten die, nun „Mauren“ genannten Eindringlinge, nach Nordafrika. Sie waren den einheimischen Berbern inzwischen überlegen und erweckten deren Misstrauen und Neid. Doch die mitgebrachte andalusische Kultur entwickelte sich in der Folge zur städtischen Kultur Marokkos schlechthin. An Stilformen aus Andalusien orientierten sich nun die Koranschulen und Paläste in Fes… nie aber hat sich das Andalusisch-Maurische mit dem Berbertum vermischt.

Schon vorab werden wir während der Fahrt darauf hingewiesen, dass sich die Altstadt von Fes im Verfall befinden würde, da die reichen Leute ihre Häuser an die Peripherie verlegt hätten und jetzt nur das arme Volk diese „Medina aus 1001 Nacht“ bevölkere.

Aber immer noch sei, wie Casablanca das wirtschaftliche und Rabatt das politische, Fes ein religiöses Zentrum, in dem die Rechtsgelehrten eine große Rolle spielten. In Fes befindet sich auch das Grabmal Idris II., der 808 als 16-Jähriger, die Stadt gegründet hat.

Ein Aussichtspunkt stimmt uns dann auf die Medina – das Herz von Fes – die bereits im Dämmerlicht sich unter uns ausbreitet, ein.

Ein 4-Sterne-Hotel bietet uns große, schöne und vor allem beheizbare Zimmer für die nächsten beiden Nächte.

Ein gemeinsamer Fußmarsch von 3-stündiger Dauer soll uns am nächsten Tag in groben Zügen einen nachhaltigen Eindruck über diese Stadt vermitteln.

Es ist ausgesprochen kalt, doch die Sonne kündet schon beim Start um 8 Uhr früh, ihr Kommen an.

Natürlich gebührt dem Königspalast im Stadtviertel El Jedid, das die Dynastie der Meriniden, die auf die Almoraviden folgte, neu gründete, die erste Aufwartung.

Er beansprucht eine Fläche von 80 Hektar und der ganze Bezirk ist ummauert.

Seine riesigen Messingtüren, die vor 16 Jahren in Handarbeit gefertigt wurden, glänzen im Sonnenlicht wie Gold, während der Komplex noch im Schatten liegt.

Jeder Sultan, der in Fes regierte, baute sich auch einen neuen Palast, so entstanden immer mehr Gebäude, Gärten und Brunnen.

Durch die Hauptstraße der Mellah – dem Judenviertel – im gleichen Stadtteil gelegen, werden wir danach per Bus zum, mit bunten Kacheln geschmückten Bou-Djelland-Tor gefahren, durch das wir nun als Fußgänger, die Altstadt betreten.

Zwar drängen sich jetzt noch nicht allzu viele Menschen durch das Gewirr der Gassen, dafür müssen wir aber ständig den schwer beladenen Eseln, die stur vorwärts traben, Platz machen.

Am „Haus des Glockenspiels“ vorbei, folgt die größte Medersa (Koranschule) von Fes – geschmückt mit wundervollen Verzierungen, herrscht in deren Hof, im Gegensatz zu den Gassen, eine fast feierliche Stille.

Tatsächlich hat man beim Bummel durch diese Altstadt oft das Gefühl, dass manche Häuser – auch die Medersa – eine Renovierung nötig hätten.

Irgendwo im Gassen-Labyrinth taucht ein herrliches Tor auf… Kinder singen in einem Raum einer anderen Koranschule. 7 Stunden täglich müssen sie den Koran auswendig lernen, ohne die Sprache zu verstehen und das „Rohrstaberl“ bei Unaufmerksamkeit ist immer noch in Gebrauch.

Durch die Gassen zur Grabmoschee von Idris II, zwingen uns immer wieder die lammfrommen Vierbeiner mit ihrer Last zum Ausweichen, sie trotten unbeirrt durch die ständig wachsende Menschenmenge.

In das Heiligtum dürfen wir natürlich nicht hinein, aber wir stehen unvermittelt und ohne jegliche Orientierung vor einem Torbogen, der dahin führt. Das Sanktum, die Zone um das Monument, war früher Zuflucht-Stätte für Verfolgte.

Ganz in der Nähe und ebenfalls im Irrgarten von Menschen, Eseln und Gebäuden, leicht zu übersehen, erreichen wir die berühmte Moschee und Hochschule El Qarawin, die zwar eine große Fläche einnimmt, vor deren Tor wir aber ganz plötzlich, verdutzt stehen.

Die Bewunderung dieses Tores und ein flüchtiger Blick ins Innere mit einem Wald von Säulen, sind dann leider das einzige, was wir von diesem, seit Jahrhunderten bedeutendstem Zentrum des maghrebinischen Geistesleben, das mehr als 22.000 Gläubige fasst, als Erinnerung mitnehmen.

Überragende Kunst inmitten von Schmutz und Gedränge… letzteres erleben wir gleich danach im Gerberviertel, zu dem wir mit aufgekrempelten Hosenumschlag durch verwinkelte Gassen, deren Boden aus gestampften Lehm bestehen, aufwärts steigen.

Nicht nur, dass es in diesem Distrikt mächtig stinkt, arbeiten die Leute hier unter wahrhaft mittelalterlichen Bedingungen. Bottiche mit verschiedenen Farblösungen stehen dicht aneinander im Erdgeschoss. Darüber erheben sich 2 Galerien mit kleinen Verliesen, wo wiederum Menschen arbeiten.

Auf der obersten Galerie werden auf einem kleinen Plateau, Tierhäute eingefärbt. Auf der einen Seite des Vierecks wird schwarze Ziegenwolle in der Sonne getrocknet. Ein verwirrender Handwerksbetrieb voll Schmutz und Gestank.

Schließlich stehen wir auf einem hübschen Platz – dem Hauptplatz der Altstadt En Nejjarin, wo ein bezaubernder, kleiner Brunnen und das anschließende Tor, bzw. die Fassade eines Funduk – Herberge und Karawanserei zugleich – Begeisterung erweckt.

Der Brunnen gehört zu den schönsten dieser Art und die Fassade ist mit Stuck, Schnitz- und Mosaik-Verzierungen ausgelegt. Der Brunnen ist mit seiner glasierten Fliesen-Mosaik-Verkleidung und dem mit grünen Ziegeln gedeckten Zedernholz-Vordach, an den Funduk angebaut.

Der Funduk bietet Unterkunft für Mensch und Tier und ist zugleich Warenlager.

Um den Platz herum gruppieren sich Tischler-Werkstätten, in denen nach vorne hin offen, die Handwerker arbeiten.

Nach der weiteren Besichtigung einer besonders schönen Koranschule aus dem14.Jhdt landen wir schließlich im Labyrinth des Souk… Eine überdachte Gasse birgt Läden mit bunten Seidenspulen, als Zubehör für alles mögliche und im Viertel der Färber beobachten wir, wie Männer die Wollstränge, die vorher in grellen Farben gefärbt wurden, auswringen und zum Trocknen vorbereiten.

Ohne Führung würde man sich in dieser größten Medina Marokkos, hoffnungslos verirren.

Nach diesem Spaziergang durch eine fremde, exotische Welt, stärke ich mich im wunderschönen Hotelgarten in der Sonne mit einem delikaten Mahl und kann danach nicht widerstehen, den freien Nachmittag für einen nochmaligen Gang, zu einem Milieu, das an finstere, vergangene Zeit erinnert, zu unternehmen.

Diesmal in die Mellah, dem Judenviertel, das sich an den Königspalast im Stadtviertel El Jedid anschließt.

Durch eine prächtige Allee mit Palmen und Platanen, in der Neustadt immer geradeaus und an manch hübscher Ecke vorbei, finde ich es problemlos und erlebe auch hier eine der Medina ähnliche Atmosphäre, erfüllt von Betriebsamkeit, Menschen und Eseln. Unglaublich, womit überall gehandelt wird!

Gemächlich schlendere ich ohne Ablenkung durch Besichtigungen, durch die Gassen und kehre durch eine noch buntere, belebtere Parallelstraße, rechtschaffen müde ins Hotel zurück.

Der nächste Morgen empfängt uns wieder mit eisiger Kälte, aber das Erscheinen der Sonne verspricht einen klaren Tag, der uns durch ein fruchtbares, gut landwirtschaftlich genutztes Gebiet zum Ruinenfeld von Volubilis befördert. Leider lange als Steinbruch betrachtet, wird dort seit 1915 ausgegraben.

Es handelt sich um die bedeutendste römische Ruinenstätte Marokkos, deren Blütezeit 100 – 300 nach Chr war. Schon vorher bewohnt, wurde die Stadt nach dem Niedergang noch bis zum 8.Jhdt, von zum Christentum bekehrten Berbern, besiedelt.

Die größte Zerstörung erlebte sie durch das Erdbeben von Lissabon, durch das auch mehrere nordafrikanische Städte, betroffen waren.

Bei sonnigem Wetter spazieren wir zwischen Säulenresten und niederen Mäuerchen, die auf einstige Villen deuten, herum. Originelle Mosaik-Fußböden zeugen von Reichtum der einstigen Bewohner. Schade, dass sie ungeschützt der Witterung ausgesetzt sind, aber für die Moslems beginnt eben die Geschichte Marokkos, erst mit dem Islam.

Nur wenige Kilometer weiter, liegt dann malerisch in die Berghügel geschmiegt, die Stadt Molay Idris I, dem Begründer der 1. Dynastie Marokkos.

Hier befindet sich nicht nur sein Mausoleum, um das sich die Stadt erst formierte, es ist die Pilgerstätte für das ganze Land geworden.

Vom Kalif aus Arabien vertrieben, flüchtete Moulay Idris 1788 in die Gegend um Volubilis und wurde von den dort lebenden Berbern, freundlich aufgenommen. Er erhielt schließlich ein so großes Ansehen, dass diese ihre Religion wechselten und ihn zum Herrscher eines theokratischen Königreichs als Moulay Idris I machten. Er war Schiite und Urenkel des Propheten. 792 starb er eines gewaltsamen Todes. 2 Monate danach kam sein Sohn zur Welt, der mit 16 Jahren zum eigentlichen Gründer von Fes wurde.

Ein prächtiger Blick auf die Grabmoschee und die Stadt von einer Anhöhe, lohnt den steilen Anstieg, den wir dafür, zwischen kahlen, weiß gekalkten Häusern, begleitet von Händlern und Kindern, zu leisten haben.

Bis 1917 war jedem Nicht-Mohammedaner der Zutritt zur Stadt verboten.

Wir pilgern die Stufen bergab, wo uns in einem, nach andalusischem Stil eingerichtetes Restaurant in der Stadt, ein sündhaft teures, aber vorzügliches Mahl kredenzt wird.

Über den Marktplatz, wo Obst und Gemüse angeboten wird und an Devotionalien-Ständen vorbei, steigen wir zum Mausoleum hinab, in das wir jedoch nur von weitem hineinblicken dürfen.

Wieder nur eine kurze Fahrt ist es bis Meknes, der dritten Königsstadt, die vom zweiten Sultan der Alouiten (1627-1727) für kurze Zeit Residenz war. Es war Moulay Ismail, ein machthungriger Despot, der die Stadt zur Festung, mit zum Teil dreifachem Mauerring, zyklopenhaft ausbaute.

Die Ruinen dieser Königsstadt, in der es 50 Paläste gegeben hatte, stehen als erstes auf dem heutigen Besichtigungsprogramm.

Riesige Vorratsspeicher, Pferdeställe – Moulay Ismail besaß 12.000 Pferde – Zisterne und Wasserreservoir – einst war die Anlage überdacht – präsentiert sich nun unter freiem Himmel.

Die Stadt Meknes selbst, bestand ursprünglich nur aus einer Reihe verstreuter Siedlungen, erhielt erst 1145 den Status einer Stadt und wurde dann mit Hilfe christlicher Gefangener und Negersklaven von Moulay Ismail umgebaut. Er unterhielt ein 150.000 Mann starkes Heer. Damit gelang es ihm auch, die Berber-Stämme gefügig zu machen. 4 Frauen, ein Harem mit 500 Konkubinen bescherten ihm 800 Kinder… wird erzählt.

Wir besuchen das Mausoleum des menschlichen Monsters und auch die Moschee, die als einzige in Marokko von Nicht- Gläubigen betreten werden darf. Nur die Grabmäler selbst, sind wieder tabu.

Nach Moulay Ismails Tod zogen sich die Sultane bald nach Fes zurück.

Durch das großartige Monumental-Tor auf einem riesigen Platz – es gilt als das schönste in Marokko – betreten wir die Stadt Meknes und der anschließende Bummel durch die Medina hält weitere Einblicke in das Alltagsleben hier, bereit. Als interessante „Zugabe“ begegnet uns dabei ein Hochzeitszug, bei dem ein zylindrischer Aufbau, die Geschenke für die Braut, in deren Haus befördert.

Den Kunstgenuss steuert mitten in der Altstadt die Besichtigung der Bu Inaniya Medersa, zwischen 1331-1358 unter den Meriniden errichtet, bei. Vor allem der reiche Innenschmuck entzückt, damit zählt sie zu den schönsten des Landes.

Ein Blick in die Markthalle, auf dem Platz vor dem monströsen Portal, beschließt mit besonders künstlerisch drapierten Waren – Gewürze, Datteln, Oliven – den Besuch der dritten Königsstadt.

Damit ist bereits die vorletzte Nacht auf unserer Reise angebrochen, für die wir in einem Hotel, das voll von Militär – vermutlich Offiziere – belegt ist und wo mein Zimmer, dessen Fenster in den Hinterhof geht, nach Benzin stinkt.

Nach der Fahrt durch einen Korkeichenwald, mit kurzem Spaziergang darin, steuern wir die politische Haupt- und damit vierte Königsstadt, Rabat, an, die seit 1912 Regierungssitz ist.

Es ist eine Stadt des Lichts, eine Stadt, die vom Licht lebt, was besonders an klaren Tagen zum Ausdruck kommt.

Zu beiden Seiten eines Flusses gelegen, wurde Rabat im 9. und 10.Jhdt gegründet, erhielt im 10. Jhdt eine Kasbah, eine mohammedanische Klosterburg auf einem Felsen am Fluss.

Im 11. Jhdt kamen die Almoraviden, dann die Almohaden, die anstelle der Kasbah, eine Festung anlegten. Die Stadt sollte ausgebaut und mit einer Mauer versehen werden. Sie steht noch heute, aber zum Ausbau der Moschee und anderer ehrgeiziger Pläne kam es infolge der Niederlage der Dynastie durch die Spanier, nicht mehr. Nur das unfertige Minarett zeugt heute als „Hassan-Turm“ von dem großen Vorhaben.

Rabat fiel zurück in Bedeutungslosigkeit und verwandelte sich in eine berüchtigte Seefahrer- und Piratenstadt, die aus Rache vor allem spanische Schiffe überfiel und plünderte.

Nun residiert der marokkanische König hier, doch hält er sich viele Monate in Fes oder einem anderen seiner Paläste auf.

Über den Fluss fahren wir in die großzügig angelegte Stadt hinein, statten dem weitläufigen Platz mit dem Königspalast und der Moschee einen äußerlichen Besuch ab. Grüne Ziegel, die Farbe des Propheten, bilden die Dächer.

Per Bus wenden wir uns noch der nur 100 m entfernten, aber nur per Umfahrung zugänglichen Nekropole der Meriniden zu, wo uns ein mächtiges und auch sehr malerisches Tor in einen wunderbaren, grünen Garten mit blühenden Bäumen, entlässt. Herrliche Aussicht bietet sich auf eine Moschee, auf der 2 Störche brüten.

Mit einem letzten Blick über Säulenstümpfe hinweg, auf den Hassan-Turm, der mit 44 m seine geplante Höhe von 80 m nicht erreichte, verabschieden wir uns… begleitet von dem feierlichen und sehr melodischen Canon, der anlässlich des heutigen Freitags-Gebetes von der Moschee nach außen dringt,

von der islamischen Welt.

Sie hat uns für 2 Wochen einen Spalt ihres Vorhangs geöffnet und ein fremdes, aber faszinierendes Spektrum ihrer Kunst, ihres Alltags, aber auch ihrer Probleme ahnen lassen.

Was als abschließender Rahmen folgt, ist die Fahrt an der Atlantikküste entlang nach Casablanca mit einem Flair, das hier fast an die Mittelmeerküste erinnert.

Im Dreieck zwischen Rabat, Casablanca und Fes konzentriert sich das Kapital von Marokko, es verkörpert den Reichtum in einem großen Land mit so viel Rückstand und Armut.

Wie zu Beginn dieser außergewöhnlich interessanten Reise das Willkommen, so spendet uns das Hotel in Casablanca den Abschiedsgruß für die letzte Nacht, vor dem Rückflug in das Territorium unserer, modernen, nüchternen Zivilisation Mitteleuropas.