Sonnenscheinstaat der USA
Der wie ein Finger in den Atlantik ragende Zipfel des nordamerikanischen Kontinents – FLORIDA –
war wohl bereits Jahrtausende vor Christus von Menschen besiedelt und erlebte, bis er im 18.Jahrhundert als 27. Staat den Vereinigten Staaten von Amerika eingegliedert wurde, ein turbulentes Schicksal.
Neben Großbritannien und Frankreich hatte vor allem Spanien seinen Anspruch auf den subtropischen Landstreifen erfolgreich geltend gemacht. So mussten die Amerikaner dieses Territorium von dem damaligen Weltreich im Tauschhandel erwerben.
Anlass für unsere 4-wöchige Reise in diesen südöstlichsten Teil Nordamerikas ist im Jahr 1979 der Besuch bei meiner besten Freundin aus der Jugendzeit, die als Jüdin während der Diktatur Hitlers in Deutschland und Österreich, Zuflucht und Asyl in Amerika suchen musste.
Als Kinder eng miteinander verbunden, vermochte auch eine größenwahnsinnige Politik unseren Kontakt nicht zu zerstören und bereits im Jahre 1959 fand das erste Wiedersehen in New York, ihrem damaligen Wohnsitz, statt.
Hatte ich damals allein, ohne Kurt den weiten Weg gewagt, so sind wir diesmal gemeinsam unterwegs, um ihren, inzwischen als Winteraufenthalt erworbenen Wohnsitz, in Florida aufzusuchen.
In einer Maschine der Lufthansa genießen wir während des 10-stündigen Fluges alle Annehmlichkeiten, das dieses nach dem verheerenden Krieg aus Zerstörung und Not wieder auferstandene Deutschland, zu bieten hat.
Kopfhörer unterhalten die 265 Passagiere mit 7 Programmen, Filme flimmern über die installierten Fernsehgeräte, deren Handlung damit verfolgt werden kann. Ebenso sorgen englische Sprachkurse und Yoga-Übungen, je nach Wunsch, für individuelle Abwechslung. Dazwischen werden Essen und Getränke serviert, sodass wir hoch über unserem Planet schwebend, seinen riesigen Umfang fast vergessen.
Holland, England, Irland verschwimmen unten in einer Wolkendecke, uns lacht jedoch die Sonne durch die Bullaugen. Auch über dem Atlantik kreisen graue Schleier, während wir per Kopfhörer abwechselnd von Melodien der Butterfly, von Klassik oder auch heiteren Klängen berieselt werden.
5 Stunden Zeitverschiebung verlängern das Tageslicht und als sich plötzlich in der Tiefe ein Streifen blauer Ozean aus dem Wolkenchaos herauslöst und durch das winzige Fenster meines Sitzplatzes leuchtet, trägt mich die Erinnerung schlagartig 20 Jahre zurück und meine Gedanken kreisen um jenen ersten Trip nach New York zu Mimi und Fred,…als wäre es gestern gewesen.
Ich sehe mich plötzlich im Hamburger Hafengelände und vor mir erscheinen die Konturen des 3800-Bruttoregistertonnen-Frachters „American Merchant“ der United States Lines, auf dem ich die Überfahrt in die Staaten gebucht habe. Abfahrt bereit liegt er vor Anker und ich stolpere ein wenig unsicher durch Gänge über Stiegen in einem unbekannten Terrain zu meiner Kabine, die obwohl für 3 Personen vorgesehen, aus Mangel an Privatpassagieren, mir allein zugedacht ist.
Nur eine junge Frau und ein Mann haben offenbar außer mir diese etwas ungewöhnliche Art der Atlantik-Überquerung, gewählt.
Es ist neblig und trüb und keine romantische Abschiedszeremonie belastet die bevorstehende, weite Reise. 10 Tage wird sie dauern…
10 Tage, in denen der Wellenschlag des Meeres die Musik präsentiert….Delfine, wie übermütige Kobolde um die Schiffsplanken tanzen…
Tage, in denen die Weite und Gewalt des Ozeans physisch spürbar wird, dessen scheinbare Grenzenlosigkeit die winzige Nussschale auf seiner bewegten Oberfläche, hilflos dahin taumeln lässt.
Nie konnte ich so intensiv Gefühle nachvollziehen, wie auf diesem Weg zu einem fremden Ziel.
Einsamkeit… oder Freude, wenn am Horizont ein unbekanntes Gefährt gesichtet und mit Salut begrüßt wurde als Balsam für die Bürde des Alleinseins.
Von den 51 Mann Besatzung bekommen wir 3 Besucher nur die Oberschicht zu sehen, denn die Mahlzeiten finden im für die Offiziere reservierten Casino statt.
Der Kapitän begrüßt uns erst nach der Passage des englischen Kanals, dann aber scheint er sich über die seltenen Gäste bei seinen Routinefahrten zu freuen, die Abwechslung in den eintönigen Schiffsalltag bringen. Er zeigt uns beiden Frauen – der männliche Passagier liegt meist seekrank in seiner Kabine – das ganze Schiff und lädt uns jeden Abend zu einem Drink ein. Wein und Spirituosen aus Deutschland in buntem Durcheinander helfen Sprachschwierigkeiten überbrücken.
Als die Parole „Land in Sicht“ ertönt, erfasst Aufregung die ganze Besatzung…
Die Freiheitsstatue taucht aus den Fluten und verschwommen im Dunst künden die Wolkenkratzer Manhattens von menschlicher Super-Aktivität.
Kontrollen, lästige Formalitäten, Quarantäne verzögern den Eintritt ins angeblich „freieste Land der Erde“ ,bis endlich, wieder ohne jede Romantik, in einem Nebenhafen die Ausschiffung erfolgt.
Enttäuschend…. stünde da nicht als einzige, fantastische Begrüßung Mimi mit ihrem 1 ½ jährigen Sohn bereit.
Ein Wiedersehen nach 2 Jahrzehnten, die für beide Seiten vom Kampf ums Überleben gezeichnet waren.
Durch die Betriebsamkeit der Stewardessen, die mit der Verteilung des Abendessens durch die schmalen Gänge eilen, werde ich abrupt in die Gegenwart zurück befördert.
Immer noch triumphiert das Tageslicht am Himmel, während sich tief unten Wolkenbänke stets aufs Neue zusammenballen, aber auch ab und zu Flecken blauen Meeres freigeben.
Bald nähert sich dieser 10-stündige Flug seinem Ende.
Deutlich erkennt man in der Tiefe die Küstenlinie und die Kanäle der auf dem Reißbrett konzipierten
Stadt Fort Lauderdale.
In Miami gelandet, ergießt sich der Strom von 265 Passagieren in das Flughafengebäude, das nun von Menschen überquillt.
In der hektischen Betriebsamkeit und dem Trubel von Angekommenen und Wartenden, vollzieht sich das Wiedersehen mit Mimi und Fred unter Einschluss der Öffentlichkeit.
Noch immer erhellt von draußen das Licht des Tages die turbulente Szenerie…erst während der 1 ½ stündigen Fahrt auf der Autobahn nach West Palm Beach wird es langsam dunkler und die Nacht senkt ihre Schatten über eine Landschaft voll tropischem Flair.
Die Stimmen einer verborgenen Tierwelt begrüßen uns im Century Village am Rande von West Palm Beach, wo Mimi und Fred sich vor einigen Jahren in einem komfortablen, komplett eingerichteten Appartement eingekauft haben, um hier unter tropischem Himmel, die in New York oft sehr kalten Wintermonate zu verbringen.
Jetzt im Mai neigt sich die Hauptsaison in Florida bereits ihrem Ende zu und wir werden die Rückkehr der Freunde nach New York, in ihrem Auto durch die Staaten mit vollziehen….doch 3 Wochen gehören erst einmal dem paradiesischem „Finger“ Florida, der als vom Ozean umspülter Landstreifen sich 700 km weit nach Süden dehnt und in den Florida Keys, die durch 42 Brücken miteinander verbunden sind, den amerikanischen Kontinent vollendet – von Kuba nur durch die Straße von Florida getrennt.
Florida, ein Stück Festland, flach, an höchster Stelle nur 105 m über dem Meeresspiegel…gesprenkelt von Seen (7712), Flüssen und Sümpfen, das bis 1497 den Indianern gehörte und die die Europäer alles andere als freundlich empfingen und im Laufe der folgenden Jahrhunderte durch Krieg und Krankheiten drastisch reduziert wurden.
Floridas Fläche beträgt etwas über 150.000 Quadratkilometer, wovon rund 10.000 von Wasser bedeckt ist.
Erst spät nachts lässt uns die Wiedersehensfreude im komfortablen Ambiente dieser riesigen Anlage ein wenig Schlaf finden und am folgenden Tag führt uns Fred voll stolz alle Einrichtungen dieser nach außen abgeschlossenen und bewachten, tropischen Enklave vor.
Eine von einem Auto gesteuerte Bahn erleichtert den Bewohnern, die zu 90 % aus jüdischen Bürgern bestehen, den Weg zu den einzelnen Gebäuden, wie Clubhaus, Räume zum Basteln, zum Nähen, für Gymnastik, usw. usw.
Ein für uns ungewohnter Anblick ist allerdings die fast ausschließliche Begegnung mit Leuten der älteren Generation, Jugend fehlt und vielleicht war für die Wahl dieses kleinen Paradieses für unsere Freunde auch der Gedanke ans Alter miteinbezogen. Eine Oase der Ruhe zwar, aber mit zahlreichen Aktivitäten ausgerüstet. Als Zeichen der Unabhängigkeit finden sich außerdem vor den Eingängen der Appartement-Häuser, zahlreiche geparkte Autos.
Mimi und ihrer Familie war die Flucht in die USA nur durch die Erbschaft von reichen Verwandten ermöglicht worden, in Deutschland wurde rigoros jüdisches Eigentum konfisziert und auch der sogenannte „Lift“, den die Familie mit dem beweglichen Hab und Gut nach New York verschifft hatte, ist nie dort angekommen.
20 Jahre Arbeit haben inzwischen den Menschen ihre Würde und einen entsprechenden Lebensstandart zurückgegeben, doch das Trauma von Verfolgung und Krieg belastet noch immer alle, die diese Vergangenheit miterleben mussten.
Ein Spaziergang am Abend durch die riesige Anlage fasziniert mit der Illusion eines perfekt angelegten Dschungels. Konnten wir am Tag die gravitätisch und stolz neben der Lagune vor den Häusern im Gras dahin schreitenden Reiher bewundern, so streut die Nacht ihren besonderen Zauber über die tropische Flora. Am Swimmingpool vorbei überqueren wir eine kleine Brücke, hinter der irgendwo in einem Pool das lautstarke Quaken von Fröschen oder Kröten ein seltsames Konzert zum Besten gibt.
Exkursionen nach Palm Beach und das etwas zurückversetzte Geschäfts- und Handelszentrum West Palm Beach, nach Miami Beach und Miami sowie an die weiten Strände des Atlantik, gepflegt, aber auch vielfach Natur belassen, wechseln in den folgenden Tagen einander ab.
Pompöse Hotelanlagen an den Stränden überbieten einander in der Demonstration von Luxus und Eleganz. Überall begeistert die üppige Vegetation als Draufgabe der Natur zu menschlicher Bauwut.
In West Palm Beach, das durch Brücken mit Palm Beach verbunden ist, schmücken 50.000 Palmen die 8 Prachtstraßen der Stadt.
Miami, das Zentrum des Südens – die Hauptstadt Floridas Tallahasse befindet sich im Norden, an der Wurzel des „Fingers“ – entwickelte sich erst Ende des 19. Jahrhunderts aus einem Dorf zur heutigen
Großstadt. Sein Küstenstreifen – Miami Beach – war noch Anfang des 20. Jahrhunderts eine Wildnis, wo sich Schlangen und Mücken ein Stelldichein gaben.
Nach Auspumpen des Sumpfes und Auffüllung durch Treibsand wurde Besiedlung möglich und die Entwicklung vom Mangroven-Dschungel zu einem der attraktivsten Seebäder der Erde in nur 50 Jahren bestätigt Amerikas Wahlspruch, Unmögliches, möglich zu machen.
Ein ganz reizendes, fast unglaubliches Erlebnis beschert uns in Miami der Besuch des See-Aquariums, zu der Zeit das größte der Erde.
Wir nehmen zuerst an verschiedenen Vorführungen mit Delphinen, Schwertwalen und Seehunden teil, patrouillieren dann an den Haibecken vorbei, bewundern alle möglichen Aquarien mit Fischen und Schildkröten und Kurt und ich kehren schließlich zur Verabschiedung zu den Delphinen zurück. Die Tribünen sind nun menschenleer und vom Rand des Beckens winken wir den beiden trainierten Artisten – einer ist als Flipper auch fürs Fernsehen tätig – zu.
In diesem Moment beginnt das Unerwartete….ein Ball fliegt auf Kurt zu, der ihn fängt und zurück ins Becken wirft. Er wird geschickt vom Delphin gefangen und da schwebt auch schon ein zweites Exemplar vom zweiten Meeressäuger diesmal auf mich zu.
Damit beginnt ein Hin und Her von Bällen, die wie bei einem Turnier durch die Luft wirbeln, doch wir sind dem Tempo der beiden Tiere in diesem Spiel leider nicht gewachsen. Und diese scheinen sich auch noch über unsere Ungeschicklichkeit köstlich zu amüsieren. Uns bleibt schließlich nichts übrig, als irgendwann die Flucht zu ergreifen, denn draußen warten seit geraumer Zeit Mimi und Fred auf uns.
Einen weiteren Höhepunkt bei den Ausfahrten stellt der Bummel durch Palm Beach, der Küstenregion von West Palm Beach dar. Hier sind es die entzückenden Innenhöfe, oft auch Durchgänge, ausgestattet mit exklusiven Geschäften, deren Auslagen zum Einkauf nicht ganz billiger Waren verlocken.
Die schmucken, niederen Häuser im Umkreis stammen vielfach noch aus spanischer Zeit und sind überall von Blumen umrahmt.
Immer wieder Palmen vervollkommnen das Stadtbild, aber auch riesige Mango- und Gummibäume gehören zum Panorama dieses Seebades.
Dass, wie uns Fred aufklärt, die Inhaber all‘ der noblen Geschäfte freiwillig Schutzgeld an Mafia ähnliche Organisationen gezahlt wird, um Hab und Gut zu sichern, passt nicht ganz ins Portrait eines fleckenlosen Paradieses.
Ebenso scheint uns dieses ein wenig seines Glanzes beraubt, als wir eines Tages mit Mimi und Fred den südlichen Teil von Miami Beach, von der Südspitze aus, die Kilometer lange Collins Avenue nach Norden befahren. Einst nobel und reich, scheint dieses alte südliche Teilstück heute verarmt und die Hotels auf dieser Strecke wirken verschlissen.
Fast nur alte Leute sitzen vor den Häusern und beschließen ihre Tage eher ein wenig traurig.
Je nördlicher wir kommen, umso eleganter wird es dann auf dieser Avenue, umso pompöser strahlen die Hotels und versuchen einander an Luxus zu übertreffen.
Aber auch da erinnert Fred daran, dass die feudalen, riesigen Hotelanlagen erst in den letzten Jahrzehnten wie Pilze aus dem Boden geschossen wären und einige von ihnen bereits in Schwierigkeiten geraten sind. Tatsächlich begegnet uns auf dem Weg nach Norden einer dieser exklusiven Hotelbauten, der zum Verkauf deklariert ist.
Seit in Kuba Fidel Castro das politische Klima bestimmt, sind nach dem missglückten Krieg in der Schweinebucht, viele, meist wohlhabende Kubaner nach Florida geflüchtet, so dass vor allem im Süden von Miami Beach neben dem Englischen auch die spanische Sprache in Gebrauch ist und die Aufschriften meist zweisprachig erscheinen.
Eine weitere Attraktion stellen für uns Europäer die überdimensionalen Einkaufszentren dar, die von Waren überquellen und oft sogar Tag und Nacht durchgehend geöffnet haben.
Ihre Gestaltung und Blumendekoration wirkt dabei absolut Verkaufs fördernd.
So hat z.B. das Einkaufscenter Mall in Palm Beach in der großen Halle, wo sich beiderseits Geschäfte aneinander reihen, der Mitte zauberhafte Blumenarrangements für das Auge zu bieten.
Kurt und ich spazieren natürlich ab und zu mal aus der Enklave des Village hinaus in die Umgebung, finden aber lediglich ein paar wenige kleine Geschäfte vor und kaum Leute, die sich dafür interessieren. Zu Fuß ist fast niemand unterwegs, zu groß sind die Entfernungen, die zu bewältigen eben das Auto hilft. Daher sind auch die Straßenränder beiderseits von überdimensionalen Exemplaren solcher Fahrzeuge blockiert.
Unser Ziel ist im übrigen, Mimi und Fred für eine Tour zu dem von West Palm Beach nicht all zu weit entfernten Nationalpark „Everglades“ zu animieren, der erst 1947 gegründet, den ganzen Südteil des Florida-Fingers einnimmt und den sie trotz der relativen Nähe, noch nie besucht haben.
Mimi zögert, aber nachdem wir uns im Automobil-Club ausgiebig beraten lassen, stimmen sie zu und wir starten eines Morgens, zu dem eine Fläche von 5600 Quadratkilometer umfassenden Gebiet von Sumpf, Wasser und Land, das sämtliche Palmenarten, seltene Tiere und Pflanzen, einen Mangrovenwald, und vieles mehr beherbergt.
Damit beginnt für uns ein Ausflug in eine unbekannte Welt, in der sich unsichtbares, verborgenes Leben im Dickicht der Natur abspielt, in das der Mensch noch nicht eingedrungen ist – eine Wildnis, in der Tiere und Pflanzen unter sich den Lebenskampf austragen.
Von Miami sind es nur ungefähr 40 Meilen bis zum hübschen Städtchen Homstead und das anschließende Florida-City und bald danach finden sich ein Informationsgebäude und der Eingang zum Naturschutzpark.
Von hier durchschneidet eine ebenfalls viele Kilometer lange Straße das sogenannte Swamland mit Riedgras, in dessen klarem Wasser immer mal Baumgruppen auftauchen. Dieses Asphaltband inmitten einer schier endlosen Prärie führt zur Südspitze des Reservates mit dem Flamingo-Center, in dem ein Stück Zivilisation für an diese gewöhnte und verwöhnte Besucher, mit allen erforderlichen Einrichtungen, zurückkehrt.
Unterwegs dahin – es begegnen uns auf der ganzen Fahrt kaum Autos – enthüllt ein Aussichtspunkt das ganze Spektrum von Ausdehnung und Einsamkeit des Swamlandes.
Da Mimi und Fred als inzwischen vollkommen angepasste US-Bürger, Komfort ohne Risiko schätzen, wird zunächst Vorsorge für die kommende Nacht getroffen.
Zwischen 2 Zimmern im Motel und den billigerem Bungalow für 4 Personen wählen wir Letzteren.
Die Absicht per Boot durch einen der vielen Kanäle die fremde Natur zu erleben, schlägt fehl, da jetzt in der Nachsaison nicht genügend Nachfrage dafür besteht.
Es wird beschlossen am heutigen Nachmittag zu Fuß wenigstens 2 von den sogenannten Trails – meist Holzstege, die sich durch den Dschungel winden – zu absolvieren.
Ein Stück zurück vom Center zweigt der Mangroven-Trail von der Asphaltstraße ab und auf schmalem Zick-Zack-Kurs bewegen wir uns unter dem dichten grünen Blätterdach, in das der Himmel nur als spärliches, helles Fleckenmuster Zutritt hat, immer tiefer in die wilde, unbekannte Natur.
Das eigentliche Leben dieser Bäume spielt sich dabei unten im Wasser ab, wo ein verästeltes Gewirr von braunen Wurzeln ein seltsames, immer neues Geflecht formen.
Es zeigt sich faszinierend, doch noch imposanter fällt unsere zweite Wanderung am Mahagoni-Hammock-Trail aus, auf dem die uns vom Möbel-Holz bekannten, riesigen Bäume, umschlungen und umarmt von verschiedensten Tropengewächsen in den Himmel zu wachsen, scheinen.
Man möchte verweilen, erkunden woher und wie dieses Pflanzensammelsurium sich empor rankt, möchte all‘ den Stimmen lauschen, die sich überall verbergen…..doch leider ist es unmöglich auch nur kurz anzuhalten, da ein Heer von schwirrenden Mücken sich Myriaden – weise auf uns hilflose Opfer stürzt und zum Weitergehen zwingt.
Zutiefst beeindruckt kehren wir nach Flamingo zurück, müssen aber gleich den bestellten Bungalow gegen 2 Motel-Zimmer tauschen, da trotz Air-condition die unerträgliche und brütende Hitze daraus nicht entweicht.
Der Abend im gepflegten Restaurant der Oase Flamingo, vollendet mit dem Panoramablick auf das Meer und die darin schwimmenden Lagunen und Inseln sowie einem prächtigen Sonnenuntergang,
den erlebnisreichen Tag.
In der Ferne tummelt sich auf den seichten Gewässern eine Schar Vögel….. nur das Wetterleuchten, weit draußen am Horizont stört die Illusion einer stets friedlichen Natur!
Am folgenden Vormittag bewältigen wir wieder zu Fuß noch 3 Trails und tauchen nochmals in das Gewirr der Pflanzen und Tiere ein, bewundern ihre Vielfalt, spüren aber auch die Gefahren, die sie bergen und ihre Unbezwingbarkeit.
Ein asphaltierter Pfad entführt uns am Pineland-Trail in einen Wald aus Pinien und niederen Palmen, eine Symbiose von ganz besonderem Reiz und weiter nördlich, nahe einem weiteren Besucher-Center beginnt der Anhinga-Trail, benannt nach dem seltenen Schlangenvogel, der hier sein Brutgebiet gefunden hat.
Auf schmalem, schaukelndem Holzpfad spazieren wir weit in sumpfiges Gebiet hinein, sichten im Gestrüpp einen der seltenen Anhinga-Vögel, kommen immer wieder an größeren, von Seerosen überwucherten Tümpeln vorbei, beobachten Fische, hören Alligatoren grunzen, die sich irgendwo im Wasser oder in dem Strauch- und Buschwerk verbergen und entdecken in den Bäumen 5 weitere dieser in ihrer schlanken, schmalen Gestalt mit langem Hals tatsächlich an Schlangen erinnernden, gefiederten
großen Namensgeber.
Wieder sind es die lästigen Mücken, die uns viel zu rasch aus dem fremden Ambiente vertreiben.
Der Gumbo-Limbo-Trail, als letzter unserer absolvierten Pfade, versetzt uns dann wiederum in einen dichten Urwalddschungel, ein undurchdringliches Dickicht von Pflanzen und Bäumen, die zwar mit Namenstäfelchen versehen, eine Identifikation infolge der Insektenplage unmöglich machen.
Mit einer kleinen Ahnung von dem unglaublichen Artenreichtum des Naturschutzgebietes der Everglades verlassen wir diesen ausufernden, durchaus nicht friedvollen Garten Eden und fahren zurück nach Homstaedt bzw. Florida-City, um einen weiteren Höhepunkt dieses Ausfluges zu erleben… nämlich eine Fahrt über die mit 176 km längste Überseebrücke der Welt von Key Largo nach Key West. Es sind gigantische Brücken, die die einzelnen Inseln über das Meer verbinden – die längste davon umfasst 7 Meilen – und der Highway Nr. 1, der „über das Meer“ verläuft, wird für uns zu einem 3 Stunden währenden Erlebnis der besonderen Art.
Begonnen hatte alles in Key Largo mit Henry Laglers Plänen, diese südöstlichsten Inseln, die Keys, mit dem Festland zu verbinden. 1912 in Angriff genommen, zerstörte 1935 ein Hurrikan, einer dieser Stürme, die so oft über Florida einfallen, jenes erste Projekt der Eisenbahngesellschaft, aber 1938 wurde es dann mit dem Bau des Highway durch die Bundesregierung weiter verfolgt und schließlich vollendet.
Nach diesem nicht alltäglichen und langen Trip über schier unendlich erscheinende Wasserflächen empfängt uns das Städtchen Key West mit dem Charme der Kolonialzeit-Epoche, der in den niederen Häusern zwischen tropischen Blüten, Kokosnuß-Bäumen und Dattelpalmen, als Oase der Vergangenheit ein unwiderstehliches Flair ausstrahlt.
Hier kann man in Erinnerungen schwelgen an Zeiten, die angeblich schöner und besser waren, hier sind den Träumen keine Grenzen gesetzt.
Als Nachtquartier wird diesmal ein Nobelhotel gewählt und gemeinsam spazieren wir die Hauptstraße der Altstadt entlang zum Hafen, um dort den viel gerühmten Sonnenuntergang zu erwarten, der dann auch höchst beeindruckende Facetten liefert.
Das empfohlene Lokal fürs Abendessen, das Mimi später als „Spelunke“ bezeichnet, passt immerhin zu den Vorstellungen, die zumindest Kurt und ich von der Atmosphäre jener nicht ganz friedlichen, aber so verführerischen Vergangenheit entwerfen und der Weg dahin führt auch durch eine etwas „finstere“ Gegend in Richtung Hafen….meint unsere liebe Freundin, die den vielen dunkelhäutigen Menschen, denen wir begegnen, wenig Sympathie entgegen bringt.
Key West hat sich aus dem 1812 hier von Commodore Porter errichteten Flottenstützpunkt, der gegen die Piraterie kämpfen sollte, zu dieser hübschen, sympathischen Stadt entwickelt, in der sich später so mancher Schriftsteller niederließ.
Das Essen in der „Spelunke“ erweist sich als vorzüglich, Hummersalat, Bier und Wein sowie das urige Milieu versetzen in Stimmung und zufrieden lassen wir uns danach von dem speziellen Flair, durch die nun spät abends einen besonderen Zauber verbreitenden Straßen, in unsere Herberge begleiten.
Entsprechend positiv gestaltet sich auch der folgende Tag.
Von der Höhe des Leuchtturms verschaffen wir uns einen Überblick auf diese imposante, von Blumen und Blüten überwucherte Altstadt, begeben uns pflichtgemäß zum „südlichsten Punkt der USA“, wo ein Markstein mit der Aufschrift: „90 Meilen nach Kuba“ (ca. 145 km) die unter Castro verpönte Nachbarinsel meldet.
Besonders interessant empfinden wir den Besuch des unter einem Baldachin von wucherndem Grün versteckten Hauses – ein Herrensitz des 19. Jahrhunderts – den sich der Schriftsteller Ernest Hemingway, in dieser Stadt bauen ließ und der ihm bis zu seinem Tod als Wohnsitz auf Zeit diente und nun als Museum, Einblicke in sein Leben gewährt.
Im Dschungel tropischem Milieus befindet sich auch sein großer Swimmingpool, der erste, der in Key West entstand, doch die größte Attraktion sind die riesige Anzahl von Katzen, die überall zwischen den Besuchern herum strolchen. Einst waren es 50, nun bevölkern 40 ihrer Nachkommen das feudale Terrain.
Noch einmal atmen wir beim Bummel durch die anheimelnden, von blühender Flora gesäumten Straßen, die Nostalgie dieser wunderbaren Altstadt, ehe wir uns zur Rückfahrt übers Meer rüsten und nach etwa 256 km in Miami im gediegenen Miamarina-Restaurant direkt am Segelboothafen, bei einem vorzüglichen Dinner den Abschied von einem erlebnisreichen Ausflug zelebrieren.
Der Blick auf die Boote und die Häuser von Miami sind ein Genuss, der Kingfisch und der kalifornische Wein mindestens ein ebensolcher.
Kurz nach Mitternacht erreichen wir das Century-Village, in dem uns noch ein paar Tage Ruhe und Erholung vor der gemeinsamen Rückfahrt nach New York bleiben.
Mimi ist beschäftigt mit der Versorgung ihres Appartements, das desinfiziert und für die 4 ½ monatliche Abwesenheit vorbereitet wird.
Mit Fred unternehmen wir noch einmal eine Fahrt ans Meer und zwar diesmal an einen Public Strand nördlich von West Palm Beach, den ich sehr hübsch finde. Unter schattigen Bäumen befinden sich Tische, Bänke und Grills und vorne zwischen 2 roten Fahnen wird der Strand von der Life Gard bewacht. Heute herrscht ziemliche Brandung, auch sind etwa 12 cm lange Quallen, die bläulich schimmern zu sehen, sodass wir bald durch eine schmale, bezaubernde Straße dicht am Strand weiterfahren.
Rechts und links breitet sich eine fantastische Vegetation aus; hohe Bäume mit langen Nadeln überdachen die Straße fast vollständig, an den Seiten wuchert ein dichter Dschungel von Bäumen und Sträuchern.
Zuerst sieht es aus als wäre die Gegend unbebaut, dann erkennt man an den, an Stangen montierten Postkästen und schmalen, seitlich abzweigenden Straßen, dass sich hinter dieser bezaubernden Flora im gepflegten Dickicht, exklusive Häuser verbergen.
Wir halten auf einem Platz an, der zu einem verlassenen Clubhaus führt und Kurt, den diese von Grün überwucherte Straße fasziniert, kehrt zu Fuß zu ihr zurück, um einen Hauch ihrer Schönheit in die Fotokamera zu bannen. Fred und ich spazieren die wenigen Schritte vor zum Meer, wo sich ein endloser, fast menschenleerer Strand vor uns ausdehnt.
Als wir uns am Parkplatz wieder treffen, erzählt Kurt, er sei von einem Polizisten angehalten worden, denn dieses Gebiet wäre Privatgrund. Durchfahren sei erlaubt, nicht aber stehen bleiben oder zu Fuß umher spazieren. Fußgänger machen sich in jedem Fall verdächtig!!
Eine Traumstraße also nur für die Elite!
Und nebenan der öffentliche Strand, an dem wir noch ein Weilchen den Duft des Meeres und das Waten im feinen Sand genießen.
Zwei Welten, dicht beieinander und doch unendlich weit voneinander getrennt!!
Am 3. Juni verlassen wir mit unseren Freunden um die Mittagszeit ihr sorgfältig für längere Abwesenheit vorbereitetes Appartement, um gemeinsam durch verschiedene Staaten der USA in ihr Haus in New York, jener Metropole, die ich vor 20 Jahren ausgiebig zu Fuß erforscht habe, zurückzukehren.
Highways, meist 3-spurig in jeder Richtung zerschneiden als graue, breite Asphaltbänder die Landschaft, um die großen Entfernungen möglichst schnell bewältigen zu können. Eintönig verraten sie nichts von deren Schönheit. Auch wir durchqueren den „Finger“ Florida auf einem solchen grauen Band in Richtung Nord, beabsichtigen aber in ungefähr seiner Mitte eine Unterbrechung, um in der Nähe der Stadt Kissimee eine der größten Attraktionen Floridas, die 1971 nach dem kalifornischen Vorbild Disney Land, erbaute „Walt Disney World“ zu besuchen. Der ganze folgende Tag ist für deren Besichtigung vorgesehen, denn zwar noch nicht ganz fertig ist sie mit den verschiedenen Erholungs-Arealen bereits größer als die 1955 in Los Angeles eröffnete Schwester.
Es heißt also, sich in oder der Umgebung der Stadt Kissimee, das eingebettet in eine ebene, schier endlose Prärie die Weite und Größe auch des Bundesstaates Florida vermittelt, ein brauchbares Quartier für 2 Nächte zu suchen.
Wir landen in einem Motel, das mit allen Einrichtungen ausgestattet, mit 10 Dollar je Doppelzimmer pro Übernachtung, recht preiswert erscheint.
Der Herbergswirt wirkt zwar verschlafen und die Unterkunft etwas schlampig, aber wir ziehen ein…
Kurt und ich inspizieren danach neugierig die Umgebung. Es ist heiß, Eichkatzerln springen herum und üppige Vegetation verdeckt notdürftig verwahrloste Hütten und Häuser, in denen Menschen wohnen.
Dagegen beweist uns die anschließende Fahrt zu einem italienischen Restaurant, dass Kissimee auch sehr hübsche und gepflegte Wohnmöglichkeiten bietet.
Wieder fällt die Nähe der unterschiedlichen Lebensstile auf, an der sich scheinbar niemand stört.
Am nächsten Morgen beim Frühstück in Mac Donalds Selbstbedienungsladen erklärt jedoch Mimi energisch, dass sie das Quartier wechseln möchte und so ziehen wir für die zweite Nacht in ein etwas besseres Motel, bevor wir uns auf das inzwischen weltberühmte Spektakel der Disney-World stürzen.
Je dichter wir an dieses herankommen, umso mehr Autos tauchen aus allen Richtungen auf.
Ein Glück nur, dass die riesigen Parkplätze jede Menge der überdimensionalen Blechkutschen erfassen können.
Wir parken auf einem Areal namens Daisy 28 – 34 und werden von einer Kleinbahn zum Eingang der „Märchenwelt“ befördert, vor dem uns auf einer Wiese, als Tiere zugeschnittene Sträucher und die aus bunten Blumen geformte Micki Maus, begrüßen.
Gemeinsam lassen wir uns mit vielen Menschen nach Absolvierung einer der Kassen, ins Wunderland der Disney World einschleusen und werden sogleich von einer stromlinienförmigen Bahn weiter ins Zentrum des „Magic Kingdom“ weiter geleitet.
Für uns behäbige Europäer ist es immerhin erstaunlich, wie rasant man in den USA trotz Massenabfertigung ans Ziel gelangt.
Am großen Platz, von dem die Main Street zu den einzelnen „lands“ – insgesamt 6 – mit ihren Attraktionen weiter führt, trennen wir uns von unseren Freunden, vereinbaren einen Treffpunkt für abends, denn sie bevorzugen eine organisierte Führung, während Kurt und ich allein die „Zauberwelt“ erkunden wollen.
Beim Streifzug durch die Hauptstraße entzücken uns die pittoresken Häuser mit allen möglichen luxuriösen Geschäften beiderseits. Es ist sehr heiß, eine unübersehbare Menschenmenge strebt gleich uns dem Zentrum zu, das am Ende als Mittelpunkt des „magischen Königreiches“ die Nachbildung des bayrischen Königsschlosses Neuschwanstein präsentiert.
Von hier führen Seitenstraßen in die einzelnen „Länder“, wie Fantasieland, Frontierland, etc.
Unser Ticket enthält 8 Attraktionen, von denen man sich in diesem und jenem Land betören lassen kann..
Zuerst wollen wir aber noch die Parade der Micki Maus auf der Hauptstraße verfolgen, die um ½ 1 Uhr an den am Straßenrand versammeltem Publikum vorbei defiliert.
Sie wirkt ein wenig primitiv auf uns…. Spaßmacher im Bärenfell, Clowns, verkleidete Elefanten winken von Wagen, tanzen und auf einem solchen baumelt in der Mitte zum Schluss auch die Micki Maus.
Wir sind etwas enttäuscht davon und lassen uns nach dem Spektakel von der Menge in eine der Seitenstraße schieben, wo wir uns plötzlich im „Abenteuerland“ befinden. Die erste Attraktion ist hier fällig, sie nennt sich „Piraten der Karibik“.
In Boote verfrachtet, werden wir in einen Kanal geschleust, rechts und links tönt und dröhnt es… ein höchst turbulentes Treiben von lebensgroßen Puppen umgibt uns… da wackeln die Hunde mit den Schwänzen, dort gackern Hühner…. hinter Gittern schmachten die Gefangenen, während der Köter davor den Schlüssel im Maul hält…
Ein so perfekt inszenierter Klamauk reizt auch den größten Skeptiker zum Lachen, man amüsiert sich einfach köstlich darüber.
Dem Piratenreich entflohen, finden wir uns danach in einem Geschäft wieder, wo alles, was Piraten benötigen, als Souvenirs zu kaufen sind. Wir begnügen uns mit Ansichtskarten!
Im „Frontierland“ geht es mit einer großen Fähre zum „Tom Sawyer Island“, wo im Fort San Clemens fleißig geschossen wird und bei Black Smith die Pferde wiehern, mit den Ohren wackeln und dem Schwanz wedeln.
Im „Abenteuerland“ findet sich auch die originalgetreu nachgemachte Attraktion des Baumhauses der Schweizer Familie, die einst darin wohnte und zu dem man über Treppen hochsteigen kann. Mit spanischem Moos behangen, befinden sich in diesem Baum kleine Plateaus mit Schlafraum, Küche, etc.
Mittels Wägelchen werden wir bei der 4. Attraktion in das “hunted Mansion“ hinein geschubbst, wo 999 glückliche Geister ihr Unwesen treiben. Einer sitzt hinter uns auf dem Gefährt und erzählt uns Schauriges, das wir gottlob nicht verstehen. Die Geräusche jedoch sind köstlich und amüsant genug.
Da tafeln die Geister an einem riesigen Tisch, dahinter wird fröhlich Walzer getanzt. Spinnen, Totenköpfe, Gerippe hängen herum…. ein herrlicher Spaß!
Ebenfalls am „Liberty Square“ ladet bereits das Square Riverboot zur nächsten Attraktion ein und wir fahren mit einem Raddampfer den Fluss hinunter. An den Ufern glotzt neugierig das Wild aus dem Wald und in einer Kurve ist gar ein ganzes Indianerdorf aufgebaut, in dem sich wieder sämtliche Figuren arbeitend bewegen. Alles außer dem River und dem Dampfer ist künstlich in Szene gesetzt und wirkt doch höchst natürlich und lebendig.
Auch die Unterwasserwelt wird mittels U-Boot eindrucksvoll vermittelt, wobei der Schiffskapitän den Nervenkitzel einer knapp vermiedenen Kollision imitiert. Diese Attraktion, in der Haie, Seesterne, Schiffswracks, Taucher agieren, findet im „Fantasieland“ statt und amüsiert ebenfalls.
Inzwischen sind Stunden vergangen, da treffen wir auf dem Weg zum „Tomorrowland“ Fred, der uns ein Kinoprogramm „America the beautiful“ empfiehlt. Wir nehmen auch das wahr und befinden uns damit in einem Raum, der rundum als Kinofläche dient und wo bald ein Bildspektakel abzulaufen beginnt, das uns restlos begeistert. Es ist als ob wir einmal per Schiff, dann per Auto direkt in dieses „beautiful America“ hineinfahren würden. Wir erleben Landschaften, Städte so hautnah, als wären sie tatsächlich um uns. Dazu werden wir noch mit der entsprechenden Musik betört.
Ziemlich benommen treten wir danach wieder ins Freie, absolvieren noch die vorletzte Attraktion, bei der wir mit einer alten Dampfeisenbahn durchs Gelände tuckern, nehmen danach gerne Mimi und Freds Vorschlag an auf Nummer 8 zu verzichten und mit ihnen ins Hotel zurückzukehren.
Ein Tag voll von unglaublichen Eindrücken muss erst verkraftet werden.
Der Schlaf lässt lange auf sich warten und weiter geht die Reise nächsten Morgen Richtung Norden.
Wir lassen Florida hinter uns und gelangen mit Georgia in die Südstaaten der USA.
Eintönig verläuft wieder der Highway 95 schier endlos durch die Landschaft. Die einzige Abwechslung bringt ein Gewitterregen, so heftig, dass wir anhalten müssen, bis das Unwetter vorüber ist.
Als Ziel für den heutigen Tag ist die Stadt Savannah vorgesehen.
Die Stadt wurde 1793 von einem britischen General gegründet, davor lebten Indianer in dem Gebiet.
1864 wurde sie nach dem amerikanischen Bürgerkrieg und dem „Marsch zum Meer“ von General Sherman, Präsident Lincoln als Weihnachtsgeschenk dargebracht.
Die Südstaaten der heutigen USA waren die Domäne von Engländern und Franzosen und ehe sich das heutige Porträt der Vereinigten Staaten von Amerika bilden konnte, lieferten sich die Kontrahenten blutige Kämpfe.
Savannah liegt 25 km vom Atlantik entfernt und bei der Einfahrt in die Stadt erleben wir zunächst das Hafenviertel, das, obwohl von Bedeutung, wie überall, keinen Anspruch auf Schönheit erhebt.
Kurt schlägt für die Übernachtung ein Motel aus dem Tourbook vor, das auch einen guten und sauberen Eindruck vermittelt, aber von Mimi und Fred abgelehnt wird, da es zu nahe an das schlechte Viertel, wo viele Schwarze leben, grenzt.
Also fahren wir weiter, über eine große Brücke erreichen wir schließlich den Staat Süd Carolina und übernachten etwa 15 Meilen nördlich von Savannah im sehr ordentlichen Day’s Inn, das sich in einem typischen Areal für Übernachtungen befindet.
Das Abendessen im angrenzenden Holiday Inn erweist sich als ebenfalls ausgezeichnet und entsprechend erholsam und schön endet der Reisetag.
Am folgenden Morgen schlagen Mimi und Fred ganz außer Plan einen Abstecher zur Stadt Charleston vor, dem wir mit großer Freude zustimmen. 1670 ebenfalls von Engländern gegründet, war es einst berüchtigte Drehscheibe für den Sklavenhandel.
Nachdem die Nordstaaten diesen unwürdigen Verkauf von Menschen bereits abgeschafft hatten, kämpfte der Süden erbittert um dessen Erhalt, sie benötigten derartige „Ware“ für ihre Plantagen.
Jedenfalls eines der traurigsten Kapitel, die die Geschichte der Menschheit belastet.
Bedenkt man davon unabhängig, wie lange es in Europa dauerte, bis die Leibeigenschaft der Arbeitenden gegenüber ihren Adelsherren abgeschafft wurde, kann man ohnehin leicht den Glauben und die Hoffnung auf den Homo sapiens verlieren.
Wir machen uns also auf dem Highway 95 auf den Weg nach Charleston, wechseln dann auf eine kleine Straße über, die von hübscher Landschaft mit Wald umgeben ist und verstreut kleine Häuser aufweist. Sie sind weit voneinander entfernt, sodass die Leidenschaft der Amerikaner für Autos verständlich wird. Die sind tatsächlich eine Notwendigkeit in diesem riesigen Kontinent.
Die Einfahrt in die Stadt bleibt ebenfalls ansprechend. Palmen schmücken die Board-Street, offenbar eine Hauptstraße mit hübschen, alten Gebäuden.
Wir fahren bis an ihr Ende und parken am East Battery Park, direkt am Ozean das Auto.
Auf dem Weg Stadt einwärts, beginnt es zu regnen, sodass wir erst einmal eine Lunch-Pause im sehr netten „White Horse“, dem „weißen Pferd“ einlegen.
Bei trübem, aber trockenen Wetter durchstreifen wir danach, paarweise getrennt, diese historische Stadt, deren Atmosphäre den Hauch des 18.Jahrhunderts ausstrahlt. Sie wirkt beschaulich, ruhig und gepflegt. Und plötzlich stehen wir beim Bummel an den alten Häusern vorbei, vor dem Sklavenmuseum, das 1720 erbaut, der einzige Platz in den USA sein soll, in dem neben anderen Dingen 1852 auch Sklaven verkauft wurden.
Bis zum Treffpunkt um ½ 5 Uhr genießen Kurt und ich das Flair von Charleston, dem dann noch 3 Stunden Fahrt am eintönigen, schnurgeraden Highway 95 bis zur Übernachtung irgendwo in der Gegend von Dilon folgen.
Sehr lange und sehr heiß wird am nächsten Tag die Strecke nach Whasington, unterbrochen nur von einem Lunch bei „aunt Sarah“, der Tante Sarah. Rechts und links begleiten uns Bäume, sonst nichts…. und die langweilige Strecke nimmt schier kein Ende…
Für 2 Nächte hat Fred bereits ein Quartier in Alexandria, etwa 10 km von Washington entfernt, voraus bestellt und nach einigem Suchen kommen wir dort sicher vor dem Day’s Inn an.
Aber welcher Schreck, plötzlich ertönen Sirenen und die Feuerwehr steht vor dem Motel.
Dieser Spuk dauert allerdings nur knapp 1 Minute und die 2 roten Autos ziehen wieder ab.
Fred beruhigt uns, ein solcher, falscher Alarm würde fast täglich passieren….
Neben dem Inn befindet sich ein Shopping-Center, in dem wir uns mit Bier und Wein versorgen und beim Abendessen wird beschlossen, dass wir zur Besichtigung von Washington, wofür ein ganzer Tag eingeplant ist, aus Parkplatzgründen nicht per Auto, sondern mit dem Bus fahren.
Die Haltestelle dafür liegt direkt dem Hotel gegenüber.
Als wir, wie verabredet, am folgenden Morgen nach dem Frühstück an der Bushaltestelle warten, hält ein PKW an und ein freundlicher Amerikaner fragt, wohin wir wollten.
Und welch‘ liebenswürdige Geste, er nimmt uns Vier in seinem Auto mit nach Washington bis zum klobigen Neubau des Smithonion Air- und Space-Museum, dem unsere erste Besichtigung in der Hauptstadt gilt.
Die Hilfsbereitschaft der Amerikaner gehört zu den positivsten und beeindruckendsten Eigenschaften in den Staaten, die immer wieder auch bei Behörden, Einkaufszentren und Restaurants angenehm auffällt und erfreut. Eine Sonnenseite des „American Way of Life“.
Aber es gibt auch Schattenseiten, Negatives, das schockiert und der so gerühmten, sprichwörtlichen Freiheit in USA ihren Sinn raubt.
Ein Beispiel dafür liefert ein Schild, das am Eingang dieses Museums mahnt, dass im letzten Jahr 12.000 Dollar für die Reinigung der durch Kaugummi verschmutzten Teppichböden ausgegeben werden musste, woran man bitte denken sollte!
Ob diese Bitte von allen Bewohnern erhört wird, wage ich allerdings zu bezweifeln…
Rücksichtslose Schmutzfinke betrachten wohl auch das Ausspucken des zähen Zahnreinigers, wo immer sie sich gerade befinden, als Recht der Freiheit.
Auch in unserem Zimmer im Days Inn, das erst im März eröffnet worden und mit 30 $ pro Übernachtung nicht gerade billig ist, zeugen verstreute Erdnüsse und eine leere Cola-Flasche am Boden von gedankenlosen Vorbewohnern.
Das Museum, als erster Kontakt mit Washington überwältigt uns jedenfalls in jeder Hinsicht.
Die gesamte Geschichte des Fliegens und der Raumfahrt und noch viel mehr, rollt hier vor unseren Augen ab.
Die Original-Apollo-Kapsel in der die Raumfahrer wieder auf der Erde gelandet sind, die Nachbildung der Mondfähre – die Eagle selbst musste ja am Mond zurückgelassen werden – Raumfahrtanzüge, Raketen, mit denen die Raumfahrzeuge abgeschossen wurden, vermitteln eine Ahnung von dem Aufwand, der mit dem Traum der Eroberung des Weltraums, erforderlich war.
Nach diesem verwirrenden Besuch widmen wir uns erst einmal dem äußerlichen Portrait der Stadt, das ich bei meinem kurzen Besuch mit Mimi vor 20 Jahren durch die ausschließlichen Busfahrten versäumt hatte und entdecke nun wie schön diese Stadt ist.
Ein ausgiebiger Spaziergang auf der National-Straße, der Mall, lässt ihre Geschichte auferstehen:
1800 wurde Washington offiziell als ständige Hauptstadt mit dem Sitz der Regierung deklariert.
Sie ist das Produkt einer geplanten Metropole, mit deren Bau 1792 mit dem „Weißen Haus“ begonnen wurde.
Im 17. Jahrhundert, als die ersten Europäer erschienen, war es Siedlungsgebiet der Indianer.
Dass es hier keine Wolkenkratzer gibt, liegt an einer Verordnung des 20. Jahrhunderts, wonach Gebäude nicht höher sein durften, als die Breite der angrenzenden Straße plus 6 m.
Nur 3 Bauten bzw. Türme sind höher, da sie zu der Zeit – wie das Washington-Monument – bereits vorhanden waren.
Die Mall ist eine National-Paradestraße im Zentrum der Stadt mit einer Länge von fast 5 km und einer Breite von 500 m zwischen Kapitol und Lincoln-Memorial. Das Weiße Haus grenzt mit seinem Garten und Vorgarten an diese riesige, parkähnliche Anlage, an der sich diverse, attraktive Museumsbauten befinden, auch das eben von uns Besuchte. Außerdem finden in ihrem Bereich politische Veranstaltungen und Konzerte statt.
Vor uns das Kapitol, hinter uns das Washington-Monument flanieren wir hier entlang, amüsieren und über die so eifrigen Jogger, beobachten Leute, die auf der Wiese ein Picknick halten oder auch einen auf der Bank schlafenden Globetrotter.
Da Mimi und Fred einige besondere Museen besuchen wollen und mich vor allem das Gebäude der National Geographic Society, deren Monatshefte ich abonniert habe, interessiert, trennen sich für den Nachmittag unsere Wege.
Sie ist ebenfalls in einem modernen Bau mit viel Glas untergebracht und bietet im Parterre eine Ausstellung mit einem riesigen Globus in der Mitte und Wasserspielen davor. Ein gediegenes Ambiente mit sehr interessanten Objekten, wie z.B. Knochen und Funden aus der Olduway-Schlucht, die Nachbildung von Coustaus’s Gerät, mit dem Taucher den Meeresboden erforschten, usw. usw.
Filme laufen mit entsprechenden Erklärungen und auch die Herstellung der Monatshefte wird anschaulich demonstriert.
Ziemlich müde spazieren wir danach zurück zum Weißen Haus, kommen am hübschen Lafayette-Park vorbei, schlendern am großen Potomac-Park entlang bis zum Lincoln-Memorial; zurück wieder durch herrliche Anlagen voll Blumen und einem prächtigen Blick auf das Jefferson-Memorial und ich muss feststellen, dass der Besuch dieser Stadt vor 20 Jahren mit Mimi, keinen solch‘ großartigen Eindruck bei mir hinterlassen hat wie dieses Mal.
Die Fahrt zurück nach Alexandria, wo wir im Bus unsere Freunde wieder treffen, verläuft schnell und problemlos und kaum im Zimmer angekommen, ertönt schon wieder Feueralarm und 2 rote Wagen rücken an, um nach einer Minute wieder zurück zu fahren.
Dieses Manöver könnte zu dem Verdacht verleiten, dass die Feuerwehrleute aus Langeweile selbst das Spektakel inszenieren. Aber wer weiß….
Der letzte Reisetag steht bevor!
Doch ehe wir uns dafür wieder dem Highway anvertrauen, erkunden wir noch zu Fuß das Zentrum der alten Stadt Alexandria, das zum Staat Virginia gehört und 1695 besiedelt worden ist.
Der Bummel durch diese Stadt mit den alten, restaurierten Häusern im Stil des 18. Jahrhunderts gestaltet sich anheimelnd und sehr interessant.
Wir spazieren an Tadsbys Tavern, einem der berühmtesten Inn’s des 18.Jahrhunderts vorbei. Im anschließenden Gebäude, dem späteren City-Hotel richtete 1754 Washington sein Hauptquartier ein und stellte 2 Kompanien zusammen, mit denen er dann in den Krieg gegen Frankreich und die Indianer zog. Die Kingstreet, die hinunter zum Potomac-River führt, präsentiert sich absolut malerisch mit Geschäften in alten Häusern und Kopfsteinpflaster. An ihrem Ende befindet sich eine große Fabrik, in deren ehemaligen Hallen sich junge Künstler eingerichtet haben.
Erst um 12 Uhr starten wir zur Weiterfahrt. Wieder ist es heiß und wieder benützen wir den Highway, immer geradeaus, bis Fred Hunger kriegt und ein Restaurant gesucht wird.
Das Schild „International Hotel“ lockt unsere Freunde und wir steuern es an. Doch das menschenleere, feudale Haus scheint uns für ein Lunch zu nobel und unpassend, so dass wir zurück zum Highway streben, die Auffahrt aber partout nicht finden und plötzlich in den Vororten der Stadt Baltimore landen.
Das war nicht beabsichtigt.
Baltimore im Staate Maryland wurde 1729 gegründet und nach dem zweiten Baron dieser Dynastie – den britischen Begründern der Maryland-Kolonie – benannt. Als Seehafen blühte hier anfangs der Tabakhandel.
Uns erscheint das heutige Hafenvierteln recht trostlos, auch die folgenden Stadtviertel und der flüchtige Blick in Straßenschluchten verleiten keineswegs zu einem Halt.
Immerhin haben wir bei dieser Irrfahrt, ungewollt einen vagen Eindruck von Baltimore erhalten und irgendwie gelingt es Fred danach, die Fahrt am Highwy nach New York fortzusetzen. Zweimal gab es auf dieser weiten Strecke auch Schwierigkeiten mit dem Benzin, wir erhielten nur kleinere Mengen als gewünscht, erreichen aber gegen ½ 7 Uhr den Riesenmoloch am East River.
Schon auf den Highways, die zu den einzelnen Stadtteilen führen fällt mir der Schmutz, der sich da ausbreitet, unangenehm auf und 4 abgestellte, abgewrackte Autoruinen unterstreichen das trostlose Flair, das kein Ende nehmen will… bis linker Hand die Skyline, verschwommen im Nebel, der Millionenstadt einen imposanten Impuls verleiht.
In Queens angekommen, ist bald das Haus von Mimi und Fred in Flushing in Sicht und wieder schockiert mich das Aussehen dieser Straße gehörig. Vor 20 Jahren lediglich eine Flucht von Häuserreihen mit mickrigen, neu gepflanzten Bäumchen in einem weiten Umland, wird sie heute von einem dichten grünen Blätterdach überwuchert und wirkt nun eng und gedrängt.
Das Haus selbst empfinde ich als ziemlich unverändert, nur die beiden jungen Leute, die uns herzlich begrüßen, sind mir unbekannt und ich kann in ihnen nicht die kleinen, spielenden Kinder von damals wieder erkennen.
Nie habe ich Veränderungen, verursacht innerhalb einer Zeitspanne von „nur“ 20 Jahren so deutlich wahrgenommen, wie bei der Wiederbegegnung mit New York und seinen Menschen.
Eine Veränderung, die wir im imaginären Fluss der Zeit nur vage spüren, wird plötzlich drastisch und erschreckend deutlich. Beklemmend folgt der Gedanke…. und was bedeuten schon 20 Jahre in der nach Milliarden zählenden Geschichte unseres Planeten….
Die Räumlichkeiten in Mimis Heim scheinen mir immerhin noch vertraut, nur dass über ihrem Dach fast pausenlos Fluglärm jedes Gespräch zerstört, erschreckt ein wenig. Das hübsche Domizil befindet sich inzwischen in der Einflug-Zone des neuen Kennedy-Flughafens.
Zum Glück beschert das nächtliche Flugverbot wenigstens einen ruhigen Schlaf.
Am nächsten Morgen bringt uns Sohn Frank mit seinem Auto zur Subway-Station, denn Kurt und ich wollen ein wenig New Yorker Luft atmen…schließlich habe ich einst 6 Wochen lang diese Stadt mit der Schnellbahn und zu Fuß durchstreift und meine sie besser als jede europäische Stadt zu kennen.
Die Warnung von Tochter Jaqueline, dass in öffentlichen Verkehrsmitteln besondere Achtsamkeit angebracht sei, da viel gestohlen würde, mutet mich ebenfalls äußerst fremd an. Und dass die Waggons schmutziger sind als einst, ist leider nicht zu übersehen.
Wir steigen an der 53. Street, Ecke 5. Avenue aus und befinden uns sogleich in einem lebhaften Treiben von Menschen, Musik, Pferde traben heran….heute ist Puerto Rico Day und ein Parade zieht mit Tanz und viel Trara zur St.Patrick’s Kathedrale.
Da wir ins Künstlerviertel Greenwich Village wollen, wo Jaqueline als Graphikerin heute mit ihren Werken an einer Bilderausstellung teilnimmt, kämpfen wir uns aus der Menschenmenge heraus, spazieren zum Times Square, der ebenfalls etwas verkommen wirkt und den Broadway hinunter und abermals enttäuscht mich selbst in den besten Vierteln die mangelnde Sauberkeit. Es sieht aus, als würde in New York die Müllabfuhr streiken.
Rund um den Washington Square haben die Künstler ihre Werke auf der Straße ausgebreitet und es ist interessant überall durchzugehen und zu schauen. Auch Jaquelines Arbeiten sind sehr hübsch. An der Ecke, wo sie ihre Bilder anbietet finden wir einen Tisch im Freien und können so den lebhaften Betrieb in Ruhe beobachten.
Für den nächsten Tag ist ein Treffen mit Mimis Bruder Kurt vereinbart und zu diesem Zweck begeben wir uns abermals mit der Subway auf den Weg – viele Züge sind außen mit Grafiti beschmiert.
Heute ist es regnerisch und trüb und das Atelier sowie das Appartement unseres Freundes befindet sich im Deutschen Viertel in einem alten Haus über der „Loreley“.
Da es zu regnen beginnt, flüchten wir in ein Restaurant namens Bavaria Inn, das dem Atelier gegenüber liegt und speisen als Lunch Ripple mit Sauerkraut und Kartoffelbrei, das für $ 2,50 herrlich schmeckt. Deutsches Bier gibt es auch, die Plastiktischdecken sind rot kariert und aus den Lautsprechern ertönen deutsche Lieder und Marschmusik.
Das Treffen mit Kurt und seiner Frau, wie vereinbart um 6 Uhr, wird dann überaus herzlich. Das Atelier in diesem Viertel Yorkshire, strahlt eine gemütliche Atmosphäre mit überall herrlichen Bildern an den Wänden aus, während ihr Appartement sehr elegant wirkt.
Zum Abendessen in ein italienisches Restaurant von ihnen eingeladen, verbringen wir unvergessliche Stunden, bevor wir wieder per Subway und einen Fußweg, zu Mimi und Fred für die Nacht zurückkehren.
Unser letzter Tag in New York und den USA ist gekommen.
Wir nützen ihn, um die Stadt noch einmal vom Wasser aus und von luftiger Höhe zu erfassen und ihre Einmaligkeit aus dieser unterschiedlichen Sicht zu erleben.
Die Rundfahrt um Manhatten startet vom Pier 83 und entpuppt sich als einmalig und herrlich.
Wie gemalt steht die Skyline von Downtown als gigantische Hochhausgalerie vor uns.
Die Freiheitsstatue auf ihrer kleinen, grünen Insel grüßt groß und des Sieges bewusst zu uns herüber.
Wir biegen in den East River ein, fahren unter den diversen Brücken, die nach Brooklyn und Bronx führen hindurch – traumhaft schön vor allem die Brooklyn Bridge – können anschließend rechts und links viel Hässliches wahrnehmen – aber es bietet sich dabei auch manch‘ fantastischer Blick an diesem herrlichen Sonnentag.
Die Wolkenkratzer von Midtown zeigen sich nicht ganz so imponierend, wie die des südlichen Zipfels und je weiter wir nördlich an Harlem vorbeigleiten, umso hässlicher wird es beiderseits der Ufer.
Ich erinnere mich dabei an jene Tage vor 20 Jahren, als ich sehr oft mit Fred, der in Harlem arbeitete, mitfuhr und dann zu Fuß durch den riesigen, grünen Central-Park nach Downtown spazierte – was angeblich heute höchst gefährlich wäre.
Erst als wir in den Hudson-River einbiegen, der von den grünen Hügeln von New Jersey eingerahmt wird, empfängt uns wieder eine schöne, harmonische Landschaft.
Und wie damals begeistert mich wieder das technische Wunderwerk der Washington-Bridge.
Zu Fuß und mit der Subway begeben wir uns nach diesem einzigartigen Erlebnis zu den 2 riesigen, nebeneinander stehenden Hochbauten des World Trade-Center, dem mit 500 m nunmehr höchstem Gebäude von New York.
Unten breitet sich ein ausgedehntes Einkaufszentrum aus, dem wir beim Durchgehen nur eine flüchtige Beachtung schenken und sogleich mit dem Elevator in den 104. Stock hochfahren.
Bereits vom gedeckten Rundbalkon bieten sich uns durch die riesigen Glasfenster überwältigende Aussichten auf Manhattan, die einzelnen Inseln und den weiten Ozean.
Einfach unbeschreiblich wird es dann zwei Rolltreppen höher im Freien.
Man kann auf dem breiten Rondell herumgehen und genießt von überall faszinierende Ausblicke.
Hier werden die Ausmaße dieser Stadt deutlich, man kann sie endlich überblicken.
Man erkennt, wo draußen im Meer die Brücke nach Brocklyn führt… und wehte unten ein starker Wind, so ist es paradoxerweise hier oben und heute total windstill und sonnig.
Man möchte verweilen…. lange, lange….
Am Nachmittag des folgenden Tages fahren uns Mimi und Fred zum Kennedy-Airport, der obwohl wie alles hier enorm groß, eine zügige Abfertigung ermöglicht.
Die Abschiedszeremonie von den Freunden, geht wie bei der Ankunft im Taumel der vielen Menschen viel zu rasch und nüchtern vonstatten.
Wieder über den Wolken in einer Lufthansa-Maschine, die diesmal 412 Menschen, also ein sehr großes Kontingent an Passagieren nach Europa befördert, fällt es schwer, irgendwelchen Träumen nachzuhängen.
Unsere Sitze in der Mittelreihe, eng und dicht an fremde Leute gedrängt, verhindern jede Verbindung zur Welt tief unter den stählernen Flügeln des Transporters.
So schweben wir also begleitet vom monotonen Motorengeräusch über den Atlantik von der Neuen Welt zurück in die Alte, die unsere Heimat ist.
Und wieder wie vor 20 Jahren wird diese Rückkehr von seltsam gespaltenen Gefühlen begleitet.
In die Erwartung des gewohnten Milieus mit seiner vertrauten Schönheit, dringt die Silhouette unendlich weiter Landschaften, erdrücken förmlich die riesigen Ausmaße des amerikanischen Kontinents, die in beängstigender Nähe zusammen gewürfelten Städte und Staaten Europas.
10 Stunden dem Himmel ein paar lächerliche Minuten näher, im Flug der Sonne entgegen, wird es diese Nacht nicht dunkel und das Bewusstsein hat Mühe das Tempo des Wechsels der Zeit und des Raumes mit- und nachzuvollziehen.