Madeira

VOM ATLANTIK UMSCHLUNGEN – Kanarische Inseln und Madeira

Als vulkanische Geburten erheben sich die Kanarischen Inseln und auch Madeira aus den Fluten des zweitgrößten, der drei Weltmeere, dem Atlantischen Ozean, der ein Fünftel unseres Planeten bedeckt.

Er trennt langgestreckt und wie ein S geformt, Europa, Afrika und Asien vom Süd- und Nordamerikanischen Kontinent.

In seinem nördlichen Bereich, im Archipel von Madeira, sind sowohl die Inselgruppen der Kanaren sowie etwas nördlich davon, die von Madeira versammelt.

Zwar sind erstere politisch Spanien und die von Madeira Portugal zugeordnet, doch vom Klima und ihrer Ausstattung her, stellen sie den Inbegriff von ewigem Frühling und unerschöpflicher Vielfalt dar, Naturschönheiten von so besonders idealer Intensität, wie sie auf Erden nur selten entstehen konnten.

Dabei ist jede Insel einfach die höchste Erhebung, eines von vulkanischen Kräften in Millionen von Jahren, errichteten Gebirgszuges. Die für uns Menschen so verführerisch ins Licht der Sonne ragenden Eilande haben ihren Ursprung nicht in den eigentlichen Tiefen des Atlantischen Ozeans, vielmehr sind ihre Basis Plateaus, die „nur“ 2000 – 4000 unter der Wasseroberfläche liegen, während die Becken weit über 6000 Meter in die Tiefe reichen.

Das Plateau des Archipels von Madeira steht mit dem europäischen und afrikanischen Kontinent in Verbindung.

Der Mittelatlantische Rücken trennt die einzelnen Becken voneinander und zieht sich von Norden und Süden hin durch den ganzen Atlantik.

Soviel über die Geburtswehen des zauberhaften Archipels, der seit seiner Entdeckung keine vulkanische Tätigkeit mehr ausübt und besonders im Zeitalter des Tourismus, die Menschen magisch anzieht.

Auch ich habe einen Teil dieser Inseln für mich entdeckt und habe als erstes, Ende November bis Mitte Dezember 1980, gemeinsam mit meinem Mann die grandiose, von Bergriesen bedeckte, steil aus dem Atlantik empor driftende Insel M A D E I R A besucht.

Zwar wird gemunkelt, dieses Eiland sei bereits von Phöniziern gesichtet worden, glaubhafter erscheint, dass es erst zu Beginn des 14.Jahrhunderts durch die Seefahrer-Nation Portugal aus ihrem Dornröschenschlaf gerissen wurde und bis dahin unbewohnt war.

Neben den Portugiesen ließen sich später Spanier, Italiener, Niederländer und auch aus Spanien vertriebene Mauren und Juden auf ihr nieder und der massenhaft betriebene Zuckerrohranbau, brachte auch Neger aus Afrika auf die Insel.

Trotzdem ist Madeiras Völkergemisch sowohl politisch wie sprachlich,, eindeutig in Richtung Portugal orientiert.

Für uns bedeutet es eine Reise in unbekanntes Terrain, denn wir kennen weder das Mutterland, noch die Sprache dieses etwas abgelegenen Teiles von Europa.

Noch gehören Flugreisen nicht zum selbstverständlichen Urlaubsprogramm der großen Massen, sodass die Ferienmaschine von Frankfurt zwecks Aufnahme weiterer Gäste in München zwischenlandet, was Ausstieg, nochmals durch Zoll und Wiedereinstieg, bedeutet.

Während sich kurze, düstere Tage über das mittlere Europa breiten, versetzt uns bereits der Flug über die österreichischen-, schweizer- und französischen Alpen in euphorische Vorfreude, da die Gipfel des Großglockners, Matterhorns und sonstiger prägnanter Gebirgsriesen, sich glasklar in 10 km Tiefe aus einem grandiosen Panorama herausheben.

Der Flugkapitän nennt ihre Namen, mir genügt die Betrachtung des prächtigen Gesamtreliefs, aus dem immerhin die Zacken der Dolomiten deutlich zu rekognoszieren sind.

Danach verändert sich das Porträt unter uns, wird eben, bis die Pyrenäen wieder ihre Linien hinein

zeichnen. Über Spanien und Portugal, die nach der großen Schau fast unbedeutend wirken, öffnet sich für über eine Stunde, die Weite des Atlantik, der sich als harmlose, blaue Unendlichkeit vorstellt.

Die Landepiste von Madeiras Hauptstadt, Funchal, auf die wir nach knapp 5 Stunden Flug zusteuern, ist berüchtigt für ihre Kürze, sodass auf ihr nur 2 – 3 Maschinen, nämlich die kürzeren Modelle der Boing, eingesetzt werden und auch nur speziell ausgebildete Piloten, sie in diese Region steuern.

Und was da unter uns als im Ozean verankertes Gebilde auftaucht, immer gigantischer auf uns zukommt, präsentiert sich keinesfalls als ein sanft gegliedertes Eiland. Je näher wir ihm kommen, entpuppt es sich als steiles, kantiges, von Schluchten zerrissenes, von Terrassen auf kargem Gestein durchzogenes, Inselmonster.

Dann setzt die Maschine etwas plötzlich und heftig auf, wird abgebremst und kommt kurz vor der Meeresküste zum Stehen, von den Passagieren mit spontanem Applaus bedankt.

Strahlende Sonne empfängt uns.

Es folgt die sich ein wenig verwegen gestaltende Fahrt per Bus über unzählige Kurven, mal bergauf, mal bergab führend, ins Innere…

Wir blicken in eng zwischen Felsen gepresste Täler und begegnen einer fremdartigen, an Afrika erinnernden Vegetation. Immer wieder tauchen rot blühende, wie Kerzen leuchtende Baumaloen, dicht aneinander gedrängt auf, den Straßenrand säumen riesige Bäume mit Weihnachssternen.

Eine Stunde lang, nehmen wir staunend die faszinierende Visitenkarte dieser vulkanischen Atlantikgeburt, wahr. Keine Ortschaften, nur Häuser begegnen uns dabei. Endlich die Hauptstadt Funchal an der Südküste der Insel, an einer kleinen Bucht, in die 3 Flüsschen einmünden.

Hier haben der portugiesische Seefahrer Goncalez Zarco und seine Leute die erste Siedlung auf der Insel gegründet, die sich nun als Hauptstadt, an bis zu 1200 m hohen Hängen empor zieht. Eine von Fenchel-Sträuchern umgebene Lichtung, verlieh ihr den Namen, denn diese Gewächse heißen auf portugiesisch Funcho.

Auf der Durchfahrt wirkt unser Urlaubsziel, das sich in wundervoller Lage in die Bergwelt hinauf erstreckt, sympathisch.

Durch eine schöne Allee kurvt der Bus wieder bergan zum Hotelviertel, in dem leider auch Hochhaus-Betonbunker, aus dem vielen Grün empor ragen.

Und bald landen auch wir in einem solchen Domizil, das allerdings eine sehr hübsche und praktische Einrichtung bietet,wo die Essecke geschickt durch eine Holzwand vom Schlafraum getrennt wird. Der Balkon bietet Sicht aufs Meer, dessen Brandung ziemlich kräftig gegen die Felsen klatscht.

Hier, am Rande der Stadt dürfte es sich also angenehm leben und das Zentrum zu Fuß oder per Bus erreichen lassen.

Die nächsten Tage bringen uns dann Begegnungen mit dem Inselalltag verschiedenster Art…

Natürlich begeistert die Landschaft, die überall sprießenden Blüten und Blumen, das Meer mit seinen schroffen Klippen, das allerdings nicht zum Schwimmen verlockt.

Aber auch so manches Ungereimte, wie zum Beispiel bei unserem ersten Spaziergang zu einem Fischrestaurant in der Nähe, irritiert… der schmale Pfad dahin endet im Nichts, das heißt einem verwahrlosten Dickicht, sodass wir umkehren müssen. Auch der Strand, der ohnehin keiner ist, erscheint verschmutzt und ungepflegt. Offenbar sind vor allem die Hotel-Schwimmbäder, für Badefreuden zuständig.

Auf der Straße nach Funchal tobt der Verkehr, auf dem ausgefransten Gehsteig parken Autos, doch von den Steilhängen rechts und links davon, grüßen aus üppigem Grün, Baumaloen, Bananen und Bäume voll rot schillernder Weihnachtssterne. Dieser Blütenzauber lässt auch die oft noch im Bau befindlichen Betonbunker vergessen; die Verschandlung wird überspielt von der Herrlichkeit allgegenwärtiger Vegetation und wunderschönen Gärten zwischen Staub, Geschäftigkeit und Lärm.

Am Luxushotel Reid – gegründet von einem Engländer und eine Domäne der Angelsachsen , das elegant und nobel zwischen grünes Blattwerk und duftende Blumenarragements gebettet ist, zweigen wir ein Stück weiter am ebenso prächtig geschmückten Sheraton-Hotel zum Meer ab, erreichen die Mole und steigen von hier empor zum Park Cidade, der einen überwältigenden Blick auf Funchal offenbart. Als Hintergrundkulisse leuchten die Berghänge vom Rot der Baumaloen, dazwischen prangt bizarr das Kaktusgewächs der Riesenwolfsmilch.

Die Kirche Santa Caterina – vermutlich die älteste Kirche Madeiras von der Familie Zarco 1425 erbaut… und ein Denkmal von Columbus vervollständigen diesen ersten Eindruck der Inselhauptstadt.

Am Platz Infante, direkt darunter, mit einem attraktiven Springbrunnen in der Mitte und dem Denkmal Heinrich des Seefahreres, sowie der schönen, von Jacaranda-Bäumen gesäumten Avenida do Infante und dem Park Zarco mit dessen Denkmal, setzen wir den Bummel durch das Zentrum fort.

Der „gelbe Klotz“ der Festung, der hübsche Stadtpark und schließlich die malerische Altstadt, folgen. Über Kopfsteinpflaster stolpern wir noch zur Kirche Santa Maria hoch, wo der lebhafte Betrieb der Stadt, von einer friedvollen, ruhigen Atmosphäre abgelöst wird. Sowohl die Kathedrale – die Se – und auch die Markthalle sind geschlossen und so treten wir reichlich müde den Rückweg zum Hotel an.

Nachts beweist uns ein ausgiebiger Regen, dass dieses, mit einem Gesamtumfang von nur 150 km doch recht kleine Eiland, seine Blütenpracht den weiter nördlich im Atlantik verankerten Azoren verdankt, die für viel Feuchtigkeit sorgen.

Am folgenden Tag, nachdem bald wieder die Sonne gesiegt hat, erfahren wir die Kompliziertheit des Busverkehrs im erweiterten Stadtgebiet. Fahrpläne gibt es nicht und die zuständige Nummer für unsere Strecke zum Zentrum erhalten wir nach längerem, erfolglosen Bemühen, von einem freundlichen Fahrer, in die Handfläche notiert.

So ausgerüstet, wird uns mit der Zeit die Inselhauptstadt vertraut und wir entdecken so manches Typische und Originelle.

Besonders effektvoll präsentiert sich der Markt drinnen wie draußen, vor und in dem, von Mädchen in farbenfroher Tracht, alle Blumenwunder der Natur, sowie Früchte- und Gemüsesorten zum Kauf angeboten werden, die Madeiras Böden, soweit ihn nicht die Felsen für sich beanspruchen, üppig gedeihen lässt. Favoriten sind in dem Blütenreigen die Strelitzien, die aus den langen Blättern ihre farbenfrohen Knospen, wie die gespreizten Federn eines Paradiesvogels entfalten.

Das zweite Privileg aus Floras Füllhorn, beanspruchen die Orchideen, deren exotische Vielfalt zu bestaunen, wir nicht müde werden.

Immer wieder trifft man in Kirchen oder anderen öffentlichen Gebäuden auch auf die Original Portugiesische Spezialität der Azulejos, dieser auf weißem Grund, blau bemalten Kacheln, die oft ganze Wände schmücken und entsprechend vereinigt, ganze Geschichten erzählen.

Eine besondere Augenweide offeriert uns der kleine, aber wunderschöne botanische Garten auf einem Hügel, der eine Sicht auf die Insel mit den schluchtartigen Einschnitten ins gebirgige Land zur Schau stellt und in dessen begrenztem Bereich, sich ein Ensemble fremdartiger Bäume und Pflanzen zu einem einzigartigen Mikrokosmos, zusammen findet.

Charakteristisch die Drachenbäume, Riesenstrelitzien, die an Bananen erinnern, aber größere, geschlitzte Blätter aufweisen… Kamelienbäume mit lackartigen, dunkelgrünen Blättern, die gerade Knospen gebildet haben. Der Stamm des Keulen- oder Knollenbaumes wiederum, ähnelt einem Elefantenfuß und der peruanische Pfefferbaum riecht tatsächlich nach diesem Gewürz.

Weiß blühende Baummargariten, eine Calliandra, deren rote Blüte zart mit roten Seidenfäden leuchtet und die zur Familie der Leguminosae – der Hülsenfrüchtler – zählt, zu der auch die Mimosen gehören, versetzen immer wieder in Staunen. Und all das ist lediglich ein Ausschnitt aus der Vielzahl von Madeiras heimischer und auch fremder Pflanzengemeinschaft, die das Klima hier üppig gedeihen lässt.

Als Kuriosität erscheint mir ein winziger Fenschel, denn obwohl die Hauptstadt seinen Namen von ihm hat, gibt es ihn heute auf Madeira so gut wie nicht mehr.

Natürlich versuchen wir während unseres Urlaubs auf der Insel auch den berühmten Madeira-Wein, der in drei Sorten angeboten wird. Uns schmeckt dabei der Halbtrockene am besten.

Ein spezifisches, allerdings nicht billiges Produkt stellen die von fleißigen Frauenhänden gefertigten Stickereien dar, die als Locharbeit, ein umfangreiches Pensum an Arbeitsgängen zu durchlaufen haben.

An den Abenden, die wir meist auf unserem Hotelbalkon verbringen, bewundern wir den Lichterglanz der Stadt, beobachten die Positionslichter der Fischerboote im Meer und hören als Untermalungsmusik der Brandung zu… ein nie langweiliges Vergnügen.

Unsere erste Ausflugsfahrt führt uns ins Innere der Insel nach Curral das Freiras.

Zwischen Bananenhainen, Zuckerrohr, das in Madeira einst Hauptprodukt war und immer noch angepflanzt wird, geht es ständig bergauf und schließlich erreichen wir dichte Eukalyptuswälder. Die Straße ist buchstäblich in scharfen, steilen Kehren in die Felsen eingefräst und führt durch Felswände und an Abgründen vorbei. Eukalyptus, von dem es mehr als 100 Arten gibt, wachsen als größte Bäume der Welt, schnell. Sie verlieren nicht die Blätter, sondern die Rinde, aus der Papier produziert wird. Das Holz ist knallhart, aber es springt und kann daher nur als Brennholz verwendet werden. 1872 wurde mit 133 m, der größte Eukalyptus registriert.

Der Bus kurvt bis zur Passhöhe auf 1000 m, dann spazieren wir auf einem herrlichen, breiten Pfad weiter zum Aussichtsplateau Eira do Serrado und schauen von hier in eine Schwindel erregende Tiefe, wo auf dem Kratergrund eines erloschenen Vulkans das Dorf Curral das Freiras liegt, das auch „Nonnental“ genannt wird. Die Kraterwände sind bis zu 500 m hoch, sodass der Blick in die Tiefe wahrhaft beängstigend ist.

Das Wetter ist herrlich, die Sonne strahlt, das Dorf unten liegt allerdings im Schatten.

Den Hintergrund der Kraterlandschaft bilden die höchsten Berge der Insel. An deren Steilhängen sind Terrassen für Obst und Gemüse angelegt.

Während der Abfahrt zum „Nonnental“ sieht man deutlich den schmalen Fußweg, der in steilen Serpentinen als einzige Verbindung zwischen diesem von der Welt vergessenen Ort, und der Umwelt über die Passhöhe nach Funchal und die übrigen Siedlungen führte. Die Straße, die wir heute per Bus bewältigten, besteht erst seit 17 oder 18 Jahren.

2000 Menschen wohnen nun in diesem Curral de Freiras. Die ersten Menschen, die sich hierher verirrten, waren im 15. Jahrhundert, weggelaufene Sklaven oder Verbrecher. Zu einem Ort der Sesshaften, hat er sich nur langsam entwickelt. Alles musste auf schmalen Pfad über den Pass hinauf und hinunter getragen werden. Heute wächst viel Obst und Gemüse da, aber keine Bananen und kein Zuckerrohr. Man betreibt viel Korbflechterei an diesem abgelegenen Fleck. Nonnental wird er deshalb genannt, da einst hier ein Landgut der Nonnen von Santa Clara lag, die1566 vor französischen Piraten über Stock und Stein in die Geborgenheit der Felswände flüchteten, da diese Funchal total ausplünderten.

Während der halben Stunde Aufenthalt, begegnen wir an diesem einsamen Ort, vor allem zerlumpten Kindern, die überall herumstehen und betteln. Sie sammeln Bonbons, die man für 1 Escudo im

Laden des Dorfes kaufen kann.

Auf Kleidung würden die Madeirenser ohnehin wenig Wert legen, erzählt man uns und so tragen auch die Kinder ihr Zeug, in dem sie nach Lust und Laune herum schmieren können, bis es ihnen vom Leib fällt. Auch den Bauern hier sieht man nicht an, dass sie reich sind, denn viele besitzen Land. Natürlich gibt es auch drei Schulen im Ort.

Ein weiterer Halt ist für unsere Gruppe mitten in den Eukalyptuswäldern vorgesehen… “Stern“ heißt das einsame Häuschen, auf dem ein blauer Stern prangt und das als Lebensmittelladen, Imbisse und vor allem, den herrlichen Sauerkirschen Likör für vorüber kommende Besucher, bereit hält. Der Kärntner „Herbert“, der in Funchal die berühmte, historische Taverne Real betreibt, ist der Chef auch hier oben. Ein idyllischer Platz, vor dem eine der für Madeira so typischen, mit viel Mühe angelegten Bewässerungsanlagen – der Levadas – pfeilschnell das kostbare Nass zu Tal befördert.

Ein weiterer Aussichtspunkt Bico das Bardelos begeistert zum Abschluss der Fahrt mit einer fantastischen Fernsicht. Der Rundweg, der sie vermittelt wird nicht nur von rot blühenden Baumaloen gesäumt, auch Souvenirhändler belagern ihn mit ihren mehr oder weniger begehrenswerten Artikeln.

Nach zwei geruhsamen Tagen, starten wir zu einer Tagestour, die diesmal dem Norden der Insel gewidmet ist. Dazu müssen wir erst einmal ein ganzes Stück an der südlichen Küste nach Westen fahren… sehen unter uns den Ort Camera de Lobos, in dem Winston Churchill so gern Urlaub machte und seinem Hobby, dem Malen frönte.

In diesem Fischerdorf wird auch Madeiras kulinarische Spezialität, der dem Aal ähnliche, 1 m lange Degenfisch gefangen und zwar in der Tiefsee, in 1000 Meter. Nur hier und in Japan hängt er an den 1200 – 1300 m langen, mit je 150 Angelhaken versehenen Leinen, an der als Köder, Tintenfische baumeln. Dieses Manöver findet nur nachts statt.

Durch Weingärten bergauf, folgt das Cabo Girao, mit 500 m, neben Formosa das zweithöchste Kap der Welt.

Vor der Aussichtsplattform lagern die üblichen Verkaufsstände, diesmal mit Wollwesten und Wollhauben werbend… und die könnte man tatsächlich gut gebrauchen, denn heftiger Sturm, beinahe schon Orkan, pfeift uns um die Ohren.

Die als „überwältigend“ gerühmte Aussicht von hier, ist heute leider durch Wolken etwas verdunkelt.

Auch kann man nun verstehen, warum in diesem milden Klima oft Wollmützen mit abklappbarem Ohrenschutz, getragen werden.

Durch das Dorf Campanario, dessen Häuser mit den roten Dächern weit verstreut am Berghang mittels Treppen zu erreichen sind, geht es weiter. Und wieder sind es die Pflanzen und ihre Blüten, die die Szenerie beherrschen und mit leuchtenden Farben das Grün der belaubten Bäume bereichern. Zu dem Gelb der Cassia-Gewächse gesellen sich Avocado- und Papaya- sowie Anona-Bäume, deren Früchte meist exportiert werden.

In Ribeira Bravo, dem größten Dorf der Insel wird die interessante Kirche besichtigt. Neben ihr erwecken ein riesiger Magnolienbaum (großblütige Magnolie) sowie 2 Papayabäume mit ihrem charakteristischen Früchtebündel, mein Interesse.

Wir sind hier etwa in der Mitte der Südküste des Eilands, das wie eine Muschel im Atlantik treibt und zweigen hier, nun Richtung Norden ab.

Es geht jetzt ständig bergan, bis auf 1007 m, durch eine mit üppiger Vegetation gesegnete Landschaft.

Auf Madeira wächst einfach durch den vulkanischen Boden, das milde Klima und ausreichend Wasser, das die Levadas richtig dosiert verteilen, alles. Vor ca. 250 Jahren wurden sie gebaut, zu einer Zeit, wo Zement noch unbekannt war und sie ausschließlich mit Steinen angelegt wurden.

18 % von den 700 verschieden Pflanzenarten und Bäumen, sind einheimisch. Als Seefahrervolk haben die portugiesischen Kapitäne von überall auf ihren Reisen, Samen mitgebracht und so das karge Felsprofil der Insel mit dem Glanz und der Pracht ferner Exoten bekrönt.

Auf einem Hausdach entdecken wir auch die Kletterpflanze Maracuja, die Passionsfrucht.

Bezaubernd präsentiert sich auch das Flusstal der Ribeira Bravo mit Trauerweiden, Pappeln, Apfelsinenbäumen… rechter Hand stürzt ein Wasserfall senkrecht von hohen Bergen ins Tal – das Dorf Serra d/Agua liegt bereits 300 m hoch – es wird Weizen angebaut und Esskastanienbäume begleiten uns ein Stück des Weges aufwärts zum Eucomeda-Pass, wo die 1007 m geschafft sind und wir damit am Fuß des höchsten Berggipfel von Madeira stehen. In 3 ½ Stunden führt ein Pfad zu ihm hinauf.

Ungefähr in der Mitte der „Muschel“ kann man von hier ein wenig schemenhaft die Süd- und Nordküste des Eilands erkennen.

Abwärts Richtung Nord säumt dann eine schier endlose Reihe von Hortensien beiderseits die Straßenränder… sie sind bereits abgeblüht und gemahnen an das Gesetz des Welkens.

Verstreut auf den gebirgigen Terrassen der Umgebung erscheinen viele kleine, strohgedeckte Ställe, in denen Kühe „wohnen“, oft nur eine. Wegen der Steilhänge kommt das Vieh, von dem etwa 23.000 in ca. 1800 solcher Unterkünfte existiert, nur selten an die frische Luft. Gefüttert werden die Rinder mitZuckerrohr-, Maisblättern oder Gras.

Um das Dorf Rosario gedeihen in Wassernähe Korbweiden, die für das in Madeira so beliebte Handwerk des Korbflechtens, Verwendung finden.

Zwischen den Felsen dieses Tales rückt die Nordküste näher… ein weiß blühender Kamelienbaum begegnet uns kurz vor der Kirche des Dorfes Sao Vicente. Wir haben mit dem Hinterland dieses sehr alten Dorfes die gebirgigste und wildeste Gegend Madeiras durchquert und sind in wenigen Minuten am Meer, wo wir dann die großartige, aber schmale und steile Küste, Richtung Westen, weiter fahren. Sie ist hoch über dem Atlantik in den Fels hinein geschlagen… wieder stürzt ein Wasserfall senkrecht in die Tiefe… und hat Ausweichstellen, führt durch Tunnels und Galerien.

15 km sind es noch bis Porto Moniz , dem westlichsten Punkt unserer Reise an der Nordküste. Seitlich auf der Landseite taucht eine prächtige Schlucht auf… der Busfahrer hat wahrlich eine halsbrecherische Rauf-und Runter,-Fahrerei zu bewältigen und leistet Millimeter-Arbeit. Wasserfälle klatschen auf die Straße, die 1945-1950 gebaut wurde. Und dann liegt Seixal in strahlender Sonne vor uns. Auch in den Steilfelsen, die links die Fahrbahn begrenzen, nisten Pflanzen, wie Strohblumen, Rosetten, etc.

Ein besonders attraktiver Wasserfall trägt den Namen „Brautschleier“!

Bald sind auch die Porto Moniz vorgelagerten Felsen zu sehen, einer davon wird wegen seiner charakteristischen Öffnung in der Mitte als „Felsen des Fensters“ bezeichnet.

Auf dem Weg zum alten Fischerdorf Porto Moniz wird hauptsächlich Wein angebaut, der Boden dafür musste dem steilen Fels abgerungen werden.

Der Ort selbst besitzt ein prächtig angelegtes Natur-Schwimmbad, das heißt die Lavafelsen im Meer wurden teilweise mit Betonmauern verbunden, sodass in diesem, vom offenen Meer abgeschirmten Becken, das Schwimmen und Tauchen ein Vergnügen sein muss! Mit dem Blick auf das etwas höher gelegene Dorf im Rücken und die bizarren, schwarzen Felsen als Vordergrund, liefert es mit der immer wieder an ihnen hoch schießenden Brandung, eine fantastische Kulisse.

Leider reicht die Zeit nicht für ein Badevergnügen, dafür wird uns, im ebenfalls zwischen Felsen ins Meer hinaus gebautem Restaurant Cachalote, das wir auf einem Betonsteig erreichen, ein köstliches Mahl von Mädchen in Fischertracht serviert.

Fischfang stellt hier die Lebensgrundlage dar, auch die Jagd auf Wale findet statt ( 100 pro Jahr ).

Der Rückweg findet bis Sao Vicente auf der gleichen, prächtigen, bergauf und bergab steigenden, für ängstliche Gemüter, gefährlich anmutenden Strecke, in östlicher Richtung statt. Ab hier lernen wir dann einen neuen Abschnitt der Nordküste kennen.

Verblühte Hortensien an der Straße, viel Spanisch Rohr und Weinberge auf steilem Felshang begleiten uns. Im Meer erscheint ein spitzer Stein – „ der sitzende Fischer“.

Dann windet sich das Asphaltband in Kurven und Zacken etwas vom Ozean weg, den Steilhang hinunter ins Land.

Bergauf und bergab geht es auch nach Santana, das das schönste Dorf – ein Kreisdorf – sein soll.

Madeira weist 52 Dörfer auf, aber nur 10 Kreisdörfer.

Weit verstreut liegen auch hier die weißen Häuser, eingebettet in viel Grün.

Noch ein Pass ist auf dem Weg nach Funchal zu bezwingen.

Es dunkelt schon und Nebel wallt um die bewaldeten Bergzacken.

Wunderschön gestaltet sich dann die Abfahrt durch den Wald; wie fast bei der ganzen heutigen Strecke ist die schmale Straße mit holprigem, unregelmäßigem Kopfsteinpflaster bestückt.

Ein wunderbarer Sonnenuntergang beschließt den herrlichen Tag, an dem wir insgesamt ca. 200 abenteuerliche Kilometer geschafft haben.

Natürlich wollen wir auch ein wenig an der nächtlichen, bzw. abendlichen Atmosphäre der Stadt Fuchal

schnuppern und melden uns in „Herberts“ historischer Taverne für ein Stelldichein an.

Wir spazieren zu Fuß dahin, es ist bereits dunkel und wieder weht ein kräftiger Wind.

Der Straßenverkehr ist wieder einmal irre, doch vom Cidade-Park aus beobachtet, erscheint das Lichtermeer, das unter uns vorbei flutet, eher faszinierend. Auch funkelt es überall aus den Häusern am Hang , blitzt und leuchtet wie von Tausend Sternen.

Einige Bäume im Park haben bereits die gelben, roten oder grünen Lämpchen der Weihnachtsbeleuchtung angesteckt und draußen an der Mole, ankert ein weiß strahlender und glitzernder Frachter.

Auch am Infante-Platz, ertrinkt der Brunnen mit der Weltkugel fast im Licht. Im Stadtpark dagegen, umhüllt sich die Pflanzenwelt mit einem geradezu mystischen Schleier.

Die Stadt präsentiert ein verändertes Antlitz, in dem der Wind über den Lärm siegt und der Glanz der Glühbirnen allen Schmutz und Staub verschwinden lässt… ein Gesicht mit zauberhaften Zügen…

Auch die Taverne Real, war schon zu Heinrich des Seefahrers Zeiten, eine Weinschenke und sein Besitz auf der Insel. Später wurde sie dann als Gefängnis missbraucht. Durch einen Gitterrost kann man in den kleinen, gedeckten Innenhof sehen, in dem noch die Ketten als corpus delicti, diesen Faux pas bezeugen. In den winzigen Räumen um diesen Hof, dürfte man mit den Delinquenten, nicht gerade zimperlich umgegangen sein.

Heute ist das urige Relikt, wieder dem Frohsinn und der Gemütlichkeit vorbehalten.

Bei Gulaschsuppe und Kalter Platte sowie im Steinkrug servierten Hauswein – aus Portugal – vergessen wir gerne die vergangene Düsternis. „Herbert“ unterhält seine Gäste zu fortgeschrittener Stunde mit, von der Gitarre begleiteten Wiener „G`stanzeln“ und gegen 1 Uhr stapfen wir ziemlich beschwingt zu Fuß, die eine , zurück zum Hotel.

Der Weg ist herrlich, die Luft mild und der Wind zum Stillstand gekommen.

Es sind kaum Leute auf der Straße und wir fühlen uns hier auch als Fremde, sicher und geborgen.

Die nächste Unternehmung bringt uns zurück in kaiserliche, bzw. die darauf folgende, wenig erfreuliche Vergangenheit, nach dem ersten Weltkrieg. Auch Madeira hat die Misere des zermürbenden Kampfes der Europäer, gegen Europäer, zu spüren bekommen.

Deutsche U-Boote torpedierten und versenkten englische und französische Schiffe, die in der Bucht vor Anker lagen.

Im Verlauf eines organisierten Halbtages-Ausflugs werden uns die damaligen Ereignisse nahe gebracht. Erster Aufenthalt findet dabei oberhalb von Monte, auf dem 876 m hohen Aussichtspunkt Terreiro da Lute, statt. Leider ist das Wetter etwas trüb und der Temperaturunterschied zu Funchal, sehr zu spüren.

Ein riesiges Denkmal zur Erinnerung an den Frieden von 1918 trägt auf einem Sockel eine große Marienstatue. Eingefasst wird sie von einem „Rosenkranz“, dessen Perlen aus Kieselsteinen bestehen, die von Funchal herauf geschleppt wurden und deren Kettenglieder, aus den Ankerketten der von den Deutschen in der Bucht vor der Stadt versenkten, englischen und französischen Schiffe, gefertigt wurden.

Zurück in Monte, 550 m hoch und 6 km nördlich von Funchal, überfallen uns sofort Souvenirhändler, bettelnde Kinder, die uns Blumen gegen Escudos aufdrängen und am Straßenrand warten bereits die Korbschlitten.

Keine würdige Atmosphäre vor einer Wallfahrtskirche in der, der letzte, zur Abdankung gezwungene Kaiser der Habsburger – Karl – begraben liegt.

Die Kirche aus dem 18.Jhdt geht auf einen Bau von 1470 zurück, aus dem das kleine Muttergottesbild am Hochaltar stammt, Es wird für uns extra angestrahlt und ist Ziel der Wallfahrt mit Prozession, am 15.August. An diesem Tag soll Monte von Bussen und Menschen so arg belagert sein, dass kein Durchkommen ist und man nur noch „geschoben“ wird.

Von der Gottesmutter geht die Mär, dass sie nicht von Menschenhand geschaffen wurde und viele Leute wollen auch gesehen haben, dass sie sich bewegt habe. Vor diesem 15.8. wird die 40 cm hohe Figur, gekämmt und erhält ihr Festtags-Gewand.

Es folgt ein kurzer Besuch am schlichten Sarg des verblichenen Kaisers, der, verarmt in Madeira Asyl erhalten hatte und 37-jährig an einer Lungenentzündung verstarb. Pietät oder makaber… sein Sohn, Otto von Habsburg, kam zum 50.Todestag, 1972 nach Madeira, der Sarg wurde geöffnet und des Kaisers Uniformrock gewechselt… der Tote soll noch „manierlich“ ausgesehen haben…

Nach dieser zwiespältigen Begegnung, beginnt für uns, auf gut österreichisch formuliert, die „Gaudi“!

Die aus vergangenen Tagen hervorgegangene Personenbeförderung wird heutzutage, genau wie die Fahrt mit dem Ochsenkarren oder der Transport mit Hängematte, nur noch als Touristenattraktion ausgeübt, das heißt wir werden im Korbschlitten hinunter nach Funchal transportiert.

Zwei in Weiß gekleidete Männer steuern, also Kurt und mich, in einem solch originellen Vehikel in rasantem Tempo über Stock und Stein, auf holprigem Kopfsteinpflaster, über Gruben und Löcher bergab und müssen dabei ganz schön Rennen und vor allem bremsend eingreifen, denn die gewachsten Kufen des Fahrzeugs, entwickeln ein Höllentempo.

Es handelt sich um ein altes Gewerbe, das seit ca. 130 Jahren besteht und vom Vater auf den Sohn übergeht. Auch sind die Korbschlitten-Führer in einer Gilde vereinigt, die den Fahrpreis der Kunden, für den Transport der Schlitten per Lastwagen aufwärts, die Instandhaltung derselben und den Lohn der Führer verwendet. Die erwarten natürlich ein Trinkgeld für ihre Knochenarbeit, denn wenn Kreuzfahrtschiffe vor Funchal anlegen, müssen sie bis 11 mal am Tag, startbereit sein.

Ein besonderes Erlebnis wird für uns ein paar Tage später der Nachmittagsbesuch des Fischerdorfes Camera de Lobos, das uns vom Busfenster aus, sehr verlockend schien.

Es sind von unserem Hotel dahin, nur 5 km, aber der Weg führt die Hauptstraße entlang, mit einem meist ausgefransten, von Kieselsteinhaufen und Autos teilweise blockiertem Gehsteig, der in den Kurven auch ab und zu, verschwindet.

Unter uns wachsen Bananen… Autos rattern vorbei, hinterlassen ihren stinkenden Mief und der Weg zieht sich schier endlos…

Als wir uns schon am Ziele glauben, führt die Straße nochmals bergab und über eine lange Brücke bergauf und dahinter erst, scheint der Ort zu sein. Kurt will schon aufgeben und mit dem nächsten, irgendwann erscheinenden Bus zurückfahren.

Dagegen sträube ich mich und so nehmen wir auch diese letzte Hürde, hinter der sich, von einer kleinen Terrasse aus sichtbar, das auf einem Felsen gelegene, wahrhaft malerische Dorf, unter uns ankündigt. Es ist der Fischerhafen und darüber erstreckt sich der pittoreske Felsen mit den bunten Häusern darauf.

Wir spazieren zum Hafen hinunter… Menschen stehen auf den Straßen und unterhalten sich, Kinder tollen herum, alle Geschäfte sind geöffnet. Unmengen der schwarzen Degenfische liegen auf Lastwagen und in Kisten herum.

Dass der, heute auf Madeira so geschätzte Degenfisch – Espada – , überhaupt entdeckt wurde, ist einem Zufall zu verdanken. Ein Fischer, der mittels sehr langer Leine einmal erkunden wollte, was weiter unten im Meer alles herum schwimmt, hatte plötzlich den toten, schwarzen Fisch mit den scharfen Zähnen an der Angel!

Im Herbst und im Frühling werden auch viele Thunfische gefangen…

Der Betrieb in Camera de Lobos ist faszinierend und die leicht verdreckte Atmosphäre, hat zumindest nichts Ärmliches an sich.

Die Bucht wird von bizarren, schwarzen Lavafelsen eingerahmt, Leute sitzen herum und schauen aufs Meer hinaus, über dem die bald untergehende Sonne goldene Schatten wirft.

Wir schlendern die Straße, die um den Felsen herumführt entlang und dabei werden uns wahrhaft einmalige Einblicke in den Alltag dieses Fischerdorfes geboten.

An einem Waschplatz bearbeiten Frauen ihre Wäsche, an den Felsen sind andere Bekleidungsstücke bereits zum Trocknen aufgehängt. Kinder spielen halbnackt und schmutzig auf dieser Straße. Es wird eifrig für die bevorstehenden Feiertage geputzt.

Um die Ecke befindet sich dann das Ortszentrum: ein paar Palmen, in der Mitte werden auf einem Platz in einem Pavillon, Stühle und Notenpulte, für die vermutlich anlässlich des Feiertages musizierende, Kapelle aufgestellt. Auch hier tummeln sich viele Menschen und an der Straße zurück zum Ortsanfang reihen sich Geschäfte, eine Bank und andere wichtige Gebäuden aneinander. Die Sonne geht im Westen unter fantastischer Wolkenbildung glutrot im Meer unter, wir erleben es gerade rechtzeitig auf der kleinen Terrasse vor dem Ort…

Ja… und wie jetzt zurück ins Hotel kommen?

Die Taxis, die sich anbieten, lehnt Kurt tapfer ab, obwohl sie spottbillig und wir schon müde sind.

Ein Autobus fährt gnadenlos vorbei, also schlage ich vor, weiterzugehen, bis an irgendeiner Haltestelle ein solcher, per Handzeichen beorderter, anhält. Und das geschieht dann so schnell und auf offener Straße, sodass wir eine Viertelstunde später müde, aber von herrlichen Erlebnissen erfüllt, in unserem Domizil den Abend genießen.

Den Marienfeiertag am 8.12. nützen wir für einen Gottesdienst in der Kathedrale, der Se, was Sitz, also Bischofssitz bedeutet.

1485 -1514 erbaut, wirkt diese Hauptkirche von außen ziemlich schmucklos, hat aber im Innern eine prächtige, mit Elfenbein-Intarsien gearbeitete Zedernholz-Decke, die unverkennbar auch maurische Stilelemente verrät.

Die Messe darin, ist an diesem Feiertag – Maria Empfängnis – besonders stimmungsvoll, denn ein Männerchor und ein Mann an der Orgel, untermalen die Handlung vor dem Altar so eindrucksvoll, dass selbst Atheisten sich von soviel Innigkeit angesprochen fühlen müssen.

Eine letzte Ausflugsfahrt kurz vor Ende unseres Urlaubs, erschließt uns wenigstens flüchtig, auch den Osten der Insel. Leider ist das Wetter dabei sehr diesig und schwül. Es herrscht Südströmung und wird sogar von der Gefahr eines nahenden Zyklons, gemunkelt.

An Monte vorbei, das von 1850 bis zum 1. Weltkrieg der eleganteste Ort in der Umgebung von Funchal gewesen sein soll und zu dem seit 1912 eine Zahnradbahn hinaufführte, streben wir dem Poiso-Pass zu. Da es damals keine Straße nach Monte gab, war die Bahn, die während des 2. Weltkriegs explodierte, sehr wichtig. Auch Kaiserin Elisabeth war zweimal in Madeira, einmal mit ihrem Gefolge. Transportmittel war dabei die Sänfte oder auch Hängematte.

Am Pass fällt Nebel ein und die Straße von hier aufwärts durch eine karge Landschaft bietet kaum Sicht. Als der Nebel plötzlich aufreißt, erkennt man kurz Abgründe und Schluchten. Am Aussichtspunkt Pico d´Areiro, mit 1810 m zweithöchster Berg Madeiras, verschwimmt der herrliche Blick im feuchten Dunst und frierend klettern wir gern in den Bus zurück.

Ein Weilchen später wird es ganz plötzlich klar und wir können nun doch die einmalige Sicht über die Kraterschluchten hinunter zur Nordküste erleben.

Auch der zerklüftete Adlerfelsen, der sich ca. 600 m pyramidenförmig über dem Meeresufer und der Küste erhebt, erscheint einigermaßen klar.

Auf dem Weg nach Santo do Serra wird auch die Landschaft wieder freundlicher und Wälder, gelb blühender Ginster, Eukalyptus und Kamelienbäume tauchen am Straßenrand auf. Sie werden immer mehr… sie lieben kühles, nasses Wetter.

In Santo da Serra, 675 m hoch, spazieren wir durch den botanischen Garten voll üppiger Vegetation und blühenden Lebens: weiße Azaleen, tief-lila, hohe Tibuchina-Bäume – brasilianische Spinne, Kamelien und ein paar noch blühende Hortensien, begeistern hier.

Vor dem Restaurant am Portela-Pass, wo eine kurze Rast eingelegt wird, fasziniert nochmals die Sicht auf den Adlerfelsen sowie Porto da Cruz und die herrliche Berglandschaft.

In dem urtümlichen Ort Porto da Cruz findet die Mittagspause statt.

An den Hängen wachsen Korbweiden und zwischen den weit verstreuten Häusern, zeugen Gemüseterrassen von den harten Lebensbedingungen der Bewohner.

Es ist wieder warm, fast heiß geworden.

Noch ein Stück nordöstlich und wir erreichen das Dorf Machico, das in der Entdeckungsgeschichte Madeiras eine große Rolle spielt. Hier hat, historisch glaubhaft, Zarco, von der Nachbarinsel Porto Santo kommend, angelegt und Madeira „wiederentdeckt“. Denn, nach einer Legende soll in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, ein Engländer namens Machin oder Machim mit seiner Geliebten Anna in die Bretagne zu fliehen versucht haben und nach langer Irrfahrt in die Bucht von Machico, abgetrieben worden sein. Beide starben sehr bald auf der Inseln und wurden von ihren Gefährten begraben.

Beim Verlassen des Eilands, seien diese von Piraten ergriffen und nach Marokko verschleppt worden, wo sie einem portugiesischem Gefangenen, die Geschichte erzählten. Dieser hätte dann nach seiner Freilassung, Zarco zu der Expedition veranlasst. Er soll das Grab gefunden und darüber eine Kapelle errichtet haben, die heute noch steht und zu den ältesten Gotteshäusern Madeiras zählt. Verbirgt sich ein Körnchen Wahrheit in dieser Legende? Verdacht dafür besteht in der Ähnlichkeit des Ortsnamens und bewiesen sind die Piraterie und die Auseinandersetzungen zwischen Portugal und Marokko im 14.Jhdt.

Auf jeden Fall hat sich Machico und Umgebung in den letzten Jahren zu dem nach Funchal wichtigsten Touristengebiet der Insel entwickelt, mit einer Kirche im maurischen Stil… großen Hotels, einer Feriensiedlung im Umkreis.

Nördlich vom Ort Santa Cruz, das ebenfalls ein Gotteshaus im maurischen Stil besitzt und mit prächtiger Vegetation aufwartet, befindet sich der erst 1964 erbaute Flughafen der Insel, also ziemlich entfernt von der Hauptstadt. Davor konnte man nur auf der Insel Porto Santo landen und per Schiff nach Madeira gelangen.

Noch ein Stück die Ostküste nach Süden, dann verlassen wir diese bei Canico, kurven nochmals bergauf nach Camacha, 700 m hoch, das der Lieblings-Aufenthaltsort der Engländer war und auch als Korbflechterdorf bekannt ist.

Es herrscht drückende Schwüle und die umliegenden Berge sind kaum zu erkennen. Auch im Bus war die Hitze fast unerträglich… nähert sich tatsächlich ein Zyklon?

An das kleine Cafe, in dem nochmals eine Pause stattfindet, schließt sich eine Korbflechterei an und darin herum zu streifen, bereitet ein Vergnügen. In einem winzigen Raum arbeiten 3 Männer gerade an einem Korbsessel.

Die zahlreichen Landhäuser und Villen des Ortes, verschwimmen leider im Dunst, doch die Vielfalt der Pflanzen und Blumen entfalten ihre Fülle und Schönheit umso eindringlicher.

Auch in unserem Quartier außerhalb Funchal, herrscht an diesem Abend eine beängstigende Schwüle, der Dunstschleier ist so dicht, dass wir an diesem, unserem vorletzten Abend unseres Urlaubs, nicht einmal die Lichterkette am Berghang der Stadt sehen können.

Auch am nächsten Morgen liegen Nebel und Schwüle über Land und Meer.

Zwar hat kein Zyklon Madeira erreicht, dafür aber ist in der Nacht ein Staubsturm aus Afrika, über die Insel hergefallen. Um das Schwimmbecken im Hotel, über den Autos, überall hat sich dieser leicht rötliche Gruß aus der Sahara, festgesetzt und eingeschlichen.

An diesem, unseren letzten Abend, nehmen wir, ein wenig wehmütig, Abschied von Funchal, das uns trotz der von Abgasen stinkenden Autos, die einem fast die Füße abfuhren und dem lärmenden Betrieb, der gelegentlichen Wildnis ihrer Umgebung, unglaublich vertraut und heimelig geworden ist. Und auch von der Lebensart und Freundlichkeit seiner Menschen und dem unübertrefflichen Blütenzauber dieser Insel im Atlantik.

Auch der Betonkomplex unseres Hotels, dessen Konterfei nicht gerade als Schmuckstück in der Landschaft glänzt, hat sich immerhin als angenehmes Logis erwiesen, in dem es sich ohne Zwang, frei und ungestört Leben ließ.

So wird uns Funchal als liebenswerte Stadt mit ein paar Schattenseiten und die Insel als Paradies der Pflanzenwelt in wunderschöner Erinnerung bleiben.