Sizilien

Das Recht, ein besonderer Kandidat und größter Mosaikstein im Mittelmeer zu sein, beansprucht natürlich die Insel SIZILIEN.

Als Dreieck in der Mitte des großen Wassers, lebt dieses Juwel nur durch die Straße von Messina getrennt, 1860 durch Volksentscheid Italien zugehörig, autonom auf entsprechend umfangreichem Fuß.

eine Geschichte spiegelt jedoch ein von diesem Staat absolut unabhängiges, unterschiedliches, eigenwilliges Muster wider und die Spuren derer, die ihre Tritte hier hinterlassen haben, sind daher vielgestaltig.

Abgesehen von den indogermanischen Ureinwohnern der Sikaner und Sikuler – Einwanderer aus dem mesopotamischen oder ägäischen Raum – die um 1300 v. Ch. namentlich hier gesichtet wurden, haben vor allem Griechen weitaus stärker als die nachfolgenden Römer, später die Araber und die Normannen als Völker beherrschendes Portrait, Sizilien geprägt.

Natürlich hatten bereits vor den Globetrottern aus dem Osten, auch Jäger und Sammler vermutlich über eine in grauer Vorzeit bestehende Landverbindung über die heutige, 3 km breite Wasserstraße von Messina, die Insel erreicht. Ihre megalithischen Hinterlassenschaften,

Werkzeugfunde und Höhlenzeichnungen z.B., ähneln denen in Frankreich.

Glücklicherweise präsentiert sich Sizilien, da weitläufige Badestrände und von der Sonne durchglühte Sandbuchten rar sind, als kein vom Massentourismus verseuchtes Eiland.

Umso aufregender demonstrieren Kunst und Kultur neben einer von Bergen gesäumten und von Flora verschwenderisch dekorierten Natur, das wechselvolle Schicksal dieses Erdenflecks,

Auch dieses Eiland habe ich zweimal besucht.Zuerst 1978 mit Kurt, wo wir Taormina als Standort für ein Rendevouz mit dem Inseldreieck wählten. Dieses stellt sich als Gebirgs – und Hügelland in einer Fortsetzung des kalabrischen Appenin vor und an seiner nordöstlichen Flanke klettert Taormina ebenfalls an einem Hang empor.

Kein Wunder also, dass man, um die Stadt und ihre Umgebung zu erforschen, ständig bergauf und bergab unterwegs sein muss. Hinunter zum Meer, dessen Strand sauber mit klarem Wasser zum Bad einlädt, hilft eine Seilbahn.

Trotzdem gerade in Taormina eine Menge Touristen die engen Gassen frequentieren, hat sich die Stadt ihr ureigenes, sizilianisches Antlitz voll bewahrt.

Auch am Corso Umberto, der belebten Flaniermeile, wo sich durch die von Einheimischen und Fremden stets stark frequentierte schmale Straße, auch noch Autos hindurch zwängen,

ist sizilianisches Flair gegenwärtig. Sowohl in den Geschäften, die zwar eine Menge Souvenirs präsentieren als besonders durch die Bewohner, die genüsslich von ihren kleinen Balkonen auf das Treiben herunter blicken. Sie lassen sich ihre Lebensart durch nichts und niemand abkaufen. So ist der Bummel hier, sobald man sich an die Gegenwart hupender Autos gewöhnt hat, ein echtes Vergnügen.

Eingebettet in Taorminas bergan strebenden Rücken leuchtet inmitten grandioser Natur ein ehrwürdiges Glanzstück menschlicher Machart – das griechische Theater, das später von den Römern zu einem Amphitheater umgebaut wurde. Außer den imposanten Resten des originalen Bühnenhauses, löst der hinreißende Blick von hier auf die Stadt und den Ätna einen Taumel der Begeisterung aus. Was für ein Panorama!

Europas größter Vulkan thront gewissermaßen hier als Herr über die unter ihm sich duckenden Berge und Hänge, in die Dörfer als malerische Kleckse eingestreut sind.

Auf den über 2000 Jahre alten Steinstufen des Theaters sitzend, öffnet sich der Vorhang

Auf eine Kulisse voll strahlender Schönheit.

Ein anderes, kleines Paradies, erwartet und im Park der Stadt. Dank Floras nie versiegendem Blumenkorb blüht und duftet es unter südlicher Sonne zwischen grünen Baumriesen überall auf Wegen und Pfaden, lädt ein zum Träumen…

Dass, das heutige Taormina eigentlich eine Neugründung der Araber ist, unter deren Herrschaft es ebenfalls eine kurze Blüte erlebte, bis es später nach den Normannen in Bedeutungslosigkeit fiel, wird einem beim Spaziergang durch sein Gassengewirr nicht bewusst.

902 wurde die griechisch-römische Stadt, die sich um das Theater scharte, von den Arabern zerstört und bald danach völlig neu gebaut.

Trotzdem die unmittelbare Umgebung der Stadt außer den Bademöglichkeiten, auch eine Menge Wandermöglichkeiten bietet, begnügen wir uns damit nicht, sondern wollen auch ein paar besondere Leckerbissen dieses großen Eilands auf Ausflügen erkunden.

An erster Stelle steht natürlich der Ätna, der uns immer wieder sein geheimnisvolles Antlitz als höchster und berühmtester Vulkan Europas zuwendet.

Im Vergleich zu anderen Feuer speienden Kratern wird der Ätna als „gutmütig“ bezeichnet, da er „effusiv“ ausbricht, das heißt seine Asche rasch abkühlt. 3 Mal hat er Catania zerstört, doch dabei keine Menschenleben gefordert.

Seine Gipfel (insgesamt 4) und Krater sind durch die unvermindert anhaltende Tätigkeit, dauernden Veränderungen unterworfen. 1900 war der höchste 3247 m,1966 bereits 3326 m.

Bei strahlendem Wetter, kein Wölkchen trübt den Himmel, starten wir per Bus zu diesem brodelnden Massiv. Die Landschaft an seinem Fuß zeigt sich ansprechend und grün, die Ortschaften erscheinen sauber und offenbar wohlhabend, überall grüßen hübsche Villen.

Das Dorf Trecastagni (3 Kastanienbäume) besitzt eine wunderschöne Wallfahrtskirche aus Lavagestein.

Dann steigt die Straße an, die Vegetation wird spärlicher. Der Vulkan offeriert sich in einzigartiger Klarheit.

Bis zur Casa Catoniera in 1882 m Höhe, einem hübschen Restaurant, befördert uns der Bus.

Ein frischer Bergwind weht, aber Sonne und Sicht auf den Krater sowie nach unten sind atemberaubend.

Mit Kleinbussen geht es höher hinauf. Sehr steil, auf staubigem, zerfurchten Fahrweg.

Das Panorama unter uns ist großartig, während oben aus dem inzwischen sehr nahe gerückten Krater, Wasserdämpfe aufsteigen. Rundherum nur Lava… man sieht genau den Strom, den die Lava beim Ausbruch 1971 genommen hat, bei dem auch das Observatorium zerstört wurde.

In 3200 m, kurz unterhalb des Hauptkraters steigen wir aus.

Dank des herrlichen Wetters (erst das zweite Mal hätte es in diesem Jahr eine solche Sicht gegeben) ist es zwar windig, aber nicht allzu kalt…

Überwältigend der Blick nach unten, unvergleichlich der nach oben zu dem dampfenden Gipfel.

Die letzten 100 m müssen zu Fuß bergauf bewältigt werden. Zuerst geht es zum Bocca-Nova Krater, der für den Ausbruch 1971 verantwortlich war.

Fast getraue ich mich nicht, bis zum Rand vorzugehen, denn da unten muss es scheußlich sein. Zu sehen ist nicht viel, nur auf einer Seite ein Stück Kraterwand, denn ununterbrochen steigen Dämpfe aus dem Schlund und es stinkt fürchterlich nach Schwefel.

Ein Stück geht es abwärts, dann wieder bergauf – das Steigen fällt schwer in dieser Höhe – und wir stehen am Hauptkrater… 3 km Umfang, 200 m tief.

Wieder ist der Schlund wegen der Dämpfe mehr zu ahnen, als zu sehen.

Imposant dagegen der Anblick des freien, nur von Dampfschwaden leicht verschleierten, höchsten Gipfel des Ätna, der den Hauptkrater rechts einfasst. Und dieser wäre mittlerweile wieder gestiegen, auf 3335 m.

So stehen wir hier also inmitten vieler, vieler Menschen, ahnen welche Naturgewalten sich unter unseren Füssen zusammenballen und jederzeit an die Oberfläche drängen können und ich scheue mich fast, in den Schlund hinunter zu schauen, in dem drohend der Dampf schwelt.

Vor einiger Zeit hatten Wissenschaftler versucht, hinunter zu steigen…

Sie mussten aufgeben und wurden bewusstlos nach oben gezogen.

Am Rückweg zum Kleinbus beobachten wir, wie da und dort aus dem schwarzen Boden dünne Dampfwolken aufsteigen, alles scheint unter uns in Bewegung zu sein.

Angeblich war der Ätna der vor 600.000 Jahren an der Ostküste, wo eine Bucht weit ins Land hinein reicht, entstanden, nachdem vor ca. 1 Million Jahren die ersten vulkanischen Aktivitäten aufgetreten waren, vor 100 Jahren noch Privatbesitz. Jetzt gehört er dem Staat, nur die unteren Gebiete sind Privateigentum.

Bekanntlich wird Lavaerde nach geraumer Zeit sehr fruchtbar.

Büschelweise hängen zum Beispiel jetzt im Herbst die Früchte auf den Kastanienbäumen, die als Maroni essbar sind und als Folge von ausgiebigem Augustregen, sprossen vor einigen Jahren Steinpilze und Pfifferlinge aus dem Boden. Wie zur Bestätigung sehen wir, wie im Ort Trecastagni auf Verkaufsständen tatsächlich diese edle Pilzsorte angeboten wird.

Vor einer Weinkellerei steht uns noch eine Weinprobe bevor, die so gut schmeckt, dass wir uns gleich für die nächsten Tage damit eindecken..

Der Oktober hält auch in südlichen Gefilden nicht immer Sonne für uns bereit und es wird schon mal trüb und ein paar Regentropfen erinnern ab und zu an den Wechsel der Jahreszeiten.

Ein zweiter Ausflug führt uns über Catania, der „schwarzen Barockstadt“, da ihre Gebäude aus Lava erbaut sind – der kurze Halt reicht hier gerade für einen Blitzbesuch im Dom und einen Bummel über den Fischmarkt – nach Syrakus. 733 vor Ch. von dorischen Griechen erbaut, gilt sie als eine Weltstadt der Antike.

Die „Wachtelinsel“ Ortygia, wo sich heute die Altstadt ausbreitet, die nun mit einer Brücke mit dem Festland verbunden ist, war die Keimzelle dieser größten griechischen Stadt und eine der schönsten, in einer glanzvollen Epoche. Vor Ortygia wurde 413 vor Chr. die aus Athen herbei gesegelte Flotte um Syrakus Vorherrschaft über die anderen griechischen Stätte zu brechen, versenkt. Syrakus zwang auch noch das mächtige Karthago zum Friedensschluss. Erst als 212 vor Chr. die Römer es eroberten, war seine große Zeit vorbei.

Der große griechische Physiker und Mechaniker Archimedes wurde von einem römischen Soldaten getötet, sein angeblicher Ruf „zerstört mir meine Kreise nicht“, ist in die Geschichte eingegangen.

Schon die Einfahrt in die Stadt mit den freundlichen, gelben Häusern wirkt sympathisch und ansprechend.

Erstes Besichtigungsprogramm sind der kleine und der berühmte große Hafen und natürlich die „Wachtelinsel“ mit dem Domplatz auf einem großen, unregelmäßig rechteckigen Platz, auf dem blühende Oleanderbäume in rosa, rot und weiß den Besucher empfangen. Prächtig strahlt auch die Barockfassade des Gotteshauses in der Sonne und gegenüber vervollkommnen das barocke Rathaus und das archäologische Museum das blühende Porträt des Stadtzentrums.

Unter dem Domplatz wurden bei Ausgrabungen Siedlungsspuren aus vorgeschichtlicher Zeit gefunden, später befand sich hier ein griechischer Tempel.

Um die Verflechtungen der heutigen Bauten mit den verwendeten antiken Resten zu koordinieren oder diese ausgiebig zu erkunden, dafür fehlt bei nur einem Tagesausflug leider die Zeit.

Lediglich die Arethusaquelle und das auf dem schmalen Inselsporn vor uns liegenden Kastell Maniace – erbaut unter Friedrich II. – werden mit einem flüchtigen Blick gewürdigt.

Weiter geht es aufs Festland zum archäologischen Bezirk in der Neustadt.

Vor allem das griechische Theater, das neben dem von Epidaurus, das größte einigermaßen erhalten gebliebene darstellt, verdient nähere Betrachtung. Es wurde nicht gebaut, sondern die Sitzreihen sind aus dem Stein heraus gehauen worden.

Auch die antiken Steinbrüche, aus denen Gefangene die benötigten Steine mit Hammer und Meisel herausschlagen mussten, kriegen wie das „Ohr des Dionysos“, – eine der Grotten, die sich durch das Abschlagen der Steine gebildet hatten – einen Mini-Besuch ab. Dieses „Ohr“ hat immerhin eine Höhe von 23 m und eine Breite von 11 m und ist 65 m tief. Es zeichnet sich durch ein hervorragendes Echo aus.

Antike Gräber, ein riesiger Altar als Opferstätte, die Ruinen des römischen Amphitheaters und schließlich noch ein Gang durch die Giovanni-Katakomben sowie eine Unmenge spezifischer Informationen strapazieren unsere Aufnahmefähigkeit bis an ihre Grenze, sodass die Rückfahrt durch flache Ebene bis Catania, wo bis zum zweiten Weltkrieg Sümpfe für Malaria sorgten und weiter nach Taormina, recht teilnahmslos verläuft.

Nach einigen Tagen „Abschalten“ in unserem reizvollen Standquartier drängt es uns jedoch zu einem neuen Aufbruch an die Nordostspitze Siziliens, zu den etwas westlich vorgelagerten Liparischen Inseln.

Dazu starten wir sehr frühzeitig zuerst nach Messina, der drittgrößten Stadt Siziliens, die wir nur oberhalb der Straße flüchtig wahrnehmen – sie soll sehr modern und schön sein – und weiter nach Milazzo, das uns ebenfalls nur das über ihr thronende, große Kastell aus der normannisch-hohenstaufischen Zeit und den Hafen präsentiert.

Mit dem Fährschiff erreichen wir danach in 1 ¼ Stunden die Insel Vulcano.

Nach einem herrlichen Sonnenaufgang, hat sich das Wetter leider verdüstert, es weht ein heftiger Wind und das Eiland ragt etwas dunkel, sogar ein wenig drohend aus dem Meer.

Schon in der Antike war Vulcano wegen seiner aktiven Vulkantätigkeit und Erdbeben gefürchtet.

Beim großen Crash 1908 wurden in Messina 91 % aller Häuser zerstört und 60.000 Menschen fanden den Tod.

Wenige Minuten nach der Landung empfängt uns eine höchst eigenartige Landschaft mit zerklüfteten, rötlich/gelb gefärbten Felsen, die von Vulkanbergen – die Insel besitzt 3 – im Hintergrund flankiert wird. 400 Menschen leben auf dem speienden Kegel.

Vor uns brodelt ein kleiner, heißer Schwefeltümpel, in den sich sofort einige Touristen stürzen. Kurt und ich steigen lieber auf den Felsen herum und bestaunen die seltsame Szenerie. Am Ufer spritzen heiße Quellen aus dem Meer, auf sie zu treten wäre gefährlich, zumal man sie am steinigen Strand schlecht sehen kann.

Ein kleines asphaltiertes Sträßlein führt zu Restaurants, die einerseits von ein paar niederen und einigen größeren Häusern gesäumt werden, während auf der anderen Seite hohe Gräser im Wind wedeln.

Im Meer tobt heftige Brandung, Felsblöcke ragen aus dem Wasser, der Himmel ist schwarz von Wolken. Am Ufer stehen verlassene Bungalows.

Diese Landschaft strahlt in ihrer Verlassenheit eine großartige Einsamkeit aus.

Ganz schön schlingernd befördert uns ein Fischerboot zu der 1 km nördlich von Vulcano aus dem Meer ragenden Insel Lipari. Die im Programm vorgesehene Inselrundfahrt kann wegen des stürmischen Wetters nicht stattfinden, sodass der Bootsführer sofort den Hafen am Hauptort gleichen Namens ansteuert.

In Lipari erklimmen wir als erstes auf einer schmalen, steilen Straße mit seitlichen Stufen die Kathedrale, die jedoch leider verschlossen ist. Doch von diesem ältesten Teil des Ortes hat man einen sehr schönen Blick auf ein paar weitere, alte Kirchen, auf eine Moschee und vor allem die Ausgrabungsstätte eines Dorfes aus vorgriechischer Zeit. Zwar sieht man nur die Steinmauern der Rundhütten, die mit Stroh gedeckt gewesen sein sollen; es sind Reste von Dörfern aus mehreren übereinander liegenden Epochen, deren Entdeckung eine Sensation darstellte. Gleich gegenüber zeigt ein ausgezeichnet geordnetes Museum eine Unzahl von Kostbarkeiten, die einigermaßen zu studieren, mindestens einen Tag in Anspruch nehmen würde. Wir erleben sie nur im Eilverfahren, denn das Mittagessen in einem Luxusrestaurant am großen Hafen ist vorab organisiert worden und erwartet uns mit einem exzellenten Fischmenü.

Die Inselrundfahrt wird per Bus nachgeholt und gewährt herrliche Blicke auf das Städtchen Lipari, das etwa 4000 Bewohner zählt, auf das Meer und die Felsen, später auch die Insel Salina, die attraktiv aus dem Wasser steigt, aus der Ferne die anderen Äolischen Eilande und sehr schemenhaft dahinter den spitzen Kegel von Stromboli.

Es folgt am Nachmittag die Rückbeförderung per Tragflügelboot und Bus ins fast schon heimatliche Taormina.

Als letzten Ausflug auf dem Inseldreieck haben wir seinen „Nabel“, das etwa in der geographischen Mitte sich befindende Enna auserkoren – die höchst gelegene Provinzstadt nicht nur Siziliens, sondern ganz Italiens.

Aber nicht nur sie ist Ziel der Exkursion, in ihrer Nähe lockt auch eine besondere „Spezialität“ die 6 km vom malerischen Ort Piazza Armerina entfernte Villa Casale.

Ungefähr 300 n.Ch. gefiel es einem höchst prominenten Römer (wer genau ist ungewiss) auf dem Hügel Monte Mangone ein luxuriöse, terrassenförmige, weitläufige Palastanlage errichten zu lassen, deren zahlreiche Gebäude und Räume mit herrlichen Fußbodenmosaiken ausgeschmückt und zum Großteil erhalten geblieben sind. Diese Villa gilt immerhin als größte Sehenswürdigkeiten Siziliens.

Und ihr gilt daher auch die erste, sehr ausgiebige Besichtigung, Während draußen ein Wolkenbruch niederprasselt, genießen wir die in immer neuen, prächtigen Szenen dargestellten Vitalitäten und Extravaganzen römischen Lebensstils der oberen Zehntausend.

Da breiten sich unter uns auf den Böden, auf die wir von einer hölzernen Galerie hinunterblicken, Jagdgepflogenheiten, Götter- und Mythologie-Gestalten, Wagenrennen im Zirkus, sportliche Spiele, etc. aus.

Ein Plastikdach schützt die einzigartigen Raritäten – und uns – die zwischen 1930 bis 1960 ausgegraben und mühsam von Schlamm und Schmutz gereinigt wurden.

Manchmal hatte sich der Boden gesenkt, trotzdem sind die Darstellungen erhalten geblieben.

Auch die teilweise vorhandenen Mauern und vor allem die Marmorsäulen befinden sich an der Originalstelle.

Enna selbst kommt bei solch´ beeindruckender Schau leider etwas zu kurz.

Auf einem Felsen imposant gelegen, verdüstern es heute dunkle Wolken.

Zwar besteigen wir den Turm des riesigen Kastells, das Friedrich II. hier, an seinem Lieblingsort, erbauen ließ und das auch als Ruine noch großartig wirkt und trotz grauem Himmel eine grandiose Aussicht bietet, doch für die Stadt und ihren Dom, der sowieso geschlossen ist, bleibt leider keine Zeit.

Als krönenden Abschluss und Abschied von einem wunderschönen Urlaub bietet der Rückflug mir, da ich einen Fensterplatz ohne störende Tragflächen habe, einen unvergesslichen Blick aus luftiger Höhe in den heute wie blank gescheuert in völliger Klarheit klaffenden Krater des Vesuv und danach die gesamte Kette der Alpen, wie sie sich nur selten einem Betrachter zeigen.

Nun leuchtet ja Sizilien als Krösus unter den Inseln des Mittelmeeres und bietet eine Anzahl weiterer „Schmankerln“, sodass ich mich nach vielen Jahren dazu entschließe, es noch einmal zu besuchen und zwar zur Osterzeit des Jahres 1996.

Diesmal ist die Hauptstadt Palermo Ausgang für eine Spazierfahrt durch seine Naturschönheiten, seine Kunst, speziell aber die Teilnahme an den Bräuchen, die auf der katholischen Insel das Osterfest einleiten und es vollenden.

Die erste Einstimmung auf das große Fest gilt der Palmweihe im mittelalterlichen Städtchen Piano degli Albanesi und die Fahrt wird zur flüchtigen, ersten Besichtigung der Hauptstadt genutzt. Sie führt ins Zentrum, dem Platz der 4 Ecken, wo vier über Eck gestellte konkav geschwungene Palastfassaden einen höchst attraktiven Kreis formen.

Sie werden von griechischen Säulen geschmückt und ein unterschiedliches Figurenensembles beherrscht die Stockwerke.

Von diesem Platz aus werden die 4 Stadtteile aufgefächert.

Auf der Piazza Pretoria prangt der „Schandbrunnen“, so beschimpft, da nackte Statuen auf dem, fast den ganzen Platz einnehmenden Monument, ihr Unwesen treiben.

Das Rathaus an seiner Südseite lässt sich davon allerdings nicht irritieren..

Das Theater, wo berühmte Sänger wie Caruso gastierten, ist derzeit geschlossen.

Nach Verlassen des Stadtgebietes, zieht mich deren herrliche Umgebung in Bann…

Blicke auf Palermo, den Monte Pellegrino, die bergige, grüne Landschaft und Monreale, das fast mit der Metropole zusammengewachsen ist! Mimosenbäume spenden dazu in leuchtendem Gelb ihr blühendes Credo.

Das Städtchen Piano degli Albanesi liegt dagegen in einer kargen Ebene und zum Dom hat man ein Stück bergan zu steigen.

An Straßenständen werden überall Palmzweige zum Kauf angeboten, geflochten und mit bunten Bändern verziert. Kunstvoll gefertigt und präpariert werden sie an diesem Sonntag geweiht, aber auch die Wedel der Olivenbäume dienen diesem Zweck.

Der Palmsonntag symbolisiert den Einzug Jesu in Jerusalem. Die Sitte einer Prozession aus diesem Anlass wäre spanischen Ursprungs, erzählt man uns und Karwoche = Kara würde Wehklage bedeuten…

Wir erleben also die alte Tradition in einem Städtchen, in dem seit 1488 orthodoxe Christen ansässig sind, die während der osmanischen Eroberung Griechenlands aus Albanien hierher geflüchtet sind und ihren gewohnten Ritus bewahrt haben. Sie erkennen den Papst an und ernennen ihren eigenen Bischof. Heute wird er auf dem Rücken eines Esels von der unteren Kirche zur Kathedrale im oberen Ortsteil reiten.

Während unten ein etwas ramponiertes Tier geduldig auf seinen Einsatz wartet, drängen sich die Menschen, viele Kinder und auch Männer in Trachten vor den Gotteshäusern und auf den Straßen in Erwartung der feierlichen Prozession.

Ein geeignetes Tier für diese Prozedur zu finden, wäre gar nicht so einfach, erzählt man uns und letztes Jahr wäre der Erwählte kurz vor dem Ritt zusammen gebrochen und ein neuer musste in aller Eile gesucht werden.

Endlich erscheinen unten die Priester, die einen Choral anstimmen.

Ich kann den in eine lila Robe gehüllten Bischof – einen älteren Mann – erkennen, dem die bevorstehende Zeremonie offenbar auch einige Schwierigkeiten bereitet. Trotz Schemel und Hilfe, schafft er erst beim zweiten Anlauf den Rücken des Tieres, um dann jedoch, einen Palmwedel schwingend und umringt von Menschenmassen den kurzen Weg zur Kathedrale siegreich zu meistern.

Die Hauptattraktion bezüglich Kunst bietet an diesem ersten Tag jedoch der Normannendom von Monreale – ein Juwel mittelalterlicher Baukunst, der als eindrucksvollster Sakralbau auf dem Erdenrund gilt. Er erhebt sich auf dem Monte Caputo, offenbart eine herrliche Aussicht und gehört zu einem Benediktinerkloster.

Der Normannenkönig Wilhelm II. ließ ihn gegen Ende des 12.Jh. angeblich an der Stelle erbauen, wo ihm im Traum die Jungfrau Maria erschienen war.

Harmonisch sind in diesem Prachtbau romanische, byzantinische und arabische Architekturelemente miteinander verschmolzen.

102 m lang und 40 m breit zeigt diese Basilika an den Innenwänden fast 6000 byzantinische Mosaiken. Wände, Kuppel und auch der Fußboden glänzen mit Bilderfolgen, Marmorverkleidungen und auch arabische Elemente schmücken in schier unfassbarer Vielfalt das mystische Dunkel des Gotteshauses.

Als ganz besonderes Prunkstück erfreut der dazugehörige Kreuzgang mit 216 äußerst reich gestalteten Säulen das Auge. Jedes Kapitell ist anders geformt. Biblische Szenen, Tiere und Fabelwesen, Blüten… eine überschwängliche Fantasie erfindet stets neue Motive. Blumen verwandeln den Innenhof in einen Garten Eden.

Und als besondere Rarität entdecke ich dann am Domplatz vor dem majestätischen Bauwerk einen leider der selten gewordenen „carretti“, ein typisches Produkt sizilianischer Volkskunst.

Es sind kunstvoll bemalte Pferdewagen, die sich, von Maultieren gezogen, Mitte des 19.Jhts. großer Beliebtheit erfreuten.

Nicht nur die Zusammensetzung verschiedener Hölzer, vor allem die Bemalung und Schnitzarbeiten an diesen Karren waren ungeheuer aufwendig, sodass die Jahresproduktion einer kleinen Werkstatt höchstens 7 – 8 Exemplare betrug und ihre Preise sehr hoch waren. Die Motive lieferten Figuren aus dem berühmten, sizilianischen Marionettentheater oder Ritterromane.

Noch ein normannischer Monumentalbau steht an diesem Palmsonntag zur Besichtigung an: die Kathedrale von Palermo auf der Piazza Cathedrale, die seit Jahrhunderten Schauplatz öffentlicher Feiern ist und zur Zeit der Inquisition auch Folterungen und Hinrichtungen gesehen hat.

Eine frühchristliche Basilika verwandelte sich hier während der arabischen Epoche in eine Moschee, die Normannen gaben sie dem Christentum zurück, bauten aber bald 1170/85 einen neuen Dom, der in der Folge von Gotik und Barock umgebaut und erweitert wurde, sodass von seinen ursprünglichem Kern nur wenig übrig ist.

In der kühlen Pracht des 3-schiffigen Innenraumes ruhen in einer Reihe die Sarkophage der normannisch/staufischen Monarchie, die Sizilien von 1091 beinahe 200 Jahre lang ihren Stempel aufgedrückt hat, bis die ebenfalls nach Macht strebenden Päpste ihren Kanditaten, den Franzosen Karl von Anjou für Unteritalien und Sizilien auf den Thron setzten.

In seiner Oper „Die sizilianische Vesper“ hat Verdi den Aufstand gegen die Franzosen 1282, dem ihre Vertreibung folgte, musikalisch nachvollzogen.

Zu jener Zeit soll auch die Organisation der heute so berüchtigten Mafia entstanden sein. Das Wort sei einer Legende nach aus dem Ausruf einer Mutter „Ma filia“, abgeleitet worden. Anfangs hätte es noch einen Ehrenkodex gegeben, der heute vor allem durch den Drogenhandel nicht mehr existiert. Mussolini wollte die Mafia ausrotten, daher wanderten viele Mafiosi aus und infizierten auf diesem Weg vor allem Amerika mit dem gefährlichen Virus, dass sich nun weltweit ver- und ausbreitet. Begonnen hatte sie eigentlich damit, die Pächter vor den adeligen Landesherren durch Schutzgelder zu schützen.

Trotz Mafia und hoher Kriminalität will ich natürlich auch die Altstadt kennen lernen, nachdem das archäologische Museum in der erlesen ausgestatteten Hofkapelle des ehemaligen Normannenpalastes, als einziges Überbleibsel von ihm, für ausgiebige kulturelle Eindrücke gesorgt hat.

Im Marktviertel preisen an den unzähligen Ständen, Männer ihre Waren an, Marktfrauen gibt es nicht… dagegen häufen sich Waren aller Art – viele Fischarten, Gewürze, Fleisch, Geflügel, etc. vor einer etwas verwahrlosten Häuserkulisse und auf der Terrasse der Taverne Shanghai imponiert nicht nur der Blick auf diesen Markt, sondern auch ein köstliches Mahl.

Es folgen noch ein paar Besichtigungen in der Stadt, bis uns am Hafen das kleine, aber hübsche Marionettenmuseum vorgeführt wird.

Die Puppen hängen hier nicht an Fäden, sondern an Eisenstäben und sind daher nicht so leicht zu bewegen. Zentren des Marionettenspiels waren und sind die Städte Palermo und Catania.

Früher zogen Familienbetriebe mit ihren 60 – 150 cm großen Puppen von Jahrmarkt zu Jahrmarkt. Heute stehen die Marionettentheater in festen Häusern und natürlich wohnt auch unsere kleine Gruppe in einem solchen, in einer Seitengasse versteckten Theater, einer Aufführung bei.

Ziemlich spektakulär geht es dabei zu. Lautstark wird ein Drache getötet, es geschehen Mord und Totschlag, viele Ritter schwirren in Rüstungen, Säbel klirrend, auf der Bühne herum und das Ritterfräulein darf natürlich auch nicht fehlen.

Damit heißt es dann aber auch schon wieder Abschied nehmen von Palermo, wo wir in einem ehemaligen Nobelhotel logierten. In einem seiner zahlreichen Säle und Hallen berichtet eine Büste, dass hier Richard Wagner seinen „Parsival“ geschrieben hätte. Inzwischen ist der Glanz des Hauses ein wenig verblasst und es heißt, dass nun auch die Mafiabosse ihre Zusammenkünfte in den traditionsreichen Mauern abhalten würden.

Durch ein Arbeiterviertel mit hässlichen Mietskasernen, unfertigen Häusern, die am Verrotten sind – nur die blühenden Mimosenbäume versöhnen mit der maroden Kulisse – erreichen wir die Autobahn, die an Siziliens Nordküste in östlicher Richtung nach Cefalu führt.

Die Straße an der Küste entlang würde Begegnungen mit antiken Zeugen der so turbulenten Geschichte Siziliens bringen, aber unser Tagesziel liegt 220 km etwas über der Mitte des sizilianischen Dreiecks und da bleibt keine Zeit für Extras.

Cefalu erhebt sich heute in bezaubernd schöner Lage am Mittelmeer an der Stelle, wo vor rund 3000 Jahren die Sikuler ihr Cephaloedium hatten und wird 396 v. Ch. erstmals erwähnt.

Ein weithin sichtbarer Dom weist den heutigen Ort, der inzwischen zum Touristenzentrum avanciert ist, als Normannenresidenz aus.

Die Stadt liegt an einem steil abfallenden Berg, der aus Muschelkalk besteht. Funde aus vorgeschichtlicher und eine Festung aus arabischer Zeit künden von einer bewegten Vergangenheit. Trotz leider trübem Wetter bietet ihr Anblick ein prächtiges Panorama.

Steil geht es auch zum Meer hinunter, wo ein Gewirr von schmalen Gassen malerische Winkel zeigt und plötzlich zwischen Häusern ein Waschplatz aus arabischen Tagen auftaucht.

Bald danach eröffnet der Domplatz einen Prachtblick auf die Kathedrale. Obwohl ein Torso geblieben, ist ihre Wirkung großartig. Mit ihrer wuchtigen Zwei-Turmfassade erinnert sie stark an normannische Kirchen des Nordens. Großartig auch die Ausstattung des Innenraumes.

Das Dreieck Sizilien präsentiert in seiner ungefähren Mitte ein Gebiet, das schon in vorgriechischer und griechischer Zeit relativ dicht besiedelt war.

Auf dem Weg dahin erleben wir eine Fahrt durch Bergwälder und danach hinunter zum Herz der Insel bei einem Wetter, das alle Kapriolen und Nuancen seiner Farbpalette spielen lässt.

Sonnenstreifen färben die grünen Wiesen hell, darüber hängt ein schwarzer Himmel. Plötzlich

leuchtet eine weiße, von der Sonne beschienene Ortschaft auf. Gleich darauf schillert ein Regenbogen in bunten Farben über den Hängen, ehe dahinter wieder Düsternis und Regen die Landschaft überfällt.

Nach 200 km erreichen wir die Stadt Caltanisetta, einst ein Zentrum des Schwefelbergbaues. Im 19. Jh. wurde hier bis zu 80 % des Weltbedarfs gefördert.

Im weitläufigen Neubaugebiet beziehen wir in einem komfortablen Hotel Zimmer für 3 Nächte, um die Karwochen-Bräuche in dieser Gegend mit zu erleben.

Dabei führt uns der Mittwoch in die ca. 35 km entfernte über 900 m hoch gelegene Bergstadt Enna, die ich bereits von meinem ersten Besuch flüchtig kenne.

Enna, eine Aussichtsterrasse, die auf eine Ansiedlung der Sikuler zurückgeht und von Geschichte nur so trieft. Als Zentrum des Getreideanbaus sehr begehrt, wo 136 v. Ch. unter den Römern der Sklavenaufstand infolge Ausbeutung der Menschen in den Latifundien ausbrach, der zum ersten Sklavenkrieg führte.

Schon im 8.Jh. vor Ch. siedelten die ersten griechischen Kolonisatoren hier. 2 Jahre benötigten die Römer für die Eroberung, den Arabern gelang ihre Einnahme nur durch Verrat und die Normannen mussten gar 25 Jahre um sie ringen, denn Enna liegt nicht nur auf einem Berg, sondern dieser stürzt auch noch an allen Seiten fast senkrecht ab.

Schon vorgriechische Völker opferten auf dem höchsten Felsen ihrer Fruchtbarkeitsgöttin Demeter.

Die Ostseite der Stadt beherrscht der Festungsbau Friedrich II., der ursprünglich von 20 Wehrtürmen umgeben war.

Der Grund unseres Besuches hier ist der Einzug der Bruderschaften in die Kathedrale, wo sie eine Andacht verrichten. Eine davon verfolgen wir bei ihrem Weg von der Stadt zum Dom hinauf.

Mit schwarzen Kapuzen über dem Kopf, der nur 2 Sehschlitze frei lässt, ziehen die Männer und auch Kinder in Kutten gehüllt hinter einer Musikkapelle unter feierlichen Klängen zum Gotteshaus – ein Aufmarsch voll stiller Würde…

2 Tage später –Karfreitag – den wir allerdings in Trapani erleben werden , wird hier in Enna außer Nägeln und der Dornenkrone Jesus auch ein lebender Hahn in der Prozession mitgetragen. Zu gegebener Zeit muss er traditionsgemäß 3 mal krähen. Bis dahin muss der arme Kerl über 6 Stunden ruhig gehalten werden… um das zu garantieren reicht man ihm in Wein getauchtes Brot, sodass er total betrunken, während des Umzuges den Schnabel hält.

Da sich im Umkreis von Enna auch die Villa Casale bei Piazza Armerina befindet, wird nachmittags auch diese besichtigt und ich stelle fest, dass seit meinem letzten Besuch vor einigen Jahren darin viel verbessert, erweitert und anschaulicher gestaltet worden ist.

10 km südlich von Enna bietet uns der von Bergen umgebene Pergusa-See in 667 m Höhe nach einem reichlichen Abendessen, ein Passionsspiel vor dem Kirchenportal.

Bei abendlicher Kühle und Wind hat sich eine riesige Menschenmenge davor angesammelt, sodass man das langatmige Gerichtsverfahren, das von Lautsprechern in italienischer Sprache übertragen wird, nur von weitem verfolgen kann. Zu sehen ist außer ein paar Soldaten kaum etwas, sodass wir das Ende – die Kreuzigung im See – gar nicht abwarten und vorzeitig nach Caltanisetta zurückfahren.

Für Gründonnerstag – germanisch Grunen = Wehklagen – ist ein Ausflug nach Agrigent vorgesehen, wo sich nahe der heutigen Stadt auf einem Bergrücken, der antike Tempelbezirk ausdehnt.

Schon bei der Anfahrt zeigt sich der Hera-Tempel, danach der besterhaltene Concordia-Tempel als prächtiges Panorama aus längst vergangener Zeit. Als Akragas wurde die Stadt um 581 vor Ch. von dorischen Griechen gegründet und auf der einstigen Akropolis breitet sich heute das moderne Agrigent aus.

Die griechische Besiedlung Siziliens vollzog sich, als über mehrere Generationen sich hinziehende Auswanderung junger Männer, die daheim keine Arbeit fanden und wurde von den Mutterstädten regelrecht organisiert

Die Eingewanderten betrieben Handel mit den älteren karthagischen Kolonien an der Küste und der im Landesinneren lebenden Urbevölkerung. Die griechische Sprache blieb bis ins frühe Mittelalter die Hauptsprache der Insel. Und Griechen waren es auch, die die meisten Städte gründeten. Die relativ ungestörte Entwicklung der griechischen Kultur auf Sizilien war nur möglich, da sich Karthago als See- und Handels- und nicht als Territorialmacht verstand.

Das Ende der Eigenständigkeit Siziliens und des karthagischen Reiches kam mit Rom, das Sizilien als Schlüssel zur Weltherrschaft betrachtete. Nur Syrakus widerstand Rom bis 215 vor Ch.

Ein besonders prächtiges und blühendes Zentrum war 570 vor Ch. über 150 Jahre lang eben jenes Akragas, dessen ausgegrabene Kostbarkeiten wir im modern gestalteten archäologischen Museum bestaunen können. Während uns hier die Vergangenheit fest im Griff hat, klatscht von draußen ein Platzregen an seine Glasfenster. Die Rekonstruktion des monumentalen Zeustempels mit einer wieder zusammengesetzten Riesenfigur der Atlanten, die einst das Gebälk trugen, beeindruckt ganz besonders. Dieser Bau war damals der größte dorische Tempel der gesamten griechischen Welt, wurde in wenigen Jahrzehnten errichtet, aber nie vollendet – ohne Dach – und sein gigantisches Ruinenfeld soll nachmittags besucht werden.

Dem Museum folgt die kurze Fahrt zu den drei bedeutendsten und schönsten, verbliebenen Tempelbauten in einer paradiesischen Landschaft, in der sich zu dieser Jahreszeit

das frische Grün einen gelben Blütenteppich übergestülpt hat. Leider wölbt sich heute ein tief schwarzer Himmel über das freundliche Panorama.

Und kaum dem schützenden Bus entstiegen und die Steigung hinauf zum Hera-Tempel bewältigt, setzt heftiger Regen ein. Der Weg vom Hera-, über den Concordia-, zum Herakles-Tempel, wo uns der Bus wieder aufnehmen soll, wird zum vom Wind gepeitschten Bußpfad, auf dem uns auch noch Hagelkörner bombardieren und eine nur flüchtige, durch die Regenschirme behinderte Sicht auf diese überwältigenden Zeugnisse dorischer Tempelarchitektur vergönnen. Alle 3 Tempel liegen auf dem südlichen Felshang der antiken Stadt.

Das genüssliche Wandeln am Fuße großartiger Vergangenheits-Relikte inmitten Blumen übersäter Wiesen wird leider, durchnässt und vom Wind gebeutelt, zum eiligen Spießrutenlaufen, bei dem auch alle Ehrfurcht vor den Ruinen vom Regen weggeschwemmt wird. Schade…

Notdürftig beim Mittagessen in einem großen Lokal getrocknet, soll danach die Ruinenstätte des Zeustempels besichtigt werden. Gerade beim Verlassen des Busses setzt abermals Regen ein und ich eile schleunigst zurück in das schützende Vehikel und verzichte auf die gedankliche Rekonstruktion ehemaliger Gigomanie. Recht bald und wenig beeindruckt von den spärlichen Resten des Kolossalbauwerks, kehrt die Gruppe zurück. Der Abend in Caltanissette sieht ebenfalls eine Prozession in der Stadt vor, wo 16 blumengeschmückte Wagen mit überlebensgroßen Figuren die Passion darstellen werden. Auch die schwänze ich nach dem Motto: weniger ist oft mehr, zumal der folgende Freitag eine solch´ aufwendige Zeremonie in Trapani, noch umfassender darstellen soll.

Davor steht auch noch der Besuch der antiken Stadt Selinunt auf dem Programm, der bei Gott sei Dank besserem Wetter absolviert, für mich zu einem Höhepunkt wird.

Über dem antiken und heutigen Hafen von Agrigent, Empedocle, gilt dem von weitem sichtbaren, nun von der Sonne beschienen Tempelbezirk ein bedauernder Abschiedsgruß und schon steuern wir auf der Küstenstraße am Meer entlang, dem nächsten Höhepunkt griechischer Macht und Größe entgegen.

Irgendwo unterwegs sollen Funde ans Tageslicht gekommen sein, die auf Handelsbeziehungen mit der minoischen Kultur – einen Kulturaustausch – auf Kreta hindeuten, wird uns erzählt.

Wundervoll wieder, die Vegetation mit den gelb blühenden Mimosenbäumen, die über die Wettereskapaden des launischen April trösten.

Das griechische Selinunt, 650 vor Ch. gegründet, erlebte einen kometenhaften Aufstieg, war über ein riesiges Areal verteilt – es ist immer noch nicht alles ausgegraben – wurde aber schon 409 vor Ch. als Partnerin Karthagos nach einem verlorenen Krieg gegen Syrakus, zerstört.

Die Zona Monumentale gliedert sich in 2 Bereiche… dem Bezirk der Tempel und westlich davon zwischen zwei Flussläufen auf einer ansteigenden, lang gestreckten Erhebung, die Stadt mit der Akropolis.

Zu ihr spazieren wir vom Parkplatz, entlang der ehemaligen Stadtmauer als erstes hinauf. Wieder entzücken die gelben, blauen Blumen und sogar roter Mohn, die zwischen Kalksteinbrocken den Weg säumen. Wilde Schönheiten wuchern neben den Säulenstümpfen des Tempels C und den Resten zweier anderer Heiligtümer.

Weit unterhalb des weitläufigen Geländes dämmern die Reste des Demeter-Tempels vor sich hin, zu dem einige Nimmersatte der Gruppe absteigen, während ich mich dem Zauber der von der Sonne in gelbliches Licht getauchten, uralten Steinreste, inmitten blühender Gegenwart hingebe.

Ein besonders intensives Erlebnis vermittelt danach der Bummel die ehemalige Hauptstraße entlang, vorbei an den Fundamenten von Wohnhäusern beiderseits des Weges sowie den Säulenstümpfen des Tempels D, bis zum Nordtor.

Durch dieses hindurch erreicht man auf schmalem Pfad zwischen Wiesen wieder den Parkplatz. Herrlich dabei die Blicke auf die andere Seite des Tempelbezirks und den mächtigen Tempel E.

Ein wahrhaft riesiges Areal!

Selinunt liegt am Meer, dessen Blau immer mal wieder sichtbar wird. Das Karfreitags-Essen –Seezunge mit Garnelen garniert – wird uns in einem Restaurant am Lido Azzuro – serviert, gewürzt von einer frischen Brise Seeluft.

Der Nachmittag gehört den Tempeln, vor allem dem Exemplar E, der sich majestätisch und prachtvoll, erst kürzlich renoviert aus dem gigantischen Trümmerhaufen erhebt.

Staunend spaziere ich um dieses Wunderwerk herum, blicke durch die gewaltigen Säulen hindurch auf die Landschaft. Seine Bauglieder sind bei der Rekonstruktion harmonisch zusammen gefügt worden, wodurch die einst vollendete Synthese aus Anmut und ungebändigter Kraft, nachzuvollziehen, gelang. Die Absicht, Tempelinneres und Säulenhalle aufeinander abzustimmen, wird hier erkennbar.

Jahrhunderte lang wurden die Tempelruinen von der Bevölkerung für Bauten geplündert, so ist auch nicht klar, wem sie im gewidmet waren, daher wählte man für ihre Unterscheidung Buchstaben.

Durch von Blumen übersätes, mannshohes Blütenmeer führt ein schmaler Pfad zu den Resten von Tempel F und G, die immer noch verstreut als Trümmer umher liegen und kaum zu einer näheren Betrachtung verlocken.

Eine angenehme Erholungspause von der Vergangenheit bietet uns auf halbem Weg nach Trapani, in Marsala, eine Weinprobe in einem, als Museum gestalteten Keller.

Das Gebiet um Selinunt war einst von Malaria verseucht. Wegen besserer Luftzufuhr hatte man die Straßen der antiken Stadt in Achsenform angelegt.

Trapani, im äußersten Westen Siziliens gilt als eine Gründung der Sikaner, wirkt aber trotz seines hohen Alters modern. Unser Nachtquartier befindet sich etwas vom Zentrum entfernt, direkt am Meer, dessen Strand jedoch durch Schmutz verwahrlost aussieht und enttäuscht.

Um 9 Uhr abends erfolgt der Bustransfer in die Stadtmitte zur Karfreitagsprozession. Osterprozessionen lassen sich bis ins 16. Jh. zurück verfolgen, könnten sich aber aus früher üblichen Selbstgeißelungen ableiten lassen.

Am von Palmen geschmückten Hauptplatz der Stadt, treffen wir auf eine unübersehbare Menschenmenge und es dauert eine Weile, ehe eine Lücke in dem Gedränge gefunden ist, die einen Blick auf den Zug gewährt.

Die Wagen mit kunstvoll gefertigten Figurengruppen stehen bereits auf der breiten Straße in Warteposition. Sie wiegen bis zu 900 kg, gehören der Stadt, sind zum Teil 300 Jahre alt. Sie sind aus Zedernholz oder Kork geschnitzt. Die Kosten für den Umzug werden durch Spenden von den diversen Ständen abgedeckt.

Die Träger auf beiden Seiten – jeweils 2 mal 3 Mann = 12 – gehen mit ihrer schweren Last im Wiegeschritt, das heißt jeweils 2 Schritt vor, 2 Schritte zurück.

Die erste Prozession fand 1603 statt. Sie wird von verschiedenen Bruderschaften wie Frisöre, Metzger, etc. bestritten. Insgesamt sind es 20 solcher Gruppen.

Viel Zeit vergeht, ehe sich der eine oder andere Wagen in Bewegung setzt. Meist wird gestanden.

Rundum herrscht eher Jahrmarkt- anstelle Trauerstimmung.

Die feierlichen Klänge, die von Musikgruppen zwischen den Figurenwagen ertönen, werden von den Schreien der Budenbesitzer, die ihre Waren anpreisen, untermalt. Luftballons flattern vor Heiligenszenen.

Die Prozession dauert von Freitag Vormittag bis Samstag früh und angeblich, so erzählt man uns, soll es dann in den Morgenstunden, wenn die Wagen in die Kirche zurück befördert werden und das Spektakel zu Ende ist, weitaus „gläubiger“ zugehen.

Für mich bedeutet das Ganze, wenn auch kein ergreifendes, so doch interessantes Erlebnis, das sizilianische Mentalität in all´ ihren Variationen vermittelt.

Der folgende Karsamstag wird für uns dann wieder von den profanen Sehenswürdigkeiten der Insel beherrscht und beginnt mit der Fahrt auf den 800 m hohen Kalkberg des Monte Erice, wo einst ein Tempel der Astarte stand (bei den Griechen hieß sie Aphrodite) und die Phönizier betrieben hier Tempelprostitution. Erice war der Sohn eines Seitensprungs von Aphrodite. Der Tempel befand sich wahrscheinlich dort, wo sich heute das mächtige, rekonstruierte Normannenkastell befindet.

Im gesamten Mittelmeerraum war Erice für seinen Aphrodite-Kult bekannt.

Heute präsentiert sich der „Vorzeigeort“ mit einheitlichen, mittelalterlichen Pflaster, vielen Souvenirläden und natürlich Touristen. Großartig ist allerdings die Aussicht auf Trapani, die Stadt, die von allen Städten Siziliens am meisten „arabisches Flair“ zu bieten hätte, uns aber nur ihre christliche Komponente anbot. Sichelförmig erstreckt sie sich ins Meer und in ihrer Umgebung wird nicht nur Salz abgebaut, sondern auch Thunfischjagd nach einem bestimmten Ritus betrieben. Salzfelder bestimmen daher auch das Bild der Ebene um Trapani und überall sind auch Windmühlen zu sehen.

Der Mittagsimbiss wird uns demnach in einer urigen Salzmühle kredenzt, in der sich auch ein Museum befindet.

Segesta, als nächstes Ziel führt wieder zurück in die Antike, ist aber im Gegensatz zu den griechischen Städten eine Gründung der Elymer (vermutlich aus Elam, dem Gebiet von Euphrat und Tigris stammend). Wenig erforscht ruht die antike Stadt seit Jahrhunderten unter der Erde. Eine Ausnahme bildet lediglich ein majestätischer, dorischer Tempel aus 417 – 415 vor Ch. begonnen und unvollendet geblieben und das hellenistische Theater mit römischen Umbauten.

Besonders vom Theater aus offenbart sich die Schönheit der Berglandschaft, die nun als Ostergeschenk noch mit bunten Wiesenblumen erfreut.

Es muss einst eine attraktive Stadt gewesen sein, die sich da ehemals auf dem 430 m hohen Barbaro, der im Westen steil abfällt, ausgebreitet hat, während die eindrucksvollen Überbleibsel außerhalb des Zentrums lagen. Archäologische Untersuchungen sind im Gange.

Den Abschluss des Reiseprogramms absolvieren wir wider von Palermo aus, das uns bei der Anfahrt diesmal von Südwesten her, ein anderes, nicht besonders schönes Gesicht zeigt.

Vor dem Bergmassiv des Monte Pellegrino, wo sich auch die Grotte der Schutzheiligen der Stadt, Rosalia, eingenistet hat, dehnen sich, die für die wachsende Bevölkerung erbauten Wohnsilos aus und verschandeln den Bergrücken. Wohnkasernen, die leider die alte, langsam verrottende Bausubstanz, überschatten.

Die Ostersonntagsmesse ist wieder im orthodoxen Piana degli Albanese vorgesehen… nur die Kathedrale ist so überfüllt, auf den noch freien Sitzplätzen liegen Gegenstände als Reservierung, sodass wir auf die Krönung des Osterfestes leider verzichten müssen und die in bunte Trachten gehüllten Gemeindemitglieder ihr Fest unter sich feiern können.

Dafür fällt das Osterlamm-Essen im kleinen Ort Godrano, der auf keine Karte verzeichnet ist und auf höchst abenteuerlicher Piste erreicht wird, sehr urig inmitten lautstark palavernder Sizilianer, reichlich und genussvoll aus.

Auf dem Weg dahin haben wir eine herrliche Berggegend durchquert, wo noch Bäume wie Eukalyptus, Pinien, Kiefern und Korkeichen existieren, obwohl in Sizilien seit Christi Geburt, wo noch 80 % Wald vorhanden war, heute nur 3 % davon übrig sind.

Schon in der Antike wurde fleißig Raubbau betrieben.

Anschließend geraten wir im Bergnest Prizzi in ein wahres Höllenspektakel, das auf vorchristliche Zeit zurückgeht.

Obwohl dieser Ort einer der Sitze der Mafia sei, wäre er für Touristen ungefährlich, da die Organisation infolge ihrer Präsenz im Hotelgewerbe und anderen Einrichtungen für Fremde, an diesen entsprechend verdienen würde.

Einst wurden bei dem Furcht erregenden Tohuwabohu Dämonen vertrieben und Teufel besiegt. Heute, am Ostersonntag, ginge es um das wieder Finden von Jesus und seiner Mutter Maria, die nach dem Tod am Kreuz zusammenkommen wollen.

Aber zwischen den Beiden treiben die Teufel und der Tod ihr Unwesen.

Eine unübersehbare Menschenmenge drängt sich in den schmalen Gassen des Dorfes, in die wir uns plötzlich mit hinein vermengt fühlen – alles einheimische Sizilianer, die nun ihrem Temperament freien Lauf lassen.

Die tanzenden Teufel in rot gekleidet, mit Masken aus Leder, versuchen Leute einzufangen, die sich später in der Bar freikaufen müssten… der Tod verbirgt sich hinter einer gelben Gesichtsverkleidung.

Ob Prizzi eine arabische oder normannische Gründung ist, weiß man nicht genau, auf jeden Fall bietet es mir als Abschluss meiner Reise, ein Schauspiel von außergewöhnlicher Intensität, in dem sich die Zeitalter und ihre Völker, die sie prägten, zu dem vereinigen, was Sizilien heute an Faszination ausstrahlt.